| Titel: | Anleitung zum Baue der Unschlitt- oder Talgschmelzereien, um die Nachbarschaft gegen die von ihnen herrührenden Unannehmlichkeiten zu schüzen. Abgefaßt von Hrn. F. d'Arcet. | 
| Fundstelle: | Band 61, Jahrgang 1836, Nr. XIII., S. 62 | 
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                        XIII.
                        Anleitung zum Baue der Unschlitt- oder
                           Talgschmelzereien, um die Nachbarschaft gegen die von ihnen herruͤhrenden
                           Unannehmlichkeiten zu schuͤzen. Abgefaßt von Hrn. F. d'Arcet.Die vortreffliche Instruction, die wir hier geben, wurde von dem
                                 Sanitaͤtscollegium in Paris auf Verlangen, der Polizeibehoͤrde
                                 durch den Berichterstatter, den hochverdienten d'Arcet, entworfen, und wird in Paris bereits seit dem Beginne des
                                 Jahres 1835 mit Strenge gehandhabt. Wir wuͤnschen sehr diese einfache
                                 Maßregel auch bei uns eingefuͤhrt zu sehen; denn unsere Seifen-
                                 und Lichterfabriken gehoͤren leider groͤßten Theils zu jenen, die
                                 ganze Straßen in Gestank einhuͤllen, und die in jeder Hinsicht noch auf
                                 einer sehr niederen Stufe der Ausbildung stehen. A. d. R.
                           
                        Aus dem Recueil industriel, Maͤrz 1836, S.
                              148.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        d'Arcet's Anleitung zum Baue der Unschlitt- oder
                           Talgschmelzereien.
                        
                     
                        
                           Das thierische Fett mit dem Zellgewebe, welches dasselbe umgibt, und mit den
                              benachbarten haͤutigen Theilen ist im Handel unter dem Namen rohes Unschlitt
                              (suif en branches) bekannt. Um aus diesem das reine
                              Unschlitt zu gewinnen, muß man suchen die Zellchen des Zellgewebes zum Bersten zu
                              bringen und das Unschlitt von den damit vermengten Haͤuten zu scheiden. Man
                              bedient sich zu diesem Zweke verschiedener Verfahrungsweisen.
                           Erstes Verfahren. Das aͤlteste und am
                              allgemeinsten befolgte Verfahren besteht darin, daß man das rohe, in kleine
                              Stuͤke geschnittene Unschlitt einer erhoͤhten Temperatur aussezt, um
                              die Fettzellen oder
                              Saͤke bersten und die Haͤute so zusammenschrumpfen zu machen, daß das
                              geschmolzene Fett aus denselben tritt, und daß man dann aus dem Zellgewebe die
                              moͤglich groͤßte Menge Fett austreibt, indem man dasselbe in eine
                              Presse bringt, und es in dieser in sogenannte Grieben oder Talgnester (pains de creton) verwandelt. – Bei dieser Methode
                              faͤrbt sich das Fett in Folge der hohen Temperatur, der es ausgesezt wird; es
                              loͤst sogar einige haͤutige Theile auf, und es bleibt dennoch viel
                              Fett in den Grieben zuruͤk. Ueberdieß veranlaßt dieses Verfahren sehr
                              unangenehme Ausduͤnstungen, so wie es denn auch feuersgefaͤhrlich
                              ist.
                           Zweites Verfahren. Das rohe Unschlitt wird hienach,
                              nachdem es in kleine Stuͤke geschnitten worden ist, auf reinem Wasser oder
                              besser auf einer Salzaufloͤsung geschmolzen. Hiebet bersten die Fettzellen
                              jedoch nicht vollkommen genug; es bleibt zu viel Fett im Zellgewebe zuruͤk,
                              und das gewonnene reine Unschlitt muß uͤberdieß noch ein Mal auf 105 bis
                              110° Celsius (84 bis 88° Réaumur) erhizt werden, um alles
                              Wasser, welches sich waͤhrend des Schmelzprocesses damit vermengte,
                              auszutreiben. Uebrigens Ist dieses Verfahren offenbar weniger ungesund und weniger
                              gefaͤhrlich, als das erste.
                           Drittes Verfahren. Das rohe Unschlitt wird durch Dampf
                              geschmolzen, und zwar indem man diesen als Heizmittel, oder auch so anwendet, wie es
                              beim Ausziehen der Knochengallerte geschieht. Man erhaͤlt hier wie beim
                              zweiten Verfahren reineres und weißeres Unschlitt, als wenn man uͤber freiem
                              Feuer arbeitet; allein in den Grieben bleibt auch hier zu viel Fett zuruͤk,
                              und man ist gleichfalls gezwungen das in dem Unschlitt enthaltene Wasser
                              auszutreiben, bevor man es in den Handel bringen kann. Dieses Verfahren
                              gewaͤhrt daher dieselben Vortheile und Nachtheile, die oben beim zweiten
                              angedeutet worden sind.
                           Viertes Verfahren. Das rohe Unschlitt wird auf reinem
                              oder mit Salzen geschwaͤngerten Wasser oder auch mit Dampf geschmolzen, und
                              wenn man hiedurch die moͤglich groͤßte Menge reinen weißen Unschlittes
                              erhalten hat, so werden die Grieben uͤber freiem Feuer noch ein Mal auf
                              dieselbe Weise, wie bei dem ersten Verfahren behandelt, so daß in den Grieben nur so
                              viel Fett zuruͤkbleibt, als man nach der alten Methode darin ließ. In Bezug
                              auf die Ungesundheit und Feuergefaͤhrlichkeit steht dieses Verfahren offenbar
                              uͤber dem ersten, aber unter dem zweiten und dritten.
                           Fuͤnftes Verfahren. Bei dieser Methode, die erst
                              seit 10 Jahren bekannt ist, und welche bisher nur selten im Großen angewendet wurde,
                              geschieht die Schmelzung auf eine von den vorhergehenden sehr verschiedene Methode. Das
                              Zellgewebe und die Haͤute, die sich in dem rohen Unschlitt befinden, werden
                              hier naͤmlich mit siedendem Wasser, welches mit Schwefelsaͤure
                              gesaͤuert worden ist, aufgeloͤst; das auf der Oberflaͤche der
                              Fluͤssigkeit schwimmende reine Unschlitt wird dann gesammelt, mit heißem
                              Wasser ausgewaschen, und endlich zur Abscheidung des Wassers bei einer Temperatur
                              von 105 bis 110° des hundertgraͤdigen Thermometers geschmolzen. Man
                              erhaͤlt hier mehr Unschlitt als bei den vier vorhergehenden Methoden; allein
                              dafuͤr erhaͤlt man keine Grieben, und die in der sauren, auf dem Boden
                              des Kessels zuruͤkbleibenden Fluͤssigkeit enthaltenen haͤutigen
                              Theile gehen verloren.Bis jezt wurde diese Fluͤssigkeit unbenuzt gelassen; man
                                    koͤnnte sie jedoch mit Kalkhydrat, d.h. mit geloͤschtem Kalke,
                                    saͤttigen, und dann mit Vortheil unter die Duͤngermassen
                                    mengen. A. d. O. Der bei diesen Operationen emporsteigende Dampf verbreitet nur wenig Geruch,
                              weil keine Entwiklung von Ammoniak Statt findet. Der einzige Vorwurf, den man diesem
                              Verfahren machen kann, besteht darin, daß man das Abwaschwasser des geschmolzenen
                              Unschlittes, und das im Kessel zuruͤkbleibende, mit thierischen Substanzen
                              geschwaͤngerte, gesaͤuerte Wasser nicht alt werden und nicht auf die
                              Straße laufen lassen darf.Ein Mitglied der Commission hat dieses Verfahren im Großen befolgt, und dabei
                                    auf 1500 Theile rohen Unschlittes 750 Theile Wasser und 24 Theile
                                    Schwefelsaͤure von 66° genommen. 100 Theile rohen Unschlittes
                                    gaben dabei 92 bis 96 Theile reines. Weitere Details hieruͤber findet
                                    man in einem Berichte, den die Sanitaͤtscommission in Nantes im Jahre
                                    1827 erstattete; in einem Werke, welches Hr. Ch.
                                       Lefebure im Jahre 1829 uͤber die Unschlittschmelzerei
                                    bekannt machte, im Dictionnaire technologique
                                    unter dem Artikel Suif. A. d. O.
                              
                           Von diesen fuͤnf Methoden ist unstreitig die erste die ungesundeste, die
                              fuͤr die Nachbarschaft laͤstigste und auch die
                              feuergefaͤhrlichste; die vierte ist dieß in einem etwas geringeren Grade; die
                              zweite, dritte und fuͤnfte sind es am wenigsten: auch besteht zwischen ihnen
                              in den angedeuteten Beziehungen nur ein sehr unbedeutender Unterschied.
                           Wir wollen, nachdem wir diesen Ueberblik uͤber die gebraͤuchlichen
                              Verfahrungsweisen vorausgeschikt haben, nunmehr untersuchen, welche Verordnungen
                              getroffen werden koͤnnten, um diesen Industriezweig so wenig nachtheilig und
                              unangenehm als moͤglich zu machen. Die zu Gebot stehenden Mittel zerfallen in
                              allgemeine Vorsichtsmaßregeln und in entsprechende Apparate.
                           Was erstere betrifft, so soll um die Unschlittschmelzereien weniger ungesund zu
                              machen, den Fabrikanten befohlen werden, keine großen Vorraͤthe von rohem
                              Unschlitt anzuhaͤufen, sich keines faulen und bereits von den Wuͤrmern
                              angegangenen Unschlittes zu bedienen, die Ruͤkstaͤnde ihrer Operationen und die
                              Waschwasser weder zu lange aufzubewahren, noch auf die Straßen abfließen zu lassen,
                              ihre Anstalten rein zu halten, und endlich jede Feuersgefahr sorgfaͤltig zu
                              vermeiden.
                           In Hinsicht auf die anzuwendenden Apparate muß, wie uns scheint, je nachdem diese
                              oder jene der fuͤnf angedeuteten Methoden befolgt wird, ein Unterschied
                              gemacht werden.
                           Will man das erste und fuͤnfte Verfahren, bei welchem alles oder ein großer
                              Theil des rohen Unschlittes einer Temperatur ausgesezt wird, bei der die Zellen des
                              Zellgewebes bersten und zusammenschrumpfen, gesuͤnder machen, so muß man die
                              aus dem Kessel emporsteigenden Daͤmpfe durch dessen Heizstelle leiten, damit
                              sie hiedurch gereinigt oder desinficirt werden, bevor sie durch den Rauchfang
                              entweichen.
                           Da wo es sich um die zweite, dritte und fuͤnfte Methode handelt, wobei der
                              Talg nur einer Temperatur von 105 bis 110° des hundertgraͤdigen
                              Thermometers ausgesezt wird, duͤrfte es dagegen genuͤgen, die aus dem
                              Kessel entwikelten Daͤmpfe unmittelbar in den Rauchfang zu leiten, und diesem
                              eine solche Hoͤhe zu geben, daß der mit den Daͤmpfen vermengte Rauch
                              durch Stoßwinde nicht auf die benachbarten Haͤuser niedergeschlagen werden
                              kann. Unter schwierigen Umstaͤnden koͤnnte man jedoch sogar auch hier
                              diese Daͤmpfe durch die Heizstelle leiten, damit die Nachbarschaft ja keinen
                              Grund zu Klagen haben kann.Das Sanitaͤtscollegium in Nantes laͤßt das rohe Unschlitt in
                                    einem geschlossenen Gefaͤße schmelzen, aus welchem die Daͤmpfe
                                    in einen gehoͤrig eingerichteten Kuͤhlapparat geleitet werden.
                                    Das Gelingen dieses Verfahrens unterliegt keinem Zweifel, es scheint uns
                                    aber zu complicirt und zu laͤstig, als daß wir es hier in unserer
                                    Instruction anrathen moͤchten. Weitere Aufschluͤsse
                                    hieruͤber findet man in dem bereits oben erwaͤhnten Berichte
                                    des genannten Collegiums.A. d. O.
                              
                           Hieraus ergibt sich, daß wir keine kostspieligen und complicirten Apparate zu
                              empfehlen haben werden; sondern, daß wir nur einige leichte Modificationen in dem
                              Baue der gegenwaͤrtig gebraͤuchlichen Oefen anzugeben haben, so daß
                              die Unschlittschmelzer dem fraglichen Zwek ohne merkliche Kostenvermehrung
                              entsprechen koͤnnen.
                           Fig. 1 zeigt
                              einen Frontaufriß eines Ofens, an welchem die waͤhrend des
                              Unschlittschmelzens erzeugten Daͤmpfe vor ihrem Eintritte in den Rauchfang
                              durch die Heizstelle geleitet werden. Fig. 2 gibt einen
                              senkrechten Durchschnitt desselben nach der im Grundrisse Fig. 3 angedeuteten Linie
                              C, D.
                           a ist ein kupferner Kessel, der die gewoͤhnliche
                              Form und eine der Anstalt entsprechende Groͤße haben kann. b ist der Fenerheerd, 
                              c das Aschenloch; d das
                              Thuͤrchen des Heerdes; e die beweglichen
                              Roststangen; f das Thuͤrchen des Aschenloches,
                              welches aus starkem Eisenbleche verfertigt und in einem guten Rahmen aufgezogen seyn
                              muß, damit es diese Oeffnung genau verschließe.
                           g ist ein kreisrunder Guͤrtel, der den Kessel
                              gegen die Mitte seiner Hoͤhe horizontal umgibt, und der den Hauptfeuerzug in
                              zwei gleiche Theile abtheilt. Es sind, wie man aus dem Grundrisse Fig. 6 sieht, ungleiche
                              Oeffnungen in demselben angebracht, und die ganze Einrichtung ist so getroffen, daß
                              sich die von dem Heerde aus emporsteigende Flamme symmetrisch rings um den Kessel
                              herum verbreitet, und diesen von allen Seiten gleichmaͤßig erwaͤrmt.
                              Die Summe der Oeffnungen des Guͤrtels g muß
                              wenigstens dem Durchschnitte des Rauchfanges gleichkommen.
                           h ist ein blechener Dekel, der 3 oder 4 Centimeter (1
                              bis 1 1/2 Zoll) uͤber dem Dekel in horizontaler Richtung angebracht ist, und
                              dessen vorderer Theil i emporgehoben werden kann, wie
                              aus der Zeichnung ersichtlich ist. Dieser Theil i ruht,
                              wenn er geoͤffnet ist, auf der eisernen Stuͤze k; er dreht sich beim Oeffnen in dem Charniergelenke l.
                           m sind Unterlagen aus Mauerwerk, worauf der Dekel zur
                              Rechten und zur Linken des Ofens befestigt ist. n ist
                              eine aͤhnliche Unterlage, welche dem hinteren Theile des Dekels h als Stuͤzpunkt dient.
                           o ist die Umkleidung des oberen Theiles des Kessels. p ist ein in dem Mauerwerke untergebrachtes
                              Roͤhrensystem, welches, wie aus Fig. 3 ersichtlich ist,
                              rechts und links vom Kessel von der Deke des Ofens auslaͤuft, in dem
                              Mauerwerke, wie in Fig. 1 durch punktirte Linien angedeutet ist, senkrecht herabsteigt und
                              mit dem Canale v, x communicirt, der selbst wieder bei
                              q in den Boden des Aschenloches muͤndet.Der Canal v, x, Fig. 1 geht durch
                                    das ganze Mauerwerk des Ofens; die beiden gegenuͤberliegenden
                                    Muͤndungen dienen zur Reinigung dieses Canales sowohl als der beiden
                                    Roͤhren oder Canaͤle p, p; sie
                                    muͤssen genau verschlossen seyn, wenn man sich des Apparates nicht
                                    bedient. A. d. O. Die Summe der Durchschnitte der Canaͤle oder Roͤhren p, p muß der Summe der Durchschnitte der Canaͤle
                              v und x, so wie auch der
                              Muͤndung, mit der diese Canaͤle in das Aschenloch muͤnden,
                              gleichkommen. Ueberdieß muß die Summe der Durchschnitte der Roͤhren q, q, so wie jene der Canaͤle v, x und die Muͤndung q beinahe einen doppelt so großen Flaͤchenraum darbieten, als die
                              Oeffnung, welche sich an dem vorderen und oberen Theile des Ofens befindet, wenn der
                              Theil i des Dekels h
                              niedergelassen ist, und auf den Unterlagen m, m
                              ruht.
                           q ist eine Muͤndung, durch die der aus dem Kessel
                              emporsteigende Dampf in
                              den Aschenheerd des Ofens gelangt. r ein Feuerzug, durch
                              den der aus dem oberen Theile des Ofens austretende Rauch in den Rauchfang s zieht. t ein Ventil zur
                              Regulirung des Zuges im Feuerheerde und zur Ventilirung des uͤber dem Dekel
                              befindlichen Raumes. Die unter dem Rauchfange angebrachte Oeffnung u endlich dient zur Reinigung des Feuerzuges r und des Rauchfanges s; sie
                              muß genau geschlossen seyn, wenn man sich des Ofens bedienen will.
                           Fig. 3 zeigt
                              einen Grundriß des Ofens nach Abnahme des blechenen Dekels h, und nach der Linie A, B in Fig. 2 genommen. Man sieht
                              hieraus die Einrichtung der Unterlagen m und n und die Muͤndungen der Canaͤle p, p. Die uͤbrigen Theile sind mit denselben
                              Buchstaben bezeichnet.
                           Dieser Apparat arbeitet auf folgende Weise. Das rohe in kleine Stuͤke
                              zerschnittene UnschlittWenn das rohe Unschlitt zerschnitten worden ist, so ist es gut dasselbe ein
                                    oder mehrere Male mit kaltem Wasser auszuwaschen, indem man dann ein
                                    weißeres und reineres Unschlitt erhaͤlt, als dieß sonst der Fall ist.
                                    Waͤre das Unschlitt von Wuͤrmern angegangen, oder
                                    besaͤße es einen uͤblen Geruch, so muͤßte es, bevor man
                                    es mit Wasser abwaͤscht, mit einer schwachen
                                    Chlorkalkaufloͤsung desinficirt werden. A. d. O. wird in den Kessel gebracht, um in demselben nach einer der oben
                              beschriebenen 5 Methoden geschmolzen zu werden. Man zuͤndet zu diesem Behufe
                              auf dem Heerde ein Feuer an, senkt den beweglichen Theil des blechenen Dekels herab,
                              schließt das Thuͤrchen des Aschenloches und beginnt dann die Operation. Das
                              im Voraus angezuͤndete Feuer stellt den Zug in dem Rauchfange her, und
                              dadurch wird die aͤußere Luft veranlaßt bei der vorderen Oeffnung unter den
                              Dekel des Kessels einzutreten, uͤber die Oberflaͤche des in Fluß
                              befindlichen Unschlittes wegzuziehen, alle aus dem Kessel emporsteigenden
                              Daͤmpfe mit sich fortzureißen, und endlich durch die Canaͤle p, p, v, x und q in das
                              Aschenloch des Ofens zu gelangen. Von hier aus treten diese Daͤmpfe durch den
                              mit brennenden Kohlen oder anderem Brennmateriale beladenen Rost, um hiedurch
                              gereinigt und von allen in ihnen enthaltenen organischen Stoffen befreit zu werden
                              und um endlich mit der auf dem Heerde verbrannten Luft geruchlos in den Rauchfang zu
                              gelangen.
                           Man wird hienach die beschriebene Desinfectionsmethode leicht begreifen, und
                              einsehen, wie nothwendig es zu deren vollkommenem Gelingen ist, daß das
                              Thuͤrchen des Aschenloches vollkommen schließe, daß der bewegliche Theil des
                              Kesseldekels waͤhrend der Schmelzung herabgesenkt werde, daß man in dem
                              Rauchfange immer einen staͤrkeren Zug herstellen koͤnne, als er in
                              gewoͤhnlichen Faͤllen zur Unterhaltung eines guten Zuges im Ofen
                              noͤthig ist.Zur Herstellung eines gehoͤrigen Zuges genuͤgt es dem
                                    Rauchfange 8 bis 10 Meter Hoͤhe, und allen Canaͤlen
                                    fuͤr den Rauch so viel Mal 11 Quadratdecimeter Flaͤchenraum zu
                                    geben, als man in einer Stunde 30 Kilogramm Steinkohle zu verbrennen im
                                    Sinne hat. Bei einem so starken Zuge kann man den beweglichen Theil i des Dekels ohne Nachtheil mehr oder weniger
                                    oͤffnen, wenn dieß noͤthig ist. A. d. O. Was die im Kessel zu verrichtenden Arbeiten betrifft, so kann der Arbeiter
                              zu deren Verrichtung von Zeit zu Zeit den beweglichen Dekel aufheben, um das
                              Unschlitt umruͤhren oder um das geschmolzene Unschlitt herausnehmen zu
                              koͤnnen. Will man den Kessel nach Beendigung der Operation reinigen, so
                              braucht man den Dekel nur ganz abzuheben.Sollte man zu befuͤrchten haben, daß ein sorgloser Arbeiter den
                                    beweglichen Theil des Dekels waͤhrend des Schmelzens offen stehen
                                    laͤßt, so koͤnnte man auch ein Vorhaͤngschloß
                                    anbringen. Man koͤnnte den Kessel auch mit einem falschen beweglichen
                                    Boden versehen, um das Umruͤhren waͤhrend des Schmelzens zu
                                    vermeiden; oder dieses Umruͤhren koͤnnte mit einem gebogenen
                                    Stabe, dessen Griff durch die aͤußere Oeffnung des Dekels
                                    austraͤte, oder mit einem kreisrunden im Kessel angebrachten und von
                                    Oben bewegbaren Agitator bewerkstelligt werden.A. d. O.
                              
                           Aus der oben gegebenen Beschreibung wird man leicht auch die Einrichtung des in Fig. 4, 5 und 6 abgebildeten
                              Apparates, an welchem die aus dem Kessel emporsteigenden Daͤmpfe unmittelbar
                              in den Rauchfang uͤbergehen, begreifen, so daß wir uns hier kuͤrzer
                              fassen koͤnnen.
                           Die Canaͤle p, p, v, x und q sind hier weggelassen und durch den Canal p
                              ersezt, der unter dem Dekel eine directe Verbindung zwischen dem oberen Theile des
                              Kessels und der Basis des Rauchfanges herstellt. Das Aschenloch braucht hier bei
                              diesem Ventilationssysteme nicht geschlossen zu seyn. Der Dekel h wird auf dieselbe Weise gehandhabt, wie es oben bei
                              Fig. 2
                              beschrieben worden ist. Die Unterlage n, auf welcher der
                              hintere Theil ruht, braucht nur in ihrer ganzen Breite die Oeffnung p frei zu lassen.
                           An diesem Apparate vermengen sich die aus dem Kessel emporsteigenden Daͤmpfe
                              mit der Luft, welche bei der vorderen Oeffnung des Kessels eintritt, um dann mit
                              dieser vermengt durch den Zug des Ofens in die Rauchfangroͤhre getrieben zu
                              werden, ohne dabei durch den Feuerheerd selbst zu ziehen. Dieser Ofen wirkt weniger
                              desinficirend als ersterer, und es waͤre in dieser Hinsicht vielleicht besser
                              gewesen seiner gar nicht zu erwaͤhnen. Wir fanden uns jedoch dessen
                              ungeachtet hiezu veranlaßt, indem dieser Apparat einfacher ist als ersterer, und
                              indem er bei der fuͤnften Methode oder bei der Behandlung des Unschlittes mit
                              Schwefelsaͤure und vielleicht in allen jenen Faͤllen genuͤgen
                              duͤrfte, in welchen die Fabriken von Wohngebaͤuden etwas weiter
                              entfernt sind, und in welchen man den Rauchaͤngen bedeutende Hoͤhe geben
                              kann. Wir wollten diesen einfachen und wohlfeilen Apparat um so mehr zur allgemeinen
                              Kenntniß bringen, als er fuͤr sich allein hinreicht, um das Innere der
                              Fabriken von den unangenehmen Daͤmpfen zu befreien, die sich
                              fortwaͤhrend aus den Schmelzkesseln entwikeln, und als wir die Arbeiter einer
                              laͤstigen und ihrer Gesundheit nachtheiligen Atmosphaͤre entledigen
                              wollten.Zu den Gewerben, welche großen Vortheil aus diesen Apparaten ziehen
                                    koͤnnen, gehoͤren jene, welche das Fett aus den Knochen, den
                                    Rinds-, Hammel- und Pferdeklauen gewinnen, die
                                    Talgseifen-, Firniß-, Lak- und viele andere
                                    Fabriken.A. d. O.
                              
                           Die hier beschriebenen Apparate gewaͤhren nicht nur den Vortheil, daß sie den
                              Unschlittschmelzereien und vielen anderen Werkstaͤtten, in denen man sich
                              ihrer bedienen will, das Ungesunde benehmen, sondern sie vermindern eben so sehr
                              auch die Feuersgefahren. Sollte naͤmlich das in dem Kessel befindliche
                              Unschlitt Feuer fangen, so brauchte man nur die vordere Oeffnung des Dekels mit
                              nassen Tuͤchern zu verstopfen, den oberen Theil des Dekels
                              fortwaͤhrend zu befeuchten und das Ventil des Rauchfanges langsam zu
                              schließen, um sowohl das brennende Unschlitt als das Feuer auf dem Feuerheerde
                              auszuloͤschen.
                           Der Zwek, den die Verwaltung beabsichtigte, als sie dem Sanitaͤtscollegium
                              gegenwaͤrtige Instruction abverlangte, war nicht bloß Befreiung der
                              Nachbarschaft von den nachtheiligen Wirkungen, welche die Ausduͤnstungen der
                              gewoͤhnlichen Unschlittschmelzereien ausuͤben, sondern auch
                              Verminderung der Feuersgefahr und Entfernung der der Gesundheit nachtheiligen
                              Schaͤdlichkeiten in diesen Anstalten selbst. Sie wird diesen Zwek
                              moͤglichst erreichen, wenn sie auf genaue Befolgung der in dieser Instruction
                              gegebenen allgemeinen Maßregeln und auf Einfuͤhrung des in Fig. 1, 2 und 3 abgebildeten Ofens
                              dringt. Der in Fig.
                                 4, 5
                              und 6
                              abgebildete Apparat soll nur in den guͤnstigsten Verhaͤltnissen
                              gestattet werden; dafuͤr soll man sich seiner in jenen Werkstaͤtten,
                              in denen das Unschlitt nur umgeschmolzen wird und in den Kerzenfabriken bedienen, um
                              auch diese Industriezweige so gesund und so wenig laͤstig als moͤglich
                              zu machen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
