| Titel: | Ueber die Pink-colour, welche die Engländer zur Mahlerei auf Fayence fabriciren und über eine merkwürdige Färbung des Zinnoxyds durch Chromoxyd; von J. Malaguti. | 
| Fundstelle: | Band 61, Jahrgang 1836, Nr. LXII., S. 282 | 
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                        LXII.
                        Ueber die Pink-colour, welche die
                           Englaͤnder zur Mahlerei auf Fayence fabriciren und uͤber eine
                           merkwuͤrdige Faͤrbung des Zinnoxyds durch Chromoxyd; von J. Malaguti.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique. April 1836, S.
                              433.
                        Malaguti, uͤber die Pink-colour.
                        
                     
                        
                           Die Englaͤnder bringen eine rosenrothe Substanz in den Handel, womit man das
                              Fayence unter der Glasur bemahlt, und welche ihm beim Einbrennen eine sehr
                              schoͤne blutrothe Farbe ertheilt. Diese Substanz (welche in Frankreich noch
                              nie chemisch untersucht und immer aus dem Ausland bezogen wurde) ist
                              unaufloͤslich, unschmelzbar und wird von den Alkalien angegriffen; kochende
                              Salzsaͤure entfaͤrbt sie und loͤst gewoͤhnlich ein
                              Drittel der Masse auf. Vor dem Loͤthrohr gibt sie mit Soda
                              Zinnkuͤgelchen. Ein Muster, welches mir Hr. Brongniart gab, bestand aus:
                           
                              
                                 Zinnsaͤure (weißem Zinnoxyd)
                                 78,31
                                 
                              
                                 Kalk
                                 14,91
                                 
                              
                                 Kieselerde
                                   3,96
                                 
                              
                                 Alaunerde
                                   0,95
                                 
                              
                                 Wasser
                                   0,61
                                 
                              
                                 Chromoxyd
                                   0,52
                                 
                              
                                 Chromsaurem Kali
                                   0,26
                                 
                              
                                 Kali und Verlust
                                   0,48
                                 
                              
                           Ein anderes Muster, das ich von London erhielt, gab analoge Resultate, nur fand ich
                              statt chromsauren Kalis darin chromsauren Kalk. Ich erhielt naͤmlich bei der
                              Analyse:
                           
                              
                                 Zinnsaͤure (weißes Zinnoxyd)
                                 77,80
                                 
                              
                                 Kalk
                                 15,21
                                 
                              
                                 Kieselerde
                                   2,87
                                 
                              
                                 Alaunerde
                                   1,90
                                 
                              
                                 Wasser
                                   0,91
                                 
                              
                                 Chromoxyd
                                   0,50
                                 
                              
                                 Chromsauren Kalk
                                   0,26
                                 
                              
                                 Eisen und Verlust
                                   0,55
                                 
                              
                           Da ich mir nach der Analyse nicht erklaͤren konnte, wie eine Substanz, die so
                              zu sagen nur Spuren von Chromoxyd enthaͤlt, dunkelroth zu faͤrben
                              vermag, so suchte ich dieselbe nach den Resultaten der ersten Analyse
                              zusammenzusezen. Die Synthese bestaͤtigte vollkommen die Genauigkeit der
                              Analyse, denn ich erhielt eine Substanz, die nicht nur gerade so aussah, wie die in
                              England fabricirte, sondern auch das Fayence eben so faͤrbte.
                           Ich mußte nun darauf hinarbeiten, aus meiner Composition alle unwesentlichen
                              Bestandtheile zu entfernen, denn daß sie solche enthielt, war deßwegen zu vermuthen,
                              weil die Handelsproducte fast immer unrein sind, theils wegen der Urstoffe, deren
                              man sich im Großen bedient, theils weil ihnen die Fabrikanten oft absichtlich
                              unnoͤthige Substanzen zusezen, um diejenigen irre zu leiten, welche durch die
                              chemische Analyse ihre Geheimnisse zu entdeken suchen.
                           Durch zahlreiche Versuche uͤberzeugte ich mich:
                           1) Daß die Zinnsaͤure (das weiße Zinnoxyd) bei der Hellrothgluͤhhize
                              durch chromsaures Kali nicht gefaͤrbt wird, daß die Faͤrbung aber bei
                              Zusaz von Kalk Statt findet.
                           2) Daß die Zinnsaͤure bei derselben Temperatur auch nicht durch Chromoxyd
                              gefaͤrbt wird oder doch nur sehr schwach; daß aber Kalk die Faͤrbung
                              hier ebenfalls bewirkt.
                           3) Daß die Kieselerde und Alaunerde, ohne unumgaͤnglich noͤthig zu
                              seyn, doch den Ton der Masse erhoͤhen, indem sie ihr einen Stich in Violett
                              ertheilen.
                           4) Daß das Verhaͤltniß zwischen dem Kalk (als kohlensaures Salz) und dem
                              krystallisirten chromsauren Kali wie 10 zu 1 seyn muß; zwischen dem Kalk und dem
                              Chromoxyd wie 10 zu 3/10; und zwischen dem Kalk und der Zinnsaͤure wie 1 zu
                              3.
                           5) Daß die Fleischfarbe um so dunkler wird, je mehr Kalt und Chromoxyd oder
                              chromsaures Kali man anwendet, so daß man sich zulezt dem Kastanienbraun
                              naͤhert.
                           Ich habe nach den Ergebnissen dieser Versuche und meiner Analyse folgende
                              Verfahrungsarten zur Fabrication der Pink-colour im Großen festgesezt:
                           Verfahren Nr. 1.
                           
                              
                                 Zinnsaͤure (weißes Zinnoxyd)
                                 100
                                 
                              
                                 Kreide
                                   34
                                 
                              
                                 Krystallisirtes chromsaures Kali
                                     3 bis 4.
                                 
                              
                           Verfahren Nr. 2.
                           
                              
                                 Zinnsaͤure
                                 100
                                 
                              
                                 Kreide
                                   34
                                 
                              
                                 Chromoxyd 
                                     1 bis 1/4.
                                 
                              
                           Bei jedwedem Verfahren kann man zusezen:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                       5
                                 
                              
                                 Alaunerde
                                       1
                                 
                              
                           Die Substanzen werden innig vermengt, in Tiegel gebracht, die man lutirt und mehrere
                              Stunden her Hellrothgluͤhhize ausgesezt. Die Masse ist schmuzigroth, wird
                              aber schoͤn rosenroth, wenn man sie mit Wasser auswascht, das schwach mit
                              Salzsaͤure geschaͤrft ist.
                           In Betracht der faͤrbenden Eigenschaft der Chromsaͤure und der
                              Moͤglichkeit, daß das Chrom als Saͤure in der Pink-colour
                              vorhanden ist, koͤnnte man vermuthen, daß die Farbe dieser Substanz von der
                              Gegenwart der chromsauren Salze herruͤhrt.
                           Daß Kalk vorhanden seyn muß, um eine Faͤrbung zu erhalten, brachte mich auf
                              den Gedanken, daß der chromsaure Kalk die Ursache der Faͤrbung seyn
                              duͤrfte; ich gab diese Idee aber auf, sobald ich mich durch Versuche
                              uͤberzeugt hatte, daß man durch Gluͤhen von chromsaurem Kalk mit
                              Zinnsaͤure in verschiedenen Verhaͤltnissen und bei verschiedenen
                              Temperaturen niemals die Pink-colour erhaͤlt. Uebrigens laͤßt
                              sich durch die Analyse nicht entscheiden, auf welcher Oxydationsstufe das Chrom sich
                              befindet; denn man hat unter den analytischen Agentien nur zwischen den Alkalien und
                              der Salzsaͤure die Wahl, wovon jene das Chromoxyd in Chromsaͤure
                              verwandeln und diese die Chromsaͤure in Chromoxyd.
                           Man koͤnnte auf den ersten Blik glauben, daß sich der mit dem Chrom verbundene
                              Sauerstoff durch Differenz bestimmen und so die Frage loͤsen ließe; dieses
                              ist aber von allen Methoden die unsicherste, denn da die Menge des Chroms sehr
                              gering ist und aller Verlust bei der sehr verwikelten Analyse auf die Differenz
                              faͤllt, so muß das Resultat nothwendig falsch werden.
                           Meiner Meinung nach kann man nur indirect die Frage, wenn nicht loͤsen, doch
                              wenigstens aufklaͤren und die Hypothese, daß die Faͤrbung der
                              Pink-colour eher von Chromoxyd als von Chromsaͤure herruͤhrt,
                              in hohem Grade wahrscheinlich machen. Wenn man Kalk mit Chromoxyd an der Luft
                              gluͤht, bildet sich chromsaurer Kalk und eine Verbindung von Chromoxyd mit
                              Kalk, welche in den Saͤuren aufloͤslich ist und durch Alkalien in der
                              Kaͤlte aus dieser Aufloͤsung niedergeschlagen wird.
                           Gluͤht man Kalk mit chromsaurem Kali, so bildet sich auch die Verbindung von
                              Chromoxyd und Kalk und vielleicht uͤberdieß chromsaurer Kalk, der jedoch
                              zerstoͤrt werden muß, sobald man die Masse mit Wasser behandelt, weil bei der
                              erhoͤhten Temperatur durch den Kalk Kali frei geworden ist.
                           Das so eben Gesagte beweist, daß es zum Rothfaͤrben der Zinnsaͤure
                              gleichguͤltig seyn muß, ob man Chromoxyd oder chromsaures Kali anwendet,
                              vorausgesezt, daß Kalk vorhanden ist. Calcinirt man nun im luftleeren Raume Kalk mit
                              Chromoxyd, so wird sich die Verbindung von Kalk und Chromoxyd, aber kein chromsaurer
                              Kalk bilden. Es ist daher natuͤrlich anzunehmen, daß beim Gluͤhen der Zinnsaͤure
                              mit Kalk und Chromoxyd im luftleeren Raume die Masse sich nicht faͤrben
                              duͤrfte, wenn die Faͤrbung nur der Chromsaͤure oder besser
                              einem chromsauren Salze zuzuschreiben waͤre und daß sie im Gegentheil sich
                              faͤrben muͤßte, wenn die Faͤrbung durch Chromoxyd und den
                              Einfluß des Kalks bedingt waͤre. Wir wollen nun sehen, welche Resultate die
                              Versuche gaben.
                           Ich machte mittelst Gay-Lussacs pneumatischer Pumpe
                              eine Porzellanroͤhre luftleer, die mit einer kleinen Retorte verbunden war,
                              welche kohlensaures Blei zur Entbindung von Kohlensaͤure enthielt, um die
                              lezten Spuren atmosphaͤrischer Luft, welche der pneumatische Apparat nicht
                              beseitigen konnte, zu vertreiben. In die Roͤhre hatte ich 6 Theile
                              Zinnsaͤure, 2 Kreide und 0,06 reines Chromoxyd gebracht. Sie wurde
                              allmaͤhlich bis zum Weißgluͤhen erhizt und auf dieser Temperatur drei
                              Stunden lang erhalten. Nachdem der Apparat erkaltet war, nahm man die Masse, welche
                              alle Eigenschaften der Pink-colour besaß, heraus und behandelte sie mit
                              angesaͤuertem Wasser; sie gab aber kein Anzeichen von chromsaurem Kalk. Ich
                              habe den Versuch mit groͤßeren Antheilen von Chromoxyd und Kalk wiederholt,
                              um zu sehen ob die Faͤrbung viel staͤrker wird; in der That wurde auch
                              die Masse viel dunkler.
                           Man kann annehmen, daß sich Chromsaͤure auf Kosten des Sauerstoffs der
                              Zinnsaͤure bildet, indem diese auf Zinnoxydul reducirt wird; wenn dieses aber
                              geschieht, warum ist die Gegenwart von Kalk noͤthig? Wenn man annimmt, daß
                              das Chrom in der Pinkcolour als Chromsaͤure vorhanden ist, so muß man
                              zugeben, daß wenn Kalk, Chromoxyd und Zinnsaͤure im luftleeren Raum einer
                              gewissen Temperatur ausgesezt werden, das Chromoxyd der Zinnsaͤure den
                              Sauerstoff entzieht, welcher noͤthig ist, um es in Chromsaͤure zu
                              verwandeln, was ohne vorhandenen Kalk nicht Statt faͤnde; ich habe
                              naͤmlich schon oben bemerkt, daß Chromoxyd allein bei der
                              Hellrothgluͤhhize die Zinnsaͤure sehr wenig und meistens gar nicht
                              faͤrbt, daß aber bei Zusaz von Kalk eine Faͤrbung Statt findet, welche
                              um so intensiver ist, je mehr Kalk und Chromoxyd man anwendet. Dazu kommt noch, daß
                              die, obgleich immer nur schwache Faͤrbung der Zinnsaͤure, welche durch
                              Chromoxyd allein bei der Hellrothgluͤhhize hervorgebracht wird, durch
                              kochende Salzsaͤure nicht verschwindet, waͤhrend die durch Chromoxyd
                              und Kalk erzeugte Faͤrbung in wenigen Minuten verschwindet; und wenn man
                              ermittelt, was die kochende Salzsaͤure aufnahm, so wird man finden, daß sie
                              allen Kalk, beinahe alles Chromoxyd und so viel Zinnsaͤure als zur Bildung
                              von neutralem zinnsaurem Kalk erforderlich ist, aufloͤste. Es ist wohl zu
                              bemerken, daß der aufgenommene Kalk verbundener Kalk ist, denn die Masse wird vor der Behandlung
                              mit kochender Salzsaͤure so lange mit angesaͤuertem Wasser
                              ausgewaschen, als dieses noch Spuren von Kalk anzeigt.
                           Daraus, daß kochende Salzsaͤure die bloß durch Chromoxyd gefaͤrbte
                              Zinnsaͤure nicht zu entfaͤrben vermag, waͤhrend sie dieselbe
                              nicht nur leicht entfaͤrbt, sondern sogar zum Theil aufloͤst, wenn die
                              Faͤrbung unter dem Einfluß von Kalk Statt fand, koͤnnte man schließen,
                              daß das vermeintlich erzeugte chromsaure Zinnoxydul von Salzsaͤure nicht
                              angegriffen wird, daß es hingegen angegriffen wird, wenn zinnsaurer Kalk vorhanden
                              ist; indessen waͤre eine solche Annahme nur durch ziemlich
                              uͤberzeugende Beweise zu rechtfertigen.
                           Es ist einfacher und stimmt auch mit den vorhergehenden Umstaͤnden und
                              denjenigen, welche die Entstehung der Pink-colour begleiten, besser
                              uͤberein, wenn man annimmt, daß beim Gluͤhen eines Gemenges von
                              Zinnsaͤure, Kalk und Chromoxyd zuerst eine Verbindung von Chromoxyd und Kalk
                              entsteht, die sich dann mit Zinnsaͤure vereinigt.
                           Ich wuͤrde diese Annahme gern dadurch unterstuͤzt haben, daß ich das
                              Verhaͤltniß, worin sich Chromoxyd und Kalk beim Gluͤhen eines Gemenges
                              dieser beiden Substanzen verbinden, mit demjenigen verglichen haͤtte, worin
                              sich Chromoxyd und Kalk mit Zinnsaͤure bei der Bereitung der
                              Pink-colour vereinigen; da ich aber bedachte, daß sich die Zinnsaͤure
                              hiebei mit Kalk vereinigen kann, ohne daß sich lezterer vorlaͤufig mit
                              Chromoxyd verbunden hat, so entsagte ich dieser Untersuchung. Auf diesen
                              moͤglichen Fall wurde ich geleitet, weil ich bei meinen Versuchen immer fand,
                              daß das Chromoxyd, welches von kochender Salzsaͤure aufgeloͤst wird,
                              mit dem Kalk und der Zinnsaͤure nie in einem solchen Verhaͤltniß ist,
                              daß sich eine wahrscheinliche Formel herausstellt; das Chromoxyd betraͤgt
                              naͤmlich nie uͤber 1/34 bis 1/32 Proc. der in Salzsaͤure
                              aufloͤslichen Substanzen, was 2 Atome Chromoxyd auf 27 Atome Kalk und eben so
                              viel Zinnsaͤure geben wuͤrde.
                           Wenn man uͤbrigens Zinnsaͤure mit Chromoxyd in geeignetem
                              Verhaͤltniß bei 150 Pyrometergraden (Wedgewood) calcinirt, so erhaͤlt
                              man eine Masse von schoͤner Lilasfarbe, wovon ich spaͤter unter dem
                              Namen mineralischer Lak sprechen werde. Bei derselben
                              Temperatur (obgleich keine so hohe noͤthig ist) kann man auch die
                              Pink-colour erhalten. Wenn man nur das Chrom in der Pink-colour als
                              Chromsaͤure annehmen will, weil die Pink-colour roth ist, so wird man
                              gern zugeben, daß es im mineralischen Lak im Zustand von Oxyd enthalten ist, weil es
                              viele lilasfarbige Verbindungen des Chromoxyds gibt, worin dasselbe eine electropositive Rolle
                              spielt, z.B. kleesaures oder weinsteinsaures Chromoxyd, sublimirtes
                              Chromchloruͤr etc.
                           Wir sind also auf die sonderbare Folgerung gekommen, daß das Chromoxyd beim
                              Gluͤhen mit Zinnsaͤure im Zustand von Oxyd bleibt, bei Gegenwart von
                              Kalk aber in Chromsaͤure uͤbergeht (indem es einen Theil
                              Zinnsaͤure reducirt), in welchem Falle sich zugleich zinnsaurer Kalk
                              bildet.
                           Die Ansicht, daß ein Koͤrper durch Chromoxyd roth gefaͤrbt seyn kann,
                              darf heut zu Tage weniger befremden, da es beinahe erwiesen ist, daß in dem Spinell,
                              welchen unlaͤngst Hr. Abich analysirte, das Chrom
                              als Oxyd und nicht als Saͤure enthalten ist, wie Vauquelin wegen seiner Farbe vermuthet hatte. Schon vor langer Zeit hat
                              ein Chemiker angegeben, daß die Kieselerde unter gewissen Umstaͤnden durch
                              Chromoxyd roth gefaͤrbt wird. Alle Chemiker nehmen an, daß das Chrom im
                              Chromalaun im Zustand von Oxyd ist und doch weiß man, daß dessen Krystalle im
                              durchfallenden Lichte dunkel purpurroth erscheinen; daß man, wenn man sie in ihrem
                              Krystallwasser schmilzt, eine gruͤne Masse erhaͤlt, die in schwacher
                              Rothgluͤhhize lilas wird; daß die Aufloͤsung der purpurrothen
                              Krystalle bis auf 60° C. blau ist und daruͤber hinaus gruͤn
                              wird. Eine bestimmte Anordnung der Molecule bedingt also nicht nothwendig immer
                              dieselbe Farbe bei den verschiedenen Verbindungen, in welche sie eingehen kann.
                           Wenn man annehmen will, daß das Chrom in der Pink-colour im Zustand von
                              Chromsaͤure ist, so muß man, wie wir gesehen haben, folgende sonderbare
                              Thatsachen zugeben:
                           1) Wenn man im luftleeren Raume bei einer gewissen Temperatur Kalk, Chromoxyd und
                              Zinnsaͤure gluͤht, so entzieht das Chromoxyd der Zinnsaͤure den
                              Sauerstoff, welcher noͤthig ist, um es in Chromsaͤure zu verwandeln,
                              was ohne Gegenwart von Kalk nicht Statt faͤnde.
                           2) Das chromsaure Zinnoxydul wird von Salzsaͤure nicht angegriffen; es wird
                              aber angreifbar, wenn zinnsaurer Kalk vorhanden ist.
                           3) Die Zinnsaͤure und das Chromoxyd geben bei 150 Pyrometergraden zinnsaures
                              Chromoxyd und wenn Kalk vorhanden ist, chromsaures Zinnoxydul, waͤhrend sich
                              zugleich zinnsaurer Kalk bildet.
                           Wenn man hingegen das Chrom in der Pink-colour als Oxyd betrachtet, so braucht
                              man keine außerordentliche Thatsache anzunehmen, sondern erklaͤrt das
                              Resultat folgender Maßen: beim Gluͤhen von Zinnsaͤure, Kalk und
                              Chromoxyd verbindet sich lezteres zuerst mit dem Kalk, der ihm als
                              Loͤsungsmittel dient, damit es sich dann mit der Zinnsaͤure vereinigen
                              kann und diese Verbindung von Chromoxyd und Zinnsaͤure koͤnnte auch
                              ohne Beihuͤlfe von Kalk zu Stande kommen, wenn man wie bei Bereitung des
                              mineralischen Laks die Temperatur sehr hoch steigern wuͤrde, so daß also der
                              Kalk nur ein Ersazmittel fuͤr die hohe Temperatur waͤre. Wenn ich also
                              auch nicht bewiesen habe, daß die rothe Farbe der Pink-colour von Chromoxyd
                              herruͤhrt, so habe ich dieß doch hoͤchst wahrscheinlich gemacht, indem
                              ich zeigte, daß sie nicht wohl der Chromsaͤure zugeschrieben werden kann.
                           
                        
                           Mineralischer Lak.
                           Ich habe weiter oben gesagt, daß man eine lilasfarbige
                              Masse erhaͤlt, wenn man Chromoxyd und Zinnsaͤure in geeigneten
                              Verhaͤltnissen bei + 150 Pyrometergraden calcinirt. Es ist dieß eine ganz
                              neue Thatsache in der Geschichte dieser beiden Metalle, worauf ich um so lieber
                              aufmerksam mache, weil diese schoͤne Farbe sich nicht nur zum Tapetendruk und zur Mahlerei auf
                                 Fayence unter der Glasur anwenden laͤßt, sondern auch in der Oehlmahlerei das Gemenge von vegetabilischen Laken
                              ersezt, wodurch man eine solche Nuͤance zu erzielen genoͤthigt
                              ist.
                           Ohne Zweifel muß diese Substanz allen Einfluͤssen widerstehen, welche die
                              vegetabilischen Farben veraͤndern. Ich habe sie lange mit
                              Schwefelleberaufloͤsung in Beruͤhrung gelassen, ohne die geringste
                              Veraͤnderung zu bemerken. Weder die Feuchtigkeit, noch die Luft, noch das
                              Licht kann eine bei so hoher Temperatur erhaltene verglaste Substanz
                              beeintraͤchtigen; ich sage eine verglaste Substanz, denn wenn man sie vor dem
                              Zerreiben an der Sonne betrachtet, so hat sie ein glaͤnzendes Aussehen, wie
                              ein Haufen kleiner mikroskopischer Krystalle; untersucht man sie mit dem Mikroskop,
                              so findet man, daß die Masse mit kleinen glasigen Kuͤgelchen
                              durchsaͤet ist, und daß jedes Stuͤkchen glasig aussieht. Es ist
                              merkwuͤrdig, daß durch eine kleine Menge Chromoxyd, welches unschmelzbar ist,
                              die Zinnsaͤure, welche selbst bei jeder Temperatur unschmelzbar ist, eine
                              anfangende Schmelzung erleidet und zugleich so schoͤn gefaͤrbt
                              wird.
                           Verfahren zur Bereitung des mineralischen Laks.
                           
                              
                                 Zinnsaͤure
                                 100
                                 
                              
                                 Chromoxyd
                                     2
                                 
                              
                           Man calcinirt bei + 150 Pyrometergraden.