| Titel: | Ueber die Anwendung des von Hrn. Paulin erfundenen Apparates zum Löschen von Feuersbrünsten, welche in Kellern ausgebrochen sind, auf verschiedene ungesunde Gewerbe. | 
| Fundstelle: | Band 61, Jahrgang 1836, Nr. LXXI., S. 379 | 
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                        LXXI.
                        Ueber die Anwendung des von Hrn. Paulin erfundenen Apparates zum
                           Loͤschen von Feuersbruͤnsten, welche in Kellern ausgebrochen sind, auf
                           verschiedene ungesunde Gewerbe.Der Apparat des Hrn. Paulin, den wir im Polyt. Journ.
                                 Bd. LVIII. S. 137
                                 ausfuͤhrlich beschrieben und abgebildet haben, erfuhr seither einige
                                 Verbesserungen, von denen die vorzuͤglichste darin besteht, daß sich
                                 nunmehr zwei Sprizenleute mitsammen an einen und denselben Ort begeben
                                 koͤnnen, um einander im Falle der Roth gegenseitig Huͤlfe und
                                 Beistand leisten zu koͤnnen.A. d. R.
                           
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'encouragement. Mai 1836, S. 155.
                        Ueber Paulin's Apparat zum Loͤschen von
                           Feuersbruͤnsten.
                        
                     
                        
                           Hr. Paulin hatte die Idee seinen hoͤchst
                              schaͤzbaren Apparat, fuͤr den ihm bereits von mehreren Seiten
                              auszeichnende Anerkennung wurde, nicht nur zur Sicherung der Sprizenleute bei ihren
                              gefahrvollen Arbeiten zu benuzen, sondern dessen Anwendung auch in solchen Gewerben
                              zu empfehlen, bei deren Ausuͤbung die Arbeiter den nachteiligen
                              Einfluͤssen schaͤdlicher Daͤmpfe oder fein zertheilter, in der
                              Luft schwebender Substanzen ausgesezt sind. Es gehoͤren Hieher
                              hauptsaͤchlich die Metallvergolder, Farbenreiber, Spiegelbeleger, Nadler,
                              Mennigfabrikanten und jene Leute, welche zu einem laͤngeren Aufenthalte in
                              Trokenstuben genoͤthigt sind. Die Abhandlung, die er in dieser Hinsicht der
                              Gesellschaft uͤbergab, enthaͤlt im Wesentlichen Folgendes.
                           1) Metallvergolder. Die Vergolder befolgen bekanntlich
                              zwei Operationen, von denen eine der Gesundheit eben so nachtheilig ist, als die
                              andere. Bei der einen wird naͤmlich ein Queksilberamalgam auf das Metall
                              aufgetragen, wobei, wenn dieß auch mit einer Buͤrste geschieht, doch immer
                              ein Theil Queksilber von den Poren der Haut aufgenommen wird; bei der zweiten
                              hingegen, welche noch weit gefaͤhrlicher ist, wird der mit Amalgam
                              uͤberzogene Gegenstand dem Feuer ausgesezt, zur gleichmaͤßigen
                              Vertheilung des Amalgames gebuͤrstet, und darauf das Queksilber
                              verfluͤchtigt, wobei der Arbeiter mehr oder weniger von den der Gesundheit so
                              hoͤchst schaͤdlichen Queksilberdaͤmpfen einathmet. Die
                              Gefahren, die der Arbeiter hiebei laͤuft, sind um so groͤßer, als
                              saͤmmtliche Arbeiten in der Waͤrme, wo die Poren der Haut stets mehr
                              geoͤffnet sind. Statt finden, und als sich der Heerd, auf welchem die
                              Verfluͤchtigung vorgenommen wird, gewoͤhnlich in der
                              Werkstaͤtte befindet, so daß alle Arbeiter zugleich den schaͤdlichen
                              Ausduͤnstungen ausgesezt sind. Das von Hrn. d'Arcet erfundene Ventilirsystem, welches vielen der hieraus erwachsenden
                              bedeutenden Uebeln
                              vorbeugt, ist leider nur in wenigen Werkstaͤtten bekannt und angewendet.
                           Nach Hrn. Paulin soll die Werkstaͤtte durch eine
                              Scheidewand, deren oberer Theil verglast ist, in zwei Faͤcher geschieden
                              werden, und von diesen soll das eine fuͤr den Heerd, das andere hingegen
                              fuͤr die Arbeiter bestimmt seyn. In ersterem muͤßte sich ein
                              gewoͤhnlicher Kamin befinden, an welchem der Arbeiter die
                              Verfluͤchtigung des Queksilbers vorzunehmen haͤtte. Bei dieser
                              Verrichtung sollte er mit einem Wammse, aͤhnlich dem, womit die Sprizenleute
                              beim Loͤschen der Feuersbruͤnste in Kellern angethan werden, bekleidet
                              seyn, und in diesen Wamms muͤßte von Außen her durch eine elastische
                              Roͤhre und mittelst eines Blasebalges atmosphaͤrische Luft getrieben
                              werden. Der Blasebalg koͤnnte von dem Arbeiter selbst getreten werden, da ihn
                              dieß bei seinen Geschaͤften nicht hindern wuͤrde. Der Arbeiter
                              wuͤrde hiebei nicht nur nicht von der Hize des Feuers leiden, sondern er
                              koͤnnte auch ohne alle Gefahr nach Herzens Lust athmen, und mithin leichter
                              arbeiten. Ein kleinerer Raum, als bisher noͤthig war, wuͤrde zu dieser
                              Verrichtung genuͤgen; und das verfluͤchtigte Queksilber koͤnnte
                              sogar mittelst eines geeigneten Kuͤhlapparates wieder gewonnen werden; doch
                              muͤßte dieser Kuͤhlapparat etwas hoch oben angebracht seyn, damit er
                              dem Arbeiter nicht laͤstig faͤllt. Nach Beendigung der Arbeit
                              muͤßte der Arbeiter seine Roͤhre abschrauben, und die an den Blasebalg
                              fuͤhrende Roͤhre verstopfen, damit keine Queksilberdaͤmpfe in
                              diesen eindringen koͤnnen. Das Wamms muͤßte außer der
                              Werkstaͤtte aufbewahrt werden.
                           2) Farbenreiber. In den Werkstaͤtten, worin große
                              Farbmassen abgerieben werden, und wo die Arbeiter mithin bestaͤndig eine mit
                              metallischen Daͤmpfen und Essenzen verunreinigte Luft einzuathmen haben,
                              koͤnnte man sich eines dem eben angegebenen aͤhnlichen Apparates
                              bedienen. Es sollte zu diesem Behufe laͤngs des Werktisches, worauf die
                              Reibsteine ruhen, eine metallene oder lederne Roͤhre gelegt werden, und von
                              dieser sollte jedem Reibsteine gegenuͤber eine elastische, in das Wamms des
                              Arbeiters fuͤhrende Roͤhre auslaufen. Ein an dem Ende des Werktisches
                              zur Rechten angebrachter Blasebalg muͤßte die Luft, die er außer der
                              Werkstaͤtte einsaugt, in die firme Roͤhre treiben, aus der sie dann
                              saͤmmtlichen Arbeitern zustroͤmen wuͤrde. Der Blasebalg ließe
                              sich mit einem Pedale, auf welches die Arbeiter treten muͤßten, oder auf
                              andere Weise in Bewegung sezen. Will sich ein Arbeiter entfernen, so hat er die in
                              sein Wamms fuͤhrende Roͤhre abzuschrauben, und die an die
                              Hauptroͤhre fuͤhrende Roͤhre zu verstopfen, damit die Luft
                              nicht unbenuzt verloren gehe.
                           
                           3) Spiegelbeleger. Beim Belegen der Spiegel wird
                              gewoͤhnlich zuerst eine geringe Quantitaͤt Queksilber auf die
                              Staniolblaͤtter ausgegossen und dann durch Reiben mit einem Kissen
                              ausgebreitet. Nach vollbrachtem Belegen des Spiegels wird zur Beseitigung des
                              uͤberschuͤssigen Queksilbers das Reiben wiederholt. Es entwikelt sich
                              hiebei ein feiner Staub, in welchem viel Queksilber enthalten ist, und der, da er
                              von den Arbeitern eingeathmet wird, Zukungen, Zittern etc erzeugt. Man pflegt
                              allerdings die Werkstaͤtten nicht zu heizen, indem die Gefahren durch die
                              Waͤrme erhoͤht werden; allein es ist andererseits gewiß, daß das
                              Belegen der Spiegel bei trokener Witterung erleichtert und schoͤner wird,
                              waͤhrend in der Feuchtigkeit das Zinn leicht Fleken bekommt, die den Werth
                              der Spiegel beeintraͤchtigen. Auch hier ließe sich dadurch, daß man die
                              Arbeiter mit dem Paulin'schen Wammse versaͤhe, und
                              in saͤmmtliche Wammse mittelst eines gemeinschaftlichen Geblaͤses Luft
                              eintreiben ließe, allen diesen Nachtheilen und Unvollkommenheiten abhelfen.
                           4) Nadler. Die Arbeiter, welche den Nadeln die Spize zu
                              geben haben, pflegen ein oder zwei Duzend von den zu Nadeln bestimmten
                              Stahldraͤhten in die Hand zu nehmen und sie saͤmmtlich mit einem Male
                              auf einen vor ihnen befindlichen trokenen Muͤhlstein, auf dem sie zur Bildung
                              der Nadelspize nach allen Richtungen umdrehen, zu bringen. Hiebei entwikelt sich
                              sowohl von dem Muͤhlsteine als von den Nadeln ein sehr feiner Staub, der
                              eingeathmet den Lungen sehr nachtheilig wird. Das einfachste Mittel hiegegen
                              waͤre auch hier wieder die Anwendung des beschriebenen Wammses.
                           5) Mennigfabrikanten. Der Mennig muß, ehe er in den Handel
                              gebracht wird, mit Handmuͤhlen in Pulver verwandelt und gesiebt werden; das
                              ganze Local wird hiebei von feinem Mennigstaube erfuͤllt, der dem Arbeiter
                              sehr schaͤdlich wird, und bei der Erhizung, in die derselbe geraͤth,
                              nur um so leichter in die Haut eindringt. Aller bisherigen Vorsichtsmaßregeln
                              ungeachtet haben deßhalb diese Leute beinahe immer mit heftigen Leiden zu
                              kaͤmpfen. Abhuͤlfe ließe sich auch hier leicht schaffen, wenn man den
                              Arbeitern das Wamms oder besser noch eine vollkommene Kleidung aus Schafleder
                              anthaͤte, und in dieses dann mittelst eines Geblaͤses von Außen
                              frische atmosphaͤrische Luft eintreiben ließe. Da sich in der
                              Werkstaͤtte nur Handmuͤhlen und Beutelapparate befinden, welche
                              laͤngs der Mauer angebracht werden koͤnnen, so ist es ein Leichtes,
                              das Geblaͤse außerhalb anzubringen; mit einer Roͤhre von 12 bis 15 Fuß
                              Laͤnge kann der Arbeiter mahlen, sieben und die Faͤsser paken. Wollte
                              man fuͤr die ganze Fabrik ein gemeinschaftliches Geblaͤse haben, so
                              muͤßte man laͤngs der Mauer hinter den Muͤhlen und Sieben eine
                              Roͤhre laufen
                              lassen, und von dieser an jeden Arbeiter eine Roͤhre fuͤhren. Das
                              Geblaͤse muͤßte hier in diesem Falle sehr stark seyn.Das Marineministerium in Frankreich ließ mehrere Versuche uͤber die
                                    Anwendung des Paulin'schen Apparates zum Behufe
                                    mehrerer Verrichtungen in den Schiffsraͤumen, namentlich zu
                                    Raͤucherungen in denselben anstellen, da hiebei nicht selten Matrosen
                                    verungluͤken. Der hieruͤber erstattete Bericht lautet
                                    guͤnstig, und empfiehlt den Apparat namentlich beim Heizen der
                                    Kammern, wo das Feuer von den Kalfaterern nur mit großen Schwierigkeiten
                                    angestekt und unterhalten werden kann; bei der Anwendung von
                                    Raͤucherungen im Schiffsraume und in den Zwischendeken zum Behufe der
                                    Vertilgung der Ratten, und bei verschiedenen anderen Arbeiten. Das einzige
                                    Hinderniß, welches sich hiebei zeigte, liegt in den engen Loͤchern,
                                    durch welche die Matrosen bei diesen Verrichtungen gewoͤhnlich zu
                                    schluͤpfen haben. Man beschaͤftigt sich uͤbrigens mit
                                    weiteren Versuchen, deren Resultate man erwartet. – Die Zahl der
                                    Gewerbe, welche dieser oder aͤhnlicher Schuzmittel aufs
                                    Hoͤchste beduͤrfen, ist noch weit groͤßer, als sie oben
                                    von Hrn. Paulin angegeben wurde; wir erinnern nur
                                    an die Bleiweiß-Fabriken, an die Tabakmuͤhlen, an die Fabriken
                                    verschiedener chemischer Praͤparate, an die Hutmacherei etc. etc.,
                                    welche gegenwaͤrtig jaͤhrlich eine nicht unbedeutende Anzahl
                                    wahrhaft martervoller Todesopfer fordern. Leider wird es hoͤchst
                                    schwer seyn, hiebei die Vorurtheile der Arbeiter zu besiegen, die weit
                                    entfernt den so noͤthigen Schuz zu suchen, denselben großen Theils
                                    verachten und verlachen, und die großen Theils eine Bravour daraus machen,
                                    ihren Koͤrper auf hoͤchst unnuͤze und unnoͤthige
                                    Weise den Gefahren, die sich leicht vermeiden ließen, auszusezen. Das
                                    einzige Mittel hingegen duͤrfte unserer Ansicht nach in
                                    zwekmaͤßiger Belehrung der Chefs und der Arbeiter solcher Gewerbe
                                    liegen; und da wo diese nicht fruchtet, in der Drohung alle diejenigen,
                                    welche die Benuzung von Vorsichtsmaßregeln verschmaͤhten, bei
                                    eintretenden Ungluͤksfaͤllen von Unterstuͤzung
                                    auszuschließen. Dieses Mittel half auch in den englischen Steinkohlengruben
                                    bei Einfuͤhrung der Sicherheitslampen und mehrerer anderer
                                    Sicherheitsmaßregeln. A. d. R.