| Titel: | Ueber einen von Hrn. Capitän S. Brown in Antrag gebrachten Leuchtthurm aus Metall. | 
| Fundstelle: | Band 62, Jahrgang 1836, Nr. LXXXII., S. 468 | 
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                        LXXXII.
                        Ueber einen von Hrn. Capitaͤn S. Brown in Antrag gebrachten
                           Leuchtthurm aus Metall.
                        Aus dem Scotsman im Mechanics' Magazine, No. 678, S. 318.
                        Brown, uͤber einen Leuchtthurm aus Metall.
                        
                     
                        
                           Man hat den Vorschlag gemacht, auf dem sogenannten Wolfsfelsen (Wolf Rock) bei Lands End, welcher bekanntlich den
                              heftigsten Stuͤrmen des atlantischen Oceans ausgesezt ist, einen Leuchtthurm
                              zu errichten. Hr. Stevenson
                              entwarf in dieser Hinsicht einen Plan, zu dessen Ausfuͤhrung nach der
                              Berechnung des Hrn. Brown 15
                              Jahre Zeit und ein Capital von 150,000 Pfd. Stell, noͤthig seyn
                              duͤrften. Dieser große Aufwand an Zeit und Kosten veranlaßte Hrn. Brown, einen anderen Vorschlag zu
                              machen, dem gemaͤß innerhalb 4 Monaten und fuͤr 15,000 Pfd. Sterl. ein
                              Leuchtthurm aus Bronze erbaut werden soll, welcher bei 90 Fuß Hoͤhe eben so
                              viel leisten duͤrfte, als der steinerne von 134 Fuß Hoͤhe.
                           Die Leuchtthuͤrme werden gewoͤhnlich aus großen Steinbloͤken,
                              die außen mit eisernen Klammern verbunden werden, erbaut. Der beruͤhmte von
                              Smeaton erbaute Leuchtthurm von Eddystone hat an der
                              Basis 24 Fuß im Durchmesser, und 90 Fuß Hoͤhe, wovon 72 aus massivem
                              Mauerwerke. Jener, den Stevenson auf dem Bell Rock bei
                              Arbroath errichtete, mißt an der Basis 40 Fuß im Durchmesser, und hat dabei eine
                              Hoͤhe von 110 Fuß, wovon 102 Fuß aus massivem Mauerwerke bestehen. Die
                              Maͤngel dieser Art von Bauten springen in die Augen. Einer der
                              vorzuͤglichsten darunter ist, daß sie aus mehreren tausend Stuͤken
                              bestehen, und daß, also unter so vielen Gefuͤgen leicht welche vorhanden seyn
                              koͤnnen, die nicht die gehoͤrige Staͤrke besizen. Ferner bieten
                              sie wegen ihrer großen Breite den Winden und Wellen eine zu große Oberflaͤche
                              dar. Hr. Brown schaͤzt
                              nach den Versuchen, die er bei einem heftigen Winde an dem Ende des Pfeilers der
                              Kettenbruͤke in Brighton anstellte, die Gewalt, womit die Wellen gegen eine
                              cylindrische Oberflaͤche von 1 Fuß Hoͤhe und 1 Fuß Durchmesser
                              anschlagen, auf 80 Pfd. Dazu muß aber noch die Gewalt des Windes gerechnet werden,
                              die bei einem heftigen Sturme einen Druk von 40 Pfd. ausuͤbt. Nach diesen
                              Daten wuͤrde sich die Gewalt, die die Wogen auf den unteren Theil des von
                              Hrn. Stevenson in Vorschlag
                              gebrachten Leuchtthurmes, und der Wind auf den ganzen Bau ausuͤben
                              wuͤrde, auf 100 Tonnen berechnen; waͤhrend sich fuͤr die von
                              Hrn. Brown vorgeschlagene
                              bronzene Saͤule auf gleiche Weise nur eine Gewalt von 6 1/2 Tonne
                              herauswerfen wuͤrde. Die natuͤrliche Hoͤhe der Wogen betraͤgt bei
                              einem Sturme nicht uͤber 18 bis 20 Fuß; allein die Brandung, welche zur
                              Haͤlfte aus Wasser, zur Haͤlfte aus Schaum besteht, schlaͤgt
                              zuweilen uͤber den Leuchtthurm von Eddystone hinaus, so daß sie manchmal
                              sogar die Lichter ausloͤscht. Eine groͤßere Hoͤhe der
                              Leuchtthuͤrme gewaͤhrt leider keine groͤßere Sicherheit
                              fuͤr die Lichter; denn da man bei groͤßerer Hoͤhe der Basis
                              mehr Breite geben muß, so wird die Brandung nur um so staͤrker. An dem Bell
                              Rock, der doch keiner so stuͤrmischen See ausgesezt ist, wie der Eddystone,
                              schlaͤgt die Brandung bei Stuͤrmen oͤfter bis zu den Lichtern
                              empor, obschon diese 100 Fuß hoch uͤber dem gewoͤhnlichen Wasserstande
                              angebracht sind. Unter solchen Umstaͤnden bemerkt man auch, daß der ganze
                              Thurm zittert, wenn er von der ungeheuren und aufgeregten Wassermasse getroffen
                              wird; die gleich Seemoͤven auf dem Thurme sizenden beiden Waͤchter
                              halten sich in solchen Faͤllen, wie sie selbst eingestehen, beinahe jedes Mal
                              fuͤr verloren, und machen ihre Rechnung mit dem Irdischen.
                           Der metallene Leuchtthurm, den Hr. Brown vorschlaͤgt, soll bei 90 Fuß Hoͤhe an der Basis
                              14, und an dem duͤnnsten Theile 4 Fuß im Durchmesser bekommen. Die untere
                              Haͤlfte, die sogenannte Basis, soll aus vier Stuͤken bestehen, von
                              denen jedes einen Theil eines hohlen Kegels von beilaͤufig 10 Fuß
                              Hoͤhe bildet. Das unterste Stuͤk, welches an seinem unteren Ende gegen
                              14 Fuß im Durchmesser mißt, soll 3 Fuß tief in die Felsmasse eingelassen werden; das
                              vierte Stuͤk soll an dem oberen Ende 6 Fuß im Durchmesser bekommen. Diese
                              muͤssen in einander passen, und zwar das untere immer in das zunaͤchst
                              obere; dabei werden sie saͤmmtlich durch Randvorspruͤnge mit einander
                              verbunden, so daß die Gefuͤge gewisser Maßen staͤrker sind, als die
                              ganzen Theile. Ueber diesen vier, die Basis bildenden Stuͤken soll der
                              duͤnnere Theil beginnen, welcher aus drei Theilen von beinahe gleicher
                              Laͤnge auf die beschriebene Weise zusammengefuͤgt werden
                              muͤßte. Von hier aus haͤtte sich der Thurm in einen umgekehrten, aus
                              einem Stuͤke zu bestehenden Kegel, welcher zur Aufnahme der Haupttheile
                              dienen soll, zu erweitern. Diese Theile sind: 1) das Haus des Waͤchters,
                              welches 8 Fuß im Durchmesser und 7 Fuß Hoͤhe hat, und um welches ein Gang
                              laͤuft, auf dem der Waͤchter herumgehen kann. 2) die Laterne, die bei
                              9 Fuß Weite bis zur Kuppel 10 Fuß in der Hoͤhe mißt, und zur Aufnahme der
                              Lichter dient. Das Haus muß, damit die Temperatur in demselben etwas ausgeglichen
                              wird, aus zwei concentrischen, mit Nieten an einander befestigten, und 9 Zoll weit
                              von einander getrennten Cylindern aus Kupferblech bestehen; man kann in demselben
                              Faͤcher zur Aufnahme von Buͤchern, Baͤnken, Schraͤnken und auch einen
                              Ofen anbringen. Unmittelbar unter dem Hause in der Erweiterung des Thurmes
                              waͤren die Schlafstellen unterzubringen. Der obere Theil der Basis
                              koͤnnte zwei Behaͤlter fassen, von denen der eine zur Aufnahme von
                              Oehl und der andere zur Aufnahme von frischem Wasser bestimmt waͤre;
                              zunaͤchst oberhalb koͤnnten sich Behaͤlter fuͤr
                              Steinkohlen und Mundvorraͤthe befinden, und uͤber diesen ließe sich
                              eine allgemeine Vorrathskammer anbringen. Der Zutritt zu dem Thurme waͤre
                              durch eine bis in die See herabreichende Strik- oder Kettenleiter zu vermitteln, und
                              eben so koͤnnten im Inneren Leitern herab fuͤhren. Ein Thurm dieser
                              Art wuͤrde, wenn er ganz aus Bronze gebaut wuͤrde, auf 16 bis 17,000
                              Pfd. Sterl. zu stehen kommen; 11,300 Pfd. wuͤrden hinreichen, wenn die Basis
                              aus Bronze und der obere Theil aus Gußeisen bestuͤnde; und fuͤr 9000
                              Pfd. ließe sich ein solcher Bau herstellen, wenn man lediglich Gußeisen dazu
                              verwenden wollte. In vier Monaten Zeit koͤnnte der ganze Bau vollendet
                              seyn.
                           Die Vortheile, welche sich Hr. Brown von seinem Bauplane verspricht, sind folgende: 1) werden
                              dadurch die Baukosten so bedeutend vermindert, daß man fuͤr dasselbe Geld,
                              welches bisher fuͤr einen einzigen Leuchtthurm verwendet werden mußte, ihrer
                              6 herstellen koͤnnte. 2) wird die zum Baue erforderliche Zeit von einer
                              bestimmten Anzahl von Jahren auf eben so viele Monate reducirt, weßhalb denn auch
                              die Lebensgefahr beim Baue selbst bedeutend vermindert wird. 3) werden die Wogen
                              wegen der Duͤnne des Thurmes und der kleineren Ausdehnung der Widerstand
                              leistenden Oberflaͤche nicht halb so hoch emporschlagen, wie an den
                              gewoͤhnlichen steinernen Leuchtthuͤrmen, so daß diese Thuͤrme
                              bei 2/5 ihrer bisherigen Hoͤhe den Waͤchtern und Lichtern eben so
                              großen Schuz gewaͤhren werden. 4) wird die bei Stuͤrmen auf sie
                              wirkende Gewalt der Brandung und der Winde nur den zehnten Theil von jener Gewalt
                              betragen, die auf die steinernen Leuchttuͤrme einwirkt. 5) kommen hier vom
                              Grunde an bis zu den Laternen empor nur 8 Gefuͤge vor, waͤhrend man an
                              den gewoͤhnlichen Leuchtthuͤrmen ihrer mehr dann 1000 zaͤhlt;
                              abgesehen davon, daß man den bronzenen Gefuͤgen jede beliebige Staͤrke
                              geben kann. 6) koͤnnen alle einzelnen Theile, indem sie vollkommen massiv
                              gegossene Kreise bilden, schon an und fuͤr sich jeder seitlichen Gewalt, von
                              woher sie auch kommen mag, hinreichenden Widerstand leisten, so daß der Thurm nur
                              durch einen queren, auf dessen Laͤnge wirkenden Druk beschaͤdigt
                              werden koͤnnte. 7) ist die Cohaͤsion des Materiales oder die Kraft,
                              womit es einem queren Druke widersteht, wahrscheinlich hundert Mal so groß, als bei
                              einem gleichen, aus Stein aufgefuͤhrten Thurme. 8) muß die natuͤrliche
                              Festigkeit eines
                              bronzenen Thurmes schon wegen des Drukes, den er nach Abwaͤrts
                              ausuͤbt, bedeutend groͤßer seyn, als jene eines steinernen. Abgesehen
                              davon ist der Thurm oder die Saͤule mittelst zahlreicher Bolzen 10 Fuß tief
                              in der Felsmasse zu befestigen, so daß sie nicht in Bewegung gebracht werden kann,
                              ohne daß die Felsmasse selbst gleichfalls mit in Bewegung gesezt wird, wozu ein Druk
                              von mehreren 100 Tonnen erforderlich ist.
                           Was die Dauerhaftigkeit der Bronze unter Wasser betrifft, so sind, wenn die
                              gehoͤrigen Schuzmittel vorgekehrt worden, durch die Gutachten von Brande und Faraday alle
                              Zweifel, die allenfalls hieruͤber obwalten koͤnnten, gehoben. Die
                              beiden Chemiker glauben uͤberdieß, daß sich Gußeisen sehr gut fuͤr den
                              oberen Theil des Thurmes eignen duͤrfte. In Hinsicht auf die durch den Bliz
                              bedingten Gefahren sprechen sich diese Herren zwar nicht aus, allein es scheint, daß
                              der Thurm, da er ganz aus Metall besteht, als ein vollkommener Leiter fuͤr
                              die Elektricitaͤt wirken, und sie ohne allen Nachtheil fuͤr die
                              Waͤchter herab leiten wuͤrde.
                           Zu bemerken kommt noch, daß nach Hrn. Brown's Ansicht ein solcher bronzener Leuchtthurm selbst auf
                              Sandbaͤnken mittelst Eintreibens von Pfaͤhlen, und uͤberhaupt
                              unter mehreren Umstaͤnden, unter denen steinerne Thuͤrme unthunlich
                              sind, errichtet werden koͤnnte. Die Wichtigkeit der Leuchtthuͤrme
                              erhellt, wenn man bedenkt, daß jaͤhrlich 550 oder taͤglich 1 1/2
                              englische Schiffe durch Schiffbruch zu Grunde gehen. Da nun ein Handelsschiff im
                              Durchschnitte 110 Tonnen wiegt, so macht dieß die Tonne zu 5 Pfd. 10 Schill,
                              angeschlagen, fuͤr jedes Fahrzeug 600 Pfd., im Ganzen also 330,000 Pfd.
                              Sterl., welche nach Abzug des Werthes der Segel, der Masten etc., die am Strande
                              gerettet werden, auf 300,000 Pfd. herabsinken. Rechnet man nun den Werth der
                              Ladungen eben so hoch, so gibt dieß einen jaͤhrlichen Verlust von 600,000
                              Pfd. Sterl. Diese Berechnungen gruͤnden sich uͤbrigens auf
                              aͤltere, vom Fahre 1793 bis 1829 gesammelte Daten; und daß diese nicht zu
                              hoch sind, ergibt sich daraus, daß nach Macculloch im
                              Jahre 1833 nicht weniger als 800 Schiffe an Englands Kuͤsten strandeten. Mit
                              Wahrscheinlichkeit kann man den jaͤhrlich durch Schiffbruch in England
                              erwachsenden Schaden gegenwaͤrtig auf eine Million Pfd. Sterling anschlagen;
                              und ließe sich hievon durch Vermehrung der Leuchtthuͤrme nur der
                              fuͤnfte Theil retten, so wuͤrde in 5 Jahren schon eine Million Pfd.
                              Sterling erspart werden, abgesehen von dem Kostbarsten von Allem, dem Menschenleben,
                              welches hiedurch gerettet wuͤrde!