| Titel: | Ueber den Konidometer des Hrn. Pelletan und dessen Anwendung bei der Rübenzuker-Fabrication. | 
| Fundstelle: | Band 66, Jahrgang 1837, Nr. XV., S. 62 | 
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                        XV.
                        Ueber den Konidometer des Hrn. Pelletan und dessen Anwendung bei
                           der Ruͤbenzuker-Fabrication.
                        Aus dem Bulletin des Sucres, No. 7.
                        Pelletan's Konidometer.
                        
                     
                        
                           Das einzige Mittel, welches bei der Behandlung der Syrupe im Großen anwendbar und
                              geeignet ist, um den Kalk, welcher dem Runkelruͤdensafte zum Behufe der
                              Klaͤrung in Ueberschuß zugesezt werden mußte, wieder zu beseitigen, ist die
                              Schwefelsaͤure. Die Anwendung dieses Mittels erheischt jedoch viele Sorgfalt
                              und große Genauigkeit und Umsicht. Sezt man die Saͤure allmaͤhlich und
                              nach und nach zu, so bringt dieß ein langes Herumtappen mit sich, womit ein großer
                              Verlust an Zeit verbunden ist; nimmt man zu wenig davon, so bleiben die Syrupe mehr
                              oder minder fett und alkalisch; und sezt man sie auch nur in geringem Ueberschusse
                              zu, so werden sie beim Versieben großen Theils in unkrystallisirbaren Zuker
                              verwandelt. Selbst wenn die Saͤttigung so vollkommen geschehen ist, daß weder
                              eine alkalische, noch eine saure Reaction der Syrupe bemerkbar ist, faͤrbt
                              sich der Zuker beim Versieden bedeutend, wobei er den Geruch und Geschmak von
                              Gerstenzuker annimmt. Es ist daher hoͤchst wuͤnschenswerth eine
                              Methode zur Hand zu haben, nach der man schnell den fuͤr die Fabrication
                              geeigneten genauen Saͤttigungspunkt ausfindig machen kann; d.h. nach der sich
                              die Syrupe schnell dahin bringen lassen, daß sie nur einen sehr geringen Ueberschuß
                              an Kalk enthalten. In dieser Absicht hat Hr. Pelletan
                              seinen Konidometer, d.h. Kalkmesser, erfunden, den wir nunmehr im Wesentlichen
                              beschreiben wollen.
                           Der Konidometer, welcher nicht mit dem Alkalimeter von Descroizilles verwechselt werden darf, besteht aus einer
                              Glasroͤhre, die von 0 bis 100 in Grade eingetheilt ist, auf einem
                              hoͤlzernen Fuße ruht, und die bis zu 0 mit Saͤure gefuͤllt
                              wird. Diese Saͤure oder die Probefluͤssigkeit bereitet man sich durch
                              Vermischung von einem Theile concentrirter Schwefelsaͤure mit 100 Theilen
                              Wasser. Zu dem Konidometer gehoͤrt ferner ein Glas mit einem Schnabel, an
                              welchem sich ein horizontales Zeichen befindet, welches andeutet, bis auf welche
                              Hoͤhe dasselbe bei jedem Versuche gefuͤllt werden muß. Ferner bedarf
                              man eines Vorrathes von Streifen geroͤtheten Lakmuspapieres von 2 Zoll
                              Laͤnge auf vier Linien in der Breite. Dieses Papier ist, so wie es
                              gewoͤhnlich bereitet wird, eines der unzuverlaͤssigsten Reagentien,
                              indem sehr viel darauf ankommt, ob das Papier mehr oder minder geleimt war, ob die
                              zur Faͤrbung benuzte Tinctur mehr oder minder stark war, und
                              vorzuͤglich, ob die Saͤure, die zu dessen Roͤthung diente, in
                              groͤßerer oder geringerer Menge vorhanden war. Da es nun sehr darauf ankommt,
                              genaue und constante Resultate mit demselben zu erzielen, so rathen wir nur solches
                              anzuwenden, welches von Hrn. Chevallier im Großen und
                              stets gleichmaͤßig bereitet wird.
                           Wenn man alle diese Gegenstaͤnde in ein Gemach, in welchem man ohne
                              Stoͤrung eine sorgfaͤltige Pruͤfung vornehmen kann, geschafft
                              hat, so schreitet man auf folgende Weise zur Untersuchung, wobei man nicht vergessen
                              darf, daß von der Genauigkeit und Sorgfalt, mit der man diese taͤglich zu
                              wiederholende Operation vollbringt, großen Theils das Gelingen der Arbeiten der
                              Fabrik abhaͤngt.
                           Vorausgesezt, man habe einen vierekigen oder cylindrischen Behaͤlter, in den
                              man die Syrupe nach der ersten Filtration, z.B. zu 15 Graden, bringt, und einen
                              hoͤlzernen Maaßstab zum Aichen der Fluͤssigkeit, so macht man
                              fuͤr jeden in dem Behaͤlter befindlichen Hectoliter
                              Fluͤssigkeit ein Zeichen auf den Maaßstab. Gesezt man habe beim
                              Klaͤren ein Pfund Kalk auf den Hectoliter zugesezt, so fuͤllt man das
                              erwaͤhnte kleine Glas bis zu dem daran befindlichen Zeichen hinauf mit Syrup,
                              den man aus dem Behaͤlter nimmt, und taucht einen Streifen des
                              Reagentienpapieres hinein, dessen Farbe sogleich wieder blau hergestellt werden
                              wird. Hierauf gießt man nach und nach und unter jedesmaligem Umruͤhren mit
                              einem Glasstabe von der in dem Konidometer enthaltenen Probefluͤssigkeit in
                              den im Glase befindlichen Syrup, und probirt dabei mit dem Reagentienpapiere so
                              lange, bis die blaue Farbe desselben erst einige Augenblike, nachdem es aus dem
                              Syrupe gezogen ist, wieder hergestellt wird. Man beobachtet dann, wie viele Grade am
                              Konidometer fehlen; wir wollen 36 annehmen.
                           Wenn man sich nun mittlerweile eine verduͤnnte Schwefelsaͤure bereitet
                              hat, indem man einen Liter concentrirte Schwefelsaͤure unter 20 Liter Wasser
                              gießt; so wird man, vorausgesezt, daß bei der Klaͤrung ein Pfund Kalk auf den
                              Hectoliter Fluͤssigkeit genommen worden ist; daß der oben erwaͤhnte
                              Behaͤlter 10 Hectoliter faßt; und daß der Syrup von 15° am Konidometer
                              36° zeigt, der Fluͤssigkeit im Behaͤlter unter jedesmaligem
                              Umruͤhren Liter fuͤr Liter verduͤnnte Schwefelsaͤure
                              zusezen, wobei man mit dem Lakmuspapiere so lange pruͤft, bis der Versuch im
                              Großen dasselbe Resultat gibt, wie der Versuch im Kleinen. Man erfaͤhrt auf
                              diese Weise z.B., daß 10
                              Hectoliter Syrup von 15°, welche am Konidometer 36° zeigen, zur
                              Saͤttigung 5 Liter schwache Saͤure erfordern.
                           Durch mehrmalige Wiederholung dieser Proben erfahrt man genau, wie viele Liter
                              schwache Schwefelsaͤure man auf eine bestimmte Anzahl von Hectolitern Syrup,
                              der am Konidometer eine gewisse Anzahl von Graden zeigt, zusezen muß, um ihn mit
                              Sicherheit in den zum Versieben geeigneten Zustand zu versezen. Ebenso
                              erfaͤhrt man, um wie viel Schwefelsaͤure man auf jedes Pfund Kalk,
                              welches beim Klaͤren mehr zugesezt worden ist, anzuwenden hat. Man ist zwar
                              allerdings des Probirens des im Behaͤlter befindlichen und nach den Angaben
                              des Konidometers mit Saͤure gesaͤttigten Syrupes mit dem
                              Reagentienpapiere nicht uͤberhoben; allein man erspart doch einen großen
                              Zeitverlust, dem man sonst unausweichlich ausgesezt ist.Den Konidometer kann man von Hrn. Collarbeau, Rue de la Cerisaie, No. 3 in Paris beziehen.