| Titel: | Ueber die Baumwollwaaren-Fabrication in Frankreich. | 
| Fundstelle: | Band 61, Jahrgang 1836, Nr. LXVI., S. 309 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LXVI.
                        Ueber die Baumwollwaaren-Fabrication in
                           Frankreich.
                        (Fortsezung von Bd. LXI. S. 232.)
                        Ueber die Baumwollwaaren-Fabrication in
                           Frankreich.
                        
                     
                        
                           
                              3. Auszuͤge aus den Aussagen
                                    der HH. Joly und Bouchardat-Demarolle in
                                    Saint-Quentin.
                              Saint-Quentin webt aus seinen eigenen Gespinnsten und aus jenen, die es
                                 aus Lille, Roubaix und aus dem Elsaß bezieht, jaͤhrlich 800, bis 850,000
                                 Stuͤk, welche zusammen einen Werth von 38 bis 40 Mill. Fr.
                                 repraͤsentiren. Die Weberei zerfaͤllt in die mechanische, die erst
                                 seit wenigen Jahren besteht, aber im Zunehmen ist, und von fuͤnf
                                 Anstalten, welche man auf 600,000 Fr. schaͤzt, betrieben wird; und in die
                                 Handweberei, welche in einem Umfange von 12 Stunden auf dem Lande verbreitet
                                 ist. Leztere zaͤhlt gegen 50,000 Stuͤhle, welche, einen zu 100 Fr.
                                 angeschlagen, mit Einschluß der Localitaͤt, 5 Mill. Fr. im Werthe
                                 vorstellen. Wollte man alle diese Stuͤhle in Fabriken unterbringen, so
                                 kaͤmen sie auf das Dreifache zu stehen. Wir muͤssen gleich hier
                                 bemerken, daß sich die Handweberei nicht vollkommen durch die Maschinenweberei
                                 ersezen laͤßt, weil leztere hauptsaͤchlich auf die glatten Zeuge
                                 angewendet wird, waͤhrend eine Menge façonnirter und anderer Zeuge
                                 fortwaͤhrend mit der Hand gewebt werden muͤssen. Die
                                 Maschinenweberei geht nur bis zu gewissen Nummern, und findet
                                 hauptsaͤchlich auf ordinaͤre Calicos und Jaconnets ihre Anwendung;
                                 alles Feinere wird selbst in England mit der Hand gewebt.
                              Außer den Webereien bestehen in unserer Gegend neun Anstalten, in denen
                                 Dampfmaschinen und andere Maschinen gebaut wurden, im Werthe von 500,000 Fr.;
                                 vier Senganstalten im Werthe von 160,000 Fr.; sechs Bleichen im Werthe von
                                 1,610,000 Fr.; sieben Appretiranstalten im Werthe von 1,485,000 Fr.; sieben
                                 Faͤrbereien und Drukereien im Werthe von 370,000 Fr. Die Bleichen,
                                 Appretir- und Senganstalten beschaͤftigen 1200 Arbeiter; die
                                 Webereien im Ganzen, mit Ausnahme der Tullisten, 70,600. Man fabricirt bei uns
                                 Calicos und Percale von 3/4 bis 3/4; Jaconnets und Nansouks von 3/4 bis 6/4;
                                 schottische Battiste von 3/4 bis zu 6/4; glatte Musseline von 3/4 bis 6/4;
                                 façonnirte Musseline aller Art; gewuͤrfelte und brillantirte
                                 Jaconnets; Halstuͤcher von 3/4 bis 7/8; Tischzeuge und Piquets jeder Art;
                                 gemodelte und geschnuͤrte Bazins von 5/8 bis 5/4; gestikte Musseline und
                                 Tuͤlls. Das Betriebscapital, womit Saint-Quentin arbeitet,
                                 duͤrfte 35 bis 40 Mill. Fr. betragen.
                              Alle Weber arbeiten nach der Façon. Zur Leitung der Handweber haben wir in
                                 den Doͤrfern Werkfuͤhrer, welche ihnen Ketten, Einschlag und
                                 Geschirre liefern. Jeder Arbeiter besizt aber seinen Stuhl als Eigenthum, und
                                 dieser kommt ihm mit der Baustelle auf 100, ohne diese nur auf 50 Fr. zu stehen.
                                 Die Weber arbeiten im Ganzen, je nachdem ihnen die Feldarbeiten Zeit lassen, nur
                                 6 bis 9 Monate des Jahres am Stuhle; zur Erntezeit z.B. ist Alles auf dem Felde,
                                 wo es dann bei der großen Menge von Arbeitern auch sehr rasch geht. Die
                                 Werkstaͤtten der Weber, die sich gewoͤhnlich im Keller befinden,
                                 werden nicht geheizt, weil dieß die Consistenz und Elasticitaͤt des
                                 Fadens beeintraͤchtigen wuͤrde.
                              Die Baumwollwaaren-Fabrication datirt sich bei uns vom Jahre 1806; sie
                                 wuchs bis zum Jahre 1812 fortwaͤhrend; die Ereignisse von 1813 und 1814, in Folge deren
                                 alle unsere Producte auf die Haͤlfte fielen, erschuͤtterten alle
                                 unsere Fabriken, die sich erst mit der Wiedereinfuͤhrung des
                                 Prohibitivsystemes wieder so erhoben, daß man im Jahre 1816 denselben Calico,
                                 den man im Jahre 1806 fuͤr 4 Fr. 25 Cent, lieferte, fuͤr 2 Fr. 60
                                 Cent. haben konnte. Vom Jahre 1816 bis zum Jahre 1834 duͤrfte sich die
                                 Zahl der fabricirten Stuͤke mehr als verdoppelt haben. Unter den Krisen,
                                 die wir erlitten, waren jene vom Jahre 1825, die durch Steigen der
                                 Baumwollpreise entstand, und jene vom Jahre 1830 bis 32, bei der eine bedeutende
                                 Anzahl von Spinnereien und Webereien unterging, die merkwuͤrdigsten. Im
                                 Vergleiche mit dem Jahre 1816 gestalten sich die Preise, wie folgt.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 61, S. 310
                                 Preis von 1816; Preis von 1821;
                                    Calico von 3/4 Breite und 75 Tragen; Fr.; Cent; Percal von 5/4 und 125;
                                    Gemodelter Bazin; Moussseline à jour
                                 
                              Die Preise wuͤrden noch mehr gesunken seyn und unsere Fabriken
                                 wuͤrden sich noch mehr gehoben haben, wenn unser Mauthsystem nicht so
                                 schwankend waͤre und wenn wir keine politischen Erschuͤtterungen
                                 erlitten haͤtten.
                              Unsere Ausfuhr ist, da die Preise im Auslande niederer stehen, als bei uns, nur
                                 sehr unbedeutend; sie belief sich im Jahre 1830 auf 191,600 Fr., im Jahre 1831
                                 auf 425,700 Fr.; im Jahre 1832 auf 428,500 Fr.; im Jahre 1833 auf 161,600 Fr.,
                                 und in den 10 ersten Monaten des Jahres 1834 nur auf 112,700 Fr. Die bewilligte
                                 Ausfuhrpraͤmie von 25 Fr. ersezt uns wohl die Mauthkosten der Baumwolle,
                                 keineswegs aber jene des Oehles, der Steinkohlen, des Eisens etc. Unsere Ausfuhr
                                 besteht lediglich aus dem, was uns von einer Saison zur anderen uͤbrig
                                 bleibt, aus dem, was wir zu viel fuͤr unseren Bedarf fabriciren. Unter
                                 diesen Umstaͤnden wuͤrden demnach auch unsere Maͤrkte bei
                                 Aufhebung des Prohibitivsystemes in Kuͤrze so uͤberfuͤhrt
                                 seyn, daß unsere Industrie dadurch sehr in Unordnung gerathen muͤßte.
                              Man scheint zu glauben, daß sich das Einfuhrverbot eigentlich doch immer in einen
                                 Schuzzoll aufloͤse, und daß der Fabrikant eben so viel Schuz genieße, wie
                                 bei dem Verbote, wenn man den Zoll so hoch ansezt, als die
                                 Schmuggelpraͤmie bezahlt wird. Dieß ist jedoch nicht richtig; denn mit
                                 Aufhebung des Verbotes faͤllt auch der groͤßte Theil der
                                 moralischen Garantie weg; und waͤhrend gegenwaͤrtig die fremde
                                 Einfuhr nur eine Art von Lotterie ist, wuͤrde sie dann regelmaͤßig
                                 werden; die Englaͤnder wuͤrden unseren Geschmak und unsere
                                 Beduͤrfnisse studiren, und bei uns Magazine errichten, welche den
                                 Ueberschuß der Fabriken von Manchester beinahe um jeden Preis losschlagen
                                 wuͤrden: theils um unsere Fabriken zu unterdruͤken, theils um sich
                                 im Falle von Krisen schnell Geld verschaffen zu koͤnnen. Ueberdieß
                                 laͤßt sich der Schuzzoll, dessen wir beduͤrfen, auch schon
                                 deßwegen durch keine Zahl ausbruͤten, weil auch bei uns das blinde
                                 Vorurtheil fuͤr englische Fabricate herrscht, und man das englische sogar
                                 lieber um etwas theurer zahlt als das franzoͤsische. Es kostete uns nicht
                                 wenig Anstrengung und Versuche, die zahlreichen englischen und schweizerischen
                                 Artikel, die vor dem Einfuhrverbote unsere Markte versorgten, zu
                                 verdraͤngen, und die Anglomanie unserer Consumenten durch Nachahmung der
                                 fremden Apprete, des fremden Geschmakes etc. so zu taͤuschen, daß
                                 gegenwaͤrtig die Schmuggelei nur mehr unbedeutend ist. Dieß ist namentlich der
                                 Fall mit den schottischen Organdis, die bis in die neuesten Zeiten geschmuggelt
                                 wurden, die wir jezt aber auch verdraͤngten. Alles dieß konnte jedoch nur
                                 unter dem Einfuhrverbote geschehen, und mit dessen Aufhebung wird auch Alles
                                 wieder zusammenfallen.
                              
                           
                              4. Auszuͤge aus den Aussagen
                                    des Hrn. Phil. Leutner, Abgeordneten von Tarare.
                              Vor einigen Jahren schlugen in der Gegend von Tarare 20,000 Stuͤhle,
                                 welche gegen 50,000 Individuen mit Musselin-Fabrication und den dazu
                                 gehoͤrigen Arbeiten, so wie mit Stikerei beschaͤftigten. Wir
                                 producirten damals fuͤr 15 Mill. Fabrikate; gegenwaͤrtig nur
                                 fuͤr 10 bis 11 Mill. Der Grund dieser Abnahme liegt theils darin, daß
                                 seit den Ereignissen in Lyon viele unserer Landweber fuͤr die
                                 Seidenweberei in Anspruch genommen wurden; theils darin, daß man nun auch im
                                 Elsaß und in Saint-Quentin Musseline fuͤr den Druk fabricirt.
                                 – Wir haben keine Fabrikgebaͤude; unsere Arbeiter, die
                                 Eigenthuͤmer ihrer Stuͤhle sind, leben saͤmmtlich auf dem
                                 Lande; wir liefern ihnen die geschlichteten Ketten, die Einschlage, kurz Alles,
                                 was zur Fabrication der glatten sowohl als façonnirten Zeuge
                                 gehoͤrt. Die Kaͤmme liefert der Fabrikant, und von diesen kommt
                                 ihm das Stuͤk auf 15 bis 30 Fr. zu stehen. Da es keine
                                 Fabrikgebaͤude gibt, so Hat der Fabrikant im Uebrigen, die unbedeutenden
                                 Geraͤthschaften und Vorbereitungen abgerechnet, nur fuͤr den
                                 Gespinnstankauf zu sorgen. Von den gewoͤhnlichen Stuͤhlen kostet
                                 einer nur 20 bis 36 Fr.; die Jacquart's hingegen,
                                 welche den Fabrikanten gehoͤren, kommen noch sehr theuer. Der Arbeiter
                                 zahlt seinen Miethzins, bereitet seine Schlichte fuͤr die Kette, kauft
                                 seine Sprizchen, seine Buͤrsten und sein Licht. 3 bis 4 arbeiten
                                 gewoͤhnlich in einem Keller, der nicht geheizt wird, und hierauf beruhen
                                 großen Theils die Vorzuͤge unserer Fabrikate.
                              Der Preis der Façon ist verschieden; er betraͤgt bei einigen
                                 Artikeln nur 10 Cent. per Elle; bei anderen bis an 1
                                 1/2, Fr. und daruͤber. Einige Arbeiter verdienen taͤglich bis an 3
                                 Fr., waͤhrend manche Kinder kaum 20 C. des Tages erwerben. Die Weiber
                                 verdienen 18 bis 25 Sous; die Stikerinnen oft nur 10 Sous; es wechselt dieß nach
                                 ihrer Geschicklichkeit, da hier Alles nach dem Stuͤke bezahlt wird. Der
                                 Preis der Façon hat seit dem Jahre 1829 sehr gewechselt; die
                                 Juliusrevolution druͤkte ihn herab; die Ereignisse von Lyon
                                 erhoͤhten ihn dagegen wieder.
                              Wir fabriciren Musseline, Organdis und Battiste aller Art, erstere von 3/4 bis
                                 6/4 Breite und von 25 Cent, bis zu 10 Fr. die Elle. Unsere Bleiche und unser
                                 Appret geben jenem der Schweiz und jenem Schottlands nichts nach, so daß sich
                                 der erste Kenner uͤber den Ursprung der Waare taͤuschen kann. Wir
                                 machen alle Musseline von Europa und Indien nach; und verarbeiten Gespinnst von
                                 Nr. 20 metrisch bis zu Nr. 300 englisch; weniger jedoch in Nr. 200 und
                                 daruͤber. Dieses Gespinnst wird selten direct bezogen, weil man es in den
                                 Niederlagen wohlfeiler bekommt, was auch mit den englischen Gespinnsten der Fall
                                 ist. Fruͤher wurde das Gespinnst uͤber Nr. 143 groͤßten
                                 Theils geschmuggelt. Die franzoͤsischen Gespinnste uͤber Nr. 143,
                                 von denen jene des Hrn. Schlumberger die
                                 vollkommensten sind, sind nicht so glatt und gleich wie die englischen, die wir
                                 haben muͤssen, wenn wir nicht aufhoͤren wollen, gewisse Artikel zu
                                 fabriciren. Der Faden der Schlumberg'schen Gespinnste
                                 ist uͤbrigens bei gleichen Nummern den englischen Gespinnsten an
                                 Staͤrke gleich, so daß wir sie zu solchen Stoffen, an denen die
                                 Ungleichheit des Fadens verschwindet, sehr gut brauchen koͤnnen. Zu
                                 schoͤn klaren Musselinen und indischen Organdis eignet sich jedoch dieß
                                 Gespinnst nicht, weil die Zeuge nicht gerade reißen und also fuͤr
                                 schlecht gehalten werden wuͤrden. Die Gespinnste aus dem
                                 noͤrdlichen Frankreich sind nicht so gut, wie jene des Elsaß; besonders
                                 seit einiger Zeit haben die dortigen Nr. 130 und daruͤber weniger
                                 Staͤrke. Viele der dortigen Spinner scheinen stehen geblieben zu seyn,
                                 wie denn Hr. Mimerel selbst gestand, daß viele nur
                                 ihre veralteten Maschinen ausbesserten. Wuͤrde Hr. Schlumberger seine Gespinnste in Tarare nur etwas wohlfeiler geben,
                                 als die Englaͤnder, die doch einen großen Gewinn aus ihrem Fabricate
                                 ziehen, so wuͤrden wir unseren Bedarf bei ihm nehmen. Uebrigens darf
                                 nicht vergessen werden, daß selbst in England, wo es doch Tausende von
                                 Spinnereien gibt, nur 4 bis 5 Fabriken hauptsaͤchlich feine Nummern
                                 spinnen und im Rufe stehen, sie gut zu liefern. Ich glaube, daß die
                                 franzoͤsischen Spinnereien bei den Nrn. 170 bis 200 der Englaͤnder
                                 durch den gegenwaͤrtigen Zoll von 7 Fr. per
                                 Kilogr. einen Schuz von 28 Proc. genießen, und daß ihr Gewinn bei den
                                 niedrigeren, bisher noch verbotenen Nummern wirklich sehr groß ist, obwohl ich
                                 ihn nicht genau berechnen kann, da man mir nicht sagte, wie viel man fuͤr
                                 die Façon bezahlt. Waͤre es richtig, wie Hr. Mimerel sagte, daß unsere Spinnereien 18jaͤhriger
                                 Beguͤnstigung durch das Verbot ungeachtet noch nicht weiter
                                 waͤren, als daß sie um 28 Proc. theurer fabriciren als die
                                 Englaͤnder, und daß sie selbst ein Zoll von 40 Proc. nicht zu
                                 schuͤzen vermoͤchte, so kann man wohl sagen, daß sie dieses
                                 Schuzes nicht laͤnger mehr wuͤrdig sind. Da haben die Spinnereien
                                 der Schweiz, Sachsens und Belgiens ein weit groͤßeres Verdienst als die
                                 unserigen, da sie es dahin brachten, neben der fuͤrchterlichen Concurrenz
                                 der Englaͤnder bis zu Nr. 120 zu spinnen, waͤhrend unsere
                                 Spinnereien im noͤrdlichen Frankreich bei dem Verbote, es nur bis Nr. 143
                                 metrisch brachten! Wenn man bedenkt, daß die englischen Gespinnste bis in die
                                 Schweiz und dann durch diese nach Genf oder Chambery wandern muͤssen, um
                                 von dort aus zu uns geschmuggelt zu werden, so sollte man nicht glauben, daß sie
                                 bei uns mit den franzoͤsischen Gespinnsten in Concurrenz treten
                                 koͤnnen. Und wenn in Frankreich des großen Gewinnes ungeachtet, den die
                                 Spinnereien abwerfen muͤssen, dieser Industrie nur so wenige Capitalien
                                 zugewendet werden, so sehe ich keinen anderen Grund dafuͤr ein, als den,
                                 daß es bei uns nur wenige Maͤnner gibt, die wie Hr. Schlumberger selbst Fabriken nach englischer Art einrichten
                                 koͤnnten, die in England die Spinnerei studirten, die selbst gute
                                 Mechaniker sind, und die sich nicht darauf beschranken, die ganze Leitung
                                 Werkfuͤhrern zu uͤberlassen.
                              Die Weberei in Tarare ist nach schottischem Vorbilde eingerichtet; wir kommen den
                                 Schotten auch, was Weberei und Appret betrifft, gleich; waͤhrend wir in
                                 Hinsicht auf die Vorbereitungen, wie auf das Spulen und auf das Schlichten der
                                 Ketten um 50 Proc. theurer arbeiten als sie.
                              Ich glaube demnach, daß man, um uns zu schaffen, was wir zu unserer Fabrication
                                 brauchen, und um unsere Fabriken zu zwingen besser und wohlfeiler zu spinnen,
                                 alle fremden Gespinnste zulassen sollte, und daß ein Zoll von 4 Fr. 40 Cent. per Kilogr. unseren Spinnereien
                                 hinlaͤnglichen Schuz gewaͤhren duͤrfte; denn hiebei
                                 genoͤsse Kettengespinnst von Nr. 48 englisch 119 3/4 von 50 Nr. 107, von
                                 60 Nr. 85, von 70 Nr. 73, von 80 Nr. 64, von 90 Nr. 56, von 100 Nr. 51 3/4, von 110
                                 Nr. 46, von 120 Nr. 40 1/2, von 130 Nr. 36, von 140 Nr. 32 2/3, von 150 Nr. 29,
                                 von 160 Nr. 24 1/2, von 170 Nr. 20 1/2, von 180 Nr. 17 1/2, von 190 Nr. 15 und
                                 von 200 Nr. 13 Proc. Schuz. Warum sollte dieß auch nicht genuͤgen, da,
                                 wie ich uͤberzeugt bin, die franzoͤsischen Spinnereien, und
                                 besonders jene des Elsaß nur um 10 Proc. theurer fabriciren, als die englischen;
                                 da die Façon in England theurer ist als in Frankreich; da die Schweiz,
                                 welche ihre Baumwolle aus Havre oder Trieft, ihre Maschinen aber aus
                                 Muͤlhausen bezieht, in Nr. 8 bis Nr. 120 eben so wohlfeil und manchmal
                                 sogar wohlfeiler fabricirt, als England; da in Sachsen 60 Spinnereien bestehen,
                                 welche bis Nr. 100 und 120 spinnen, obwohl daselbst alle englischen Gespinnste
                                 von Nr. 8 bis zu den hoͤchsten Nummern gegen einen Zoll von 1/2, bis 1
                                 1/2, Proc. eingefuͤhrt werden durften; da endlich auch in Belgien gegen
                                 100 Spinnereien existiren, wovon einige taͤglich 1000 bis 1200 Pfd. Nr.
                                 20 spinnen, und seit dem Jahre 1825 ihre Maschinen beinahe gaͤnzlich
                                 erneuerten, obgleich daselbst alle englischen Gespinnste gegen einen 4 bis 5
                                 Proc. betragenden Zoll Zutritt haben.
                              Was unsere Musseline betrifft, so wird davon beinahe nichts ausgefuͤhrt;
                                 die Versuche, die wir machten, mußten mißlingen, weil das Gespinnst, welches wir
                                 verarbeiten, mit Ausnahme der gegenwaͤrtig zugelassenen hoͤheren
                                 Nummern um 50 bis 80 Proc. zu theuer ist. Ich habe nach genauen Berechnungen
                                 gefunden, daß derselbe Musselin, der in Schottland und der Schweiz mit Nr. 144
                                 englisch gewebt wird, in Tarare aus Elsasser Gespinnst von Nr. 158 des alten
                                 Systemes gewebt um 39 Proc. theurer kommt, und daß dieser Unterschied selbst auf
                                 48 Proc. steigt, wenn man zu obiger Summe noch den Unterschied in der
                                 Façon, welche in der Schweiz wohlfeiler ist, hinzu rechnet. Bei einem
                                 Artikel, der in Schottland mit Nr. 184, oder in Frankreich mit derselben Nummer
                                 gewebt wird, ergibt sich bei dem gegenwaͤrtigen Preise des Gespinnstes in
                                 Tarare zu Gunsten der Schweiz ein Unterschied von 25 Proc., die Vorbereitungen
                                 und den Appret nicht mitgerechnet. Da diese Ersparnisse die Transportkosten
                                 ausgleichen, so werden halb und ganz feine Gewebe in ziemlich bedeutender Menge
                                 aus der Schweiz zu uns eingeschmuggelt. Die Schmuggelpraͤmie
                                 betraͤgt fuͤr die Graͤnze 10 bis 15; fuͤr Paris und
                                 das Innere von Frankreich hingegen 20 bis 25 Proc.
                              Will man die Einfuhr der fremden Musseline gestatten, so kann dieß nur dann
                                 geschehen, wenn wir die Gespinnste nur mehr hoͤchstens um 10 Proc.
                                 theurer bezahlen als die Englaͤnder: d.h. wenn der Transport 5 Proc.
                                 betraͤgt, so duͤrfte der Zoll nur mehr 5 Proc. vom Verkaufspreise
                                 des Gespinnstes betragen. Ueberdieß muͤßte die Erlaubniß der Einfuhr von
                                 Gespinnst um einige Jahre der Erlaubniß zur Einfuhr der Musseline voraus gehen,
                                 weil wir bisher nichts ausfuͤhren konnten, und weil wir im Rufe stehen,
                                 theurer zu fabriciren, als das Ausland: ein Ruf, der nicht so schnell ausgetilgt
                                 werden kann. Den Zoll auf die fremden Gespinnste zu 5 Proc. vom Werthe
                                 angenommen, koͤnnten unseren Webereien, nachdem sie noch einige Jahre den
                                 Schuz des Verbotes genossen und unter diesem auf den fremden Maͤrkten
                                 festen Fuß gefaßt, bei einem Schuzzolle von 20 Proc., der aber nach dem Gewichte
                                 im Verhaͤltnisse zum Verkaufspreise der Gewebe berechnet werden
                                 muͤßte, mit allen fremden Webereien Concurrenz halten. Noch habe ich zu
                                 bemerken, daß wir gegenwaͤrtig eine Elle Musselin, welche wir im Jahre 1804 zu 18 Fr.
                                 verkauften, fuͤr 2 Fr. 25 Cent. liefern; daß im Allgemeinen die Musseline
                                 in den lezten 10 Jahren um 3 Proc. gefallen sind, und daß seit die feineren
                                 Gespinnste eingefuͤhrt werden duͤrfen, die Preist noch um 8 bis 15
                                 Proc. sanken.
                              
                           
                              5. Auszuͤge aus den Aussagen
                                    des Hrn. Sanson-Davillier von Gisors.
                              Ich will hier nicht von der Handweberei sprechen, die wir seit mehreren Jahren
                                 betreiben, sondern von der kuͤrzlich von unserem Haust errichteten
                                 Maschinenweberei, und zwar im Vergleiche mit aͤhnlichen Anstalten
                                 Englands. Unser Unternehmen ist noch nicht ganz vollendet; es kostet uns aber an
                                 Grund und Boden, Wasserkraft und Wohngebaͤuden 200,000 Fr.; an
                                 Fabrik- und Nebengebaͤuden eben so viel; an Triebwerken 75,000
                                 Fr.; an 300 mechanischen Webestuͤhlen mit Zugehoͤr 135,000 Fr.; in
                                 Summa also 610,000 Fr. In England kommt ein aͤhnliches Etablissement nur
                                 auf den dritten Theil, naͤmlich auf 8850 Pfd. Sterl. oder 221,250 Fr. Das
                                 erforderliche Betriebscapital fuͤr eine derlei Fabrik betraͤgt in
                                 Frankreich 2 bis 300,000 Fr., in England 10,000 Pfd. St.
                              In England fuͤhrt ein guter Weber mit einem Gehuͤlfen in 3/4, drei
                                 und oͤfter sogar vier Stuͤhle. Seine Production haͤngt ganz
                                 und gar von der Qualitaͤt des Gespinnstes ab; im Durchschnitte kann man
                                 taͤglich auf einen Stuhl 20 Yards guten Calico von 7/8 rechnen, wonach
                                 also auf einen Arbeiter mit seinem Knaben gegen 80 Yards kommen; auf ein
                                 Maͤdchen, und solcher bedient man sich allgemein rechnet man 40 Yards. 80
                                 Yards geben beilaͤufig 62 franzoͤsische Ellen.
                              In Frankreich hingegen fuͤhren die besten Arbeiter nur 2 Stuͤhle,
                                 womit sie taͤglich 20 Ellen erzeugen; die meisten Arbeiter fuͤhren
                                 deren nur einen, und erzeugen damit taͤglich 5 bis 7 Ellen. Freilich muß
                                 man aber gestehen, daß unsere Leute meistens erst Lehrlinge sind, zu deren
                                 Heranbildung Zeit und Geduld gehoͤrt.
                              In Manchester gelten gegenwaͤrtig 7/8 Calicos von 28 Zoll Breite, 28 Yards
                                 Laͤnge und von 5 und 2 Unzen Gewicht beilaͤufig 57 Cent. die Elle;
                                 in Gisors kommt dasselbe Gewebe roh auf 72 Cent. die Elle, woraus sich zu
                                 Gunsten der Englaͤnder per Elle ein
                                 Unterschied von 15 Cent. ergibt.
                              In den Handgeweben wurden in den niederen Sorten von Geweben keine großen
                                 Verbesserungen gemacht; die Weber erzeugen seit mehreren Jahren mit ihren
                                 Stuͤhlen 4 bis 5 Ellen des Tages, und die Landleute befinden sich dabei
                                 gut, da sie die Stuͤhle immer zur Hand haben. Die großen Verbesserungen
                                 liegen in den mechanischen Webestuͤhlen, weil der Arbeiter mit diesen
                                 mehr und regelmaͤßiger gearbeiteten Zeug mit weniger Muͤhe zu
                                 liefern vermag. Sind unsere Arbeiter ein Mal so geuͤbt, daß sie
                                 saͤmmtlich 2 Stuͤhle fuͤhren, und mit jedem derselben 10
                                 bis 12 Ellen des Tages erzeugen, so wird die Façon bei der
                                 Maschinenweberei per Elle um 5 bis 7 1/2 Cent,
                                 wohlfeiler kommen, als bei der Handweberei.
                              Vor 2 und 3 Jahren wurde eine nicht unbedeutende Quantitaͤt gebleichter
                                 Baumwollstoffe ausgefuͤhrt, was jedoch lediglich den niedrigen Preisen
                                 und dem gedruͤkten Zustande unseret Webereien zuzuschreiben war. Man
                                 versuchte selbst einige Ballen nach England zu schiken, wo sie der
                                 Fracht- und Mauthkosten ungeachtet, um die franzoͤsischen Preise
                                 verkauft werden sollten. Die Englaͤnder nahmen diese Stoffe jedoch nicht,
                                 so bald sie ihren Ursprung ein Mal kannten, und wir konnten sie nicht eher verkaufen, als bis
                                 wir ihnen eine andere Beschaffenheit gegeben hatten. Haͤtten wir hiebei
                                 nicht eine Ausfuhrpraͤmie von 50 Fr. genossen, so waͤre unser
                                 Verlust bedeutend gewesen. Wir sendeten starke und leichte Calicos nach London,
                                 und von diesen gab man ersteren den Vorzug. Den Mauthregistern gewiß wurden im
                                 Jahre 1832 fuͤr 5,000,000 Fr., und im Jahre 1833 fuͤr 5,200,000
                                 Fr. Calicos ausgefuͤhrt, und zwar hauptsaͤchlich aus dem Elsaß
                                 nach der Schweiz.
                              
                           
                              (Fortsezung folgt.)