| Titel: | Ueber die Wirkung der Hausenblase beim Klären der Würze; von Samuel Roberts. | 
| Fundstelle: | Band 61, Jahrgang 1836, Nr. XII., S. 57 | 
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                        XII.
                        Ueber die Wirkung der Hausenblase beim
                           Klaͤren der Wuͤrze; von Samuel Roberts.
                        Aus Thomson's Records of general Science. Februar
                              1836, S. 105.
                        Roberts, uͤber das Klaͤren der Wuͤrze
                           etc.
                        
                     
                        
                           Um die Wirkung der Hausenblase beim Klaͤren der Wuͤrze nachweisen zu
                              koͤnnen, muß man 1) mit der Natur und den Eigenschaften der Hausenblase und
                              2) mit den Veraͤnderungen, welche die Wuͤrze waͤhrend des
                              Gaͤhrungsprocesses erleidet, vertraut seyn.
                           Die beste Hausenblase erhaͤlt man von den Schwimmblasen der Fische von dem
                              Geschlechte Accipenser, besonders vom Stoͤre, der
                              in der Donau und den Fluͤssen Rußlands gefunden wird. Man erhaͤlt sie auch von den
                              Schwimmblasen von Beluga und Huso
                                 Germanorum.
                              Sehr reine Hausenblase erhaͤlt man auch von dem amerikanischen Fische
                                    Gadus merluccius. Die langen Streifen
                                    Hausenblase, welche im Handel vorkommen, sind von dem Gadus morrhua. A. d. O.
                              
                           Die Hausenblase ist beinahe reine Gallerte, da von 100 Theilen guter Hausenblase sich
                              98 in kochendem Wasser aufloͤsen. Wir wollen daher die Eigenschaften der
                              Gallerte betrachten, da sie der reinen Hausenblase analog ist. Die Gallerte
                              unterscheidet sich von allen einfachen animalischen Substanzen durch ihre leichte
                              Aufloͤslichkeit in kochendem Wasser, so wie in den meisten verduͤnnten
                              Saͤuren, welche vortreffliche Aufloͤsungsmittel fuͤr sie
                              bilden. In Alkohol ist sie vollkommen unaufloͤslich und fast eben so in
                              kaltem Wasser. Aus ihren Aufloͤsungen wird sie durch
                              Gerbestoffaufloͤsung niedergeschlagen. Ein Aufguß oder eine Tinctur von
                              Gallaͤpfeln schlaͤgt sie aus ihrer Aufloͤsung in ihrem
                              5000fachen Gewichte Wasser nieder. Dieses sind in der Kuͤrze die
                              Eigenschaften der Gallerte oder reinen Hausenblase.
                           Im Handel kommen sehr verschiedene Sorten von Hausenblase, zu Preisen von drei bis
                              sechzehn Schilling das Pfund vor; der relative Werth von jeder Sorte kann durch
                              folgende Proben erkannt werden. Erstens muß Hausenblase, wenn man sie in Alkohol
                              legt, darin unveraͤndert bleiben, weil die reine Gallerte in ihm
                              unaufloͤslich ist. Der Alkohol, in welchen die Hausenblase getaucht wurde,
                              muß dann mit einigen Tropfen Gallaͤpfeltinctur probirt werden; bleibt er
                              hiebei klar und unveraͤndert, so spricht dieß fuͤr die Guͤte
                              der Hausenblase; veranlaßt hingegen die Gallaͤpfeltinctur einen Niederschlag
                              in dem Alkohol, so muß die Hausenblase außer reiner Gallerte auch noch etwas Anderes
                              enthalten.
                           Verschiedene Proben von Hausenblase, welche in Alkohol unveraͤndert blieben,
                              muͤssen aber auch noch nach den beiden folgenden Methoden probirt werden, ehe
                              man uͤber ihren relativen Werth eine Meinung abgeben kann. Man gibt von jedem
                              Muster in einem besonderen Gefaͤße 1/4 Loth in 3 Unzen Wasser und bringt es
                              nach und nach zum Kochen, indem man von Zeit zu Zeit umruͤhrt. Die
                              verschiedenen Aufloͤsungen seiht man, waͤhrend sie heiß sind, durch
                              Musselin und laͤßt jede in ein besonderes Gefaͤß laufen. Aus der Menge
                              der unaufgeloͤsten, auf jedem Seihetuche zuruͤkgebliebenen Substanz
                              kann die Aufloͤsbarkeit der verschiedenen Proben mit Gewißheit erkannt
                              werden. Die, welche den wenigsten Ruͤkstand laͤßt, bildet nach
                              erfolgter Erkaltung den staͤrksten Leim, wovon die klaͤrende
                              Eigenschaft der Hausenblase abhaͤngt.
                           
                           Der lezte Versuch, dem die verschiedenen Muster noch unterworfen werden
                              muͤssen, ist auch der entscheidendste. Man zerschneidet gleiche Gewichte von
                              jedem Muster (z.B. 1/2 Loth) in sehr kleine Stuͤke, bringt jedes halbe Loth
                              in eine halbe Pinte hartes oder saures Bier und stellt alle die verschiedenen Proben
                              enthaltenden Gefaͤße in ein Zimmer, dessen Temperatur 65 bis 75° F.
                              (14–19° R.) betraͤgt; darin laͤßt man sie drei Tage lang
                              stehen und ruͤhrt jede Probe ein oder zwei Mal des Tages sehr gut um. Nach
                              Verlauf dieser Zeit wird sich ein bemerkbarer Unterschied in der Staͤrke
                              jedes Leimes zeigen, vorausgesezt, daß der Versuch mit Hausenblase von verschiedener
                              Qualitaͤt angestellt wurde, und wenn dem diksten Leime eine kleine Menge
                              Gallaͤpfeltinctur zugesezt und mit demselben umgeruͤhrt wird, so wird
                              dadurch die in der angewandten Hausenblase enthaltene Gallerte in Form eines diken
                              Leimes abgesondert werden; die anderen Proben, die einen nicht so diken Leim
                              lieferten, geben beim Versezen und Umruͤhren mit der Gallaͤpfeltinctur
                              eine kleinere Menge Gallerte, in Form von dikem Leime.
                           Aus der Staͤrke des von jeder Probe der Hausenblase gelieferten Leims, wenn
                              sie in die oben erwaͤhnte Menge saures Bier (dergleichen die Brauer bei
                              Bereitung des Klaͤrsels gebrauchen) getaucht, und einer nicht 75° F.
                              (19° R.) uͤbersteigenden Temperatur ausgesezt wird, kann man den
                              relativen Werth dieser Probe erkennen, da von der Staͤrke des Leims und
                              folglich von der Menge der in einer Probe von Hausenblase enthaltenen Gallerte, ihr
                              Werth hinsichtlich der Klaͤrung der Wuͤrze abhaͤngt. Die beste
                              kurze Hausenblase ist immer in kochendem Wasser bis zu einem Ruͤkstande von
                              beilaͤufig 1/50 aufloͤslich.
                           Bei der Bereitung von Bierklaͤrsel wird Hausenblase von guter Qualitaͤt
                              in einem Zimmer, welches eine Temperatur von beilaͤufig 50° F.
                              (8° R.) hat, in saures Bier getaucht. Nach einiger Zeit wird die Hausenblase
                              durch die Saͤure des harten Biers in einen Leim verwandelt, da es eine der
                              Eigenschaften der Gallerte ist, in verduͤnnten Saͤuren
                              aufloͤsbar zu seyn.
                           Ein Vortheil entspringt fuͤr den Brauer, wenn er sein Klaͤrsel immer
                              aus einem sauren Biere von gleichmaͤßigem Saͤuregehalt bereitet,
                              wodurch er vor jedem aus der Staͤrke des angewandten Klaͤrsels
                              entspringenden Mißlingen geschuͤzt ist, vorausgesezt, daß er sich zuvor von
                              der Guͤte der Hausenblase uͤberzeugte, die er der Wirkung des sauren
                              Biers aussezt. Der Saͤuregehalt der Wuͤrze, von der der Brauer
                              Klaͤrsel machen will, laͤßt sich aber auf eine sehr einfache Weise
                              ausmitteln. Man bereitet sich naͤmlich eine Probefluͤssigkeit aus
                              einem Theile doppeltkohlensauren Kalis, in sechzehn Theilen Wasser aufgeloͤst.
                              Angenommen z.B. es sollen sechzehn Unzenmaaße sauren Porters probirt werden, so
                              bringt man dieselben in ein Gefaͤß, welches ungefaͤhr doppelt so viel
                              faßt, mißt genau eine bestimmte Quantitaͤt der Probefluͤssigkeit, z.B.
                              vier Unzenmaaße ab und sezt von derselben unter bestaͤndigem Umruͤhren
                              dem sauren Porter zu, bis die Fluͤssigkeit so weit neutralisirt ist, das sie
                              Lakmuspapier nicht mehr roͤthet. Die Quantitaͤt der hiezu
                              erforderlichen Probefluͤssigkeit zeigt den groͤßeren oder geringeren
                              Saͤuregehalt des zur Bereitung des Porters anzuwendenden Klaͤrsels an.
                              Sechzehn Unzenmaaße des sauren Porters, welcher in einer der groͤßten
                              Brauereien Irlands zur Bereitung des Klaͤrsels gebraucht wird, und der bei
                              61° F. (13° R.) 1° an Twaddel's
                              Hydrometer zeigt, erforderten zur Neutralisation vier Unzenmaaße
                              Probefluͤssigkeit, so daß auf 1 Theil kohlensauren Kalis 64 Theile sauren
                              Porters kommen. Dieß scheint der geeignetste Saͤuregehalt fuͤr einen
                              zur Klaͤrselbereitung dienenden Porter zu seyn. Wenn saurer Porter zur
                              Neutralisation weniger Probefluͤssigkeit als die angegebene Quantitaͤt
                              braucht, so ist er nicht sauer genug, um ein gutes Aufloͤsungsmittel der
                              Hausenblase zu bilden. Saurer Porter, wie der ist, mit welchem der obige Versuch
                              angestellt wurde, wirkt schon bei 61° F. (13° R.) auf Hausenblase und
                              loͤst sie noch besser bei einer Temperatur von 80° oder 90° F.
                              (21 bis 25° R.) auf.
                           Waͤhrend der Gaͤhrung der Wuͤrze wird der Zukerstoff des Malzes
                              nach und nach in Alkohol verwandelt, und zwar durch die Wirkung der Hefen und der
                              atmosphaͤrischen Luft; zulezt geht die Wuͤrze von der geistigen in die
                              saure Gaͤhrung uͤber. Leztere wird aber durch Ausschließung der
                              atmosphaͤrischen Luft verhindert, daher die Wuͤrze fest zugespundet
                              werden muß, wenn die weinige Gaͤhrung vollstaͤndig erfolgt ist, indem
                              sie sonst sauer wuͤrde. Am vorteilhaftesten wenden Braͤuer das
                              Klaͤrsel an, wenn nicht abgeklaͤrter Porter auf Faͤsser
                              gefuͤllt worden ist und die weinige Gaͤhrung zum Theil oder ganz
                              aufgehoͤrt hat.
                           Die Art, wie Hausenblase auf nicht abgeklaͤrten Porter wirkt, indem sie
                              denselben klaͤrt, wird durch zwei Eigenschaften der Gallerte bestimmt;
                              erstens durch ihre Aufloͤsbarkeit in schwachen oder verduͤnnten
                              Saͤuren, und zweitens durch ihre voͤllige Unaufloͤsbarkeit in
                              Alkohol und ihre geringe Aufloͤsbarkeit in kaltem Wasser. Wird
                              Klaͤrsel, oder Hausenblase in Verbindung mit saurem Biere, einer in weiniger
                              Gaͤhrung befindlichen Wuͤrze beigemischt, so schlaͤgt der
                              Alkohol derselben die Gallerte der Hausenblase aus ihrer Aufloͤsung in dem
                              sauren Porter nieder, und wenn sie auf diese Weise frei geworden ist, nimmt sie die
                              in der Fluͤssigkeit schwimmenden Unreinigkeiten mit.
                           
                           Folgende Versuche werden die Theorie besser erlaͤutern:
                           Man mische eine kleine Menge Bierklaͤrsel mit kaltem Wasser; bald wird der
                              groͤßte Theil der Hausenblase abgeschieden seyn. Filtrirt man nun die
                              Mischung durch Papier und versezt sie dann mit einigen Tropfen
                              Gallaͤpfeltinctur, so wird ein kleiner Theil Gallerte niedergeschlagen
                              werden. Dieß beweist, daß die Saͤure des Klaͤrsels eine kleine Menge
                              Gallerte aufgeloͤst hielt, was auch erwiesen wird, wenn man die filtrirte
                              Fluͤssigkeit, mit einigen Tropfen Ammoniak, statt der
                              Gallaͤpfeltinctur versezt; sobald naͤmlich das Ammoniak die in dem
                              Klaͤrsel enthaltene Saͤure neutralisirt hat, wird die Gallerte, welche
                              zuvor von der Saͤure aufgeloͤst erhalten wurde, frei. Aus diesem
                              Versuche erhellt die Aufloͤsbarkeit der Hausenblase in saurem Porter und ihre
                              fast gaͤnzliche Unaufloͤsbarkeit in kaltem Wasser.
                           Man verduͤnne ferner eine kleine Quantitaͤt des Klaͤrsels mit
                              kaltem Wasser, bis die Saͤure desselben so weit unterdruͤkt ist, daß
                              er das Lakmuspapier nicht mehr roͤthet; die Hausenblase des Klaͤrsels
                              wird sich voͤllig aus der Mischung absondern; denn wenn man die filtrirte
                              Aufloͤsung mit einigen Tropfen Gallaͤpfeltinctur versezt, so bleibt
                              sie unveraͤndert.
                           Eine andere kleine Portion des Klaͤrsels verseze man mit warmem Wasser von
                              beilaͤufig 180° F. (65° R.), bis die Fluͤssigkeit so
                              weit verduͤnnt ist, daß sie das Lakmuspapier nicht mehr afficirt; man
                              filtrire nach erfolgter Erkaltung die Fluͤssigkeit durch Papier. In dieser
                              Aufloͤsung wird man durch einige Tropfen Gallaͤpfeltinctur Gallerte
                              entdeken; dieß beweist die Aufloͤsbarkeit der Hausenblase in heißem
                              Wasser.
                           Folgender Versuch zeigt deutlicher den Einfluß des Alkohols bei Absonderung der
                              Gallerte aus ihrer Aufloͤsung in schwacher Saͤure, wodurch ihre
                              Wirkung bei Klaͤrung des in geistiger Gaͤhrung befindlichen Porters
                              erklaͤrt wird.
                           Sechzig Theile kalten Wassers vermische man mit einem Theil Alkohol und seze dann
                              eine kleine Quantitaͤt Klaͤrsel zu. In kurzer Zeit scheidet sich
                              Hausenblase ab und die Fluͤssigkeit wird klar. Wenn jedoch die
                              Fluͤssigkeit filtrirt und dann mit einigen Tropfen Gallaͤpfeltinctur
                              versezt wird, so wird ein kleiner Theil Gallerte frei. Dieser kleine Theil Gallerte
                              wird durch die freie Saͤure des sauren Porters, aus dem das Klaͤrsel
                              bereitet ist, in Aufloͤsung erhalten und kann eben so durch einige Tropfen
                              Ammoniak, wie durch Gallaͤpfeltinctur abgesondert werden.
                           Man wiederhole den Versuch und nehme statt des kalten heißes Wasser von 180°
                              F. (65° R.), behalte uͤbrigens dieselbe Quantitaͤt Alkohol und
                              Klaͤrsel bei. Wenn die Mischung einige Stunden gestanden hat, um sich abzusezen, so zeigt
                              sich, daß nur eine theilweise Absonderung der Hausenblase Statt findet, und die
                              Fluͤssigkeit wird nicht so klar seyn, wie bei dem ersten Versuche. Der Grund
                              davon ist, daß das heiße Wasser einen Theil der Hausenblase des Klaͤrsels
                              aufloͤst und ihn in Aufloͤsung erhaͤlt, waͤhrend der
                              uͤbrige Theil von dem Alkohol, in dem er unaufloͤsbar ist, abgesondert
                              wird. Gerade dasselbe wuͤrde bei Wuͤrze Statt finden, wenn ein
                              Klaͤrsel bei derselben angewendet wuͤrde, welches mit einem
                              Ueberschusse von saurem Biere gemacht worden waͤre. Der Alkohol des nicht
                              abgeklaͤrten Porters wuͤrde nur einen kleinen Theil der Hausenblase
                              aus dem Klaͤrsel frei machen, waͤhrend der Ueberrest von dem
                              Ueberschusse der Saͤure im Porter aufgeloͤst gehalten wird, und die
                              frei gewordene Gallerte kleine Theilchen von vegetabilischer Substanz mit sich
                              reißt, die, wenn sie in der Fluͤssigkeit schwimmen, dieselbe nur
                              halbdurchsichtig machen.