| Titel: | Verbesserungen in der Eisen- und Stahlfabrication, worauf sich John Isaak Hawkins, Ingenieur von Chase Cottage, Hampstead Road in der Grafschaft Middlesex, am 4. Julius 1837 ein Patent ertheilen ließ. | 
| Fundstelle: | Band 66, Jahrgang 1837, Nr. XLVI., S. 218 | 
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                        XLVI.
                        Verbesserungen in der Eisen- und
                           Stahlfabrication, worauf sich John
                              Isaak Hawkins, Ingenieur von Chase Cottage, Hampstead Road in der
                           Grafschaft Middlesex, am 4. Julius 1837 ein
                           Patent ertheilen ließ.
                        Aus dem Repertory of Patent-Inventions. Okt.
                              1837, S. 226.
                        Hawkins's verbesserte Eisen- und
                           Stahlfabrication.
                        
                     
                        
                           Die unter gegenwaͤrtigem Patente begriffene Erfindung, welche mir von Hrn.
                              William P. Boydon mitgetheilt wurde, besteht 1) darin,
                              daß ich das Eisenerz in geroͤstetem Zustande, nachdem die fluͤchtigen
                              Theile auf gewoͤhnliche Weise aus demselben ausgetrieben worden, anwende, und
                              es nach gewissen Proben, die ich mir auf eine spaͤter zu beschreibende Art
                              verschaffe, einem Cementationsprocesse unterwerfe. Bei diesem Processe wird das
                              geroͤstete Erz in einem geschlossenen, dem Luftzutritte unzugaͤngigen
                              Gefaͤße mit Kohle oder mit einer anderen Substanz, in der eine hinreichende
                              Menge Kohlenstoff enthalten ist, umgeben, einer Hize ausgesezt, bei der es nicht in
                              Fluß kommt. Durch diese Cementation erziele ich ein neues Product, welches durch
                              einfache, schnell ausfuͤhrbare und wohlbekannte Processe in Gußeisen,
                              Gußstahl, geschmeidigen Stahl und Schmiedeisen verwandelt werden kann. Sie besteht
                              2) darin, daß ich mir eine Reihe von Proben bereite, nach denen ich die Cementation
                              leite, um Eisen oder Stahl von irgend einer gegebenen Textur oder Qualitaͤt
                              zu erzeugen.
                           Ehe ich auf die Beschreibung meines Verfahrens uͤbergehe, muß ich die
                              Bemerkung vorausschiken, daß die Resultate der Cementation wenigstens von 17
                              verschiedenen Umstaͤnden abhaͤngen. Diese Umstaͤnde, die man
                              saͤmmtlich genau kennen muß, sind:
                           1) die natuͤrliche Beschaffenheit des Erzes;
                           2) der Grad der Roͤstung;
                           3) die Groͤße der Stuͤke, in welche das Erz zum Behufe der Cementation
                              zerschlagen wurde;
                           4) die Porositaͤt oder Dichtheit des Erzes;
                           5) die in einem Gefaͤße der Cementation unterworfene Quantitaͤt;
                           6) die inneren Dimensionen des Cementirgefaͤßes und die Dike seines Bodens
                              sowohl, als seiner Waͤnde;
                           7) die Art, wie die Oefen gesezt sind, um die Hize mit Vortheil auf die
                              Cementirgefaͤße wirken zu lassen;
                           8) die Substanzen, aus der die Kohle gebrannt worden ist, und welche aus Knochen oder
                              anderen thierischen Stoffen, oder aus hartem, oder aus weichem Holze, oder aus anderen
                              Koͤrpern bestehen koͤnnen;
                           9) den Grad, in welchem die Kohlen gebrannt sind;
                           10) das Alter der Kohlen und deren Feuchtheit oder Trokenheit;
                           11) der Grad ihrer Zerkleinerung;
                           12) die Quantitaͤt der angewendeten Kohle;
                           13) die Sorgfalt, womit die Erzstuͤke mit der Kohle vermengt worden sind;
                           14) die zum Anfachen des Feuers verbrauchte Zeit;
                           15) die Dauer der vollen Feuerung;
                           16) der erzielte Hizgrad;
                           17) endlich die Zeit, die nach dem Ausloͤschen des Feuers zum Abkuͤhlen
                              gelassen wurde.
                           Aus einer genauen Wuͤrdigung aller dieser Punkte wird man abnehmen, daß es
                              unmoͤglich ist, fuͤr das Erz, die Kohle und die Dauer der Hize
                              bestimmte Verhaͤltnisse anzugeben: Verhaͤltnisse, bei denen man aus
                              allen Erzsorten und bei jeder Behandlung gleiche Resultate erhaͤlt. Ich bin
                              daher gezwungen, gewisse Pruͤfungsmittel anzugeben, mit deren Huͤlfe
                              Jedermann, der in der Eisen- und Stahlfabrication erfahren ist, ausmitteln
                              kann, wie viel er von einer bestimmten Qualitaͤt geroͤsteten Erzes zu
                              nehmen hat, und wie er es behandeln muß, um cementirte Erze von solcher
                              Qualitaͤt zu erzielen, daß Gußeisen, Gußstahl, geschmeidiger Stahl und
                              Schmiedeisen nach gegebenem Muster daraus gewonnen werden koͤnnen.
                           Ich bediene mich, was den Cementationsproceß betrifft, zweier verschiedener Methoden.
                              Nach ersterer nehme ich so viel grob gepulverte Kohle, daß jedes Stuͤk
                              geroͤsteten Erzes, dessen Stuͤke nicht uͤber 3 oder 4 Pfd.
                              betragen sollen, so viel als moͤglich damit umgeben ist. Die Hize lasse ich
                              in diesem Falle mehr oder minder lang einwirken, damit das Erz je nach dem Stahle
                              oder Eisen, das aus ihm erzeugt werden soll, seine gehoͤrige
                              Quantitaͤt Kohlenstoff mitgetheilt erhaͤlt. Nach der zweiten Methode
                              hingegen nehme ich eine bestimmte Quantitaͤt fein gepulverte Kohle und eine
                              bestimmte Quantitaͤt geroͤsteten Erzes in Stuͤken von 2 bis zu
                              3 Unzen, und seze beide sorgfaͤltig in das Cementirgefaͤß gepakt, so
                              lange der Einwirkung der Hize aus, bis alle Kraft der Kohle auf die Cementirung
                              verwendet worden ist, und bis also eine laͤngere Fortsezung der Heizung von
                              verhaͤltnißmaͤßig geringen Folgen seyn wuͤrde. Wenn man im
                              Kleinen arbeitet und gute Gehuͤlfen zur Hand hat, so duͤrfte die
                              zweite Methode bessere Resultate geben, als erstere; allein im Großen und mit
                              gewoͤhnlichen Arbeitern gebe ich dieser den Vorzug, weil die Zeit der
                              Feuerung und der Grad der Hize leichter zu controliren ist, als das bei der zweiten
                              Methode noͤthige sorgfaͤltige Abwiegen und Einpaken in die
                              Cementirgefaͤße.
                           Um mir nun die Proben zu verschaffen, welche als Anhaltspunkte zu dienen haben, wenn
                              irgend ein Erz nach der ersten Methode behandelt werden soll, nehme ich gegen 400
                              Pfd. geroͤstetes Erz von einer Qualitaͤt, die der des zu bearbeitenden
                              Erzes beilaͤufig gleichkommt, und zerschlage sie in Stuͤke von 3 bis 4
                              Pfd., welche ich jedoch mit den Splittern, die sich hiebei abloͤsen, vermengt
                              lasse. Nachdem dieß geschehen ist, theile ich die Masse in 20 Portionen von je 20
                              Pfd. Jede dieser Portionen umgebe ich in einem starken gußeisernen Tiegel mit grob
                              gepuͤlverter Kohle, wobei ich auf das Verhaͤltniß nicht
                              Ruͤksicht nehme, und eine Qualitaͤt auswaͤhle, die man sich
                              leicht und regelmaͤßig zu verschaffen im Stande ist. Die oberste Erzschichte
                              bedeke ich in jedem Tiegel wenigstens einen halben Zoll hoch mit Kohle, und auf
                              diese bringe ich noch eine Schichte Sand von einem oder zwei Zoll Dike. Damit der
                              Sand im Feuer nicht aufgeruͤhrt werde, bedeke ich den Tiegel mit einem Ziegel
                              oder auch mit einem metallenen Dekel. Die solcher Maßen gefuͤllten Tiegel
                              seze ich nach einander in einen Windofen, dessen Zug durch das
                              Aschenthuͤrchen und durch ein Register gut regulirt werden kann, und in
                              welchem ich die Hize allmaͤhlich verstaͤrke, bis sie in
                              beilaͤufig 12 Stunden eine aus Weißgluͤhen graͤnzende
                              Rothgluͤhhize erreicht hat. Ein Hizgrad, bei dem das Gußeisen in Fluß
                              kaͤme, muß vermieden werden. Auf dieser Hize erhalte ich meinen ersten Tiegel
                              so gleichmaͤßig als moͤglich durch 80 Stunden, worauf ich ihm gegen 12
                              Stunden zum Abkuͤhlen gestatte. Ich seze zum Behufe des Erhizens und des
                              Abkuͤhlens deßhalb einen so langen Zeitraum fest, weil in großen Oefen
                              nothwendig dasselbe Statt finden wuͤrde; und weil mein Verfahren die im
                              Großen eintretenden Vorgaͤnge nachahmen soll. Sollten daher zum Heizen und
                              zum Abkuͤhlen des großen Ofens mehr als 12 Stunden noͤthig seyn, so
                              muͤßte auch bei dem Verfahren im Kleinen gehoͤrige Ruͤksicht
                              hierauf genommen werden. Auf dieselbe Weise behandle ich auch die uͤbrigen 19
                              Tiegel, nur daß ich den zweiten durch 76, und den dritten durch 72 Stunden
                              moͤglichst gleichmaͤßig erhizt halte, und daß ich an den
                              uͤbrigen Tiegeln die Dauer der Hize je um vier Stunden abkuͤrze, so
                              daß der zwanzigste Tiegel nur vier Stunden lang einer gleichmaͤßigen Hize
                              ausgesezt bleibt. Nach dem Auskuͤhlen des ersten Tiegels trenne ich das Erz
                              von dem Sande und von der Kohle, und seze es in einem Tiegel, wie ihn die
                              Gußstahlfabrikanten benuzen, einer Schmelzhize aus. Beinahe alle Erze liefern auf
                              diese Weise beim Ausgießen einen Metallklumpen, der ein Muster von Roheisen gibt.
                              Mit dem im zweiten Tiegel erzielten Producte schlage ich ein gleiches Verfahren ein, und eben so auch
                              mit jenem der naͤchstfolgenden Tiegel, bis das Metall endlich nicht mehr
                              fließt, sondern waͤhrend es ganz heiß ist, eine teigige Masse bildet, die mit
                              einem Eisenstabe in Klumpen geformt und auf aͤhnliche Weise wie beim
                              Puddlirprocesse von den Schlaken getrennt werden kann. Diese Masse bringe ich
                              entweder unter den Hammer oder ich lasse sie durch ausgekehlte Walzen laufen, und
                              erziele auf diese Weise einen Stab, der bei der Behandlung der meisten Erze als
                              milder Stahl befunden werden wird. Das in den naͤchstfolgenden Tiegeln
                              erzielte Material wird in den meisten Faͤllen einen noch milderen Stahlstab
                              geben: und so wird man mit den naͤchstfolgenden Tiegeln immer milderen und
                              milderen Stahl, und endlich Schmiedeisen erhalten, welches immer mehr und mehr an
                              Guͤte abnimmt, bis endlich jenes des lezten Tiegels sich als ganz roh und
                              unbrauchbar zeigt. Der lezte jener Tiegel, deren Inhalt in Fluß geraͤth,
                              liefert Gußstahl; und dasselbe gilt auch von den zwei oder drei ihm zunaͤchst
                              vorausgehenden Tiegeln: nur wird der Gußstahl eines jeden Tiegels von anderer
                              Qualitaͤt seyn. Alle jene Tiegel, welche eine laͤngere Feuerung
                              erduldeten, als die lezten jener Tiegel, die Gußstahl gaben, werden Gußeisen
                              liefern, und zwar je nach der Dauer der Hizeinwirkung, von verschiedener
                              Qualitaͤt.
                           Um mir die Proben, nach denen ich meine zweite Methode leite, zu verschaffen, schlage
                              ich ganz dasselbe Verfahren, wie es eben angegeben wurde, ein; nur nehme ich hier
                              fein gepulverte Kohle und Stuͤke geroͤsteten Erzes, welche nicht
                              uͤber 3 oder 4 Unzen wiegen. In dem ersten Tiegel nehme ich dem Gewichte nach
                              an Kohle 25 Proc. des Erzes; in dem zweiten 24 Proc., und so herab in jedem Tiegel
                              um ein Procent weniger, bis in dem lezten Tiegel die Kohlenquantitaͤt nur
                              mehr 6 Proc. des Erzes betraͤgt. Wenn das Erz so innig als moͤglich
                              mit dem Kohlenpulver vermengt in die Tiegel eingetragen worden ist, so seze ich
                              saͤmmtliche Tiegel 24 Stunden lang mit Ausschluß der zum Erhizen und zum
                              Abkuͤhlen noͤthigen Zeit einer moͤglichst gleichmaͤßigen
                              Hize aus. Die in den einzelnen Tiegeln gewonnenen Metallmassen behandle ich ganz auf
                              die oben beschriebene Art. Auf gleiche Weise, wie es hier angegeben worden ist und
                              mit Beibehaltung derselben Kohlenmengen, mit dem einzigen Unterschiede jedoch, daß
                              ich die gleichfoͤrmige Hize 48 Stunden lang unterhalte, verschaffe ich mir
                              eine zweite Reihe von Proben. Bei einigen Erzen ist es sogar gut, sich auch noch
                              eine dritte Reihe von Proben unter Anwendung einer gleichmaͤßigen Hize von
                              72stuͤndiger Dauer zu bereiten.
                           Einige Erze von ungewoͤhnlichen Eigenschaften moͤgen, was diese Proben betrifft, eine
                              noch groͤßere Ausdehnung oder Verminderung der Erhizungszeit sowohl, als auch
                              der Kohlenmengen erfordern; und ebenso kann ein groͤßerer Wechsel in der
                              Groͤße der Erzstuͤke noͤthig werden. Wenn man hoͤchst
                              genaue Proben haben will, so kann man dieselben auch noch dadurch
                              vervielfaͤltigen, daß man ihrer solche bereitet, die in Hinsicht auf die
                              dabei angewendeten Verhaͤltnisse zwischen den angegebenen in der Mitte
                              stehen. Um mir uͤbrigens in kuͤrzester Zeit approximative
                              Anhaltspunkte zu verschaffen, beginne ich gewoͤhnlich mit einer Reihe von
                              fuͤnf Tiegeln, bei deren Behandlung ich zwischen den einzelnen Tiegeln einen
                              vier Mal groͤßeren Unterschied als den oben angegebenen walten lasse. Erst
                              spaͤter bereite ich mir dann je nach der Beschaffenheit der Erze und je nach
                              den Anforderungen des Marktes gehoͤrige Zwischenproben.
                           Bei der Anwendung dieser meiner Verbesserungen im Großen bediene ich mich jener
                              Oefen, in denen man die Stahlerzeugung gewoͤhnlich vorzunehmen pflegt, wobei
                              ich mich sowohl in Hinsicht auf die Beschikung, als in Bezug auf die Feuerung
                              moͤglichst genau an die Proben, welche ich nachzumachen gesonnen bin,
                              halte.
                           Ich erklaͤre schließlich, daß ich weder irgend einen Theil des
                              Roͤstungsprocesses der Erze, noch das Gießen des Eisens oder Stahles, noch
                              auch die Erzeugung von geschmeidigem Stahle oder Eisen aus dem cementirten Erze als
                              meine Erfindung in Anspruch nehme. Eben so wenig gruͤnde ich solche
                              Anspruͤche auf die Cementirung des Erzes als chemischen Proceß, da ich wohl
                              weiß, daß dergleichen chemische Versuche bereits oͤfter gemacht wurden. Ich
                              beschraͤnke mich daher auf die fabrikmaͤßige Anwendung des
                              Cementationsprocesses auf geroͤstete Erze, um nach einer systematischen Reihe
                              von Proben ein neues Product zu erhalten, welches durch den einfachen und bekannten
                              Schmelzproceß in Gußeisen und Gußstahl, oder durch das Puddliren, Ballen oder
                              Frischen, und mittelst der Walzwerke in geschmeidigen Stahl oder in Schmiedeisen
                              verwandelt werden kann.