| Titel: | Ueber die Fabrication des eisenblausauren Kalis (Blutlaugensalzes); von J. G. Gentele, technischem Chemiker in Michelbach an Hall. | 
| Autor: | Johan G. Gentele [GND] | 
| Fundstelle: | Band 61, Jahrgang 1836, Nr. LXIII., S. 289 | 
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                        LXIII.
                        Ueber die Fabrication des eisenblausauren Kalis
                           (Blutlaugensalzes); von J. G.
                              Gentele, technischem Chemiker in Michelbach an Hall.
                        Gentele, uͤber Fabrication des eisenblausauren
                           Kalis.
                        
                     
                        
                           Das eisenblausaure Kali wird gegenwaͤrtig in den chemischen Fabriken auf die
                              Art bereitet, daß man die Kohle von (knochenlosen) thierischen Stoffen, z.B. von
                              Horn, Klauen, Hufen, Dreherabfaͤllen, Lederabfaͤllen, Blut, Fleisch
                              etc. in schmelzende Potasche eintraͤgt, die Masse bis zu gewissen
                              Vorgaͤngen im Gluͤhen erhaͤlt, nach dem Erkalten auslaugt, die
                              erhaltene Aufloͤsung eindampft und das Product noch ein oder zwei Mal
                              umkrystallisirt.
                           
                        
                           Ueber das Schmelzen der thierischen Substanzen mit
                                 Potasche.
                           In einem bis zur Rothgluͤhhize gebrachten eisernen Schmelzgefaͤße,
                              welches gewoͤhnlich ein birnfoͤrmiger Kessel (eine sogenannte Muffel)
                              oder eine Schale ist, bringt man 75 Pfd. reine Potasche zum Fluß, wozu
                              gewoͤhnlich 1 1/2 Stunden erforderlich sind. Nachdem die Potasche in Fluß
                              gekommen ist, gibt man noch 1 1/2 Stunden gute Flammhize, um ihre Temperatur so zu
                              erhoͤhen, daß sie durch die einzutragende thierische Kohle nicht zum
                              Erstarren abgekuͤhlt werden kann. In die schmelzende Potasche traͤgt
                              man nun 65 Pfd. thierische Kohle ein, die vorher mit 2 Pfd. Eisenfelle gemengt
                              wurde. Dieses GemengeVon den Verhaͤltnissen, welche man in den Fabriken anwendet, kenne ich
                                    folgende:Potasche.Thierkohle.Eisenfeile oder Hammerschlag.   100     80     4     90   400     4     75     65     2 muß auf dem mit Steinplatten belegten Boden vor dem Schmelzofen bereit
                              liegen. Nachdem die Schmelzung der Potasche 1 1/2 Stunden gedauert hat, wirft man
                              eine oder zwei SchaufelnEine solche Schaufel faßt gewoͤhnlich 8 Pfd. Kohle. voll von der thierischen Kohle hinein und ruͤhrt sie mit dem in der
                              Potasche gebliebenen eisernen Haken so schnell als moͤglich hinunter. Es
                              entsteht durch diesen Eintrag sogleich ein von Geraͤusch begleitetes
                              Aufbrausen der Schmelzmasse, welches oft so stark wird, daß sie aus dem Kessel
                              heraustreten wuͤrde, wenn man nicht sogleich nach dem Umruͤhren noch
                              eine oder zwei Schaufeln Kohle eintragen und unterruͤhren wuͤrde,
                              indem dadurch die Masse erkaltet und die Blasen aufgebrochen werden; nach einigen Sekunden tritt
                              derselbe Erfolg ein und muß durch einen neuen Eintrag eben so wieder beseitigt
                              werden. So verwendet man gewoͤhnlich die Haͤlfte der einzutragenden
                              Masse schnell, worauf ein weiterer Eintrag keine auffallende Wirkung mehr
                              aͤußert. Bis Hieher ist von Seite des Arbeiters eine besondere Aufmerksamkeit
                              noͤthig, um so zu ruͤhren, daß moͤglichst wenig von der
                              gepulverten thierischen Kohle weder durch den Zug des Feuers noch durch die
                              explosionsartige Gasentwiklung (bei dessen Entzuͤndung oft eine 6 bis 7 Fuß
                              hohe Flamme aus der Masse hervorbricht) hinweggefuͤhrt wird. Die
                              Gasentwiklung laͤßt dann nach, so daß bald nur noch kleine Flammen bemerklich
                              sind; wenn das Aufschaͤumen ganz aufgehoͤrt hat, feuert man wieder
                              beilaͤufig 3/4 Stunden staͤrker, um die Masse in guten Fluß zu
                              bringen, worauf in Zwischenraͤumen von beilaͤufig 1/2 Stunde die noch
                              uͤbrige Kohle auf zwei Mal eingetragen und so gut als moͤglich
                              untergeruͤhrt wird. Dadurch entsteht keine neue Veraͤnderung, außer
                              daß die unter Reverberirfeuer stehende Masse etwas unruhig wird.
                              Gasflaͤmmchen entwikelt, aber nur diklich schmilzt; sie entwikelt bisweilen,
                              besonders gegen das Ende, weiße Daͤmpfe, die aus verfluͤchtigtem
                              Kalium bestehen und sich an ein daruͤber gehaltenes Eisen als Kali
                              anlegen.
                           Das Eintragen der Masse erfordert auf diese Art drei Stunden Zeit und die ganze
                              Operation sechs Stunden, nach deren Verlauf die Masse zum Erkalten in eiserne
                              Gefaͤße ausgeschoͤpft, der Ofen aber sogleich zu einer neuen Operation
                              mit Potasche beschikt wird. Aus dem oben angegebenen Quantum der Schmelzmaterialien
                              erhaͤlt man bei dieser Behandlung 95–98 Pfd. Schmelze, die
                              gewoͤhnlich 18–22 Pfd. eisenblausaures Kali liefert.
                           Der beim Schmelzen Statt findende Proceß ist folgender: die rothgluͤhende
                              Potasche verzehrt so viel Kohlenstoff als noͤthig ist, um ihre
                              Kohlensaͤure in Kohlenoxyd und das Kali in Kalium zu verwandeln; es kann sich
                              nebenbei nur dann Kohlenstoff mit dem Stikstoff zu Cyan verbinden, wenn mehr Kohle
                              vorhanden ist, als zur Reduction der Kohlensaͤure und des Kalis erfordert
                              wird; erst wenn nicht mehr aller Kohlenstoff der Thierkohle verbrannt wird, erzeugt
                              sich Cyaneisenkalium. Der in der thierischen Kohle enthaltene Wasserstoff
                              loͤst ebenfalls Kohlenstoff auf und entweicht als das durch die Gaslichter
                              sich kund gebende, mit Kohlenoxydgas vermengte Kohlenwasserstoffgas; vielleicht
                              wirft er aber auch zum Theil auf die Bestandtheile der Potasche reducirend.
                           Da nun offenbar ein bedeutender Antheil der thierischen Kohle bloß dazu dient, das
                              kohlensaure Kali von der Kohlensaͤure zu befreien, so ist es wahrscheinlich,
                              daß derselbe sich ohne Nachtheil fuͤr das Product durch vegetabilische Kohle (Holzkohle) ersezen
                              ließe, was fuͤr den Fabrikanten sehr vorteilhaft seyn muͤßte. Man
                              muͤßte in dieser Hinsicht einen Versuch auf die Art anstellen, daß man die
                              vegetabilische Kohle, wovon ein Ueberschuß nicht schaden kann, zuerst eintragt und
                              nach erfolgtem ruhigerem Schmelzen der Potasche erst die thierische Kohle zusezt,
                              deren Menge wenigstens um 1/3 zu verkuͤrzen waͤre.
                           Man darf die Temperatur waͤhrend des Schmelzprocesses jedoch nie bis zur
                              Weißgluͤhhize steigen lassen, indem sich nur bei der Rothgluͤhhize das
                              Cyankalium (blausaure Kali) erzeugen und in der Masse bestehen kann. Abgesehen von
                              einer zu hohen Temperatur wird dasselbe auch zerstoͤrt, wenn die
                              gluͤhende Masse mit atmosphaͤrischer Luft vielfach in
                              Beruͤhrung kommt.
                           Eben so nachtheilig wie die Luft wirkt Wasserdampf auf gluͤhendes Cyankalium;
                              derselbe verwandelt es naͤmlich in kohlensaures Kali und Ammoniak. Man darf
                              daher nie feuchte thierische Kohle in die Potasche eintragen und die
                              ausgeschoͤpfte Masse vor dem Erkalten auch nicht der Feuchtigkeit aussezen,
                              noch weniger aber die gluͤhende Masse in Wasser werfen, wie es fruͤher
                              in den Fabriken nicht selten geschah. Da die Feuchtigkeit so nachtheilig wirkt, so
                              ist es auch nicht wahrscheinlich, daß durch Anwendung unverkohlter Thierstoffe,
                              welche die Bestandtheile des Wassers enthalten, mehr blausaures Kali erzeugt werden
                              kann, als auf dem angegebenen Wege.
                           
                        
                           Beurtheilung der Gute der anzuwendenden
                                 Substanzen.
                           a) Kalisalze. Bloß
                              kohlensaures und salpetersaures Kali lassen sich mit Vortheil zur Bereitung
                              verwenden; weinsteinsaures oder mit anderen organischen Saͤuren verbundenes
                              Kali ist wegen seines zu hohen Preises nicht anwendbar. Die Guͤte der
                              Potasche, so wie auch des Salpeters, haͤngt von ihrer Reinheit ab. Ein Gehalt
                              von schaͤdlich, desto mehr aber schwefelsaures Kali, welches die Bildung von
                              Schwefelcyan-Kalium auf Kosten des Cyankaliums veranlaßt. Die
                              schaͤdlichste Verunreinigung der Potasche ist jedoch die Kieselerde, weil sie
                              sich mit dem Kali verglast und dadurch seine Vereinigung mit anderen Stoffen
                              verhindert.
                           Der Salpeter kommt im Handel weniger unrein vor als die Potasche und liefert auch mit
                              mehr blausaures Kali als die Potasche; die Anwendung desselben zur Bereitung des
                              eisenblausauren Kalis wird nur durch seinen zu hohen Preis erschwert.
                           
                           Um Blutlaugensalz mit Salpeter zu bereiten, verfaͤhrt man folgender Maßen: man
                              bringt den Salpeter (75 Pfd.) mit Saͤgespaͤnen (2 Pfd.) vermengt in
                              das Schmelzgefaͤß; beim Erhizen faͤngt er dann an mit denselben zu
                              verpuffen, und kommt hierauf in Fluß; man traͤgt dann vorsichtig noch mehr
                              Saͤgespane ein, bis er vollstaͤndig reducirt ist, und der fließende
                              Salpeter wird endlich auf dieselbe Art wie die Potasche mit thierischer Kohle
                              behandelt. Die Reduction des Salpeters mit Saͤgespaͤnen wird vorher
                              vorgenommen, um nicht die kostspielige thierische Kohle dazu verwenden zu
                              muͤssen.
                           Mutterlaugen von der Krystallisation des eisenblausauren Kalis sind zur neuen
                              Verwendung um so untauglicher, je oͤfter sie schon gebraucht und je unreiner
                              sie dadurch wurden.
                           b) Thierische Kohle. Die
                              Guͤte der thierischen Kohle haͤngt nicht bloß von den Stoffen ab,
                              woraus sie gewonnen wurde, sondern auch von der befolgten Verkohlungsweise. Die
                              vorzuͤglichste thierische Kohle ist die von Blut, Klauen, Horn, Hufen;
                              weniger gut die von Wolle, Leder, Fleisch etc.; der Glanzruß endlich liefert noch
                              bei weitem weniger blausaures Kali.
                           Langsam und gleichfoͤrmig verkohlte Stoffe liefern bei dieser Fabrication die
                              groͤßte Ausbeute; bei rasch getriebener Verkohlung der thierischen Substanzen
                              in eisernen Gefaͤßen wird naͤmlich die mit dem Metall in
                              Beruͤhrung stehende Kohle gluͤhend, waͤhrend die entfernteren
                              Theile noch waͤsserige Duͤnste entwikeln, die sich auch auf die
                              gluͤhende Kohle verbreiten und dadurch nicht nur Kohlenoxyd und
                              Kohlenwasserstoffgas, sondern auch Ammoniak erzeugen, so daß die Kohle zum Theil
                              ihres Stikstoffs beraubt wird. Wenn hingegen die Verkohlung langsam und
                              gleichfoͤrmig Statt findet, so verlieren die Stoffe vollstaͤndig ihre
                              Feuchtigkeit, ehe ein Theil gluͤht und die Kohle bleibt auch leicht und
                              schwammig, waͤhrend sie bei rascher Verkohlung zusammensintert und compact
                              wird. Bei der Verkohlung in großen Behaͤltern erhaͤlt man ebendeßwegen
                              ein weniger brauchbares Product, weil sie darin meistens ungleichfoͤrmig
                              erfolgt. Der Fabrikant kann sich also schon bei der Verkohlung der thierischen
                              Stoffe zum Schaden oder Vortheil arbeiten, denn die Guͤte der anzuwendenden
                              thierischen Kohle traͤgt hauptsaͤchlich zu einer Mehrproduction
                              bei.
                           c) Eisen. Das anzuwendende
                              Eisen soll metallisch und fein zertheilt, besonders aber kupferfrei seyn. Eisenfeile
                              ist dem Hammerschlag deßwegen vorzuziehen, weil lezterer zu seiner Reduction Kohle
                              verzehrt.
                           
                        
                           
                           Ueber das Aufloͤsen und Reinigen des erzeugten
                                 Cyaneisenkaliums.
                           Fruͤher wurde die Schmelzmasse sogar gluͤhend in Wasser getragen,
                              wahrscheinlich um ohne Holzaufwand die Aufloͤsung zu bewerkstelligen. Wir
                              haben schon oben bemerkt, daß diese Manipulation sehr unzwekmaͤßig ist, weil
                              dadurch ein großer Theil des Cyans in Ammoniak verwandelt und zerstoͤrt wird;
                              gegenwaͤrtig werden die aus den Schmelzoͤfen geschoͤpften, in
                              eisernen Gefaͤßen zu festen Kuchen erstarrten Schmelzen in Bottichen, welche
                              mit Senkboͤden, die man mit Stroh belegt, versehen sind, mittelst kochenden
                              Wassers abgelangt, welches man auf die in ganzen Stuͤken in die Bottiche
                              gelegten Kuchen bringt. Die Bottiche bleiben bedekt stehen und nach
                              beilaͤufig 24 Stunden zieht man die erste concentrirte Lauge ab. Dieses
                              Ablaugen wird so oft wiederholt (jedoch wenn die Lauge nur mehr 10°
                              Baumé erhaͤlt, bloß mit kaltem Wasser) als die abgezogene
                              Fluͤssigkeit noch eine Graͤdigkeit zeigt. Die erhaltenen Laugen von 10
                              bis 15° Baumé dienen zur Versiedung, die schwaͤcheren hingegen
                              werden in der Folge statt Wasser zur Bereitung der ersten starken Laugen verwendet.
                              Das Eindampfen der Laugen wird in gußeisernen oder blechenen Pfannen unter schwachem
                              Kochen der Fluͤssigkeit so lange fortgesezt, bis dieselben 32°
                              Baumé zeigen, worauf man sie sich absezen und in hoͤlzernen
                              Gefaͤßen (oder solchen aus Eisenblech) krystallisiren laͤßt. Die
                              Krystallisation des eisenblausauren Kalis ist in einigen Tagen beendigt, worauf die
                              rohen, fast gruͤnlichen Krystalle von der Mutterlauge getrennt werden, die
                              durch ein zweites und drittes Abdampfen auf 36 bis 40° Baumé noch mehr
                              eisenblaue saures Kali liefert.
                           Die auskrystallisirten Laugen werden zur Trokniß abgedampft und das erhaltene Salz
                              wird statt Potasche zum Schmelzen verwendet. Die rohen Krystalle loͤst man in
                              lochendem Wasser auf und reinigt sie durch zweimaliges Umkrystallisiren.
                           Es waͤre zwekmaͤßiger die Schmelzen mit kaltem Wasser auszulaugen, wenn
                              man auf diese Art starke Laugen erzielen koͤnnte; da man aber hiebei nur
                              schwache erhaͤlt, welche durch das laͤngere Abdampfen großen Theils
                              zersezt werden, so bleibt das angegebene Verfahren vorteilhafter.
                           Wenn man wenig kaltes Wasser auf frische, eben erst in Stuͤke zerschlagene
                              Schmelzkuchen bringt, so erfolgt bisweilen eine bedeutende
                              Temperaturerhoͤhung; manche Kuchen entzuͤnden sich auch, wenn sie
                              zerschlagen in Beruͤhrung mit feuchter Luft kommen, sind also pyrophorisch;
                              bei dieser Erhizung mit Wasser sowohl als bei der Aufloͤsung solcher Kuchen
                              in heißem Wasser entwikelt sich mit dem Wasserdampf ein starker Ammoniakgeruch;
                              werden die durch heißes Ablaugen derselben erhaltenen Fluͤssigkeiten
                              abgedampft, so entwikeln sie fortwaͤhrend Ammoniakgeruch, indem
                              bestaͤndig auf Kosten von Cyan Ammoniak erzeugt wird: deßwegen geben auch die
                              ersten Laugen eine groͤßere Menge (in Salzsaͤure unloͤslichen)
                              Berlinerblau-Niederschlags als die durch Eindampfen erhaltenen; es scheidet
                              sich dabei Kohlenstoffeisen ab und das Kali scheint immer mehr mit
                              Kohlensaͤure gesaͤttigt zu werden. Je mehr Kohlenstoffeisen bei dem
                              Abdampfen aus einer Lauge sich niederschlug, desto weniger blausaures Kali liefert
                              sie natuͤrlich. Es gibt uͤbrigens Laugen, wobei diese Zersezung kaum
                              merklich ist, waͤhrend sie bei anderen in hohem Grade Statt findet, welche
                              Verschiedenheit offenbar von den Schmelzen herruͤhren muß, womit sie gewonnen
                              wurden.
                           Wodurch diese Zersezung eigentlich veranlaßt wird, ist schwer zu
                              erklaͤrenEs scheint, daß die Schmelzmasse manchmal ziemlich viel Cyankalium
                                    enthaͤlt, welches nicht mit Cyaneisen verbunden ist und daß sie
                                    bisweilen auch von der Art ist, daß sich aus einem noch unbekannten Grunde
                                    bei der Einwirkung des Wassers unter Mithuͤlfe von Waͤrme, das
                                    Cyankalium von dem Cyaneisen trennt. Dadurch wuͤrde sich das
                                    angefuͤhrte Verhalten gewisser Schmelzmassen leicht erklaͤren,
                                    denn bekanntlich bildet sich beim Abdampfen einer Aufloͤsung von
                                    Cyankalium auf Kosten des Cyans immer Ammoniak und kohlensaures Kali.A. d. R.; aber Thatsache ist es, daß die unreinen Laugen von den Schmelzmassen durch
                              lange dauerndes Abdampfen Blausaͤure verlieren, einen Theil blausauren Kalis
                              herauskrystallisiren lassen und einen dritten Antheil in den Mutterlaugen
                              zuruͤkhalten, welcher bei dem Eindampfen derselben mit starkem Ammoniakgeruch
                              zerstoͤrt wird.
                           Um alle diese Nachtheile der Zersezung waͤhrend des Eindampfens zu umgehen,
                              schlage ich den Fabrikanten vor, die Eigenschaft des Branntweins, das eisenblausaure
                              Kali aus dieser Aufloͤsung niederzuschlagen, zu benuzen. Concentrirte Laugen
                              wird man sich dadurch verschaffen koͤnnen, daß man die Rohmasse in ganzen
                              Kuchen in starke Faͤsser bringt, welche innen mit Leinwand ausgenagelt und
                              mit einem gut schließenden Dekel versehen sind; sie hierin mit kochendem Wasser
                              uͤbergießt und dann das Faß verschließt. Da das Wasser bei diesem Verfahren
                              sehr lange warm bleibt, so muß man auch eine gesaͤttigtere Aufloͤsung
                              erhalten, die man uͤberdieß durch Abziehen aus dem Hahn des Fasses sogleich
                              in filtrirtem Zustand gewinnt. Die schwaͤcheren durch Aussuͤßen
                              erhaltenen Laugen muͤssen natuͤrlich zu spaͤteren
                              Loͤsungen statt Wasser benuzt werden. Beim Erkalten der warm abgezogenen
                              concentrirten Laugen krystallisirt ein Theil des eisenblausauren Kalis heraus; den
                              anderen Theil kann man dann durch eine hinreichende Menge Branntwein aus seiner
                              Aufloͤsung niederschlagen, auf Flanell oder Leinentuͤchern sammeln und durch
                              Aussuͤßen mit Branntwein von der Mutterlauge trennen, worauf man ihn in
                              Wasser aufloͤst und krystallisiren laͤßt. Wenn man die Mutterlauge in
                              einer gußeisernen Blase destillirt, so kann man fast allen Branntwein daraus wieder
                              gewinnen; die in der Blase zuruͤkbleibende Salzloͤsung waͤre
                              dann in einem offenen Kessel zur Trokniß abzudampfen und der so erhaltene
                              Salzruͤkstand bei den Schmelzen statt Potasche zu verwenden.
                           Die gut ausgelaugten Schmelzmassen bilden nach dem Gluͤhen ein gutes
                              Klarpulver und liefern auch bei nochmaligem Calciniren mit Potasche wieder
                              blausaures Kali, obgleich verhaͤltnißmaͤßig wenig.
                           Bei den Schmelzoͤfen ließen sich auch noch bedeutende Verbesserungen anbringen
                              und zwar: 1) zur Holzersparung durch Anwendung warmer Luft, die durch abgehende
                              Waͤrme erzeugt wird und 2) durch eine solche Construction, daß man die
                              Flammhize zugleich unter und auf den Kessel oder bloß unten oder oben einwirken
                              lassen kann, um den Einfluß der Hize auf die schmelzende Masse gehoͤrig
                              leiten und, was wichtig ist, waͤhrend des Eintragens der staubigen
                              thierischen Kohle den Zug oben abhalten und die Hize bloß unten einwirken lassen zu
                              koͤnnen, damit derselbe von ihr nicht zu viel fortfuͤhrt. Man kann
                              annehmen, daß bei dem gewoͤhnlichen Verfahren von 65 Pfund Kohle (wovon 20
                              Pfd. zur Reduction verwandt werden und nur 35 Pfd. wirksam sind) beilaͤufig
                              10 Pfd. von dem Zug fortgerissen werden.