| Titel: | Theorie der Cementation; von den HH. F. Leplay und A. Laurent. | 
| Fundstelle: | Band 68, Jahrgang 1838, Nr. XIV., S. 49 | 
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                        XIV.
                        Theorie der Cementation; von den HH. F. Leplay und A. Laurent.Wir haben bereits im polytechnischen Journal Bd. LXIII. S. 282 und Bd. LXVI. S.
                                    395 einen Auszug aus dieser Abhandlung mitgetheilt.A. d. R.
                           
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique. August 1837,
                              S. 403.
                        Leplay's und Laurent's Theorie der Cementation.
                        
                     
                        
                           Erster Theil.
                           Betrachtet man die zahlreichen Reactionen, welche Statt finden, wenn zwei
                              verschiedenartige Koͤrper mit einander in Beruͤhrung kommen, so zeigt
                              sich, daß immer wenigstens einer von beiden im fluͤssigen oder
                              gasfoͤrmigen Zustande seyn muß; nur ein Koͤrper, der Kohlenstoff, zeigt eine auffallende Anomalie bei den
                              meisten seiner Reactionen. Bekanntlich vermag er naͤmlich eine große Anzahl
                              unschmelzbarer oxydirter Koͤrper zu reduciren, ohne daß man die reagirenden
                              Molekuͤle in innige Beruͤhrung mit einander zu bringen braucht.
                           Einer von uns hat schon fruͤher in den Annales des
                                 Mines nachgewiesen, daß auf den Eisen-, Blei-, Kupfer-
                              und Zinkhuͤtten die Kohle stets nur sehr unvollkommen mit den zu reducirenden
                              Oxyden in Beruͤhrung ist, und daß die Reduction sogar um so besser erfolgt,
                              je unvollkommener diese Beruͤhrung ist: er schloß daraus, daß sie ganz
                              unnuͤz ist und daß, weil notwendig ein fluͤssiger reducirender Koͤrper vorhanden
                              seyn muß, dieser nur das Kohlenoxydgas seyn kann.
                           Noch viel auffallender ist aber die Reduction des rothen Eisenoxyds bei der
                              Cementation desselben in gefuͤtterten Tiegeln. Man weiß durch die Versuche
                              Berthier's: 1) daß dieser Koͤrper zuerst in
                              schwarzes Oxyd verwandelt wird, und daß, so lange in der Mitte noch ein Kern von
                              rothem Oxyd vorhanden ist, auf der Oberflaͤche desselben keine Spur von
                              reducirtem Eisen bemerklich wird; 2) daß, waͤhrend das schwarze Oxyd in den
                              Zustand von weichem Eisen uͤbergeht, sich kein Kohlenstoffeisen bildet, so
                              lange noch schwarzes Oxyd in der Mitte vorhanden ist.
                           Wenn der feste Kohlenstoff das reducirende Agens waͤre, so muͤßte man
                              also annehmen, daß er im ersten Fall eine Schichte schwarzen Eisenoxyds von irgend
                              einer Dike durchstreicht, ohne sie zu reduciren und daß er im zweiten durch eine
                              Masse weichen Eisens filtrirt, ohne sich im Geringsten damit zu verbinden.
                           
                        
                           Wirkung des Kohlenoxydgases auf verschiedene oxydirte
                                 Verbindungen.
                           In keinem Handbuch der Metallurgie wird das Kohlenoxydgas speciell als desoxydirender
                              Koͤrper erwaͤhnt. Einige Schriftsteller bemerken zwar, daß die
                              Eisenerze durch die in den Hohoͤfen sich entbindenden kohlenstoffhaltigen
                              Gasarten zum Theil desoxydirt werden; sie lassen uns aber
                              in Ungewißheit, ob dieses durch Wasserstoff, Kohlenwasserstoff, Kohlenoxyd
                              geschieht, oder durch verschiedene brennbare Daͤmpfe, die sich aus einer
                              unvollkommen ausgegluͤhten Kohle entwikeln koͤnnen.
                           In vielen Handbuͤchern der Chemie ist von der Wirkung des Kohlenoxyds auf die
                              meisten Oxyde und Salze gar nicht die Rede. Endlich hat man bisher immer die
                              Reduction des Eisenoxyds der Einwirkung des festen Kohlenstoffs zugeschrieben, indem
                              man annahm, daß derselbe bei Anwendung gefuͤtterter Tiegel seine
                              urspruͤngliche Stelle verlaͤßt und in den Hohoͤfen ohnedieß
                              hinreichend mit dem Eisenoxyd in Beruͤhrung komme; den Umstand, daß man in
                              den Hohoͤfen die Kohle von den zu reducirenden Oxyden stets zu trennen
                              besorgt ist, vermochte man gar nicht zu erklaͤren.
                           Schon ohne positive Versuche ließ sich vermuthen, daß das Kohlenoxyd die meisten
                              durch Wasserstoff reducirbaren Oxyde zu desoxydiren im Stande ist. Bekanntlich geben
                              auch mehrere kleesaure Salze beim Gluͤhen ein Metall, ein Suboxyd oder ein
                              Kohlenmetall, waͤhrend sich gewoͤhnlich gleiche Volume Kohlenoxyd und
                              Kohlensaͤure entbinden: auf diese Art verschafft man sich das metallische
                              Kobal und Nikel, das
                              Kohlenstoffcerium etc. Uebrigens lassen folgende Versuche keinen Zweifel
                              daruͤber, welche Rolle das Kohlenoxyd in fast allen Faͤllen spielt, wo
                              man Kohle anwendet.
                           Wir brachten in eine Porzellanroͤhre, die durch einen Ofen gelegt war,
                              verschiedene Oxyde und Salze, und ließen uͤber dieselben bei
                              25–30° Wedgew. einen Strom trokenes Kohlenoxydgas streichen, welches
                              aus doppeltkleesaurem Kali und Schwefelsaͤure bereitet war, wobei wir
                              folgende Resultate erhielten.
                           Reines rothes Eisenoxyd, welches aus einer salpetersauren Aufloͤsung mit
                              Ammoniak niedergeschlagen war, gab vollkommen haͤmmerbares weiches Eisen. Ein
                              Stuͤk natuͤrliches rothes Eisenoxyd (Blutstein) wurde ebenfalls
                              reducirt. Als man lezteres bei einem Versuche gegen die Mitte der Operation
                              herausnahm, war es in sehr dichtes schwarzes Eisenoxyd verwandelt und mit einer
                              duͤnnen Schichte weichen Eisens uͤberzogen.
                           Kobalt-, Nikel- und Zinnoxyd wurden zu Metall reducirt; beßgleichen die
                              Wolframsaͤure.
                           Die Oxyde des Ceriums, Chroms und Titans erlitten hingegen keine
                              Veraͤnderung.
                           Krystalle von schwefelsaurem Baryt und Kalk wurden vollkommen in Schwefelmetalle
                              verwandelt.
                           Die Temperatur, bei welcher diese Reduction bewirkt wird, scheint dieselbe zu seyn,
                              welche das Wasserstoffgas unter gleichen Umstaͤnden erfordert. Wir ließen
                              zwei Apparate, wovon der eine Wasserstoff- und der andere Kohlenoxydgas
                              entwikelte, zu gleicher Zeit gehen und leiteten die Gasarten in zwei
                              Glasroͤhren, welche Eisenoxyd enthielten und auf demselben Rost schwach
                              erhizt wurden. Das Oxyd wurde in den zwei Roͤhren mit derselben Leichtigkeit
                              reducirt.
                           
                        
                           Theorie der Desoxydation durch das Cementiren.
                           Um zu beweisen, daß das Kohlenoxydgas das reducirende Agens in den
                              gefuͤtterten Tiegeln ist, stellten wir folgenden Versuch an, welcher zeigt,
                              daß die feste Kohle bei dieser Erscheinung keine Rolle spielt.
                           Wir legten einen Krystall von rothem Eisenoxyd auf einer kleinen laͤnglichen
                              Platinschale in eine Porzellanroͤhre, und vor ihn stellten wir ebenfalls auf
                              einer Platinschale ein Stuͤk Kohle in dieselbe Roͤhre. Das eine Ende
                              der Roͤhre wurde verschlossen, das andere aber mit einer Glasroͤhre
                              versehen, die unter Gloken in einer Queksilberwanne fuͤhrte. Die Temperatur
                              wurde auf 30–35° Wedgew. getrieben. Waͤhrend der ganzen Dauer
                              der Operation entband sich ein Gemisch von Kohlenoxydgas und kohlensaurem Gas; das
                              Volum des ersteren war
                              immer groͤßer als das des lezteren, welches sich in dem Maaße verminderte,
                              als die Operation ihrem Ende nahte. Nach beendigtem Versuche zogen wir das Eisenoxyd
                              vollstaͤndig zu Metall reducirt heraus, obgleich es nicht mit der Kohle in
                              Beruͤhrung gekommen war.
                           Diese Reaction ist sehr leicht zu begreifen: damit sie Statt finden kann, braucht
                              offenbar nur ein einziges Molekuͤl Sauerstoff in gasfoͤrmigem Zustande
                              in der Roͤhre vorhanden zu seyn; dasselbe bildet mit der Kohle Kohlenoxyd,
                              welches das Eisenoxyd reducirt, indem es sich selbst in Kohlensaͤure
                              verwandelt; leztere nimmt dann wieder Kohle auf, wird dadurch zu Kohlenoxyd, das
                              eine andere Portion Eisenoxyd reducirt und so fort; die Menge des Kohlenoxyds
                              verdoppelt sich also immer: daher die Gasentbindung, welche sich waͤhrend der
                              ganzen Dauer der Operation zeigt. Auch muß schon deßwegen sich nach und nach immer
                              mehr Kohlenoxyd bilden, weil zwar im Anfange eine gewisse Menge Kohlenoxyd und
                              Kohlensaͤure hinreicht, um das rothe Eisenoxyd auf schwarzes Oxyd zu
                              reduciren, diese aber dann nicht mehr genuͤgt, um lezteres in Metall zu
                              verwandeln.
                           Wenn es moͤglich waͤre das Eisenoxyd und die Kohle in einem vollkommen
                              luftleeren Raum oder in einer mit reinem Stikgas gefuͤllten Roͤhre zu
                              erhizen, so koͤnnte die angegebene Reaction nicht Statt finden. Wir haben
                              auch wirklich lezteren Versuch angestellt, dabei aber bloß bemerkt, daß die Reaction
                              viel langsamer war; und wie konnte es auch anders kommen? Erstens ist es nicht
                              moͤglich eine Roͤhre mit Stikgas zu fuͤllen, so daß auch nicht
                              ein Atom Sauerstoff hineinkommt und selbst wenn dieses moͤglich waͤre,
                              wie will man sich eine Kohle verschaffen, welche keine Spur Wasser oder Wasserstoff
                              enthaͤlt? Lezteres Gas muͤßte aber wie das Kohlenoxyd wirken, denn es
                              wuͤrde sich zuerst Wasser bilden und dieses sich dann in Wasserstoff und
                              Kohlenoxyd verwandeln, hierauf in Wasser und Kohlensaͤure und so fort.
                           Der Hergang in der Porzellanroͤhre ist genau derselbe wie in den
                              gefuͤtterten Tiegeln, und dieser Versuch beweist also offenbar, daß die Kohle
                              das Eisenoxyd nicht zu beruͤhren braucht. Man hat uns entgegnet, daß er
                              keineswegs beweise, daß die Beruͤhrung dieser Substanzen im
                              gefuͤtterten Tiegel wirklich ohne allen Einfluß sey, indem das Eisenoxyd
                              gleichzeitig sowohl durch das Kohlenoxyd als durch Cementation darin reducirt werden
                              koͤnne. Was versteht man aber unter dem Worte Cementation? Dasselbe wurde nur
                              erfunden, um eine unbekannte Ursache, eine unerklaͤrliche Wirkung und eine
                              Anomalie ganz eigener Art zu bezeichnen.
                           
                           Wir haben gezeigt, daß diese Anomalie nur scheinbar ist, und warum sollte man ferner
                              noch eine geheimnißvolle Wirkung annehmen, da sich eine einfache, mit den chemischen
                              Gesezen uͤbereinstimmende Erklaͤrung darbietet?
                           Um das Eisenoxyd durch Kohle zu reduciren, ohne daß es damit in Beruͤhrung
                              gebracht wird, ist, wie wir gefunden haben, eine groͤßere Hize erforderlich,
                              als bei directer Anwendung von Kohlenoxydgas; der Grund davon ist, daß die
                              Kohlensaͤure eine hoͤhere Temperatur erheischt, um sich in
                              Beruͤhrung mit Kohle in Kolenoxyd verwandeln zu koͤnnen, als zur
                              Reduction des Eisenoxyds noͤthig ist.
                           
                        
                           Theorie der Verwandlung des Eisens in
                                 Kohlenstoffeisen.
                           Da die Reduction der Oxyde sich so leicht durch die Gegenwart von Kohlenoxydgas
                              erklaͤrt, so war es natuͤrlich zu vermuthen, daß auch die
                              Durchdringung der Metalle mit Kohlenstoff bei dem Cementiren, ebenfalls durch die
                              Beruͤhrung eines gasfoͤrmigen Koͤrpers hervorgebracht wird.
                              Zwar scheint auf den ersten Blik leztere Erscheinung durch die Nothwendigkeit einer
                              oberflaͤchlichen Beruͤhrung noch eher erklaͤrlich zu seyn, als
                              die Cementation der Oxyde; allein man muͤßte auch hier im Widerspruche mit
                              allen anderen chemischen Reactionen annehmen, daß zwei feste Koͤrper auf
                              einander wirken koͤnnen, und daß sogar ein fester Koͤrper in einen
                              anderen festen Koͤrper bis auf jede Tiefe eindringen kann.
                           Wenn man uͤber die verschiedenen metallurgischen Operationen, durch welche das
                              Eisen mit Kohlenstoff versehen wird, nachdenkt, so findet man, daß dieses nur durch
                              drei Gasarten geschehen koͤnnte: durch Kohlenoxyd, Cyan (Blaustoff) und
                              Kohlenwasserstoff.
                           Das Cyan kann wohl das Eisen in Kohlenstoffeisen verwandeln und auch in den
                              Cementirkaͤsten vorkommen, wenn zum Cementirpulver thierische Substanzen
                              angewandt werden. Da das Eisen aber auch ohne die Gegenwart dieser Substanzen
                              Kohlenstoff aufnimmt und dieses Gas in den gefuͤtterten Tiegeln nicht
                              vorkommt, so wollen wir uns nicht weiter dabei aufhalten.
                           Der Kohlenwasserstoff vermag bekanntlich die Metalle vollkommen in Kohlenstoffmetalle
                              zu verwandeln; nach den bisherigen Erfahrungen kann dieses Gas aber bei hoher
                              Temperatur nicht lange bestehen, ohne sich zu zersezen. Ueberdieß ist es nicht
                              wahrscheinlich, daß es in den Hohoͤfen in hinreichender Menge erzeugt wird,
                              um allen Kohlenstoff fuͤr das Eisen zu liefern.
                           Das Kohlenoxyd muß nothwendig sowohl in den Cementirkaͤsten als in den Hohoͤfen
                              vorkommen, und wird auch durch die Hize nicht zersezt. Bei demselben zeigt sich aber
                              eine andere Schwierigkeit: man begreift naͤmlich nicht, wie ihm das Eisen den
                              Kohlenstoff soll entziehen koͤnnen, da die Kohlensaͤure das
                              Kohlenstoffeisen zersezt. Wir haben uns diese Reaction durch den Einfluß der Massen
                              zu erklaͤren gesucht.
                           Die Kohlensaͤure oxydirt zwar das Eisen, dieß geschieht aber nicht mehr, wenn
                              sie in einem gewissen Verhaͤltnisse mit Kohlenoxyd vermischt ist; nun
                              koͤnnte es aber wohl seyn, daß in einer Atmosphaͤre von ganz reinem
                              Kohlenoxyd ein wenig Kohlenstoffeisen und ein wenig Kohlensaͤure entsteht;
                              leztere muͤßte sich dann in Beruͤhrung mit dem Cementirpulver sogleich
                              wieder in Kohlenoxyd verwandeln. Andererseits weiß man auch, daß bei der Zersezung
                              des kleesauren Ceriumoxyds ein Kohlenstoffcerium entsteht, obgleich dabei Kohlenoxyd
                              und Kohlensaͤure frei werden.
                           Um die Wirkung des Kohlenoxyds auf das Eisenoxyd zu probiren, mußten wir es
                              nothwendig einer sehr hohen Temperatur und auch lange genug aussezen; dieß ging in
                              einem chemischen Laboratorium nicht wohl an und wir wandten uns daher an Hrn. Al.
                              Brongniart, welcher uns die Porzellanoͤfen in
                              Sèvres zur Disposition stellte, worin wir folgende Versuche anstellten.
                           Wir legten auf eine irdene Platte Stuͤke von Eisenerzen etc. und bedekten sie
                              mit einem umgekehrten Gefaͤße, welches mit einigen Loͤchern versehen
                              war. Dieser Apparat wurde dann in ein irdenes Gefaͤß gebracht, welches wir
                              mit Kohle fuͤllten und mit einer genau passenden Platte verschlossen. Endlich
                              wurde das Ganze in ein anderes Gefaͤß gebracht, dasselbe mit Kohle
                              aufgefuͤllt und vollkommen verschlossen und lutirt. Die zum Versuch
                              angewandten Proben befanden sich also neben Kohle, ohne mit derselben in
                              Beruͤhrung zu kommen und konnten auch mit den oxydirenden oder reducirenden
                              Gasarten des Porzellanofens nicht in Beruͤhrung kommen. Die Temperatur wurde
                              ungefaͤhr sechs Stunden lang auf dem Grade erhalten, welcher zu einer
                              Eisenprobe im gefuͤtterten Tiegel erforderlich ist.
                           Nachdem der Apparat aus dem Ofen gezogen war, nahmen wir ihn sorgfaͤltig
                              auseinander; die Kohle in dem aͤußeren Gefaͤße war den lutirten Fugen
                              gegenuͤber kaum eingeaͤschert, die im zweiten Gefaͤße aber
                              schien gar keine Veraͤnderung erlitten zu haben. Die eingesezten Proben
                              lieferten folgende Resultate:
                           1) Ein 5 Millimeter diker Draht von weichem Eisen war in Stahl verwandelt;
                           2) ein faustdikes Stuͤk von sehr dichtem faserigem Blutsteine gab eine gespaltene Masse,
                              welche bis in die Mitte vollkommen reducirt war;
                           3) verschiedene Proben von Eisenoxydhydrat, kohlensaurem und oxydulirtem Eisen, mehr
                              oder weniger mit Gangart gemengt, wurden reducirt;
                           4) Koͤrner von Eisenoxydhydrat, welche in einem Ammonshorn zerstreut waren,
                              wurden zu Metall reducirt, ungeachtet der Dike der thonigen Gangart;
                           5) ein Stuͤk titanhaltiges Eisen wurde desoxydirt; ob das darin enthaltene
                              Titanoxyd ebenfalls reducirt wurde, haben wir nicht untersucht;
                           6) die im Mineralreiche vorkommenden Oxyde von Kobalt, Nikel, Wolfram und Zinn wurden
                              zu Metall reducirt;
                           7) die Oxyde des Ceriums, Titans und Chroms wurden nicht reducirt;
                           8) Mangansuperoxyd wurde in Oxydul verwandelt und die Reduction waͤre
                              wahrscheinlich noch weiter gegangen, wenn das Oxydul nicht seine Unterlage
                              zerfressen haͤtte, womit es ein sehr schmelzbares Silicat bildete, welches
                              selbst in gefuͤtterten Tiegeln nicht reducirt werden kann;
                           9) Krystalle von schwefelsaurem Baryt und Kalk wurden in Schwefelmetalle
                              verwandelt;
                           10) Zinkblende erlitt keine Veraͤnderung.
                           Die Oxyde des Titans, Ceriums und Chroms wurden, wie wir gesehen haben, nicht
                              reducirt, und doch uͤberziehen sie sich bekanntlich in gefuͤtterten
                              Tiegeln auf ihrer Oberflaͤche, wo sie mit Kohle in Beruͤhrung kommen,
                              mit einem duͤnnen Metallhaͤutchen, zum Beweis, daß ein
                              feuerbestaͤndiges, unschmelzbares und durch Kohlenoxydgas nicht reducirbares
                              Metalloxyd zwar durch innige Beruͤhrung mit Kohle, nicht aber durch
                              Cementation in den metallischen Zustand zuruͤkgefuͤhrt werden kann.
                              Man koͤnnte also die Metalle nach ihrer Verwandtschaft zum Sauerstoff in
                              mehrere Classen eintheilen und als Maßstab dieser Verwandtschaft die Wirkung des
                              Kohlenstoffs, des Kohlenoxyds und verschiedener Gemische von Kohlenoxyd und
                              Kohlensaͤure auf ihre Oxyde benuzen. Die erste
                              Classe koͤnnte die durch Kohle nicht reducirbaren Oxyde, die zweite die durch innige Beruͤhrung mit Kohle
                              reducirbaren umfassen; die dritte die durch Cementation,
                              d.h. durch reines Kohlenoxydgas reducirbaren; die vierte
                              die durch verschiedene Gemische von Kohlenoxyd und Kohlensaͤure reducirbaren
                              Oxyde; die fuͤnfte endlich die durch bloße Hize
                              reducirbaren.
                           Das Schwefelzink wurde bei unseren Versuchen nicht reducirt, und doch wird es bekanntlich in
                              gefuͤtterten Tiegeln vollstaͤndig zersezt: der Grund davon ist, daß in
                              lezteren ungeachtet der Unschmelzbarkeit der Substanzen und der Lage der
                              Kohlenfuͤtterung eine bestaͤndige Beruͤhrung, nicht aber eine
                              Cementation zwischen der Kohle und dem Schwefelmetalle Statt findet; die sich
                              beruͤhrenden Theile erzeugen naͤmlich Schwefelkohlenstoff und Zink,
                              welche beide fluͤchtig sind, daher verdraͤngt werden und so den
                              anderen Theilen sich ebenfalls zu beruͤhren gestatten.
                           Man koͤnnte gegen die oben angefuͤhrten Versuche einwenden, daß die
                              poroͤsen Ueberfaͤnge und die Kitte, deren wir uns bedient haben, das
                              Kohlenwasserstoffgas des PorzellanofensDie Gasarten im Porzellanofen sind bald oxydirende, bald reducirende. Nicht
                                    selten wird das kieselsaure Kobalt zum Theil reducirt, so daß die
                                    Gefaͤße, auf welche es aufgetragen wurde, schwaͤrzliche
                                    metallische Fleken bekommen.A. d. O. bis in die Proben eindringen ließen, so daß dieselben dadurch Kohlenstoff
                              erhalten konnten. Wir nahmen daher zu einem aͤhnlichen Versuche eine glasirte
                              Porzellanroͤhre, welche nach Thenard's Versuchen
                              von den Gasarten nicht durchdrungen wird, und legten sie in einen kleinen Ofen, der
                              durch ein Geblaͤse gespeist wurde. In diese Roͤhre stellten wir zwei
                              laͤngliche Platinschalen, wovon die eine Kohle und die andere Draht von
                              weichem Eisen enthielt. Die Hize wurde so lange gesteigert, bis die Roͤhre in
                              Fluß kam; nach beendigter Operation hatten wir einen gut geschmolzenen Stahlregulus,
                              worin wir bei der Analyse mit trokenem Chlor 7 Tausendtheile Kohlenstoff fanden.
                           Gegen diesen Versuch ließe sich noch einwenden, daß die angewandte Kohle
                              Kohlenwasserstoff lieferte, welches Gas das Eisen carbonisirte. Um diese
                              Schwierigkeit zu heben, ließen wir reines Kohlenoxydgas in einer
                              Porzellanroͤhre uͤber weiches Eisen streichen. Da aber die geringste
                              Spur Kohlensaͤure unsere Resultate aͤndern konnte, so ergriffen wir
                              alle moͤglichen Vorsichtsmaßregeln dagegen. Der Versuch entsprach jedoch der
                              Erwartung nicht, denn das Eisen war zwar geschmolzen, aber so haͤmmerbar wie
                              zuvor. Da der Metallklumpen in Folge der theilweise in Fluß gekommenen Roͤhre
                              mit Schlake umgeben und diese durch Eisenoxydul schwach gruͤn gefaͤrbt
                              war, so vermutheten wir, daß unser Gas nicht vollkommen rein war, sondern noch
                              Spuren von Wasser oder Kohlensaͤure enthielt, die sich der Carbonisirung
                              widersezten. Wir wiederholten daher diesen Versuch und suchten unser Gas noch mehr
                              zu reinigen, das Resultat war aber dasselbe.
                           Es blieb uns nun noch ein Versuch uͤbrig, der alle Schwierigkeiten heben
                              mußte; er bestand darin, in einer Porzellanroͤhre weiches Eisen mit stark calcinirter
                              Kohle zu erhizen. Wir brachten also Kohle, welche im verschlossenen Gefaͤße
                              in einem Porzellanofen ausgegluͤht worden war, in einiger Entfernung von
                              einem Stuͤk Eisendraht in die Roͤhre. Nachdem die Temperatur bis zum
                              Erweichen der Roͤhre gesteigert worden war, unterbrachen wir die Operation
                              und erhielten einen geschmolzenen Klumpen, worin sich bei der Analyse durch Chlor
                              bloß Spuren von Kohle vorfanden.
                           Aus allen unseren Versuchen geht also hervor:
                           1) Daß Eisen, wenn es in Beruͤhrung mit gewoͤhnlicher Holzkohle erhizt
                              wird, sich mit Kohlenstoff verbindet;
                           2) daß Eisen, wenn es in einiger Entfernung von stark calcinirter Kohle erhizt wird,
                              sich nicht mit Kohlenstoff verbindet;
                           3) daß die Eisenoxyde sich selbst in Entfernung von calcinirter oder nicht
                              calcinirter Kohle reduciren.
                           Das Kohlenwasserstoffgas ist also die Ursache der Vereinigung des Eisens mit
                              Kohlenstoff und das Kohlenoxydgas die der Desoxydation.
                           Diesen Schluͤssen lassen sich jedoch folgende Betrachtungen entgegensezen:
                           1) In den Lehrbuͤchern der Chemie wird angegeben, daß sich der
                              Kohlenwasserstoff beim Erhizen zersezt; es fragt sich jedoch noch, ob derselbe dabei
                              vollstaͤndig und in kurzer Zeit in Kohlenstoff und Wasserstoff zersezt
                              wird;
                           2) es ist schwer zu begreifen, daß dieses Gas uͤberhaupt und uͤberdieß
                              in hinreichender Menge in den Hohoͤfen an derjenigen Stelle vorkommen soll,
                              wo die Vereinigung des Eisens mit Kohlenstoff erfolgt; denn diese scheint sich nicht
                              weit uͤber die Duͤse hinauf zu erstreken, und Hr. Berthier hat sich uͤberzeugt, daß die Kohle
                              daselbst keinen Wasserstoff mehr enthaͤlt.Vergl. Polyt. Journal Bd. LIX. S.
                                       38.
                              
                           3) Dieselbe Schwierigkeit zeigt sich auch bei den Cementiroͤfen, welche 15 bis
                              20 Tage lang gefeuert werden. Koͤnnte die Kohle waͤhrend dieser ganzen
                              Zeit Kohlenwasserstoff entbinden?
                           Man muͤßte also folgenden Versuch im Großen anstellen: es waͤre Kohle
                              40 bis 50 Tage lang zu calciniren und dann zu versuchen, ob sie durch das
                              gewoͤhnliche Cementirverfahren noch Stahl liefern kann.
                           Jedenfalls geht aus unseren Versuchen evident hervor, daß es keine eigentliche
                              Cementirung zwischen feuerbestaͤndigen und unschmelzbaren Koͤrpern
                              gibt, und daß sowohl die Reduction der Oxyde als die Vereinigung der Metalle mit
                              Kohlenstoff nur durch Dazwischenkunft gasfoͤrmiger Koͤrper erfolgen
                              koͤnnen, naͤmlich jene durch Kohlenoxyd-, diese durch
                              Kohlenwasserstoffgas und vielleicht auch noch ein anderes Gas; das Axiom der alten
                              Chemiker: corpora non agunt nisi soluta gestattet daher
                              keine Ausnahme.
                           
                        
                           Ueber die Cementation des Eisens; von Hrn. Aug. Laurent.
                              Zweiter Theil.
                           Da Hr. Leplay eine lange Reise antreten mußte, wodurch
                              unsere Versuche uͤber die Cementation unterbrochen wurden, so brachte ich das
                              Resultat derselben Hrn. Thenard, der mich veranlaßte, die
                              Luͤken in unserer ersten Abhandlung auszufuͤllen und meine
                              Aufmerksamkeit besonders darauf zu richten, welche Wirkung gut calcinirte Kohle auf
                              das Eisen ausuͤbt, wenn sie damit in Beruͤhrung gebracht wird.
                           Ich beeilte mich, diesen Versuch anzustellen, uͤberzeugt, daß keine Reaction
                              Statt finden koͤnne; ich brachte also in einer Porzellanroͤhre weiches
                              Eisen mit Kohle in Beruͤhrung, welche bei der Temperatur der Eisenproben
                              ausgegluͤht worden war. Die Roͤhre wurde verpfropft und in ein
                              Porzellangefaͤß gestekt, welches man mit calcinirter Kohle fuͤllte und
                              verschloß: das Ganze wurde dann in einem Porzellanofen zu Sèvres erhizt. Als
                              ich den Apparat auseinandernahm, fand ich jedoch anstatt weichen Eisens einen
                              Klumpen Roheisen mit schwarzen, sehr glaͤnzenden Flaͤchen; die Kohle
                              war hie und da zerfressen und durch Roheisentropfen, welche daruͤber
                              geblieben waren, ausgehoͤhlt.
                           Ich suchte mir dieses Resultat zuerst auf die Art zu erklaͤren, daß ich
                              annahm, es sey etwas Kohlenwasserstoff vorhanden gewesen, dessen Kohlenstoff eine
                              geringe Menge schmelzbares Kohlenstoffeisen bildete, welches in Beruͤhrung
                              mit Kohle sich damit saͤttigte, worauf die Verbindung Eisen aufloͤste,
                              hierauf wieder Kohle u.s.f.; auf diese Art waͤre also die Vereinigung des
                              Eisens mit Kohlenstoff durch Dazwischenkunft von etwas fluͤssigem Roheisen,
                              welches sich anfangs bildete, erfolgt.
                           Ich wiederholte nun diesen Versuch, indem ich statt der Kohle ganz reinen,
                              krystallinischen und glaͤnzenden Graphit anwandte, welcher keinen Wasserstoff
                              enthaͤlt, und den ich zu groͤßerer Sicherheit noch 24 Stunden lang bei
                              150° Wedgew. calcinirt hatte.
                           Die Resultate waren dieselben, und ich erhielt graues Roheisen. Auch diese Reaction
                              suchte ich mir durch die Annahme zu erklaͤren, die mit einander in
                              Beruͤhrung gekommenen Eisen- und Kohlenstoffmolekuͤle haͤtten sich zu
                              einem schmelzbaren Kohlenstoffeisen verbunden, welches dann abwechselnd Eisen und
                              Graphit aufloͤste. Wenn dieser Versuch ein entscheidendes Resultat
                              haͤtte geben sollen, muͤßte er also bei einer Temperatur angestellt
                              werden koͤnnen, wo weder der Stahl noch das Roheisen in Fluß kommen kann, so
                              daß sich die Vereinigung des Metalls mit Kohlenstoff nicht der Dazwischenkunft einer
                              Fluͤssigkeit zuschreiben laͤßt.
                           Folgende Versuche hatten Hrn. Leplay und mich
                              uͤberzeugt gelassen, daß die Vereinigung des Eisens mit Kohlenstoff nur durch
                              eine Gasart bewirkt werden kann, und daß diese nicht immer Kohlenwasserstoff
                              ist.
                           1) Wir hatten gesehen, daß eine Probe von kieselerdehaltigem Eisenerz, welche man
                              durch die Duͤse eines Hohofens herauszog, in Roheisenkoͤrner
                              verwandelt worden war, ohne ihre Form veraͤndert zu haben. Die Koͤrner
                              waren durch Kieselerde von einander getrennt, und die Uebertragung des Kohlenstoffs
                              konnte also nur durch Cementation, d.h. von Molekuͤl zu Molekuͤl
                              geschehen seyn.
                           2) Man huͤtet sich wohl in den Cementiroͤfen die Eisenstangen in
                              zertheilte Kohle zu legen, was doch vortheilhaft seyn muͤßte, wenn eine
                              Beruͤhrung nothwendig waͤre; und man kann doch unmoͤglich
                              annehmen, daß wenn eine Eisenstange an ganz wenigen Stellen ihrer Oberflaͤche
                              mit Kohlenstuͤken in Beruͤhrung ist, saͤmmtliche Kohle, die
                              sich in allen Richtungen in der Stange verbreiten muß, durch diese Stellen
                              hineindringt.
                           3) Die Kohle, welche bereits zum Cementiren gedient hat, kann nochmals zum Vereinigen
                              des Eisens mit Kohlenstoff benuzt werden, obgleich sie allerdings nicht mehr so
                              wirksam ist; man mengt der gewoͤhnlichen Kohle auch immer solche bei. Dieß
                              waͤre aber ganz unnuͤz, wenn nur der Kohlenwasserstoff das wirksame
                              Agens waͤre.
                           Ich sah hienach kein anderes Mittel mehr uͤbrig, um die Cementation zu
                              erklaͤren, als die Annahme, daß der Kohlenstoff fluͤchtig ist, und wie der metallische Arsenik, die arsenige
                              Saͤure, der Kampher und viele andere feste Koͤrper Daͤmpfe
                              verbreiten kann, ohne in Fluß zu kommen.
                           Um hieruͤber Gewißheit zu erhalten, schnitt ich ein Prisma aus dem Graphit,
                              welcher zu den vorhergehenden Versuchen gedient hatte, und stellte es auf eine
                              Unterlage von Porzellan. Dem Prisma gegenuͤber und in geringer Entfernung von
                              demselben legte ich ein Eisenblech, welches ich durch kleine Zaͤhne aus
                              Porzellan davon trennte, um eine zufaͤllige Beruͤhrung zu verhindern.
                              Der kleine Apparat wurde dann in eine glasirte Roͤhre gebracht, diese mit
                              Graphitstuͤken gefuͤllt, verschlossen und in ein mit calcinirter Kohle
                              gefuͤlltes Gehaͤuse gelegt. Das Ganze wurde hierauf in einem Porzellanofen der
                              Temperatur der Eisenproben ausgesezt.
                           Nach beendigter Operation tauchte ich das gluͤhende Eisenblech in kaltes
                              Wasser, wodurch es hart und sproͤde wurde; ich ließ dann einen Strom trokenes
                              Chlorgas daruͤber streichen, worauf eine schwarze Masse von der Form des
                              Blechs zuruͤkblieb, die 5 Tausendtheile wog. Als man diese Masse in
                              Beruͤhrung mit der Luft calcinirte, hinterließ sie 1 Tausendtheil Kieselerde,
                              so daß also die in dem Stahlblech enthaltene Kohle 4 Tausendtheile wog.
                           Die Kohle ist folglich ein fluͤchtiger
                                 Koͤrper; dafuͤr sprechen auch noch folgende Thatsachen: Man
                              wird mir zugeben, daß wenn das Kohlenoxyd sich in Beruͤhrung mit Eisen
                              zersezt, dieß von der Verwandtschaft des Metalls zur Kohle herruͤhrt, und
                              daß, wenn diese Verwandtschaft nicht vorhanden waͤre, die Hize allein die
                              Zersezung des Gases nicht bewirken wuͤrde. Ich erhizte in einer glasirten und
                              verschlossenen Porzellanroͤhre Graphit fuͤr sich allein; die
                              Roͤhre war wie bei den vorhergehenden Versuchen in ein mit Graphit
                              gefuͤlltes Gehaͤuse gelegt. Nach beendigtem Versuche wurde sie
                              zerschlagen und ihre innere Oberflaͤche war nun um den Graphit herum
                              schwaͤrzlichgrau gefaͤrbt. Man kann gewiß nicht sagen, daß bei diesem
                              Versuch ein kohlenstoffhaltiges Gas die Roͤhre von Außen nach Innen
                              durchstrich und Kohle absezte, denn die beiden Oberflaͤchen der Roͤhre
                              waren zwar schwarz, auf dem Bruch hingegen war sie vollkommen
                                 weiß.
                           Eine andere, nicht weniger fuͤr meine Behauptung sprechende Thatsache ist
                              folgende: Hr. Regnault fand Graphitblaͤtter in den
                              Rizen eines Hohofens abgelagert; diese konnten sich offenbar nur durch Sublimation
                              bilden.
                           Die Verfluͤchtigung des Kohlenstoffs zugegeben, bleibt noch ein anderes
                              Problem zu loͤsen: dringt die Kohle in gasfoͤrmigem Zustand in das
                              Innere des Eisens ein, um es in Kohlellstoffeisen zu verwandeln, oder findet
                              vielmehr eine Art elektrischer Strom Statt, welcher die Kohle in Folge einer
                              Zersezung und Wiederzusammensezung von Molekuͤl zu Molekuͤl in das
                              Eisen einfuͤhrt, wie dieses bei der Zersezung des Wassers durch die
                              galvanische Saͤule der Fall ist?
                           Die Metalle scheinen bei der gewoͤhnlichen Temperatur oder bei 100 und
                              150° C. von den Gasarten nicht durchdrungen zu werden, selbst unter einem
                              sehr starken Druk; kann man daraus folgern, daß dieses auch bei der
                              Weißgluͤhhize der Fall ist, also wenn sie dem Schmelzpunkte nahe und ihre
                              Molekuͤle durch den Waͤrmestoff von einander entfernt sind?
                           
                           Folgende Thatsachen sind in dieser Hinsicht zwar nicht entscheidend, aber doch nicht
                              ohne Werth.
                           Als ich Wasserstoff- oder Kohlenoxydgas uͤber ein Stuͤk sehr
                              dichten Blutsteins leitete und die Operation unterbrach, nachdem derselbe auf
                              schwarzes Eisenoxyd reducirt war, zeigte sich lezteres sehr dicht, war auf dem Bruch
                              glaͤnzend und schien nicht poroͤs zu seyn. Das Wasserstoffgas hatte
                              also eine Schichte von 4 bis 5 Linien Dike durchdrungen. Man kann freilich
                              einwenden, daß das dem Eisenoxyd entzogene Sauerstoffatom atomistische Poren
                              zuruͤkließ, in welche der Wasserstoff einfiltriren konnte, und dieß ist auch
                              moͤglich, denn als ich auf den Bruch des schwarzen Oxyds einen Tropfen Wasser
                              fallen ließ, wurde er verschlukt. Jedenfalls kann man hieraus den Schluß ziehen, daß
                              das Sauerstoffmolekuͤl viel kleiner ist, als der Raum, welcher es
                              enthaͤlt, weil ein Wassermolekuͤl, das wahrscheinlich
                              voluminoͤser als ein Sauerstoffmolekuͤl ist, die Poren durchdringen
                              kann, in welchen lezteres eingeschlossen war.
                           Folgender Versuch ist noch entscheidender. Die Porzellanroͤhre, in welcher ich
                              den Graphit calcinirt hatte, war nicht bloß auf der inneren glasirten
                              Oberflaͤche, sondern auch noch bis auf eine geringe Tiefe in ihrer Masse
                              schwarz gefaͤrbt. Die Mitte war vollkommen weiß; von hier aus aber wurde die
                              graue Farbe immer dunkler, bis auf die Oberflaͤche der Glasur, welche fast
                              schwarz war. Die Glasur und die Masse waren also von der Kohle durchdrungen worden,
                              und da zwischen der Kiesel- oder Thonerde und der Kohle keine Verwandtschaft
                              Statt findet, so kann man nicht annehmen, daß diese von Molekuͤl zu
                              Molekuͤl in Folge einer Verbindung damit und nachherigen Trennung weiter
                              befoͤrdert wurde, wie sich dieses beim Eisen vermuthen ließ.
                           Ich will nun noch zeigen, daß das Eisenoxyd und mehrere andere Koͤrper, welche
                              man als feuerbestaͤndig betrachtet, bei einer hohen Temperatur Daͤmpfe
                              verbreiten koͤnnen. Ich wollte einmal die Wirkung eines Gemisches von
                              gleichen Volumen Kohlensaͤure und Kohlenoxyd auf verschiedene Metalle und
                              ihre Oxyde erfahren, und erhizte daher Eisen, Kobalt, Nikel, Zinn, sowie die Oxyde
                              dieser Metalle auf 30° Wedgew.; das Resultat war, daß sich das metallische
                              Eisen in schwarzes Oxyd umaͤnderte und das rothe Oxyd auf schwarzes
                              reducirte. Die anderen Metalle erlitten keine Veraͤnderung, nur das Zinn
                              uͤberzog sich mit einer duͤnnen Oxydhaut; ihre Oxyde aber wurden
                              vollstaͤndig reducirt, selbst das des Zinns. Die Porzellankapseln, in welche
                              ich die Metalle und ihre Oxyde gelegt hatte, waren bis auf eine ziemlich große
                              Entfernung vom Beruͤhrungspunkte stark gefaͤrbt. Ich fuͤhre
                              diesen Versuch jedoch nur wegen der Oxydations- und Reductionserscheinungen an,
                              denn hinsichtlich der Erscheinung der Oxyde an einer entfernten Stelle
                              koͤnnte man ebenfalls behaupten, daß, weil eine Beruͤhrung Statt fand,
                              die Faͤrbung durch Cementation erfolgte. Bei folgenden zwei Versuchen kann
                              man diesen Einwurf aber unmoͤglich machen.
                           Ich sezte dem starken Feuer des Porzellanofens drei Porzellanplatten aus, wovon die
                              eine mit Kobaltoxyd, die andere mit Nikeloxyd und die dritte mit Eisenoxyd belegt
                              war; als ich sie aus dem Ofen zog, zeigte sich das gefaͤrbte Email gut
                              geschmolzen. Ich stellte dann jeder gefaͤrbten Flaͤche
                              gegenuͤber und in zwei bis drei Linien Entfernung davon, eine andere Platte
                              von weißem Porzellan; das Ganze wurde einem starken Feuer ausgesezt, und als ich sie
                              wieder herausnahm, sah ich, daß sich die weißen Platten gefaͤrbt hatten, die
                              eine schwach durch Eisenoxyd, die andere stark blau durch Kobaltoxyd und die lezte
                              stark braunbrann durch metallisches Nikel oder sein Oxyd.Ich sage durch das eine oder andere, denn ich habe mich uͤberzeugt,
                                    daß die Gasarten im Porzellanofen fast immer das Nikeloxyd reduciren
                                    koͤnnen. Einige Chemiker haben das Nikel fuͤr ein edles Metall
                                    erklaͤrt, weil sie sein Oxyd durch bloßes Erhizen zu reduciren
                                    vermochten; ich habe diesen Versuch wiederholt und gefunden, daß dieses Oxyd
                                    wirklich in einem verschlossenen irdenen Tiegel zu Metall reducirt werden
                                    kann, daß die Reduction aber nicht mehr erfolgt, wenn man es in fuͤnf
                                    oder sechs verschlossene und in einander gestellte Tiegel legt. Das
                                    Kobaltoxyd wird auch bisweilen zu Metall reducirt, selbst im Zustande von
                                    Silicat, und dieses Metall ist es, welches bisweilen
                                    schwaͤrzlichgraue Fleken auf blau gefaͤrbten
                                    Porzellangefaͤßen hervorbringt. A. d. O. (In Deutschland weiß man
                                    durch Liebig's und Woͤhler's Versuche schon seit dem J. 1831, daß das
                                    Nikeloxyd bloß durch die Flamme des Ofens reducirt wird, was Hr. Gay-Lussac als Herausgeber der Annales de Chimie et de Physique wohl
                                    haͤtte bemerken koͤnnen. A. d. R.)
                              
                           Nach den in dieser Abhandlung angefuͤhrten Versuchen laͤßt sich nun
                              leicht der Hergang in den Hohoͤfen sowohl als in den Cementirkaͤsten
                              erklaͤren.
                           Man braucht, was die Hohoͤfen betrifft, der sinnreichen Theorie des Hrn. Leplay bloß noch beizufuͤgen, daß die Vereinigung
                              des Eisens mit Kohlenstoff durch den Kohlenstoffdampf erfolgt, welcher sich bei
                              einem raschen Strome von Kohlenoxydgas nothwendig in groͤßerer Menge erzeugen
                              muß, als in verschlossenen Gefaͤßen.
                           In den Cementirkaͤsten geschieht die Verbindung des Eisens mit Kohlenstoff
                              anfangs durch den in der Kohle enthaltenen Kohlenwasserstoff, und endlich vollends
                              durch den Kohlenstoffdampf. Man begreift nun:
                           1) Warum man zum Cementiren uncalcinirte Kohle, thierische Substanzen etc., welche
                              Kohlenwasserstoff oder Cyan entbinden, anwendet;
                           
                           2) warum die bereits gebrauchte Kohle weniger wirksam ist, aber doch noch an das
                              Eisen Kohlenstoff abgeben kann;
                           3) warum man endlich die Eisenstangen in Kohlenstuͤke, aber nicht in
                              Kohlenpulver stekt, welches leztere doch geeigneter seyn muͤßte, wenn eine
                              unmittelbare Beruͤhrung zur Abgabe von Kohlenstoff an das Eisen erforderlich
                              waͤre.
                           Ist die Entkohlenstoffung des Stahls in Beruͤhrung mit Eisenfeile schwieriger
                              zu erklaͤren? Kann man annehmen, daß das Eisen (im Zustand von Stahl) durch
                              die Hize den Kohlenstoff, womit es verbunden ist, fahren lassen wird, und zwar um
                              ihn an eine andere Portion Eisen abzugeben? Diese Reaction ist nicht schwerer zu
                              begreifen, als folgende: Wenn man ein Silicat von Thonerde und Blei in einem irdenen
                              Gehaͤuse erhizt, wird sich das Bleioxyd allmaͤhlich
                              verfluͤchtigen und das Gehaͤuse es absorbiren. Dieß wird so lange
                              fortdauern, bis sich das Gleichgewicht hergestellt hat. Nimmt man das innere Silicat
                              weg und ersezt es durch ein nicht bleihaltiges Silicat, so wird das Gehaͤuse
                              einen Theil des von ihm aufgenommenen Bleioxyds als Dampf fahren lassen und dieser
                              von dem inneren Silicat so lange absorbirt werden, bis sich das Gleichgewicht
                              neuerdings hergestellt hat. Diese Thatsache ist den Toͤpfern wohl bekannt.
                              Bringt man Stahl in ein irdenes Gehaͤuse, so verbreitet er eine
                              Atmosphaͤre von Kohlenstoff um sich, deren Gegenwart ihn verhindert, noch
                              mehr Kohlenstoff zu entbinden; besteht das Gehaͤuse hingegen aus einem
                              Koͤrper, welcher Verwandtschaft zum Kohlenstoff hat, wie das Eisen, so wird
                              diese Atmosphaͤre absorbirt, worauf der Stahl eine neue
                              Kohlenstoff-Atmosphaͤre entbindet, welche neuerdings absorbirt wird
                              u.s.f., bis sich das Gleichgewicht zwischen dem Stahl und dem Eisen hergestellt
                              hat.
                           Werden die von Hrn. Leplay und mir entwikelten Theorien
                              einige Verbesserungen in die Praxis bringen? Ich zweifle
                              nicht. Bereits habe ich davon eine vortheilhafte Anwendung auf einem großen
                              Huͤttenwerk gemacht und obgleich ich dieselbe nicht mittheilen darf, so will
                              ich doch einige analoge Faͤlle anfuͤhren, woraus eine Art diese Ideen
                              zu benuzen erhellt.
                           Auf den Puddelwerken erhizt man das schon gehaͤmmerte Eisen zum
                              Rothgluͤhen, um es sodann zu streken. Waͤhrend dieses
                              Ausgluͤhens oxydirt sich ein großer Theil des Eisens, so daß der Verlust in
                              der Regel 10 bis 12 Proc. betraͤgt. Da man nun weiß, daß die Kohle nicht mit
                              dem Eisen in Beruͤhrung zu seyn braucht, um seine Oxydation zu verhindern, so
                              koͤnnte man ja das Eisen im Kohlenoxydgas erhizen.
                           In einer Drahtzieherei empfahl ich den Eisendraht jedes Mal in gußeisernen Trommeln
                              auszugluͤhen, auf deren Boden man ein wenig Kohle bringt; und man befindet
                              sich gut dabei.
                           In den Eisenblechfabriken, und besonders denjenigen, wo das Blech zu verschiedenen
                              Gegenstaͤnden verarbeitet wird, wobei man es 8 oder 10 Mal behufs des
                              Haͤmmerns ausgluͤhen muß, reinigt man es durch Oxydation vor dem
                              Verzinnen; der Verlust betraͤgt dabei 10 bis 12 Procent. Wuͤrde man es
                              aber in verschlossenen Gefaͤßen, welche ein wenig Kohle enthalten, oder in
                              zwekmaͤßig construirten Oefen ausgluͤhen, so ließe sich einerseits
                              dieser Verlust vermeiden und andererseits wuͤrde man alles zum
                              Abbrennungsprocesse bestimmte Brennmaterial ersparen, was schon viel waͤre,
                              weil man eben so viel Kohle verbrennt, um das Eisenblech abzubrennen, als
                              noͤthig ist, um es 8 oder 10 Mal auszugluͤhen.