| Titel: | Ueber ein neues Verfahren zur Runkelrübenzukerbereitung. Von Dr. Reichenbach zu Blansko in Mähren. | 
| Autor: | Dr. phil. Karl Reichenbach [GND] | 
| Fundstelle: | Band 68, Jahrgang 1838, Nr. LXII., S. 282 | 
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                        LXII.
                        Ueber ein neues Verfahren zur
                           Runkelruͤbenzukerbereitung. Von Dr. Reichenbach zu Blansko in Maͤhren.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              V.
                        Reichenbach's neues Verfahren zur
                           Runkelruͤbenzuker-Fabrication.
                        
                     
                        
                           In oͤffentlichen Blaͤttern ist eines neuen Apparates Erwaͤhnung
                              geschehen, den ich in der hiesigen Zukerfabrik, deren Theilnehmer ich bin, Behufs
                              der Ausziehung des Zukers aus Runkelruͤben in Anwendung gebracht habe. Die
                              Mitheilungen hieruͤber reichen jedoch nicht hin, davon eine deutliche
                              Vorstellung zu gewahren. Um sie zu vervollstaͤndigen, will ich es versuchen, denen,
                              die sich etwa dafuͤr interessiren moͤchten, hier eine naͤhere
                              Beschreibung zu geben.
                           Wir besizen jezt eine Reihe von Werkzeugen und Einrichtungen, den Zuker aus den
                              Runkelruͤben nach verschiedenen Methoden auszuziehen, mit denen
                              ausgezeichnete und verdienstvolle Maͤnner uns beschenkt und damit die
                              europaͤische Zukerfabrication auf den jezigen glaͤnzenden Standpunkt
                              erhoben haben. Wenn sie uns noch einige Wuͤnsche zu ihrer
                              Vervollstaͤndigung uͤbrig lassen, so legen sie doch jedem, der es zu
                              versuchen wagt. Feilstriche an das bereits Bestehende zu legen, die Pflicht auf,
                              zuerst den Zoll der Anerkennung und des Dankes denen niederzulegen, die uns den Weg
                              gezeigt und gebahnt haben.
                           In den lezten Jahren hat man sich viel mit der Maceration der Runkelruͤben
                              abgemuͤht, und nach den Vorschlaͤgen Beaujeu's und anderer an vielen Orten kostbares
                              Lehrgeld bezahlt. Auch ich gehoͤre unter diejenigen, welche den einladenden
                              Darstellungen seiner Methode Vertrauen schenkten, bei der Ausfuͤhrung im
                              Großen aber auf unuͤberwindliche Schwierigkeiten stießen. Da indeß die
                              Versuche, wie uns laͤngst schon Dombasle lehrte,
                              im Kleinen sehr befriedigende Ergebnisse lieferten, und daraus gefolgert werden
                              duͤrfte, daß die Maceration nicht im Principe falsch seyn koͤnnte,
                              sondern nur in der Methode Fehler liegen mußten; so gab ich darum die Hoffnung nicht
                              auf, in einer anderen Weise vielleicht dennoch ein Ziel zu erreichen, das mir in
                              vielem Betrachte sehr vortheilhaft schien. Ich entwarf und baute seit einem Jahre
                              nach einander vier verschiedene Apparate, mit denen ich stufenweise meinem Zweke
                              naͤher kam, und ihn zulezt so vollstaͤndig erreichte, als ich es nur
                              irgend wuͤnschen koͤnnte. Ich zog damit aus den Runkelruͤben,
                              in groͤßerem Maaßstabe, den Zuker in der kurzen. Zeit von 5 bis 6 Minuten
                              gaͤnzlich aus, gewann 8 Proc. krystallisirten Zuker aus Runkelruͤben
                              im Monat Maͤrz, ersparte den groͤßten Theil der Zeit der
                              Laͤuterung, und erzeugte einen Rohzuker von solcher Schoͤnheit und
                              Helle, daß er auf den ersten Wurf ohne Raffinirung weiß werden kann: also eine
                              Vereinigung der aͤußersten Geschwindigkeit der Procedur, der
                              vollstaͤndigsten Ausziehung des Zukers aus dem Rohstoffe, der sichersten
                              Conservation des gewonnenen Gutes waͤhrend der Arbeit, und der reinsten
                              Darstellung der Waare als Rohzuker, die man bis jezt nur wuͤnschen
                              koͤnnte. Dabei blieben nur die Trebern als gutes und nahrhaftes
                              Viehfutter.
                           Das Princip, nach welchem ich verfuhr, bestand darin, daß
                              ich Runkelruͤben in duͤnne Schnitten, rasch, und zwar in wenigen
                              Minuten, durch zehn verschiedene siedende Wasser und dazwischen jedes Mal durch Wasserdampf
                              fuͤhrte, und den schnell gewonnenen siedenden, achtgradigen Saft (nach Beaumé) unmittelbar in den Kessel zu aisbaldiger
                              Erlaͤuterung leitete.
                           Die Methode, die ich hiezu einschlug, war uͤberaus
                              einfach und leicht. Sie stuͤzte sich aus ein einziges Instrument, das ich den
                              Aussuͤßer, wenn man will, Edulcator, nennen moͤchte. Eine einzige Achse
                              befand sich dabei in langsamer Umdrehung, alles Andere ruhte. Es bestand aus einem
                              fast waagerecht liegenden kupfernen, hohlen Cylinder, welcher der Laͤnge nach
                              in zwei Haͤlften getheilt war; die obere Haͤlfte diente als Dekel, die
                              untere war quer mit zehn Faͤchern versehen. In der Achse des Cylinders befand
                              sich eine metallene Welle, an welche fuͤr jedes Fach zwei
                              durchloͤcherte Schapfen angebracht waren. Die untere Cylinderhaͤlfte
                              stand uͤber Feuer (oder wurde mittelst eines Gehaͤuses durch
                              Wasserdaͤmpfe geheizt). Die Faͤcher waren mit Wasser gefuͤllt
                              und wurden ins Sieden gebracht. Aus einer daruͤber angebrachten
                              Schneidmuͤhle fielen die Runkelruͤbenschnitten in das erste Fach,
                              verweilten eine halbe Minute und wurden dann von einer Schapfe, die mit der Welle
                              umlief, ergriffen, herausgehoben, in den Wasserdampf gebracht, traͤufelten
                              ab, und fielen dann waͤhrend der Fortbewegung der Schapfe, welche
                              gekruͤmmt war wie das Streichblech eines Pfluges, in das zweite Fach. Nach
                              einer halben Minute Aufenthalt in siedendem Wasser des zweiten Faches wurden sie von
                              einer Schapfe dieses zweiten Faches ergriffen, herausgehoben, in die
                              Dampfatmosphaͤre gebracht, und in das dritte Fach geschuͤttet. So ging
                              es fort, bis sie das zehnte Fach passirt hatten, und nun ganz ausgefuͤßt und
                              geschmaklos, aber wohlerhalten herausfielen. In das zehnte Fach floß
                              bestaͤndig frisches Wasser, das seinen Ueberschuß durch eine
                              Seitenoͤffnung in das neunte, dieses in das achte, u.s.f. ergoß, bis es im
                              ersten Fache als fertiger Zukersaft ausfloß und in den Laͤuterungskessel
                              unmittelbar abzog. Wasser und Runkelruͤbenschnitten waren also in fortlaufend
                              entgegengesezter Richtung in Bewegung und durchdrangen sich einander, Hize und
                              Wasserdampf unterstuͤzten abwechselnd ihre gegenseitige Action auf einander,
                              bewirkten schnelle Ausziehung des Zukers und so concentrirte Beladung des Wassers
                              damit, daß er dem gleichzeitig bereiteten Preßsafte an Gehalt nichts nachgab. Dabei
                              gerann das Pflanzeneiweiß in den Schnitten, die Gallerte blieb groͤßten
                              Theils darin, und die Schnitten kamen so wohlerhalten wieder heraus, daß sie nun
                              gekocht das nahrhafteste und beste Viehfutter ausmachten.
                           Die Abbildungen werden das Gesagte deutlicher machen. Fig. 1 zeigt einen
                              Querschnitt des Cylinders; bei a und b theilt er sich in seine obere und untere
                              Haͤlfte; d, d', e ist
                              die Scheidewand eines Faches, bei e die
                              Ausflußoͤffnung fuͤr das Wasser und den Saft von einem Fache in das
                              andere; c die Achse; f, f
                              die zu einem Fache gehoͤrigen beiden korbfoͤrmigen, gegitterten
                              Schapfen, gegen Unten verdreht wie ein Streichbrett am Pfluge.
                           Fig. 2 zeigt
                              die untere Cylinderhaͤlfte mit ihren zehn Faͤchern oder Kammern im
                              Grundrisse; Fig.
                                 3 dieselbe im Laͤngendurchschnitte senkrecht durch die Achse. An
                              jeder Fachwand ist abwechselnd rechts oder links eine Marke fuͤr die
                              Ausflußoͤffnung e angebracht. Die erste Kammer
                              hat bei a eine schraͤge, nach Unten ablaufende
                              Erweiterung, welche außerhalb der Laufbahn der Schapfen faͤllt; sie dient
                              dazu, die von der oberhalb angebrachten Schneidmuͤhle durch eine Latte
                              herabfallenden Runkelruͤbenschnitten zu empfangen und der ersten Schapfe
                              zuzuleiten. Aus der zehnten Kammer werden die Schnitten in ein Fach
                              geschuͤttet, das kein Wasser enthaͤlt, nach Unten bei b in einen offenen Schlauch endet, aus dem die Schnitten
                              in einen untergesezten groͤßeren Behaͤlter fallen und von da bequem
                              weggebracht werden koͤnnen. Dieser Behaͤlter oͤffnet sich am
                              besten gegen einen Karren auf Raͤdern, der, so wie er voll ist, abgefahren
                              werden kann.
                           Außerhalb des zehnten Faches ist ein Trichter angebracht, in welchen mittelst einer
                              Roͤhre mit Pipe Wasser zugelassen wird; die Pipe dient zur Regulirung der
                              Zuflußmenge. Der Trichter geht mit seiner Verlaͤngerung nach Innen und taucht
                              mit seiner Muͤndung in dem Wasser des zehnten Faches unter, so daß weder Luft
                              noch Dampf hier einen Ausweg finden kann. Am Rande des ersten Faches bei a ist ein Sieb angebracht, durch welches der fertige
                              Saft austritt und durch eine Rohre in den Klaͤrungskessel abgeleitet wird.
                              Das Sieb dient, Runkelruͤbenschnitten-Theilchen zuruͤkzuhalten,
                              wenn einige mit fortgerissen werden koͤnnten.
                           Da das erste und das zehnte Fach Erkaltung erleiden, indem in das eine frisches
                              Wasser, in das andere frische Schnitten kommen, so muß der Zufluß von Waͤrme
                              gegen diese beide Faͤcher verhaͤltnißmaͤßig vermehrt werden.
                              Wird der Apparat auf freies Feuer gesezt, so muͤssen dorthin die
                              Rauchabzuͤge gerichtet werden; wird er aber mit Dampf umgehen, so
                              muͤssen die Fachwaͤnde zwischen 1 und 2 und zwischen 8 und 9 hohl
                              gemacht und Dampf zwischen sie zugelassen werden. Das zehnte Fach bleibt kalt, und
                              dient nur dazu, die heißen Schnitten abzukuͤhlen und ihre Waͤrme
                              aufzusaugen, um sie in das neunte Fach und sofort in den Apparat zur Wiederbenuzung
                              zuruͤkzufuͤhren.
                           Die Schiedwaͤnde der Faͤcher reichen nicht bis an die Achse herauf, sondern sind um 2 Zoll
                              niederer. Dieß ist wegen des Ueberschuͤttens der Schnitten von einer Kammer
                              in die andere noͤthig, welche sich sonst unvollkommen bewerkstelligen
                              wuͤrde. – Die Fluͤssigkeit in der Kammer steht noch etwas
                              niederer als die Schiedwaͤnde.
                           Der Dekel muß maͤßig dicht aufgesezt werden, so daß er Dampf von
                              gewoͤhnlichem atmosphaͤrischem Druke haͤlt. Vorne im ersten
                              Fache bei a muß seine Vorderwand bis in die
                              Fluͤssigkeit herabreichen, damit dort bei der schraͤgen Erweiterung
                              kein Dampf entweichen kann.
                           Fig. 4 und
                              5 zeigt
                              die Achse mit den durchloͤcherten Schapfen. Auf die erstere sind
                              Huͤlsen aufgeschoben und mit Stellschrauben befestigt. An einem kurzen Stiele
                              befindet sich die Schapfe, deren in jeder Kammer zwei sich entgegen stehen. Sie sind
                              mit a, a', b, b', c, c' bezeichnet. Die punktirten
                              Linien zeigen die Kammern, in denen sie gehen. Die Achse, die Huͤlsen und die
                              Stiele sind von Schmiedeisen; leztere laufen in eine starke Rippe aus, mit der sie
                              entlang den Schapfen laufen und ihnen Starke geben. Die Schapfen sind von dikem
                              unausgegluͤhtem Kupferdrahte gemacht und bilden eine Art von
                              nezfoͤrmigem Korbe mit weiten Loͤchern. Sie sind von Kammer zu Kammer
                              so gestellt, daß die Schapfe der ersten mit der darauf folgenden Schapfe der zweiten
                              jedes Mal einen Winkel von 120 Graden bildet; diese Schapfe der zweiten Kammer mit
                              der darauf folgenden Schapfe der dritten Kammer wieder einen Winkel von 120 Graden,
                              und so geht es fort durch alle zehn Kammern. Dasselbe Verhalten beobachten dann die
                              in denselben Kammern den ersten Schapfen diametral entgegenstehenden zweiten
                              Schapfen. Fig.
                                 5 zeigt die Reihefolge beider Schapfen in den drei ersten Kammern, denen
                              dann die in je drei folgenden Kammern vollkommen gleich sind; a, a' sind die Schapfen der ersten Kammer, b,
                                 b' die der zweiten Kammer, c, c' die der
                              dritten. a, a' macht mit b,
                                 b' einen Winkel von 120 Graden; b, b' mit c, c' wieder 120 Grad, u.s.f.
                           Wenn man die Stellung des Bodens einer Schapfe versteht, so wird das ganze
                              Instrument, das troz seiner Einfachheit doch schwierig zu beschreiben ist, und seine
                              Wirkungsweise sogleich klar. Die Schapfe hat die Aufgabe, die in die Kammer
                              gefallenen, zu ihrem Boden niedergesunkenen Schnitten langsam einzufassen, aus der
                              Fluͤssigkeit herauszubringen, allmaͤhlich emporzuheben, mittlerweile
                              abtraͤufeln zu lassen, durch Wasserdampf zu fuͤhren und in das
                              benachbarte Fach hinuͤberzuschuͤtten. Dieß thut sie durch Form und
                              Bewegung. Gegen den Umfang des Cylinders hin beruͤhrt sie ihn beinahe, und
                              ist so breit wie die ganze Kammer; dadurch ist sie geeignet, Alles rein aufzunehmen,
                              was im Cylinder liegt. Von da an bildet sie einen Bogen, um, besonders so lange sie noch im
                              Wasser geht, das Haufwerk der Schnitten mehr gegen die Achse hin zu sammeln; aber
                              zugleich verdreht sich auch der Boden und richtet sich auf der Seite, von welcher
                              die Schnitten herkommen, allmaͤhlich auf; er fangt an, eine geneigte Ebene
                              gegen die folgende Kammer hin zu bilden, in welche die Schnitten nun
                              hinuͤbergebracht werden sollen, die gegen die Achse hin immer geneigter und
                              zulezt fast senkrecht wird. In so fern kann man den Schapfenboden wie ein
                              Schraubenstuͤk betrachten. Wenn er nun in seiner Umdrehung aus dem Wasser
                              getreten und so weit aufgerichtet ist, daß er auch gegen die Achse hin eine geneigte
                              Ebene bildet, so fangen die Schnitten, sobald dieß 45 Grad gegen den Horizont
                              uͤbersteigt, an, gegen die Achse hereinzugleiten; waͤhrend aber dieß
                              geschieht, empfangen sie auch die Einwirkung des ersteren Inklinatum, und werden so
                              durch diese doppelte Sollicitation genoͤthigt, jenseits der Achse in die
                              naͤchste Kammer Hinuͤberzugleiten. Die Stellung dieses Bodens, wirksam
                              wie das Streichblech am Pfluge, auch einiger Maßen aͤhnlich dem bekannten
                              Rechen in der Waschrolle, der die Runkelruͤbe wieder herauswirft, zeigt die
                              Fig.
                                 6.
                           Die Gestalten muͤssen hiebei so berechnet seyn, daß die Schnitten die Zeit
                              ihres Aufenthaltes im Wasser auch aller Orten in diesem zubringen. Wenn sie daher
                              vermoͤge des Achsenumlaufes auf der rechten Seile der Kammer herausgehoben
                              werden, so muß man Sorge tragen, daß sie auf der linken Seite in dieselbe
                              eingeschuͤttet werden. Dieß geschieht dadurch, daß die Schapfen nicht radial
                              gebaut, sondern nach der Richtung einer krummen Sehne gebildet sind, wovon ein
                              Stuͤk p noch uͤber die Mitte derselben
                              hinausragt, das bis in die linke Seite der Kammer heruͤber reicht, und dort
                              erst die dahin gegleiteten Schnitten abladet. Die Schnitten wandern dadurch immer
                              von einer Seite auf die andere wieder hinuͤber. Diese in einander fließenden
                              Biegungen reichen hin, die Schnitten ohne alle weitere und zusammengeseztere
                              Mechanismen dahin zu geleiten, wo man sie haben will; zu ihrer Unterstuͤzung
                              versieht man sie noch zu beiden Seiten von Außen her mit gegitterten Borden, wodurch
                              der Boden erst zu einer wirklichen Schapfe wird, wie dieß in Fig. 1 sichtlich ist.
                              Diese Borden verhuͤten das allzufruͤhe Herabfallen der Schnitten zu
                              beiden Seiten, ehe sie auf die jenseits der Achse gelegene Stelle p gelangt sind.
                           Gleichen Zwek hat die Stellung der Schapfen in ihrer Reihenfolge unter einem Winkel
                              von 120 Grad. Sobald naͤmlich eine Schapfe, Fig. 4, 5 und 6, so eben in der
                              Fluͤssigkeit untertaucht, muß ohne allen Zeitverlust dahinterher die Ladung
                              Schnitten aufgeschuͤttet werden. Dieß geschieht, wenn die vorangehende Schapfe a, a jezt eben in die senkrechte Stellung eintritt und
                              sich gaͤnzlich entleert. Sie traͤgt also ihren Inhalt in die folgende
                              Kammer unmittelbar auf den Ruͤken der Schapfe b,
                              und verschafft ihm damit das Maximum der Dauer moͤglichen Aufenthalts in der
                              Fluͤssigkeit.
                           Fuͤr das Ausweichen des Wassers in den Kammern waͤhrend des Umlaufens
                              der Schapfen ist zwar schon durch deren durchbrochene Structur gesorgt; sie fischen
                              gewisser Maßen wie ein Nez die Schnitten aus dem Safte heraus: allein die Erfahrung
                              lehrte mich, daß dieß doch noch nicht hinreicht. Die Schnitten legen sich theilweise
                              vor die Oeffnungen, schließen viele derselben zu und verzoͤgern den Durchfluß
                              des Wassers, oder verursachen ein ungleiches Niveau links und rechts der
                              Fluͤssigkeit, wodurch Unregelmaͤßigkeit in den Abfluß derselben
                              gebracht wird. Diesem Umstande wird dadurch begegnet, daß man dem Schapfenboden nur
                              da die ganze Breite der Kammer gibt, wo er die Cylinderflaͤche
                              beruͤhrt, weiter gegen die Achse hin aber von der einen Seite sogleich
                              schmaler macht, und zwar von der Seite, auf welcher man ohnehin den Boden
                              aufwaͤrts biegt, um ihm eine Neigung gegen die andere hin zu verschaffen, wie
                              oben schon angegeben ist. Da die Schnitten groͤßten Theils am Boden liegen,
                              so werden sie alle in die Schapfe eingefaßt, wenn diese nur unten die ganze Kammer
                              mit ihrer Breite einnimmt; sie kann also naͤher der Achse zu ohne Nachtheil
                              schmaͤler seyn und dadurch so viel Raum verstatten, daß das Wasser,
                              waͤhrend die Schapfe mit ihrer Ladung durchgeht, bequem auszuweichen
                              vermag.
                           Es werden hiebei bisweilen einzelne Schnitten der Schapfe entwischen, vielleicht auch
                              hie und da einige daran haͤngen bleiben und in das naͤmliche Fach
                              zuruͤkfallen. Daran liegt nichts. Die naͤchste Schapfe wird sie in der
                              naͤchsten halben Minute ergreifen und ihrer Bestimmung zufuͤhren; oder
                              es wird dieß die dritte oder die vierte Schapfe unfehlbar in der dritten oder
                              vierten halben Minute thun, was in der Hauptsache nicht in Betracht
                              koͤmmt.
                           Die Auskerbungen in den Schiedwaͤnden der Kammern, durch welche das Wasser vom
                              zehnten zum neunten Fache, von diesem zum achten, und so fort durch das ganze
                              Werkzeug durchfließt, sind oben und zwar in dem Winkel angebracht, wo sie mit der
                              Cylinderflaͤche zusammentreffen. Sie muͤssen alternirend gestellt
                              seyn, ein Mal zur linken, das andere Mal zur rechten Seite; denn das frisch
                              eindringende Wasser ist immer das schwaͤchere an Zuker, also auch das
                              leichtere, haͤlt sich folglich oben auf, und daher muß, um die Vermischung zu
                              beguͤnstigen, die Einflußmuͤndung in die groͤßtmoͤgliche
                              Entfernung von der Ausflußmuͤndung gestellt werden.
                           
                           Die Fachwaͤnde muͤssen vollkommen senkrecht auf die Achse der Welle
                              gerichtet seyn. Die dem Wasserzuflusse zugekehrte Seite der Schapfen, welche ganz
                              gerade ist, muß genau an der Fachwand hinstreifen und keinen Spielraum zum
                              Entwischen einzelner Schnitten dalassen. Besonders muß der kuͤrzere Schenkel
                              der Schapfe, der die Ausladung der Schnitten besorgt, genau an die Fachwand
                              anschließen, damit er so weit wie moͤglich gegen die naͤchste Kammer
                              hin, ragt und das Zuruͤkfallen einzelner Schnitten in die Kammer, aus der sie
                              kommen, unmoͤglich macht. Wird dieß nicht puͤnktlich
                              ausgefuͤhrt, so geschieht es, daß einige Schnitten mehr wieder
                              zuruͤkfallen, was zwar an sich wenig auf sich hat, jedoch den Zweken der
                              Einrichtung nicht entsprechend ist und daher besser vermieden wird.
                           Groͤße, Form und Stellung der Schapfe, Hoͤhe der Faͤcher, der
                              Wasserstaͤnde, Geschwindigkeit der Bewegung etc. koͤnnen mathematisch
                              entwikelt und dadurch weiter vervollstaͤndigt werden.
                           An die Welle wird eine Kurbel angebracht, wenn man sie mit der Hand umtreiben will,
                              oder sie wird besser mit einem Tretrad, Goͤpel, Wasserrad in Verbindung
                              gesezt.
                           Der ganze Apparat liegt nicht ganz horizontal, sondern er erhaͤlt eine
                              schwache Neigung gegen den Abfluß der Fluͤssigkeit hin. Sie wird so genommen,
                              daß jedes Fach gegen das andere um 2 Centimeter oder um ungefaͤhr 3/4 Zoll
                              inklinirt. Ein Werkzeug von 10 Kammern also muß beim Einfluͤsse 2 Decimeter
                              oder zwischen 7 und 8 Zoll hoͤher liegen, als beim Ausflusse. Wenn dann auch
                              hie und da ein Mal eine Schnitte sich vor die Oeffnung legt, und einen Augenblik den
                              Abfluß behindert, so ist es von keiner Dauer; sie wird bald entweder von der
                              angeschwellten Fluͤssigkeit weggeschwemmt oder von einer vorbeigehenden
                              Schapfe aus dem Wege geraͤumt. Der kurze Aufenthalt, den sie im Flusse
                              veranlaßte, bringt keinen praktischen Nachtheil, wuͤrde ihn aber dann
                              unfehlbar bringen, wenn der Apparat genau horizontal laͤge.
                           Fuͤr einen kleinen Apparat, bei welchem die Achse Steifigkeit genug
                              behaͤlt, die Last zu tragen, genuͤgen zwei Lagerpunkte fuͤr sie
                              an den Enden oben und unten; bei einem großen Werkzeuge aber, wo die Schapfen
                              ansehnliche Gewichte zu heben haben, z.B. jede 25 Pfd., und die Laͤnge
                              zugleich zunimmt, muß eine der mittleren Schiedwaͤnde zur Auflagerung mit
                              benuzt werden, weil ohne einen solchen Stuͤzpunkt die Achse zu dik gemacht
                              werden muͤßte, um die noͤthige Steifigkeit zu behalten.
                           Das Instrument, dessen ich mich hier bediente, war 1,58 Met. oder 5 Wiener Fuß lang
                              und 0,685 Met. oder 26 Wiener Zoll im Durchmesser breit. Es haͤtte zehn
                              Kammern und stand uͤber freiem Feuer, von welchem das Wasser fortwaͤhrend im
                              Sieden erhalten wurde. Es gehoͤrt aber so tief, als seyn Wasserstand reicht,
                              in ein eisernes Gehaͤuse, das stark genug ist, dem Zutritte von Wasserdampf
                              mit 2 Atmosphaͤren Pressung sichern Widerstand zu leisten. Der Dampf, den das
                              siedende Wasser entlaͤßt, muß eben hinreichen, die obere Haͤlfte des
                              Cylinders zu erfuͤllen. In jeder Kammer haͤtte ich bloß Eine Schapfe
                              gehen, der Apparat arbeitete also nur mit halber Thaͤtigkeit. Dennoch
                              verarbeitete er in der Stunde 50 Kilogr. oder etwa 1 Cntr.
                              Runkelruͤbenschnitten, und wuͤrde also mit zwei Schapfen
                              ungefaͤhr 50 Cntr. taͤglich verarbeitet haben. Er ging laͤngere
                              Zeit Tag und Nacht unter den Haͤnden gemeiner Arbeiter anstandslos fort und
                              hoͤrte erst auf zu arbeiten, als unsere Runkelruͤben alle aufgebraucht
                              waren.
                           Die Umlaufe geschehen in 1/2 bis 3/4 Minuten, und in 5 bis 7 Minuten passirten die
                              Schnitten durch. Je feiner die Schnitten waren, desto schneller koͤnnte man
                              die Achse mit den Schapfen umlaufen lassen. Je unvollstaͤndiger das Wasser im
                              Sieden war, desto langsamer mußte man verfahren. Je nachdem ich die Arbeit
                              beschleunigen oder verzoͤgern ließ, bekam ich Saft von 7 bis 8 1/2 Grad
                              Baume, was der gleichzeitige Preßsaft auch wog; ich fand im Gewichte keinen
                              Unterschied. Die ausgeworfenen Runkelruͤbenschnitten waren voͤllig
                              geschmaklos, durchscheinend, aber nur wenig angeschwollen, und hatten eine gewisse
                              Festigkeit behalten, so daß man sie noch brechen koͤnnte. Sie waren im Munde
                              nicht unangenehm und ließen sich mit etwas Salz so gut essen, daß sich Aermere unter
                              meinen Arbeitern nicht ungern davon naͤhrten. Zu Viehfutter waren sie ganz
                              vortrefflich.
                           Der Saft haͤtte der Reihe der Faͤcher nach folgende Gewichtsgrade bei
                              14° R.:
                           
                              
                                   1. Kammer
                                 8° Baumé.
                                 
                              
                                   2.
                                       –
                                 6
                                          –
                                 
                              
                                   3.
                                       –
                                 4 3/4 –
                                 
                              
                                   4.
                                       –
                                 3 3/4 –
                                 
                              
                                   5.
                                       –
                                 2 3/4 –
                                 
                              
                                   6.
                                       –
                                 2
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                                   7.
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                                 1/8    –
                                 
                              
                                 10.    –
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                           Der Geschmak des Saftes war auffallend reiner, als der des
                              Preßsaftes. Diesen Vorzug behielt er bei durch die Laͤuterung, die Filtration
                              und Eindikung hindurch. Der Laͤuterungsschaum war weiß wie Milchrahmschaum, und ging
                              dicht und fest zusammen. Der Reinheit des Geschmaks ging eine eben so auffallende
                              Helle der Faͤrbung zur Seite. Wenn nach der Eindampfung und Filtration der
                              25graͤdige Preßsaft im Maͤrz wie Bier dunkel war, so glich der
                              gleichzeitige Saft von der Aussuͤßung Hellem Rheinweine. Er bedurfte bei der
                              Einkochung im Howard'schen Vacuum einer merklich
                              geringeren Concentration zur Krystallisation als der Preßsaft, und die Melasse floß
                              ungleich leichter ab; alle diese Vorzuͤge waren so in die Augen fallend, daß
                              die ganze Arbeitsmannschaft der Fabrik in eine freudige Bewegung uͤber diese
                              neuen Ergebnisse gerieth. Aber der schaͤzbarste Vortheil ergab sich in der
                              Ausbeute. Denn waͤhrend die Preßmethode mit den kraͤftigsten
                              hydraulischen Pressen mir nur 5 Proc. krystallisirten Rohzuker gab, lieferte
                              gleichzeitig die Aussuͤßmethode 8 Proc., gab verhaͤltnißmaͤßig
                              weniger Melasse, und stellte einen Zuker heraus, der so weiß wie ungedekter Melis
                              aussah, und keinen Zweifel uͤbrig ließ, daß man mit Runkelruͤben
                              frisch von der Ernte und von den Spaͤtlingsmonaten bei vorsichtiger
                              Behandlung mit Huͤlfe des Aussuͤßers sich eines Rohzukers versichern
                              koͤnne, den man gleich in Melisformen einkochen, unmittelbar deken und
                              sogleich auf den ersten Wurf als weißes Gut in den Handel bringen kann.
                           Diese schoͤnen Ergebnisse enthalten nichts, was uns in Verwunderung sezen
                              duͤrfte. Wir wissen langst, daß die Runkelruͤbe keinen Schleimzuker
                              enthaͤlt, daß wir diesen auf Kosten des guten Zukers erst waͤhrend und
                              mit Schuld unserer Proceduren erzeugen, und daß diese Schuld und ihre
                              schaͤdlichen Erzeugnisse um so groͤßer werden, je langsamer jene
                              Proceduren von Statten gehen, und je mehr wir durch dieselben dem Safte Zeit
                              verstatten, durch Umlegung der Elementarbestandtheile in seiner nachtheiligen
                              Zersezung fortzuschreiten. „Zeit gewonnen“ – heißt daher
                              auch in der Zukerbereitung – „Alles gewonnen.“ –
                              Nun aber gibt es bis jezt meines Wissens kein Verfahren, welches schneller den Zuker
                              aus den Runkelruͤben auszieht, vollstaͤndiger ihn auszieht, und
                              rascher die Laͤuterung vollbringt, als meine Methode mit dem
                              Aussuͤßer. In 5 Minuten habe ich die Runkelruͤbenschnitten durch den
                              Apparat gefuͤhrt, und wenn ein solcher zehnfach vergroͤßert gebaut
                              werden wird, so kann man immer mit derselben Geschwindigkeit arbeiten. Wuͤrde
                              man aber auch einen Zeitverlust erleiden, der die Arbeit auf die Haͤlfte der
                              Geschwindigkeit herabbraͤchte, so waͤren es erst 10 Minuten
                              fuͤr den Durchlauf der Schnitten durch den Apparat. Der Zeitgewinn
                              beschraͤnkt sich aber nicht hierauf allein; er ergibt sich in gleich
                              vortheilhaftem Maaße auch bei der Laͤuterung. Denn da der Saft in den
                              Laͤuterungskessel nicht kalt kommt, wie von den Pressen, sondern schon siedend heiß, so ist alle
                              jene Zeit erspart, welche man sonst braucht, um den Preßsaft im
                              Laͤuterungskessel zu erwaͤrmen, und wozu gewoͤhnlich mehr als
                              eine Stunde Zeit aufgewendet wird. So wie der Saft im Kessel ist, kann man
                              augenbliklich den Kalk einruͤhren und unverzuͤglich die
                              Laͤuterung vollbringen. Diese zweite Zeitersparniß ist ein Nebenvortheil
                              meiner Aussuͤßeinrichtung, besonders fuͤr große Fabriken; sie
                              gestaltet sich zu einem ganz wesentlichen Gewinn, wenn man sie von Seiten der
                              Conservation des Zukersaftes durch Beschleunigung der Procedur in Rechnung zieht.
                              Denn die Laͤuterung verursacht haͤufig einen noch groͤßeren
                              Zeitverlust als das Zerreiben und Auspressen selbst. Allen diesen Beschleunigungen
                              eben so sehr wie der Vollstaͤndigkeit der Aussuͤßung hat man es zu
                              danken, daß dieser Apparat eine so reichliche Zukerausbeute liefert. – Aber
                              auch die um so viel hoͤhere Reinheit des Saftes leitet sich unmittelbar davon
                              her. Man sieht bei der Praxis sehr wohl, daß die Farbe des Saftes nicht in der
                              Runkelruͤbe vorhanden ist, daß sie sich aber auf den verwundeten Stellen an
                              der Luft erzeugt und um so staͤrker ausbildet, je laͤnger die Wunde
                              der Luft ausgesezt bleibt. Frischer Runkelruͤbenbrei ist ganz weiß; nach
                              einer halben Stunde aber ist er schon blauschwarz, und um so intensiver, je feiner
                              er zerrieben ist, je mehr die inneren Theile der Runkelruͤbe zertheilt,
                              entbloͤßt und der Luft ausgesezt worden sind. Beim Schnittenbilden ist dieß
                              viel weniger der Fall, als beim Zerreiben; es findet mit weniger Zertheilung und
                              Entbloͤßung Statt, und die Schnitten kommen augenbliklich unter Wasser, ohne
                              an der Luft zu verweilen, und ihrer laͤngeren Einwirkung ausgesezt zu seyn.
                              Der Zuker wird fast farblos ausgezogen und die zur Farbebildung geeigneten und
                              faͤrbenden Stoffe bleiben großen Theils in den Schnitten zuruͤk. Dieß
                              beweist der Umstand, daß die schon ausgesuͤßten Schnitten, wenn sie nun
                              einige Zeit an der Luft liegen bleiben, nachher sich noch bis auf einen gewissen
                              Grad faͤrben, also einen guten Theil des farberzeugenden Princips noch
                              enthalten, nachdem sie bereits allen Zuker haben fahren lassen. Um eben so viel
                              reiner ist nun aber der Zukersaft. – So verhaͤlt es sich denn weiter
                              noch mit anderen Stoffen, welche den Saft verunreinigen; denn es ist
                              natuͤrlich etwas anderes, ob man Alles, was in der Runkelruͤbe
                              austreibbar ist, sammt und sonders in einem Gemengsel unter einander
                              herausdruͤkt, oder ob man nur die Suͤßigkeit allein heraussaugt und
                              die Schale wegwirft. – Durch die schnelle Siedhize wird der Eiweißstoff in
                              den Schnitten zum Gerinnen gebracht und darin fixirt; mit ihm bleibt manches Andere
                              in denselben zuruͤk, was wir mehr oder minder noch nicht genau nach seiner
                              chemischen Natur kennen; auch von der Gallerte bleibt ein ganz ansehnlicher Theil im
                              Zellgewebe steken, der durch das Zerreiben geloͤst und freigemacht wird.
                              Waͤre es moͤglich, die ganze Runkelruͤbe unverwundet
                              auszusuͤßen, so wuͤrde der Saft ohne Zweifel unvergleichlich rein
                              davon werden; da man aber durch die Zertheilung auf jedem Schnitte einen Theil jener
                              Wirkung hervorbringt, welche eine Folge der Zerreibung ist, so kann man der
                              Zumischung eines kleinen Antheils solchen Saftes, der dem Preßsafte gleich ist, bei
                              der Aussuͤßung nicht voͤllig ausweichen, und jener ist es, welcher den
                              Saft von dieser etwas verunreinigt und sofort die Vorzuͤge seiner Reinheit
                              verringert. Sie bleiben aber dennoch ausgezeichnet; sie machen, daß man bei der
                              Laͤuterung weniger Kalk braucht; sie gestatten bei der Filtration eine
                              merkliche Ersparung an Koͤrnerkohle; sie erlauben eine schwaͤchere
                              Einkochung, und liefern ohne allen Vergleich weißern und schoͤnern
                              Rohzuker.
                           Ueber den Werth macerirter Runkelruͤbenabfalle als Viehfutter hat man
                              verschieden geurtheilt. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, daß die (ohne Kalk und
                              ohne Schwefelsaͤure) bloß mit reinem siedendem Wasser ausgesuͤßten und
                              dadurch schwach gekochten Schnitten als ein sehr gutes Futter fuͤr Schafe
                              hier sich ausgewiesen haben. Unsere Merinos, die damit genaͤhrt wurden,
                              fraßen sie sehr gerne. Sie haben die den Runkelruͤben eigene widrige, im
                              Halse krazende Schaͤrfe verloren, sind aber uͤbrigens ganz
                              geschmaklos. Diese Geschmaklosigkeit fuͤr unseren
                              Gaumen berechtigt uns aber noch nicht, sie darum auch fuͤr geschmaklos
                              fuͤr das Vieh zu halten. Die Organe der grasfressenden Thiere sind anders
                              eingerichtet, als die unserigen; ihnen ist das Stroh, das Heu, das Gras und Laub
                              schmakhaft, was alles fuͤr uns ganz insipid ist. Auf gleiche Weise
                              moͤgen die abgekochten Runkelruͤbenschnitten mit ihrem Gehalte an
                              Eiweißstoff, Gallert, erweichtem Zellgewebe etc. fuͤr
                                 sie und ihr Sensorium Wohlgeschmak haben, waͤhrend sie auf das
                              menschliche leinen Reiz ausuͤben. – Wer uͤbrigens seinen
                              Schafen ohnehin etwas Salz gibt, wird wohlthun, es auf die ausgesuͤßten
                              Schnitten zu streuen, und sie dadurch angenehm fuͤr das Vieh zu machen.
                           Ein anderer Apparat, den ich unmittelbar vor dem hier beschriebenen zusammengesezt
                              hatte, that mir auch gute Dienste, und deßhalb will ich seiner mit ein paar Worten
                              erwaͤhnen: ich ließ die Schnitten auf ein langes bandfoͤrmiges, 3 Fuß
                              breites Fischnez ohne Ende auftragen, das sich uͤber eine Anzahl
                              walzenfoͤrmiger Rollen durch mehrere Troͤge mit siedendem Wasser ohne
                              Unterbrechung fortbewegte. Ein zweites aͤhnliches Nez lief darauf und machte
                              denselben Weg mit. Runkelruͤbenschnitten lagen ausgebreitet zwischen beiden
                              Nezen eingefangen, und indem sie so von Trog zu Trog bald uͤber, bald unter einer
                              Rolle durch siedend Wasser wanderten, das sie frei umspuͤlte, suͤßten
                              sie sich vollkommen aus. In den ersten Trog floß siedendes Wasser ein, ging von da
                              nacheinander durch alle Troͤge und trat aus dem lezten als fertiger Saft
                              wieder aus. In das lezte Fach wanderten unablaͤssig die Schnitten ein. Der
                              Zuker wurde eben so schoͤn, und gewann sich eben so reichlich; ich verließ
                              diesen Apparat aber, weil er das Geschaͤft langsamer foͤrderte, mehr
                              Raum einnahm und viele bewegliche Theile enthielt.
                           Man wird an meinem Verfahren einzelne Aehnlichkeiten mit den verschiedenen Methoden
                              der HH. Dombasle, Beaujeu, Martin, Demesmay, Pelletan
                              u.a. verdienter Verfechter der Runkelruͤbenzuker-Fabrication finden.
                              Es liegt in der Natur der Entwikelung jeder Kunst, daß immer der Nachfolger das, was
                              seine Vorfahren bereits als sichern Schaz der Erfahrung geborgen haben, als
                              Grundstok nimmt, mit welchem er auf neue Vervollkommnung derselben hinarbeitet. So
                              findet man nach meiner Weise die verschiedenen vereinzelten Gedanken dieser
                              Maͤnner auf eine neue Weise zusammengesezt und mit eigenen Zuthaten frisch
                              gestaltet. Das Wesen meiner Methode besteht in Behandlung von
                              Runkelruͤbenschnitten augenbliklich vom Messer hinweg
                                 in siedendheißem Wasser, in frei flottirender
                                 Bewegung jedes einzelnen Schnittes in bewegtem
                                 Wasser, in abwechselndem Durchgange derselben durch Wasser und Wasserdampf, so daß Schnitten, Wasser und Wasserdampf in
                              entgegengesezter Richtung wandernd sich einander durchdringen, und in fast
                              unmittelbarer Vereinigung der Laͤuterung damit, so also, daß mit aͤußerster Schnelligkeit diese saͤmmtlichen
                                 Proceduren sich so zu sagen in eine
                              aufloͤsen, deren Cumulus schneller verlaͤuft, als sonst jede einzelne
                              allein.
                           Ich bin nun beschaͤftigt, einen ungleich groͤßeren Apparat dieser Art
                              zu bauen, der im naͤchsten Herbste arbeiten soll. Wir hoffen hier, wenn die
                              Witterung mittelmaͤßig guͤnstig ausfaͤllt, so viel
                              Runkelruͤben zu ernten, daß wir taͤglich 2000 bis 2500 Cntr. zu
                              verarbeiten bekommen. 1000 bis 1500 Cntr. davon bedienen bereits unsere Reiben und
                              Pressen und 1000 Cntr. soll der Edulcator zwingen. Er wird nicht mehr auf freies
                              Feuer gesezt werden. Den unteren Halbcylinder lasse ich mit einer Huͤlse von
                              Gußeisen umfangen und leite zwischen beide Wasserdampf von 2 Atmosphaͤren
                              Pressung, der die aussuͤßende Fluͤssigkeit im Sieden zu erhalten
                              hat.
                           Man hat gegen die Maceration vielfaͤltig den Tadel ausgesprochen, daß sie mehr
                              Wasser abzudampfen noͤthige, als die Preßmethode. Wenn das relativ verstanden
                              ist, so kann ich es wenigstens fuͤr meine Aussuͤßung nicht zugeben.
                              Mag immerhin viel oder wenig Wasser zugegossen werden, so handelt es sich am Ende bloß um den
                              Gehalt an Zuker, den der der Laͤuterung zufließende Saft besizt. Ist nun die
                              Aussuͤßung siedend vorgenommen worden, hat dadurch und vermoͤge der
                              Einrichtung des Apparates der Saft sich im Zukergehalte mit den Runkelruͤben
                              selbst ins Gleichgewicht sezen muͤssen, d.h. ist der Edulcationssaft auf
                              gleiches specifisches Gewicht mit dem Preßsafte gebracht worden, und enthaͤlt
                              er folglich gleiche Zukermenge in derselben Menge Fluͤssigkeit; so kann von
                              einer groͤßeren Menge Wasser offenbar keine Rede mehr seyn. – Ist es
                              aber absolut verstanden, so will ich es in so fern gerne zugeben, als 8 Pfd.
                              Zukerausbeute aus 1 Cntr. Runkelruͤben, um in einer Lauge von 8º
                              Baumé geloͤst zu erscheinen, mehr Wasser bedarf, als 5 Pfd. Zuker.
                              Dazu braucht man allerdings um mehr als die Haͤlfte mehr Wasser, und diese
                              groͤßere Menge bedarf fast eben so viel mehr Brennstoff zur Abdampfung. Daß
                              aber dieß als Vorwurf keinen vernuͤnftigen Sinn haͤtte, sieht jeder
                              ohne weitere Erlaͤuterung ein. – Indessen gerade von dieser Seite
                              glaube ich, wird meine Methode in der Zukunft noch fuͤr eine bedeutende
                              Zuthat empfaͤnglich seyn. Nach Versuchen, die ich im Kleinen gemacht habe,
                              ist es mir leicht gelungen, mit Huͤlfe bloßer atmosphaͤrischer Luft
                              ohne Erwaͤrmung in verhaͤltnißmaͤßig kurzer Zeit die
                              Runkelruͤben um ein Drittheil ihres Gewichtes einzutroknen. Sie wurden dabei
                              welk, blieben aber weich. Ich habe gute Hoffnung, dieß mit gleich guͤnstigem
                              Erfolge ins Große zu uͤbersezen; wenn er meiner Erwartung entspricht, so
                              erlangen die Runkelruͤben dadurch eine Concentration ihrer Suͤßigkeit,
                              die es moͤglich macht, den Aussuͤßsaft auf 12 bis 15º
                              Baumé zu bringen. Denn da sich der Zukersaft in der lezten Kammer des
                              Aussuͤßers immer mit der natuͤrlichen Suͤßigkeit der
                              Runkelruͤbe zulezt ins Gleichgewicht sezen muß, so muß er auch um so
                              staͤrker gemacht werden koͤnnen, je suͤßer die
                              Runkelruͤbe ist. Alsdann wird jeder Vorwurf, daß die Maceration mehr Wasser
                              abzudampfen habe, aufhoͤren, und dem Eingestaͤndniß Plaz machen
                              muͤssen, daß diese Methode umgekehrt weniger abzudampfen brauche, als das
                              Preßverfahren. Ohne so weit zu gehen, als Schuzenbach, ohne die Kosten seiner
                              Ausdoͤrrung und Zermahlung wir aufzuladen, hoffe ich doch einerseits die
                              Runkelruͤben durch Eintroknung ihrer Keimfaͤhigkeit zu berauben und
                              sie zu langdauernder Aufbewahrung geschikt zu machen, andererseits der Vortheile in
                              den Runkelruͤben staͤrker concentrirten Zukers und daraus fließender,
                              gesteigerter Reinheit des Saftes theilhaftig zu werden. Sowohl hievon als von dem
                              Erfolge des vergroͤßerten Aussuͤßapparates werde ich seiner Zeit dem
                              Publicum wieder Nachricht mittheilen.
                           Blansko, im Mai 1838.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
