| Titel: | Ueber die Baumwollwaaren-Fabrication in Frankreich. | 
| Fundstelle: | Band 61, Jahrgang 1836, Nr. LXXIV., S. 391 | 
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                        LXXIV.
                        Ueber die Baumwollwaaren-Fabrication in
                           Frankreich.
                        (Fortsezung von Bd. LXI. S. 315.)
                        Ueber die Baumwollwaaren-Fabrication in
                           Frankreich.
                        
                     
                        
                           
                              6. Auszuͤge aus den Aussagen
                                    des Hrn. Delahaye-Martin, Mitglied der Handelskammer von
                                    Amiens.
                              Die Baumwollwaaren-Fabrication beschaͤftigt zahlreiche
                                 Haͤnde; dessen ungeachtet bringt sie aber dem Fabrikanten und dem
                                 Arbeiter nur wenig ein, so daß ich ihren gegenwaͤrtigen Zustand
                                 fuͤr einen leidenden halte. Amiens erzeugt jaͤhrlich noch 80,000
                                 Stuͤk Baumwollsammet und andere Baumwollzeuge; das Stuͤk zu
                                 52–53 Ellen. Dazu braucht man beilaͤufig 1 1/2 Mill. Pfd.
                                 Baumwolle, welche von 18,000 Arbeitern verarbeitet wird. Ehemals war die
                                 Fabrication auf unsere Stadt beschraͤnkt, gegenwaͤrtig hat sie
                                 sich aber in der Umgegend auf dem Lande verbreitet; der Arbeiter besizt das
                                 Gestell des Stuhles, welches 25 bis 30 Fr. gilt; der Meister liefert ihm die
                                 Ausruͤstung, die man auf 30 bis 40 Fr. anschlagen kann. Die Baumwollzeuge
                                 werden roh an die Negocianten verkauft; die Sammte manchmal sogar
                                 unaufgeschnitten. Die Negocianten besorgen die weitere Vollendung und
                                 Faͤrbung der Fabrikate; doch erwaͤchst aus dieser Theilung der
                                 Arbeit, da sie mehrere Anstalten erfordert, und da jede ihren Vortheil haben
                                 muß, eher eine Vertheuerung als eine groͤßere Wohlfeilheit. Der Grund
                                 hievon liegt meistens im Mangel an groͤßeren Capitalien, der die
                                 Errichtung groͤßerer Anstalten verhindert. Die
                                 Baumwollwaaren-Fabrication ist daher bei uns auch eher in Ab- als
                                 Zunahme; nur die Sammte finden noch leichten Absaz, da man sich mit einem sehr
                                 geringen Gewinne begnuͤgt. Seit dem Jahre 1825 sind die Preise der Sammte
                                 beinahe um den dritten Theil gesunken; viele Haͤuser haben deren
                                 Fabrication auch ganz aufgegeben, da sie nur mehr 5 Proc. von ihren Capitalien
                                 bezogen. Die Ursache hievon ist theils in der Veraͤnderung der Mode,
                                 theils darin zu suchen, daß wir fruͤher bedeutende Quantitaͤten
                                 Baumwollsammet ausfuͤhrten, waͤhrend gegenwaͤrtig diese
                                 Absazwege beinahe ganz versiegt sind. Ich betrachte die Beibehaltung oder
                                 Aufhebung des Einfuhrverbotes als eine Lebensfrage fuͤr unsere
                                 Baumwollwaaren-Fabrication. Schon die gegenwaͤrtige Untersuchung
                                 verbreitete solchen Schreken, daß viele Fabrikanten nicht mehr arbeiten zu
                                 lassen wagen. Kein Schuzzoll kann uns retten, das Einfuhrverbot allein ist die
                                 Schuzmauer unserer Industrie.
                              
                           
                              7. Auszuͤge aus den Aussagen
                                    des Hrn. Mallet, Mitglied der Handelskammer von Amiens.
                              Amiens ist der Centralpunkt der Baumwoll-Sammet-Fabrication; auch
                                 in Rouen erzeugte man welchen. Im Jahre 1814 producirte man 120 bis 140,000
                                 Stuͤke, und in ganz Frankreich mag sich die Produktion auf 210,000 Fr.
                                 belaufen haben. Heut zu Tage ist diese Menge in Amiens bis auf 70,000
                                 Stuͤke herabgesunken; denn die Mode hat eine andere Richtung genommen,
                                 und von unserer fruͤheren bedeutenden Ausfuhr nach Deutschland, Italien,
                                 Piemont und Spanien ist nur noch ein unbedeutender Schmuggelhandel uͤbrig
                                 geblieben. Unserer niedrigen Preise ungeachtet, und obwohl unsere Arbeiter nur 4
                                 bis 4 1/2 Fr. woͤchentlich verdienen, koͤnnen wir doch mit den
                                 Englaͤndern nicht concurriren, weil diese schlechtere Baumwolle und viel
                                 groͤberes Gespinnst zu diesen Fabrikaten verwenden als wir; weil sie
                                 wohlfeiler spinnen, und weil sie groͤßere Fabriken und groͤßere
                                 Capitalien haben. Wer feinen Baumwoll-Sammet will, zieht
                                 franzoͤsischen vor; mittlere und grobe Sorten liefern die
                                 Englaͤnder wohlfeiler, und ich muß gestehen, daß sie diesem einen Appret
                                 zu geben wissen, den wir noch nicht kennen. Im Jahre 1814 galt von
                                 schoͤnem Baumwoll-Sammte die Elle 7 Fr. 50 Cent.; im Jahre 1834
                                 zahlte man sie, obschon die Waare noch schoͤner ist, nur mehr zu 3 Fr.;
                                 und dieses Sinken wurde hauptsaͤchlich durch Verminderung des
                                 Arbeitslohnes, der Faͤrbkosten und des Gewinnes des Fabrikanten und des
                                 Kaufmannes erzielt.
                              Ich glaube nicht, daß eine Fabrication, welche stehen bleibt, fortwaͤhrend
                                 eines Schuzes wuͤrdig ist; allerdings gebuͤhrt dieß aber einem
                                 Industriezweige, der beinahe taͤglich Fortschritte macht, und sich
                                 dadurch dem Ziele annaͤhert, auf welchem er dessen gar nicht mehr bedarf.
                                 Wahrscheinlich wird einst die Zeit der allgemeinen Befreiung vom Einfuhrverbote
                                 kommen, gegenwaͤrtig laͤßt sich diese aber noch nicht bestimmen,
                                 besonders so lange man die Rohstoffe selbst noch nicht frei gegeben hat.
                              
                           
                              8. Auszuͤge aus den Aussagen des Hrn. Jourdain
                                    Herbet, Mitglieds der Handelskammer in Amiens.
                              Amiens erzeugt jaͤhrlich 180,000 Stuͤk verschiedener Gewebe, welche
                                 ein Capital von 40 Mill. Fr. repraͤsentiren, und ein Betriebscapital von
                                 24 Mill. Fr. erfordern. Die Expeditionen besorgen 150 Negocianten. Unser
                                 Fabricationssystem ist jenes der kleinen Vertheilung, und eben deßhalb
                                 wuͤrde jeder Eingriff in dasselbe die groͤßten Nachtheile
                                 fuͤr das Land nach sich ziehen. Unsere Ausfuhr ist hoͤchst
                                 unbedeutend; nur nach Spanien wird noch der fuͤnfte Theil unseres
                                 Baumwollsammtes von Bayonne, Perpignan und anderen Orten aus geschmuggelt. Ich
                                 bin uͤberzeugt, daß die Aufhebung des Einfuhrverbotes gegenwaͤrtig
                                 die meisten unserer Fabricationen vernichten wuͤrde. Folgende Tabelle
                                 zeigt die Vertheilung unserer Fabrikate.
                              
                                 
                                    80,000 Stuͤk
                                    Baumwoll Sammet
                                      9,000,000 Fr.
                                    
                                 
                                    
                                    Mollitons, Calicos etc
                                         500,000
                                        –
                                    
                                 
                                    30,000   –
                                    Escots
                                      3,600,000  –
                                    
                                 
                                      5,000
                                         –
                                    Blicourt, Anmale, Anacosten u.a. Sersche
                                         300,000
                                        –
                                    
                                 
                                      5,000
                                         –
                                    Sieb, Stoffs etc.
                                         500,000
                                        –
                                    
                                 
                                      2,000
                                         –
                                    Prunelle, Atlas, Minorque, Lastings
                                         700,000
                                        –
                                    
                                 
                                      1,900
                                         –
                                    Felbel, Camelott, Bercan
                                         110,000
                                        –
                                    
                                 
                                    14,500   –
                                    Patentcord, Pique, Kameelhaarzeuge.
                                      1,430,000  –
                                    
                                 
                                    36,000   –
                                    Alepinen
                                    20,000,000  –
                                    
                                 
                                         300
                                         –
                                    Seiden-Prunelle
                                         120,000
                                        –
                                    
                                 
                                    
                                    Moketten mit Dessins
                                         200,000
                                        –
                                    
                                 
                                    
                                    Schottische Teppiche
                                         150,000
                                        –
                                    
                                 
                                      5,000
                                         –
                                    Tirtaine
                                         510,000
                                        –
                                    
                                 
                                         300
                                         –
                                    Pluͤsche
                                          
                                       75,000  –
                                    
                                 
                                      2,400
                                         –
                                    Utrechter-Sammet
                                         840,000
                                        –
                                    
                                 
                                    
                                    Faͤrberei, Appret, Druk und Gewinn an
                                       den 5 1/2 Mill. Fabrikaten, welche Amiensroh in Beauvais, Mouy,
                                       Roubair, Reimsetc. kauft
                                      1,100,000
                                        –
                                    
                                 
                                    
                                    
                                    ––––––––––––
                                    
                                 
                                    
                                    Summa
                                    39,135,000 Fr.
                                    
                                 
                              
                           
                        
                           §. 4. Kattun- oder
                                 Indiennen-Fabrication.
                           
                              
                              1. Auszuͤge aus den Aussagen
                                    des Hrn. Roman von Wesserling.
                              Die Calicodrukerei beschaͤftigt im Elsaß direct 12 bis 15,000 Individuen,
                                 worunter die Kinder taͤglich 25 bis 50 Cent., die Weiber 90 Cent, bis 1
                                 Fr. 50 Cent., die Handlanger 1 Fr. 25 Cent, bis 1 Fr. 50 Cent., die Druker 1 Fr.
                                 25 Cent, bis 3 Fr., und die Graveurs 1 Fr. 50 Cent, bis 5 Fr. verdienen. Alle
                                 Arbeiter arbeiten nach dem Gedinge; nur die Farbenbereitung wird nach dem
                                 Taglohn bezahlt.
                              Der Preis der gedrukten Calicos ist eigentlich ein idealer, der von der Natur des
                                 Drukes abhaͤngt; es ist daher auch beinahe unmoͤglich in dieser
                                 Hinsicht eben so bestimmte Angaben zu deponiren, wie in Bezug auf die Gespinnste
                                 und Gewebe. Wir zaͤhlen 10 verschiedene Qualitaͤten, die ihre
                                 eigenen Preise haben. Im Jahre 1817 nach der Aufhebung des Einfuhrzolles der
                                 Baumwolle verkauften wir denselben Artikel, der gegenwaͤrtig nur 2 Fr.
                                 bis 2 Fr. 10 Cent, gilt, fuͤr 5 Fr. 60 Cent., weil damals die Calicos
                                 doppelt so hoch im Preise standen, wie gegenwaͤrtig. Die Drukerkosten
                                 haben sich uͤbrigens bei uns in Elsaß so vermindert, daß wir jezt
                                 fuͤr einen Druk, der im Jahre 1816 28 Sous kostete, nur mehr 12 bis 13
                                 Sous bezahlen. Die Ursachen dieses Sinkens der Preise liegen in dem Sinken der
                                 Baumwollpreise, in der Erweiterung unserer Fabriken, in den gemachten
                                 Verbesserungen, in der Verminderung der Kosten im Allgemeinen, in der Zunahme
                                 unserer Fabrication, und in der Concurrenz der Fabriken. Der Walzenstich wurde
                                 außerordentlich vervollkommnet, und eben so große Verbesserungen ergaben sich
                                 auch durch Anwendung des Dampfes zur Heizung der Faͤrbekufen. In Hinsicht
                                 auf Geschwindigkeit stehen unsere Arbeiter aber den englischen, die den
                                 franzoͤsischen und deutschen Charakter in sich vereinen, noch nach. Die
                                 Englaͤnder haben den Walzendruk, und namentlich den mit 2 und 3 Farben
                                 außerordentlich vervollkommnet; die hiedurch moͤgliche Wohlfeilheit
                                 entschaͤdigt sie fuͤr das, was ihre Fabrikate in den lezten 30
                                 Jahren in Hinsicht auf Vollkommenheit und Geschmak verloren.
                              Unsere Baumwollfabrication verbraucht Holz und Steinkohlen in verschiedenem
                                 Verhaͤltnisse; beides Brennmaterial zusammen laͤßt sich zu 500,000
                                 metrischen Centnern Steinkohle im Werthe von 2 Mill. Fr. anschlagen. Unsere
                                 Elsaͤsser Gruben sind erschoͤpft, und die Steinkohlen von Ronchamp
                                 kommen uns die 100 Kilogr. auf 4 Fr. bis 4 Fr. 60 Cent, zu stehen,
                                 waͤhrend die Steinkohlen von Saarbruͤck und Saint Etienne, zu
                                 denen wir unsere Zuflucht nehmen mußten, des weiteren Transportes ungeachtet
                                 auch nicht hoͤher kommen.
                              Unsere Ausfuhr, welche betraͤchtlich ist, wird von beilaͤufig 10
                                 Handlungshaͤusern besorgt. Wir erfahren aber oft kaum die Bestimmung, die
                                 man unseren Fabrikaten gibt, da viele Commissionaͤre nicht angeben
                                 wollen, fuͤr welches Land sie ihre Einkaͤufe machen. Nach England
                                 wurden einige Musseline ausgefuͤhrt, die nur bei der hoͤheren
                                 Classe Mode waren, und daher keine großen Summen ausmachten. Mir Calicos konnten
                                 wir in England aber nie unser Gluͤk machen, und wenn auch einige
                                 Modehaͤndler in London Einiges von Paris bezogen, so betrug dieß
                                 hoͤchstens 3 bis 400,000 Fr. des Jahres.
                              Unter allen Zweigen der Baumwollwaaren-Fabrication wuͤrde die Calicodrukerei durch
                                 Aufhebung des Einfuhrverbotes gewiß am meisten verlieren, was um so mehr zu
                                 beruͤksichtigen ist, als gerade sie fuͤr Frankreich den
                                 groͤßten Nuzen bringt. Sie beschaͤftigt eine große Menge von
                                 Menschen, und verbraucht dabei hauptsaͤchlich nur inlaͤndische
                                 Producte, namentlich den Krapp, den die Englaͤnder nur dann von uns
                                 beziehen, wenn er wohlfeiler ist als der Krapp der Levante, und den sie
                                 uͤberdieß immer nur roh in Wurzeln kaufen. Zahlreiche Fabriken chemischer
                                 Waaren bestehen gleich anderen Anstalten lediglich durch die Drukereien, und
                                 alle wuͤrden sie zugleich mit lezteren durch Aufhebung des Verbotes zu
                                 Grunde gehen, ohne daß der Consument etwas dabei gewaͤnne, weil die
                                 wohlfeilen englischen Fabricate von schlechterer Qualitaͤt und
                                 groͤßten Theils nicht gutfaͤrbig sind. Wenn wir auf einem
                                 neutralen Gebiete auf die englische Concurrenz stoßen, so koͤnnen wir in
                                 den besseren Qualitaͤten wegen des besseren Geschmakes unserer Dessins
                                 und der Haltbarkeit der Farben damit concurriren; in den gewoͤhnlichen
                                 Artikeln hingegen, in denen England ungeheure Massen erzeugt, ist dieß nirgendwo
                                 moͤglich. Ich kenne eine Fabrik in England, welche allein halb so viel
                                 Waare erzeugt als ganz Elsaß; bei uns erzeugt keine Fabrik uͤber 60,000
                                 Stuͤk, in England gibt es mehrere, die eine Million Stuͤk und
                                 daruͤber fabriciren. Dieß allein genuͤgt um zu zeigen, was wir
                                 namentlich in Faͤllen der Krise fuͤr Gefahr laufen wuͤrden.
                                 Nach meiner Ansicht hat das Einfuhrverbot eben so viel zur Wohlfahrt Frankreichs
                                 beigetragen, wie das Erbschaftsgesez; denn beide machten es moͤglich, daß
                                 sich die Industrie bis ins Unendliche verzweigen konnte. Wenn dieß System den
                                 großen Fabriken guͤnstig ist, so ist es fuͤr die kleineren
                                 vollends unentbehrlich, und leztere machen bei weitem den groͤßten Theil
                                 aus.
                              Was die Anwendung einer Marke zur Verhuͤtung der Schmuggelei betrifft, so
                                 muß ich bemerken, daß unsere Indiennen haͤufig in halbe und viertel
                                 Stuͤke getheilt werden, weil die Kaufleute in den Provinzen lieber eine
                                 große Anzahl von Anschnitten haben. In diesem Falle ist die Marke, die
                                 uͤbrigens auch noch leicht nachgemacht werden kann, unmoͤglich.
                                 Noch muß ich bemerken, daß der Fabrikant wenigstens 6 Monate fruͤher
                                 seine Vorbereitungen und seine Einkaͤufe fuͤr die naͤchste
                                 Saison macht, und daß er hiebei, wenn Friede und Ruhe herrscht, nichts riskirt,
                                 indem er die Preise zur Zeit des Verkaufes im Voraus weiß; alle diese Sicherheit
                                 faͤllt bei der Aufhebung des Verbotes weg, da der Markt in jedem
                                 Augenblik von außenher uͤberschwemmt werden kann. Solche gewagte,
                                 halsbrecherische Unternehmungen, wozu unsere Fabriken unter diesen
                                 Umstaͤnden herabsinken muͤßten, koͤnnen dem Lande nie
                                 vortheilhaft werden.
                              
                           
                              2. Auszuͤge aus den Aussagen
                                    des Hrn. Nicol. Koͤchlin von Muͤlhausen.
                              Die Kattundrukerei, welche in Indien schon in aͤltesten Zeiten bekannt
                                 gewesen zu seyn scheint, wurde erst gegen Anfang des vorigen Jahrhunderts nach
                                 Europa gebracht, wo sie anfangs sehr langsam fortschritt. England, die Schweiz
                                 und Deutschland hatten sie bereits vervollkommnet, als sie sich erst auf
                                 Frankreich ausdehnte. Die Zahl der Stuͤke, welche gegenwaͤrtig in
                                 Frankreich erzeugt wird, wechselt sehr, indem bald diese, bald jene Mode
                                 vorherrscht. Eben so wechseln die Preise nach der Qualitaͤt, nach den
                                 Dessins, nach dem Geschmake und nach dem Eigensinne der Mode. Dessen ungeachtet
                                 lassen sich die Indiennen in folgende drei Hauptclassen theilen: 1) in die Fabricate von
                                 Rouen, wovon die Elle 75 Cent. bis 1 Fr. 50 Cent, gilt; 2) in die Fabricate des
                                 Elsaß, die 1 Fr. 50 Cent, bis 3 Fr. die Elle gelten; und 3) in die gedrukten
                                 Musseline von 2 bis zu 5 Fr.
                              In allen zusammengesezten Dessins, in der Erfindung der Farben, namentlich im
                                 Illuminiren auf rothem Adrianopelgrunde, und in Hinsicht auf Geschmak kann
                                 Frankreich mit England in Concurrenz treten. Leider haben aber die reichen Zeuge
                                 bei uns so wie uͤberall einen beschraͤnkten Absaz, waͤhrend
                                 der Verbrauch an ordinaͤrem Walzendruke ungeheuer ist. Da bei lezterer
                                 Waare, die in England in Masse verfertigt wird, der Arbeitslohn unbedeutend ist,
                                 so wird es immer schwer seyn hierin mit ihm in Concurrenz zu treten, und ihm
                                 einen Theil seiner jaͤhrlichen, gegen 3 Millionen Stuͤke
                                 betragenden Ausfuhr zu entziehen, ausgenommen Frankreich stellt bei dem
                                 geringeren Arbeitslohn, den es zahlt, wohlfeilere Gespinnste und Gewebe her. Vor
                                 Kurzem fanden geschmuggelte englische gedrukte Musseline noch guten Absaz bei
                                 uns; gegenwaͤrtig trifft man beinahe nichts mehr davon; denn Elsaß hat
                                 hierin sowohl in Hinsicht auf Eleganz der Muster, als in Hinsicht auf Reinheit
                                 des Drukes und auf Haltbarkeit der Farben ein solches Uebergewicht erlangt, daß
                                 seine gedrukten Musseline auf den Maͤrkten der ganzen Welt, selbst auf
                                 den englischen gesucht sind. Rußland, Deutschland, die Schweiz und selbst
                                 England suchen ihre Chemiker und Coloristen hauptsaͤchlich im Elsaß;
                                 dagegen wuͤßte ich keinen einzigen Chemiker oder Coloristen, der aus
                                 England nach Frankreich gekommen waͤre. Doch muß ich hier bekennen, daß
                                 zwischen den englischen und franzoͤsischen Fabrikanten keine
                                 Nationalabneigungen mehr bestehen; daß sie im Gegentheile in freundschaftlichen
                                 Verhaͤltnissen zu einander stehen, und nicht nur den Vorstaͤnden,
                                 sondern sogar den Werkfuͤhrern gegenseitig Zutritt zu den Fabriken
                                 gestatten. In Elsaß bestand lange das Vorurtheil, daß der englische Druker
                                 gewandter und thaͤtiger sey als der franzoͤsische; ich benuzte, um
                                 mich hievon zu uͤberzeugen, eine mir gebotene Gelegenheit, und sandte
                                 einen unserer Werkfuͤhrer nach England; er kam nach einem Jahre
                                 zuruͤk, hatte aber nichts Besonderes zu berichten und versicherte, daß
                                 unsere Arbeiter den englischen vollkommen gleich zu stellen seyen. Wir haben
                                 uͤberdieß nicht gegen die Handwerker-Verbindungen zu
                                 kaͤmpfen, so daß mir scheint, daß wir das Ausland in den zur
                                 Ausfuͤhrung dienenden Mitteln um nichts zu beneiden brauchen. England
                                 mußte waͤhrend der Continentalsperre hauptsaͤchlich darauf sehen,
                                 große Massen fuͤr wohlfeilen Preis zu erzeugen, und deßhalb erfand es
                                 denn auch die bewundernswerthen Maschinen, welche so schnell und so gut
                                 arbeiten. In Hinsicht auf Brennmaterial hat es einen Vortheil vor uns, und eben
                                 so in Bezug auf einige chemische Praͤparate: namentlich Saͤuren
                                 und die aus dem Salpeter gewonnenen Praͤparate. Aus allen diesen
                                 Gruͤnden ist in den ordinaͤren Artikeln die Concurrenz mit den
                                 Englaͤndern sehr schwierig; noch mehr als die Englaͤnder
                                 fuͤrchten wir aber die Schweiz, die fuͤr dieselben Maͤrkte
                                 fabricirt, wie wir, und die uns bei ihrer Nachbarschaft Schritt fuͤr
                                 Schritt folgt. Gluͤklicher Weise betragen die Vortheile, die sie vor uns
                                 in den Gestehungspreisen voraus hat, nur 5 bis 10 Proc., wie sich mir nach
                                 meiner Fabrik in Loͤrrach ergibt. Die Druker verdienen bei uns 3 Fr., in
                                 der Schweiz 2 Fr. 25 Cent., die Graveurs bei uns 3 Fr, in der Schweiz 2 Fr. 50
                                 Cent.; die Handlanger von 15 Jahren an bei uns 75 Cent. bis 1 Fr. 50 Cent., in
                                 der Schweiz 6 Cent, bis 1 Fr. 20 Cent., die Kinder bei uns 40 bis 50 Cent., in der Schweiz 40
                                 Cent. In Bezug auf das Brennmaterial betraͤgt der Unterschied 8 bis 10
                                 Proc. In der Schweiz wird der Druk eines Stuͤkes von 3/4 Breite, 25 Ellen
                                 Laͤnge mit 4 bis 5 falschfaͤrbigen Farben von jenen
                                 Haͤusern, die Zeichner, Werkfuͤhrer und andere Kosten einer großen
                                 Anstalt haben, mit 14 Fr. bezahlt, waͤhrend er den kleinen Fabrikanten,
                                 die selbst Arbeiter sind, nur auf 10 Fr. zu stehen kommt. Der Druk eines eben
                                 solchen Stuͤkes mit rothem Merinosgrund kostet in den großen Fabriken 28
                                 Fr., dem kleinen Fabrikanten aber nur 24 Fr. Diese Preise unterscheiden sich
                                 aber nur wenig von denen im Elsaß; denn hier zahlt man fuͤr ein
                                 Stuͤk der ersten Art 11 bis 12 Fr., wobei die Stuͤke etwas
                                 laͤnger sind.
                              Unsere Ausfuhr ist sehr wandelbar und haͤngt groͤßten Theils von
                                 den Preisen in Frankreich, welche immer große Spruͤnge machen, ab. Ich
                                 will eine Thatsache anfuͤhren. Unser Haus lieferte mehrere Jahre hindurch
                                 fuͤr Holland jaͤhrlich 8 bis 10,000 Stuͤke eines beliebten
                                 Artikels, der jedoch nur einen geringen Gewinn abwarf. Das außerordentliche
                                 Steigen der Gespinnste und mithin auch der Calicos zwang uns endlich diese
                                 Lieferung aufzugeben, und gegenwaͤrtig ist sie in die Haͤnde der
                                 Fabrikanten von Neufchatel und der Schweiz uͤbergegangen. Ehemals
                                 fuͤhrten wir nach allen Laͤndern des Continentes aus; seit dem
                                 Frieden wurde auch nach den Vereinigten Staaten, Mexico, Brasilien und in andere
                                 uͤberseeische Laͤnder viel ausgefuͤhrt, obgleich mit
                                 geringerem Vortheile. Gegenwaͤrtig ist der Stand der Dinge jedoch anders;
                                 denn Rußland hat das Prohibitivsystem eingefuͤhrt; Spanien haben wir uns
                                 durch unser eigenes System versperrt; Deutschland, mit dem wir haͤtten
                                 freundnachbarliche Tauschverhaͤltnisse anknuͤpfen sollen,
                                 gebraucht Repressalien, und wird uns seinen Markt ganz versperren; Belgien,
                                 obwohl es durch so viele Bande an uns geknuͤpft ist, wird gezwungen seyn
                                 bald ein Gleiches zu thun, wenn wir bei unserem Prohibitivsysteme beharren; in
                                 den Vereinigten Staaten waͤchst die inlaͤndische Production
                                 jaͤhrlich; in Mexico, wo unsere Waaren beliebt waren, zahlen wir einen
                                 doppelt so hohen Zoll wie England; in Brasilien und anderwaͤrts leiten
                                 englische Commissaͤre die Mauthen und natuͤrlich nicht zu unserem
                                 Vortheile. Die englischen Consuls sind vor Allem zum Schuze des Nationalhandels
                                 aufgestellt; die unserigen hingegen sind vielmehr politische Agenten. Soll sich
                                 unsere Ausfuhr heben, so muͤssen wir: 1) auf das Prohibitivsystem
                                 verzichten, und uns den Verbrauch im Inneren durch verstaͤndig combinirte
                                 Zoͤlle sichern, mit Vermeidung jener uͤbertriebenen Gewinnste, die
                                 die Ursache so vieler Stoͤrungen sind; 2) nach und nach die Rohstoffe von
                                 allen Auflagen befreien; den Zoll, der auf dem Eisen und den Steinkohlen lastet,
                                 herabsezen, damit der Preis der Werkzeuge sinke; die Privilegien der
                                 Haͤfen so beschraͤnken, daß die Fabrikanten nicht laͤnger
                                 mehr gehindert sind, die Rohstoffe von daher zu beziehen, wo sie sich dieselben
                                 am vortheilhaftesten verschaffen koͤnnen, ohne den Anmaßungen der
                                 Monopolisten oder den Nachtheilen eines schlecht versehenen Marktes ausgesezt zu
                                 seyn; ferner die Frachten auf den Fluͤssen und Canaͤlen
                                 erniedrigen; 3) endlich hat die Regierung alle Gelegenheiten zu benuzen, um die
                                 uͤbrigen Staaten von dem Systeme der Isolirung abzubringen, und im
                                 Inneren auf zwekmaͤßige Weise die Vereine zu unterstuͤzen, die
                                 sich allenfalls zum Behufe der Ausfuhren bilden duͤrften. Schon vor
                                 einigen Jahren schaͤzte man die Ausfuhr Englands an
                                 Baumwoll-Fabricaten auf 800 Mill. Fr., wovon 600 Mill. fuͤr
                                 Arbeitslohn und Gewinn kommen; und sollte ein solches Resultat uns nicht zu
                                 einigen Anstrengungen und einiger Kuͤhnheit anspornen?
                              
                              Wenn sich unser Druker die Tuͤcher, welche er braucht, stets um
                                 maͤßige und wenig wandelbare Preise verschaffen koͤnnte, so
                                 wuͤrde er in gewoͤhnlichen Zeiten die fremde Concurrenz nur wenig
                                 scheuen. Dennoch muß er aber auf einem etwas hohen Zoll und auf ziemlich
                                 kleinlichen Formalitaͤten bestehen, um den Gefahren der Verkaͤufe
                                 mit Verlust abzuhelfen; denn manche Artikel fallen von einer Saison zur anderen
                                 wegen Aenderung der Mode, Veraͤnderung der Farbe u. dergl. oft um 50
                                 Proc. Die in dieser Hinsicht geaͤußerten Besorgnisse mindern sich jedoch
                                 bedeutend, wenn man bedenkt, daß die fuͤr irgend ein Land bestimmten
                                 Qualitaͤten gewoͤhnlich in einem anderen Lande keinen großen
                                 Anklang finden. Dieß mag auch ohne Zweifel der Grund seyn, warum unser Haus in
                                 Loͤrrach und die Schweizer Fabriken auf den Maͤrkten, die sie
                                 versehen, die englische Ueberfuͤllung nie sehr druͤkend
                                 fuͤhlten. Dem sey jedoch, wie ihm wolle, so ist es besser den Fabrikanten
                                 sicher zu stellen und ihm Garantien zu geben. Ich schlage daher, was die
                                 Aufhebung des Einfuhrverbotes der gedrukten Zeuge betrifft, vor:
                              1) daß sie erst ein Jahr nach Aufhebung des Verbotes der fremden Gewebe
                                 eintrete.
                              2) daß der auf die fremden gedrukten Zeuge gelegte Zoll 25 Proc. ihres
                                 Schaͤzungspreises in Frankreich betragen oder nach Kategorien, welche von
                                 den Handelskammern in Muͤlhausen und in Rouen festzusezen sind, dem
                                 Gewichte nach bestimmt werden soll. Die Société industrielle in Muͤlhausen ist in dieser
                                 Beziehung folgender Ansicht. „Was die Basis betrifft, auf die der Zoll
                                    gegruͤndet seyn soll, so ist es, um einerseits die Schmuggelei und
                                    andererseits die Einfuhr einer großen Masse wohlfeiler Waare in
                                    Faͤllen von Handelsstokungen zu verhuͤten, durchaus
                                    nothwendig, daß der Zoll nach dem Gewichte und sogar nach dem Bruttogewichte
                                    erhoben werde. Wuͤrde man ihn lediglich nach dem Werthe bestimmen, so
                                    wuͤrden vorzugsweise die gewoͤhnlichen am staͤrksten
                                    abgehenden Artikel, die uns am meisten Nachtheil braͤchten,
                                    eingefuͤhrt werden; man wuͤrde diese zu niederem Preise
                                    declariren, und beim Verkaufe sie um 10 Proc. uͤber dem declarirten
                                    Werthe bezahlen. Die Erhebung des Zolles nach dem Gewichte ist
                                    uͤberdieß viel leichter und mehr gegen den Betrug sichernd; denn
                                    welcher Zollbeamte kennt den Werth eines jeden einzelnen
                                    Artikels?“
                                 
                              3) daß die Wegnahme im Inneren beibehalten wird, und daß die fremden Waaren zu
                                 dieses Behufe mit einer Marke versehen werden, worauf sich der Name des
                                 Verzollungsamtes und eine Ordnungsnummer befindet. Auch muͤßte den
                                 Kaufleuten eingeschaͤrft werden, die Zeuge immer nur bei dem einen Ende
                                 anzuschneiden, damit die Marke an dem einen Ende erhalten bleibe. Der Nachtheil,
                                 daß man dann keine kleinen Anschnitte verkaufen kann, ist hier nicht von Belang,
                                 da die englischen und Schweizer Stuͤke ohnedieß gewoͤhnlich
                                 kuͤrzer sind, als die unserigen.
                              Allerdings besteht zwischen den Garantien, welche das Verbot, und jenen, welche
                                 ein Schuzzoll gegen die Schmuggelei bietet, ein großer Unterschied; der
                                 Nachtheil wird jedoch durch die erwachsenden Vortheile weit auf, gewogen; und
                                 ich zweifle keinen Augenblik, daß selbst diejenigen, die die Beseitigung des
                                 Verbotes am lebhaftesten bekaͤmpften, durch die guͤnstigen
                                 Resultate, zu denen diese Maßregel fuͤhren muͤßte, bald
                                 uͤberzeugt seyn werden, daß sie sich im Irrthume befanden. Dieß ist meine
                                 volle Ueberzeugung, und dieser bedurfte es allerdings, um mich von den Ansichten
                                 jener zu trennen, denen ich bisher mit Freude beipflichtete.
                              
                              Unser Haus beschaͤftigt in seinen Spinnereien, Webereien und Drukereien
                                 4500 bis 5000 Individuen; wir haben mehrere Millionen in unseren Etablissements
                                 steken; ich war 30 Jahre lang der Hauptgerant unserer Familiengesellschaft, und
                                 wenn mich auch seit einigen Jahren die Ehre meiner Mitbuͤrger zu
                                 vertreten zwang, diese mit meinen politischen Pflichten unvereinbare Stellung
                                 aufzugeben, so bin ich doch bei dem Gedeihen unserer Anstalten nicht weniger
                                 interessirt. Niemand wird daher glauben, daß ich so unklug seyn koͤnnte,
                                 mich fuͤr eine Maßregel zu erklaͤren, von der ich voraussehen
                                 koͤnnte, daß sie die Zukunft meiner Mitbuͤrger, meiner eigenen
                                 Existenz, und das Schiksal so vieler Familien, die seit Jahren Gluͤk und
                                 Ungluͤk mit mir theilten, blosstellen duͤrfte. Uebrigens muß ich
                                 bemerken, daß wir viel zu vorteilhaft gelegen sind, als daß wir die fremde
                                 Concurrenz zu befuͤrchten haͤtten. Ich begreife wohl den
                                 Widerwillen, den unsere Industrie gegen eine Maßregel hegt, die ihr einen Theil
                                 des franzoͤsischen Marktes zu entziehen scheint; allein dagegen
                                 duͤrfte sie durch einen sehr niedrigen Zoll geschuͤzt seyn; und
                                 andererseits ist nicht zu vergessen, daß das Verbot ein
                                 uͤbermaͤßiger Schuz ist, der nicht immer waͤhren kann. Mit
                                 Kummer bemerke ich die Spaltung, welche zwischen den Fabrikanten und den
                                 Landwirthen zu entstehen droht. Der Landwirth zieht bei dem niedrigen Preise
                                 seiner Producte nur wenig Gewinn aus seiner Arbeit; das Eigenthum wird aber
                                 immer mehr und mehr in Parzellen vertheilt; damit verbessert sich nothwendig der
                                 Culturzustand, und mithin werden die Lebensmittel noch mehr im Preise sinken.
                                 Unter diesen Umstaͤnden bleibt der Landwirthschaft nichts anderes
                                 uͤbrig, als an den Erzeugungskosten moͤglich viel zu ersparen; ist
                                 aber die Kleidung wohlfeiler, so wird auch der Taglohn niedriger werden, und
                                 dieß ist ein Grund mehr fuͤr Beseitigung des Prohibitivsystemes, bei
                                 welchem die Preise immer etwas hoch bleiben.
                              Wenn auch gegenwaͤrtige Untersuchung zeigt, daß die
                                 Baumwoll-Industrie nicht uͤberall dem entsprach, was man unter dem
                                 Schuze des Verbotes von ihr erwarten konnte, so hat Elsaß wenigstens kein Opfer
                                 gescheut, um diesem Wunsche nachzukommen. Wenn die Spinnereien im
                                 noͤrdlichen Frankreich zuruͤkblieben und nicht jene Erneuerungen
                                 ihrer Maschinen vornahmen, die noͤthig sind, um mehr und besser zu
                                 produciren, sollen wir die Schuld davon tragen? In Elsaß geben 24 Spindeln
                                 taͤglich 1 Kilogr. guten Kettenfaden von Nr. 30 m/m, waͤhrend mich einer der ersten
                                 Spinner in der Gegend von Rouen versicherte, daß ihm an seinen Maschinen nur 40
                                 Spindeln dasselbe Quantum liefern. Wenn es Fabriken gibt, die selbst bei
                                 Schuzzoͤllen die fremde Concurrenz nicht auszuhalten im Stande sind, so
                                 glaube ich, daß die Aufhebung des Verbotes unserer Industrie nur
                                 groͤßeren Aufschwung geben wuͤrde. Die Fabrication im Elsaß ist
                                 bereits auf dem gewuͤnschten Punkte angelangt, und hat England nur mehr
                                 um einige Localvortheile, um sein Brennmaterial, sein Eisen und die Wohlfeilheit
                                 der Transportmittel – lauter Dinge, die nicht von ihr abhaͤngen
                                 – zu beneiden; meine Berechnungen haben bewiesen, daß sie die englische
                                 Concurrenz nicht zu scheuen hat, sondern unter gewoͤhnlichen
                                 Umstaͤnden neben ihr einherschreiten kann. Ich praͤsidirte 12
                                 Jahre lang die Handelskammer von Muͤlhausen, und wir waren einstimmig
                                 daruͤber, daß die Regierung um Aufhebung des Verbotes anzugehen sey; wir,
                                 die wir alle Chefs von Fabriken waren, wuͤrden diesen Schritt gewiß nicht
                                 gethan haben, wenn wir uns nicht fuͤr stark genug gehalten
                                 haͤtten. Wenn man spaͤter diese Ansicht aͤnderte, so ruͤhrte
                                 dieß davon her, daß Fremde die Leidenschaften aufregten, und bestaͤndig
                                 wiederholten: „wir befinden uns wohl, wir gewinnen, warum sollen wir
                                    etwas aͤndern?“ Dennoch verlangte dieselbe Kammer im
                                 vorigen Jahre, daß die Regierung nicht bloß die feinen, sondern alle Garnnummern
                                 zulassen sollte; Jedermann wußte von diesem Antrage, und dessen ungeachtet
                                 wurden in einem Jahre 150,000 neue Spindeln errichtet. Bedarf es noch mehr, um
                                 zu beweisen, daß die Veraͤnderung des Systemes zu ganz anderen Resulten
                                 als zu denen, welche man befuͤrchtet, fuͤhren muß? Unbestreitbar
                                 ist dagegen, daß das gegenwaͤrtig befolgte System mit der Wohlfahrt und
                                 der Stabilitaͤt der Industrie im Widerspruche steht. Im Jahre 1822 fand
                                 im Elsaß die erste Krisis der Ueberfuͤllung Statt, in Folge deren die
                                 Preise der Calicos um 25 Proc. fielen, so daß unsere Waaren in die Schweiz und
                                 anderwaͤrts ausgefuͤhrt wurden, und wir unsere Verbindungen mit
                                 dem Auslande erneuern konnten. Der Ueberschuß verlief sich auf diese Weise, und
                                 die Preise stiegen wieder, und zwar so, daß die Preise der Gespinnste im Jahre
                                 1825 von 4 bis auf 9 Fr. per Kilogr. stiegen. Die
                                 Folge davon war, daß unsere Verbindungen mit dem Auslande aufhoͤrten; daß
                                 auch der Verbrauch im Inneren abnahm; daß die hohen Gewinnste, welche gemacht
                                 wurden, zur Errichtung neuer Fabriken fuͤhrten, und das; hiedurch die
                                 Production vermehrt wurde, waͤhrend der Absaz im Inneren abnahm und jener
                                 nach dem Anstande aufhoͤrte. Dadurch entstand im Jahre 1827 eine neue
                                 Ueberfuͤllung, die gleichfalls wieder verlief, so daß im Jahre 1829 die
                                 Preise abermals zu steigen begannen; und dieses Steigen wuͤrde gewiß
                                 angedauert haben, wenn nicht die Juliusrevolution, die Cholera und andere derlei
                                 Zeitumstaͤnde dazwischen gekommen waͤren. Seit dem Jahre 1832 ist
                                 die Fabrication aber wieder in großem Aufschwunge; es entstanden wiederum neue
                                 Fabriken, waͤhrend unsere Ausfuhr bis auf einige Modeartikel herabsank,
                                 so daß in Kuͤrze abermals eine Ueberfuͤllung und eine Krisis
                                 eintreten muß. Ich frage nun, ob eine solche Stellung fuͤr die Industrie
                                 wuͤnschenswerth, und ob es vortheilhaft ist, wenn man alle drei Jahre
                                 gegen eine Handelskrisis anzukaͤmpfen hat? Und doch ist dieß das Resultat
                                 des Prohibitivsystemes, wenn es keine Schranken hat. Im Jahre 1831 galt das
                                 Kilogr. Gespinnst 3 Fr. 50 Cent., seither stieg er fuͤr Augenblike bis
                                 auf 7 Fr., waͤhrend er bei der Concurrenz des Auslandes mit einem
                                 Schuzzolle von 25 Proc. nie uͤber 4 Fr. 50 Cent, oder hoͤchstens
                                 bis auf 5 Fr. haͤtte steigen koͤnnen. Ist es moͤglich mit
                                 dem Auslande Verbindungen abzuknuͤpfen, wenn die Fabrication auf diese
                                 Weise Differenzen von beinahe 100 Proc. ausgesezt ist. Ich verlange daher die
                                 Aufhebung des Einfuhrverbotes im Interesse der Industrie selbst, um ihr eine
                                 Stellung von festerem Bestande, eine Stellung, die die Ruͤkkehr der
                                 Krisen hindert und den Arbeitern bestaͤndig Beschaͤftigung
                                 sichert, zu geben.
                              
                                 (Fortsezung folgt.)