| Titel: | Technische Notizen, auf einer Reise durch Belgien und Westphalen gesammelt von Dr. Adolph Poppe. | 
| Autor: | Dr. Adolph Poppe [GND] | 
| Fundstelle: | Band 68, Jahrgang 1838, Nr. LXXIII., S. 348 | 
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                        LXXIII.
                        Technische Notizen, auf einer Reise durch Belgien
                           und Westphalen gesammelt von Dr. Adolph Poppe.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        [Poppe's technische Notizen.]
                        
                     
                        
                           A. Beschreibung einiger interessanter Maschinen auf der
                                 Saynerhuͤtte bei Coblenz.
                           Das koͤnigl. Eisenhuͤttenwerk Saynerhuͤtte liegt zwei Stunden von Coblenz in einem engen,
                              uͤberaus romantischen Thale. Aus einem Hohofen, zwei Kupoloͤfen und
                              vier Flammoͤfen werden außer den gewoͤhnlichen Gußarbeiten, große
                              Cylinder zu Geblaͤsen und Dampfmaschinen beliebigen Kabilers,
                              Wasserradwellen, Kanonen, Gloken, alle Arten von Raͤderwerk u.s.w., so wie
                              auch feine Galanteriewaaren gegossen. Die ganze Einrichtung dieses Werks, in welchem
                              woͤchentlich 700 Cntr. Eisen geschmolzen werden, ist großartig und wahrhaft
                              koͤniglich zu nennen. Die Schmelzhuͤtte selbst, bis auf das Dach von
                              Gußeisen, bietet durch ihre eigenthuͤmliche beinahe gothische Bauart einen
                              imposanten Anblik dar.
                           Der fuͤr das Maschinenwesen sich Interessirende findet hier mehrere
                              bemerkenswerthe mechanische Apparate. Die guͤnstige Lage des Etablissements
                              in einem engen wasserreichen Thale macht die so kostspielige Anwendung von
                              Dampfmaschinen zum Betriebe der Maschinerie entbehrlich. Es sind vier
                              Wasserraͤder in Thaͤtigkeit, wovon ein oberschlaͤchtiges von 20
                              Fuß Hoͤhe und 3 Fuß Breite die Geblaͤse, das zweite einen Hammer zum
                              Zerklopfen des Kalksteines, das dritte ein Pochwerk mit 4 eisernen Stampfern, das
                              vierte endlich mehrere Dreh- und Bohrwerke in Bewegung sezt.
                           
                              
                              a) Beschreibung des
                                    Cylindergeblaͤses.
                              Auf die von der Huͤtteninspection mir ertheilte Erlaubniß, die Maschinen,
                                 welche mich interessieren, nach meinem Belieben abzuzeichnen, war mein erstes
                                 Geschaͤft, das Cylindergeblaͤse, dessen
                                 elegante, von der gewoͤhnlichen Construction abweichende Einrichtung mir
                                 besonders in die Augen fiel, so genau, als es die Kuͤrze der zugemessenen
                                 Zeit gestattete, mit Huͤlfe des Maaßstabes aufzunehmen. Fig. 9 stellt diese
                                 Maschine in der Seitenansicht, Fig. 10 in der
                                 vorderen Ansicht dar. Das Geblaͤse besteht aus drei neben einander
                                 gestellten doppeltwirkenden Cylindern
                                 A, A, A, deren Kolben durch drei an einer starken
                                 eisernen Welle unter Winkeln von 120º von einander abstehende Krummzapfen
                                 in Thaͤtigkeit gesezt werden. B, B, B, B ist
                                 das mit einem Schuzgelaͤnder versehene gußeiserne Geruͤst, worauf
                                 die Geblaͤsecylinder festgeschraubt sind. Diese sind bei einem inneren
                                 Durchmesser von 2 Fuß 3 Zoll fuͤr einen Hub von 4 Fuß eingerichtet und
                                 stoßen daher bei jedem Auf- oder Niedergang des Kolbens 15,8 Kubikfuß
                                 Luft aus. b, b, b sind die Kasten der oberen
                                 luftsaugenden Ventile, deren offene Seite ein feiner Flor bedekt, um den Staub
                                 abzuhalten. Die unteren Ventilkasten werden durch das Gestelle verdekt und sind
                                 deßwegen nicht leicht zugaͤnglich; c und d sind die Roͤhren, welche oben und unten den
                                 Wind unmittelbar aus den Cylindern erhalten. Die Kolbenstangen treten durch die
                                 Stopfbuͤchsen e, e, e von Unten in die
                                 Cylinder. A und B, Fig. 12,
                                 zeigen die Stopfbuͤchsen in groͤßerem Verhaͤltniß.
                              Unter dem Maschinengestelle laͤuft zwischen vier soliden Lagern in 14 Fuß
                                 lothrechter Entfernung von den Geblaͤsecylindern die Krummzapfenwelle
                                 C, C. Sie erhaͤlt von dem oben
                                 erwaͤhnten Wasserrad ihre Bewegung, indem ein am Wellbaume des lezteren
                                 sizendes gußeisernes Stirnrad von 10 Fuß Durchmesser und 88 Zaͤhnen in
                                 das Rad a, a, welches bei 4 Fuß Durchmesser 36
                                 Zaͤhne besizt, eingreift. Die Anordnung der drei Krummzapfen, welche, wie
                                 schon bemerkt unter gleichen Winkeln von einander abstehen, ist aus der
                                 Zeichnung sichtbar; sie bewirken mittelst der 8 Fuß langen und 3 Zoll diken
                                 Lenkstange f, f die Kolbenbewegung in den Cylindern.
                                 Da bei der vorliegenden Construction die mit der Kurbelbewegung eintretenden todten Momente vermoͤge der Stellung der drei
                                 Kurbeln sich so weit compensiren, daß ein hinreichend gleichfoͤrmiger
                                 Luftstrom erfolgen kann, so hat man die Aufstellung eines Regulators fuͤr
                                 entbehrlich gefunden.
                              Weil der Kolbenhub 4 Fuß betraͤgt, so mußte man jedem Krummzapfen eine
                                 Laͤnge von 2 Fuß geben. Der mittlere hat eine eigenthuͤmliche
                                 Einrichtung, welche besondere Beachtung verdient. Die beiden anderen
                                 gegenuͤberstehenden Theile g, g h, h, Fig. 10,
                                 dieses Krummzapfens weichen, wie Fig. 13 deutlicher
                                 zeigt, unter einem Winkel von etwa 30º von einander ab; g, g ist der eigentliche Kurbelarm, dessen Zapfen
                                 k von dem Ende der Lenkstange umfaßt wird. Der
                                 an die eine Haͤlfte der Krummzapfenwelle befestigte Arm h, h ist an die andere Haͤlfte der Welle
                                 durch das Verbindungsgelenk i gekuppelt, indem
                                 dieses mit dem einen Ende den Zapfen k, mit
                                 dem anderen Ende einen zweiten an dem Arm h, h
                                 befindlichen Zapfen umfaßt. Der Hauptzwek dieser Kupplungsmethode ist folgender.
                                 Weil man es fuͤr gut fand, die Hauptwelle C,
                                    C, Fig. 10, aus zwei Theilen bestehen zu lassen, so mußte auch
                                 dafuͤr gesorgt werden, den Nachtheilen, welche aus der geringsten
                                 Verruͤkung einer Welle aus der gemeinschaftlichen Centralachse
                                 hervorgehen koͤnnten, vorzubeugen. Diesen Zwek erreichte man durch das
                                 Verbindungsstuͤk i, Fig. 13. Wenn sich
                                 nun auch eine der Wellen etwas senken oder seitwaͤrts weichen sollte, so
                                 kann doch, so lange sie nur noch zu einander parallel sind, keine Torsion Statt
                                 finden, weil in diesem Fall das Zwischengelenk i
                                 sich nachgiebig bewegt.
                              Es eruͤbrigt nun noch, die Einrichtung zu erklaͤren, wodurch den
                                 Kolbenstangen die senkrecht auf- und niedersteigende Bewegung, welche
                                 fuͤr jedes doppeltwirkende Geblaͤse eine unerlaͤßliche
                                 Bedingung ist, ertheilt wird. Die Art, wie dieser Zwek erreicht ist, erhellt aus
                                 Fig. 9
                                 und 10
                                 und der in groͤßerem Maaßstabe gegebenen Darstellung Fig. 11. Die
                                 Kolbenstange ist naͤmlich mit ihrem unteren Ende in einen massiven
                                 Cylinder b, Fig. 11, geschraubt.
                                 Zu den Seiten dieses Cylinders sind zwei Frictionsraͤder a, a von einem Fuß Durchmesser angebracht, deren
                                 Peripherien rinnenartig einwaͤrts gehoͤhlt sind. Die
                                 Frictionsraͤder laufen zwischen 4 Leitungen, wovon jedoch in den
                                 genannten Zeichnungen immer nur zwei sichtbar sind, indem die anderen zwei durch
                                 diese verdekt werden. Die Achse des Frictions-Raͤderpaares wird
                                 von der Kurbelstange f mittelst zweier Baken c, d umfaßt; sie ist au dieser Stelle
                                 bestaͤndig mit Oehl in Beruͤhrung, womit die kleinen oben bei d angebrachten Oehlbehaͤlter gefuͤllt
                                 sind. Die Leitschienen sind wegen des unvermeidlichen Seitendrukes in der Mitte
                                 diker als an ihren Enden. Da die Maschine bestaͤndig im Gang war, so
                                 mußte der Verfasser auf die Hoffnung, einzelne interessante Details
                                 naͤher betrachten zu koͤnnen, verzichten, und sich darauf
                                 beschraͤnken, die gegebene Abbildung mit dem Maaßstabe aufzunehmen.
                              Der Gang des Geblaͤses ist sanft und geraͤuschlos; das etwas
                                 ungleichfoͤrmige Spiel mag in einem Fehler am Wasserrade seinen Grund
                                 haben, es kann aber auch von der bei drei Kurbeln wohl noch zu unterscheidenden
                                 Veraͤnderlichkeit des Widerstandes herkommen. Ich beobachtete 17 einfache
                                 oder 8 1/2 doppelte Hube in der Minute, wonach sich das von allen Cylindern in
                                 einer Minute gelieferte Luftquantum zu 805,8 Kubikfuß, mit 2 Pfd. Pressung auf
                                 den Quadratzoll, berechnet.
                              Neben dieser Maschine war seit kurzem noch ein einfaches Windfanggeblaͤse, fuͤr die Flammoͤfen bestimmt,
                                 aufgestellt. In einem runden Gehaͤuse dreht sich eine Welle mit einer
                                 Anzahl krummer Schaufeln von Eisenblech so, daß die Convexitaͤt der
                                 lezteren gegen die Luft gestoßen wird. In der Mitte da, wo die Welle durchgeht,
                                 ist eine weite Oeffnung, durch welche die ausgetriebene Luft sich ersezt. Die
                                 Achsenbewegung wird mittelst eines endlosen Riemens durch dasselbe Wasserrad,
                                 welches das Cylindergeblaͤse treibt, eingeleitet. Sollen beide
                                 Geblaͤse zugleich gehen, so laͤßt man mehr Aufschlagwasser auf das
                                 Rad. Die Fluͤgelwelle liegt nicht vollkommen im Mittelpunkt des
                                 Gehaͤuses, sondern so, daß von einem Punkte des leztern aus, die
                                 Fluͤgel sich immer mehr entfernen, und sich dann gegen die
                                 Ausgangsoͤffnung demselben naͤhern, wodurch die vermoͤge
                                 der Centrifugalkraft gegen den Umfang des Gehaͤuses getriebene Luft
                                 nothwendig eine gewisse Spannung erhalten muß.
                              
                           
                              b) Beschreibung der Maschine
                                    zum Zerkleinern des Kalksteins.
                              Besonders auffallender Art ist die Maschine, welche zum Zerkleinern des
                                 Kalksteines dient; sie befindet sich oben in der Naͤhe der Gicht. Ihrer
                                 Eigenthuͤmlichkeit wegen habe ich auch diese Vorrichtung aufgenommen und
                                 in Fig.
                                    14 dargestellt. Der 2 Fuß hohe 8 Zoll breite und gegen 4 Cntr. schwere
                                 Hammer A sizt am Ende eines 16 Fuß langen
                                 ungleicharmigen Hebebalkens, dessen Umdrehungszapfen zwischen einem eisernen,
                                 auf eine solide Weise an den Boden festgeschraubten Gestelle sich bewegt. Die
                                 Laͤnge der Hebelarme A, B und B, C ist beziehlich 12 und 4 Fuß. Unter dem Hammer
                                 befindet sich eine starke eiserne mit quadratischen Oeffnungen gitterartig
                                 durchbrochene Platte a, b von 4 Fuß im Gevierte. An
                                 der von dem Hammer genossenen Stelle ist diese Platte unterstuͤzt und
                                 massiv ohne Oeffnungen. Auf diese Stelle legt ein Kind, waͤhrend der
                                 Hammer in die Hoͤhe geht, den Stein, welcher im folgenden Moment durch
                                 den niederfallenden Hammer in kleinere Stuͤke zerschlagen wird. Ein Theil
                                 der lezteren faͤllt durch die Loͤcher der Platte hindurch und
                                 sammelt sich unter derselben an; diejenigen Steine, welche noch zu groß sind, um
                                 durch das Gitter zu fallen, werden abermals unter den Hammer gelegt. Die
                                 Bewegung wird dem Hammer von dem 40 Fuß tiefer liegenden Wasserrade auf folgende
                                 Weise mitgetheilt.
                              
                              D, E, F ist ein starker 18 Fuß langer Balken,
                                 welcher, um die Achse F beweglich, mit seinem Ende
                                 D den Hebel B, C
                                 niederdruͤckt und das durch den Aufwerfhammer hebt. Er ist in seiner
                                 Mitte E mit der 40 Fuß langen Lenkstange verbunden,
                                 welche durch eine Bodenoͤffnung hindurch bis an das Wasserrad reicht, und
                                 durch einen Krummzapfen auf eine einfache Art in die hin- und
                                 herschiebende Bewegung gesezt wird, woraus die Oscillation des Balkens D, F hervorgeht. Es ist klar, daß der leztere beim
                                 Zuruͤkgehen nicht gegen das Ende c des
                                 Hammers anstoßen darf, was aber wirklich der Fall seyn muͤßte, wenn der
                                 Zapfen F in einem unbeweglichen Lager sich drehen
                                 wuͤrde. Allein eine einfache und recht sinnreiche Anordnung verhindert
                                 dieses Begegnen der Balken A, C und D, F beim Aufgang des lezteren. Es ist
                                 naͤmlich noch ein um den fixen Punkt G
                                 bewegliches Zwischengelenk F, G angebracht, welches,
                                 im Verein mit dem schiefen Zug der Lenkstange den Endpunkt D noͤthigt, waͤhrend seiner Bewegung
                                 eine eigenthuͤmliche ovale in der Zeichnung durch Punkte angedeutete
                                 Linie zu beschreiben. Auf dieser Bahn weicht der Punkt D bei seinem Steigen dem Endpunkt C des
                                 Hammers aus.
                              Der Hammer macht 12 Schlaͤge in der Minute und 2 Knaben, welche
                                 abwechselnd Steine unterlegen, sind im Stande, auf diese Weise 300 Centner
                                 Steine in 8 Stunden zu zerklopfen. Gleich beim ersten Anblik faͤllt das
                                 gefaͤhrliche Geschaͤft der Kinder in die Augen, und die Maschine
                                 laͤßt daher schon in dieser Hinsicht manches zu wuͤnschen
                                 uͤbrig. In mechanischer Ruͤksicht bemerkt man, daß durch die
                                 Uebertragungsart der Bewegung ein bedeutender Kraftverlust Statt finden muß. Die
                                 Erschuͤtterung durch den Ruͤkstoß ist namentlich in den Punkten
                                 F und G sehr
                                 bedeutend und es laͤßt sich absehen, daß das Verbindungsstuͤk F, G ziemlich oft erneuert werden muß. Waͤre
                                 es bei der Anlegung dieser Vorrichtung nicht von besonderem Werthe gewesen, die
                                 Steine in der Naͤhe der Gicht zerkleinern zu lassen, so haͤtte
                                 sich derselbe Zwek durch ein einfaches, mit der Wasserradwelle in unmittelbarer
                                 Verbindung stehendes Quetschwerk mit gezahnten Walzen, wie solches z.B. in
                                 Wasseralfingen im Gang ist, ohne Zweifel weit besser erreichen lassen.
                              Noch erwaͤhne ich eines Apparates, welcher im Inneren der
                                 Schmelzhuͤtte angebracht ist, um die schweren gegossenen Waaren auf eine
                                 bequeme und leichte Weise aus dem Sande zu heben, und nach dem Haupteingang zu
                                 schassen. Es ist dieß naͤmlich eine schwebende
                                    Eisenbahn, welche in einer Hoͤhe von 30 Fuß durch die ganze
                                 Laͤnge des Huͤttenraumes nach dem Thore fuͤhrt; sie wird
                                 mittelst haͤngender Eisenstangen von dem Dachwerk getragen. Eine zierlich
                                 gebaute eiserne, sich selbst tragende Wendeltreppe fuͤhrt zu dieser Eisenbahn hinauf,
                                 laͤngs deren Schienen eine kleine Galerie angebracht ist. Auf der
                                 Eisenbahn nun, deren Spurweite 12 Fuß betraͤgt, laͤuft ein
                                 eigenthuͤmlicher eiserner Wagen, welcher durch 4 Maͤnner mit
                                 Leichtigkeit vor- und ruͤkwaͤrts geschoben werden kann. Die
                                 Arbeiter verrichten diese Operation auf dem Wagen selbst stehend, mit
                                 Huͤlfe von Kurbeln; haben sie sich auf diese Weise senkrecht uͤber
                                 den aus dem Sande zu hebenden schweren Koͤrper hingearbeitet, so lassen
                                 sie vom Wagen aus vermittelst einer eigenen unten naher zu beschreibenden
                                 Vorrichtung einen Flaschenzug hinab, an welchen sofort von den unten
                                 befindlichen Arbeitern die Waare befestigt wird. Nun ziehen sie diese bis auf
                                 die erforderliche Hoͤhe empor, und schieben den Wagen auf der Eisenbahn
                                 gegen den Eingang vor, wo dann der Cylinder, oder was es fuͤr ein
                                 Gegenstand seyn mag, auf einen bereitstehenden Wagen herabgelassen wird. Die in
                                 Fig.
                                    15 von Vornen und in Fig. 16 im Profil
                                 dargestellte Zeichnung, deren Dimensionen gleichfalls auf den
                                 beigefuͤgten Maaßstab zu reduciren sind, wird diesen Apparat
                                 anschaulicher machen.
                              Die Bahnschienen sind an ihrer oberen Flaͤche halbrund gestaltet, nach dem
                                 Princip des Englaͤnders Wyatt, und die vier
                                 Raͤder a des Wagens sind daher an ihrer
                                 Peripherie rinnenartig vertieft. Der Mechanismus des Wagens zerfaͤllt in
                                 zwei Theile, naͤmlich in eine Vorrichtung zur Fortbewegung des Wagens und
                                 in eine solche zum Heben und Senken der schweren zu transportirenden Lasten. Die
                                 erstere ist sehr einfach und in Fig. 16 sichtbar. An
                                 der Achse des hinteren Raͤderpaares sizt auf der einen Seite ein Rad A, A von 5 Fuß Durchmesser, in welches das Getriebe
                                 B von 1 Fuß Durchmesser eingreift. Die
                                 verlaͤngerte Achse des lezteren ist in vier Kniee abgebogen, welche eben
                                 so viele Kurbeln bilden. An diesen Kurbeln stellt sich die Mannschaft, welche
                                 durch ein Gelaͤnder vor der Gefahr des Hinabfallens geschuͤzt ist,
                                 auf dem Wagen selbst auf, und bewegt mittelst des Eingriffes der Raͤder
                                 A und B den Wagen
                                 mit der angehaͤngten Last und sich selbst mit Leichtigkeit vor-
                                 oder ruͤkwaͤrts. Die andere Vorrichtung, naͤmlich der Hebe-Apparat,
                                 laͤßt sich am deutlichsten aus Fig. 15 beschreiben.
                                 Zum Emporwinden der schweren Lasten dient der 12 Fuß breite Flaschenzug F, F mit 7 in einer Linie neben einander
                                 befindlichen, 1 Fuß im Durchmesser haltenden Rollen b,
                                    b... b, b, welchen 6 andere mir dem
                                 Wagengestell verbundene fixe Rollen c, c.... c, c entsprechen. Ein Seil laͤuft, wie aus
                                 der Zeichnung ersichtlich ist, abwechselnd um eine untere und obere Rolle, und
                                 seine beiden Enden sind dergestalt mit einer Seiltrommel C, C, Fig. 16, verbunden, daß das Seil bei erfolgender Umdrehung der
                                 lezteren von beiden Enden an gleichzeitig umgleiche Stuͤke sich
                                 verkuͤrzt, woraus folgt, daß der Flaschenzug, waͤhrend er gehoben
                                 wird, bestaͤndig in horizontaler Lage bleiben muß. Die Seiltrommel,
                                 welche, wie Fig. 16 zeigt, aus zwei Haͤlften besteht, ist mit einem
                                 Sperrrad d, in welches ein Sperrhaken faͤllt,
                                 versehen, damit eine ruͤkgaͤngige Bewegung der einmal gehobenen
                                 Last unmoͤglich werde. Auf ihrer Achse sizt ein großes Rad R, R mit 120 Zaͤhnen, in welches zwei kleine
                                 Getriebe r von 12 Zaͤhnen greifen. Die Achse
                                 jedes dieser Getriebe enthaͤlt zwei Kurbeln. Dieselben 4 Maͤnner,
                                 welche den Wagen uͤber den zu translocirenden Gegenstand gerollt haben,
                                 stellen sich, nachdem der leztere an den Flaschenzug befestigt worden ist, an
                                 die 4 zulezt erwaͤhnten Kurbeln, und winden die Last bis zur
                                 erforderlichen Hoͤhe empor; sodann verlassen sie diese Kurbeln und
                                 bewegen den Wagen durch Umdrehung des Getriebes B
                                 nach dem Ort hin, wo die Last abgeladen werden soll. Nimmt man an, daß ein Mann
                                 an der Kurbel die Kraft von 22 Pfd. ausuͤbt, so folgt aus den Dimensionen
                                 der Maschinentheile, so wie aus dem Princip des Flaschenzugs, daß jene 4
                                 Maͤnner mit der gegebenen Vorrichtung ein Gewicht von beilaͤufig
                                 180 Cntr. zu heben vermoͤgen.
                              
                           
                        
                           B. Furnierschneidemaschine und
                                 Dampfsaͤgemuͤhle der HH. Boisserée in Koͤln.
                                 Steknadelfabrik der Madame Reinecker.
                           Auf dem linken Rheinufer, eine Viertelstunde vor Koͤln faͤllt ein
                              ansehnliches in elegantem Styl erst seit dem Fruͤhjahr 1836
                              aufgefuͤhrtes Gebaͤude in die Augen, welches seine ganze Fronte dem
                              Rheine darbietet, und durch einen thurmhohen schlanken Schornstein schon von der
                              Ferne auf ein industrielles, durch Dampfkraft betriebenes Etablissement rathen
                              laͤßt. Dieß ist die Fabrik und zugleich das Wohnhaus der HH. Boisserée.
                           Eine Dampfmaschine von 20 Pferdekraͤften, niederen Drukes mit Expansion,
                              treibt eine Furnierschneidemaschine, drei
                              gewoͤhnliche Saͤgemaschinen, jedes Gatter
                              zu 10 Blaͤttern eingerichtet, und noch eine kleine Kreissaͤge zum Zerschneiden des von der Furniermaschine kommenden
                              Abfalles zu Latten; dieselbe Dampfmaschine schleppt uͤberdieß die schweren
                              Baumstaͤmme vom Rheinufer herbei.
                           Die Einrichtung der Furnierschneidmaschine ist aͤußerst sinnreich. Weil jedoch
                              der innere Mechanismus durch das Gestell groͤßten Theils verdekt ist, so war
                              es mir unmoͤglich eine genuͤgend deutliche Anschauung der Details zu
                              erhalten, und obgleich der Eigenthuͤmer der Fabrik mit zuvorkommender
                              Liberalitaͤt mir die eigenthuͤmlichen Bewegungen und wundervollen
                              Leistungen dieser Maschine erklaͤrte, so erlaubte die nicht unbedeutende
                              Complication derselben doch nur eine allgemeinere uͤbersichtliche Anschauung.
                              Die vertikale Kreissaͤge bildet eine Scheibe von 8 Fuß Durchmesser, auf deren
                              Peripherie die gezahnten Segmente von Stahlblech festgeschraubt sind. Das
                              Furnierholz, welches in feine Blaͤtter zersaͤgt werden soll, ist in
                              senkrechter Lage auf einen Kloz angeleimt, und dieser leztere wird durch mehrere
                              Schrauben auf dem Wagen, welcher sich der Saͤge entgegenbewegt, befestigt.
                              Der Wagen selbst laͤuft mittelst Rollen auf einer Art Eisenbahn, und
                              erhaͤlt seine langsame Bewegung mit Huͤlfe von Raͤderwerk und
                              Schrauben von der Maschine selbst. In dem Augenblik, wo das duͤnne Furnier
                              abgeschnitten ist, steht die Saͤge still, der Wagen geht von selbst
                              zuruͤk, das Furnierholz ruͤkt um die Breite des Schnittes zur Seite,
                              der Wagen ruͤkt wieder langsam vorwaͤrts, und die Saͤge greift
                              von Neuem an, um ein zweites Blatt abzuschneiden. Diese manigfaltigen und scheinbar
                              heterogenen Bewegungen werden durch keine Menschenhand geleitet, sie gehen alle aus
                              dem inneren wohlberechneten Mechanismus der Maschine hervor, welche, ohne zu viel zu
                              sagen, als ein Meisterwerk menschlichen Scharfsinnes angesehen werden darf. Ein
                              Furnier von 5 Fuß Laͤnge und 1 Fuß Breite war innerhalb 3 Minuten
                              durchsaͤgt. Dabei machte die Saͤge ungefaͤhr 120 Umdrehungen in
                              der Minute, was fuͤr einen Punkt der Peripherie einer Geschwindigkeit von 50
                              Fuß in der Sekunde entspricht.
                           Es wurde oben bemerkt, daß durch dieselbe Dampfmaschine auch noch drei
                              gewoͤhnliche Saͤgegatter, jedes fuͤr 10 bis 12 Blaͤtter
                              eingerichtet, in Thaͤtigkeit gesezt werden. Da nur selten der Fall eintritt,
                              daß alle drei Gatter oder Rahmen zugleich in Bewegung sind, so hat die eiserne
                              Kurbelwelle, welche senkrecht uͤber denselben sich befindet, zugleich eine
                              Einrichtung, um jedes einzelne Gatter aus dem Geschirr ruͤken, d.h. seine
                              Verbindung mit den anderen aufheben zu koͤnnen. Jeder Saͤgerahmen
                              kann, wie gesagt, einen Holzstamm zu 12 Bretter auf ein Mal zersaͤgen; daher
                              ist die Moͤglichkeit gegeben, mit allen drei Rahmen innerhalb einer Stunde 3
                              Baumstaͤmme in 36 Bretter zu verwandeln; in diesem Falle waͤre jedoch
                              beinahe die ganze Kraft der Dampfmaschine in Anspruch genommen, indem der Arbeit von
                              12 Saͤgeblaͤttern 6 bis 7 Pferdekraͤfte entsprechen. Die
                              Einrichtung der Saͤgerahmen ist durch Fig. 17 dargestellt; a, a, b, b sind die cylindrischen Leitungen, welche den
                              Rahmen noͤthigen, sich senkrecht auf und nieder zu bewegen; die
                              Saͤgeblaͤtter sind zwischen den beiden Seiten c, c und d, d des Rahmens aufgezogen und durch
                              Schrauben gespannt; e, e, f, f sind duͤnne Schienen mit Schlizen,
                              durch welche die Saͤgeblaͤtter gehen und in der erforderlichen, der
                              Dike der Bretter entsprechenden Distanz gehalten werden; man kann sie herausnehmen
                              und an ihre Stelle andere einschieben und befestigen, wenn eine groͤßere oder
                              geringere Dike der zu saͤgenden Bretter verlangt wird. Der ganze Rahmen und
                              die Saͤulen, zwischen denen er spielt, ist von Eisen und sehr
                              gefaͤllig gebaut.
                           Dieselbe Dampfmaschine treibt außerdem eine kleine Circularsaͤge von 3 Fuß
                              Durchmesser, welche mit der entsezlichen Geschwindigkeit von 800 Umdrehungen in der
                              Minute umlaͤuft. Hier wird der von der Furniermaschine kommende Abfall, d.h.
                              derjenige Theil des Furnierbrettes, welcher keine fehlerfreien Furniere mehr geben
                              kann, zu duͤnnen zu sonstigen Zweken verwendbaren Latten zerschnitten. Der
                              Arbeiter druͤkt aus freier Hand das Stuͤk gegen die Saͤge, und
                              in weniger als 15 Sekunden ist ein Brett von 6 bis 8 Fuß Laͤnge
                              durchsaͤgt. Der Laͤrm, welchen diese Operation verursacht, ist so
                              ohrenzerreißend, daß man, aus Schonung fuͤr das Trommelfell, wohl thut, die
                              Ohren sich zu verstopfen.
                           Wenige Schritte von dieser interessanten Fabrik steht eine im Ganzen recht gut
                              eingerichtete Windsaͤgemuͤhle mit zwei Rahmen, jeder zu 4
                              Saͤgeblaͤttern. Eine Dampfsaͤgmuͤhle und eine
                              Windsaͤgmuͤhle dicht nebeneinander! Noch nie habe ich den Contrast in
                              den Wirkungen zweier nach demselben Ziel gerichteter Kraͤfte, naͤmlich
                              des Dampfes, dieser sicheren und energischen Triebkraft und des Windes, dieses
                              unsicheren launischen Elementes, so lebhaft empfunden, als gerade bei dieser
                              Gelegenheit. Hier ein rascher und gleichfoͤrmiger, dort ein schwankender
                              ungleichfoͤrmiger, bald beschleunigter, bald verzoͤgerter Gang.
                           
                        
                           Die Steknadelfabrik.
                           Wer sich unter den zahllosen Producten der Fabrikindustrie etwas naͤher
                              umsteht, wird auf manche Fabricate stoßen, welche sowohl dem Preise, als auch dem
                              Zweke und der Form nach beim ersten Anblik als so unbedeutend sich darstellen, daß
                              man sich scheuen moͤchte, dieselben unter die Zahl der Nationalgewerbszweige
                              einzureihen. Gleichwohl muͤssen auch sie, aus dem richtigen Gesichtspunkte
                              betrachtet, als wichtige Glieder jener großen Kette angesehen werden, welche den
                              Wohlstand der Voͤlker befestigt und zusammenhaͤlt. Unter die Fabricate
                              dieser Art gehoͤrt die Steknadel, diese einfache,
                              kleine, spizige Waare. So einfach die Steknadel aussieht, so interessant und merkwuͤrdig ist ihre
                              Fabrication im Großen, indem wohl bei keiner anderen Fabrik der Vortheil und die
                              glaͤnzenden Resultate einer zwekmaͤßig angeordneten Arbeitstheilung so
                              auffallend hervortreten. Sollte man denken, daß dieses unbedeutende Ding, welches
                              wir am Wege liegen sehen, ohne uns die geringe Muͤhe zu nehmen, es
                              aufzuheben, das wir spruͤchwoͤrtlich in den Mund nehmen, wenn wir eine
                              fuͤr uns moͤglichst werthlose Sache bezeichnen wollen, durch sechzig
                              bis achtzig verschiedene Haͤnde gegangen ist, ehe es als Waare in den Handel
                              kam?
                           Die Steknadelfabrik der Madame Reineker in Koͤln
                              gewaͤhrt dem Freunde der Industrie besonders dadurch ein hoͤheres
                              Interesse, daß ein und dasselbe Fabrikgebaͤude alle Operationen, welche der
                              rohe Draht bis zur fertigen Steknadel durchzumachen hat, vereinigt und somit einen
                              bequemen und sicheren Ueberblik uͤber das Ganze gestattet. Allen
                              Steknadelfabriken, welche ich gelegentlich spaͤter sah, mangelt diese dem
                              Betrachter so erwuͤnschte Annehmlichkeit.
                           In der Regel weist der Fabrikherr den verschiedenen Arbeitern ihre verschiedenen
                              Arbeiten an, gibt ihnen das Material dazu, und sie gehen damit in ihre
                              Huͤtten, verarbeiten den Draht, jeder der ihm angewiesenen Operation
                              gemaͤß, und empfangen im Verhaͤltniß der gelieferten Quantitaͤt
                              ihren Lohn. Eine solche Fabrik bildet zwar auch ein Ganzes, aber ein Ganzes, dessen
                              einzelne Theile im Umkreis von oft mehreren Stunden zerstreut liegen; daher es dem,
                              welcher zum ersten Mal eine solche Fabrik besucht, schwer, ja oft unmoͤglich
                              wird, einen richtigen Ueberblik und klaren Begriff von der Reihenfolge und dem
                              Ineinandergreifen der verschiedenen technischen Acte, von der Art und Weise, wie ein
                              Arbeiter dem anderen in die Haͤnde arbeitet, zu erhalten. Im genannten
                              Etablissement dagegen verfolgt man die progressive Umwandlung des Messingdrahtes in
                              die zur Versendung fertige Steknadel vom Anfang bis zum Ende mit allen vorkommenden
                              Nebenoperationen.
                           Im ersten Arbeitssaale beobachtete ich das Geraderichten, Zerschneiden und Zuspizen
                              des Messingdrahtes. Dieser ist, so wie er aus dem Drahtzuge kommt,
                              ringfoͤrmig zusammengelegt, und muß daher, bevor er in die einzelnen
                              Stuͤke, welche nachher die Steknadeln bilden sollen, zerschnitten werden
                              kann, ganz gerade ausgestrekt werden. Der Draht liegt, um eine Scheibe gerollt, auf
                              einem etwa 18 Fuß langen Tische; mit Huͤlfe einer Beißzange wird er zwischen
                              zwei Reihen dicht nebeneinander in den Tisch eingeschlagener eiserner Stifte
                              gewaltsam hindurchgezogen, wodurch er seine Kruͤmmung verliert. Die Stifte
                              liegen nicht alle in einer geraden Linie, sondern die vordersten Paare bilden eine sanfte
                              Kruͤmmung, wodurch die urspruͤngliche Biegung des Drahtes auf der
                              Rolle in eine entgegengesezte verwandelt wird, ehe einen Moment darauf das
                              eigentliche Geradestreken erfolgt.
                           Die so vorbereiteten langen geraden Drahtstuͤke werden nun von demjenigen
                              Arbeiter in Empfang genommen, welcher den ganzen Tag nichts weiter zu thun hat, als
                              dieselben in lauter kleine Drahtstuͤkchen oder Schaͤfte von gleicher
                              Laͤnge zu zerschneiden. Diese lezteren muͤssen indessen die doppelte
                              Laͤnge der daraus zu bildenden Steknadeln haben. Wenn jedes Drahtstuͤk
                              einzeln abgemessen und abgeschnitten werden sollte, so gaͤbe dieß eine
                              entsezlich langwierige und zeitraubende Arbeit, welche eine ganze Legion Arbeiter in
                              Anspruch nehmen wuͤrde; allein ein bewundernswuͤrdig einfacher
                              Apparat, der Schaftmodel, sezt einen einzigen Arbeiter in Stand, die ganze Fabrik
                              mit Nadelschaͤften zu versehen. Dieses Meßinstrument ist bekanntlich weiter
                              nichts als ein vierekiges, mit einem Handgriff versehenes Stuͤk Holz, welches
                              in gemessener Entfernung vom Rand eine ebene Ruͤkwand besizt und
                              seitwaͤrts noch mit erhoͤhten Leisten versehen ist. Der Arbeiter nahm
                              80 bis 100 Drahte auf ein Mal in die Hand, stieß ihre Enden, um sie in einerlei
                              Flaͤche zu bringen, gegen die erwaͤhnte Ruͤkwand des Models,
                              und schnitt sie mittelst einer kolossalen, an einen Blok befestigten Scheere alle
                              mit einem Ruk an der Kante des Models ab; so mußte er nothwendig lauter
                              Nadelschaͤfte von gleicher Menge erhalten. Diese Operation wiederholte er in
                              der Minute wenigstens zehn Mal und lieferte daher in dieser kurzen Zeit den Stoff zu
                              1600 bis 2000 Steknadeln.
                           Die rohen Steknadelschaͤfte, welche dieser Arbeiter zubereitet, werden den
                              Haͤnden von vierzehn Zuspizern uͤbergeben. Vier Pferde sezen
                              achtundzwanzig in zwei Reihen vertheilte Spizringe in
                              ungeheuer schnelle Umdrehung. Fig. 18 zeigt ihre
                              Anordnung. A, A ist die durch das Goͤpelwerk in
                              Umdrehung gesezte Seiltrommel, welche durch einen großen Theil des Saales reicht;
                              a und b die zu beiden
                              Seiten derselben angeordneten Spizringe, welche, ihre Bewegung mittelst gekreuzter
                              Schnuͤre von der Trommel aus erhalten. Diese die Stelle der Schleifsteine
                              vertretenden Spizringe sind staͤhlerne Scheiben von 5 bis 6 Zoll Durchmesser,
                              deren Umfang, um eine rauhe Oberflaͤche darzubieten, feilenartig mit
                              Querfurchen behauen ist. Jeder Arbeiter sizt vor zwei Spizringen, einem rauh und
                              einem feiner behauenen; zwischen beide Daumen und beide Zeigefinger faßt er eine
                              Partie von etwa 30 Steknadelschaͤften und druͤkt ihre Enden unter
                              einem spizigen Winkel gegen die eine rauhere Scheibe, indem er mit vieler
                              Geschiklichkeit jedes einzelne Nadelstuͤk zwischen den Fingern hin-
                              und herrollt. Dann haͤlt er die roh zugespizten Schaͤfte gegen die
                              zweite feiner behauene Scheibe, um der Spize den gehoͤrigen Grad der Feinheit
                              und Politur zu geben. Nun kehrt er die Schaͤfte um und wiederholt mit den
                              anderen Enden den eben beschriebenen Proceß. Ein Schleifer spizte nach meiner
                              Beobachtung in sechzehn Sekunden eine Handvoll Schaͤfte oder etwa 25
                              Stuͤk zu beiden Seiten, d.h. er versah innerhalb sechzehn Sekunden 50
                              Steknadeln mit Spizen. Acht Sekunden verflossen, bis er mit einer neuen Handvoll
                              bereit war. Demnach waͤre ein solcher Zuspizer im Stande, in einem Tage, bei
                              einer Arbeitszeit von 8 Stunden, 60,000 Steknadeln mit ihren Spizen zu versehen.
                              Dieß stimmt auch wirklich mit den Angaben anderer uͤberein.
                           Es wunderte mich, bei den Spizringen keine Anordnung angebracht zu sehen, um die
                              Arbeiter vor dem so schaͤdlichen Feilstaub zu schuͤzen. Daß es an
                              Erfindungen, welche diesem Uebel vorbeugen sollen, nicht fehlt, war mir wohl
                              bekannt; wahrscheinlich haben sie ihrem Zweke nicht entsprochen. Indessen ist zu
                              bedauern, daß der menschliche Erfindungsgeist, welcher zu Gunsten des
                              Kraftsparungssystems und der koͤrperlichen Bequemlichkeit der Arbeiter sich
                              sonst so außerordentlich thaͤtig zeigt, bis jezt noch kein befriedigendes
                              Mittel ersonnen hat, um jenes Gift abzuwehren, welches der am Spizringe Arbeitende
                              mit jedem Athemzuge einschluken und damit sein Leben verkuͤrzen muß. Die
                              Zuspizer uͤbergeben die doppelt zugespizten Nadeln einem anderen Arbeiter,
                              dessen Geschaͤft darin besteht, durch Halbiren dieser Drahtstuͤke den
                              eigentlichen Steknadelschaft, welchem nur noch der Kopf fehlt, zu bilden. Dieß
                              geschieht wieder, wie oben, auf sehr schnelle Weise mit Huͤlfe des
                              Schaftmodels.
                           Aus dem zweiten Arbeitssaale toͤnte uns ein klapperndes Getoͤse
                              entgegen. Hier erhaͤlt die Steknadel ihren Kopf, dieses wesentliche Glied
                              ihres einfachen Koͤrpers. Wenn man eine Steknadel naͤher betrachtet,
                              so bemerkt man, daß Schaft und Kopf nicht aus einem
                              Stuͤke gearbeitet sind; auch wird ein feiner Riß, welcher rings um den Kopf
                              in einer Schraubenlinie laͤuft, dem Auge nicht entgehen. Der Kopf muß daher
                              vorher besonders zubereitet und dann erst an den Nadelschaft befestigt worden seyn;
                              und so ist es auch. Die Zubereitung des ganzen Bedarfs an Steknadelkoͤpfen
                              wird von wenigen Knaben mit unglaublicher Geschwindigkeit bewerkstelligt. Sie
                              bedienen sich hiezu einer einfachen, Fig. 19 dargestellten
                              Vorrichtung, deren Haupttheile eine kleine Rolle a und
                              ein groͤßeres Rad A sind, um welche eine sich
                              kreuzende Schnur geschlagen ist, so daß, wenn das Rad A von einem der Knaben
                              mittelst der Kurbel umgedreht wird, auch die Rolle a
                              sehr geschwind umlaͤuft. Der zweite Knabe stekt in die Umdrehungsachse der
                              lezteren einen ziemlich diken Draht b, c, fuͤhrt
                              einen feineren, auf die Rolle B aufgespuhlten
                              Messingdraht durch das Oehr eines einfachen, mit einem Handgriff versehenen
                              Werkzeuges d, d, und befestigt ihn an den
                              staͤrkeren Draht b, c zunaͤchst der Rolle
                              a. Mittelst des Instrumentes d, d weiß der Knabe den feineren Draht so geschikt zu leiten, daß der
                              Draht b, c, welcher mit der Rolle a sehr rasch sich umdreht, von dem ersteren der Laͤnge nach
                              uͤbersponnen wird, wobei eine Windung genau an die andere sich anlegt. Darauf
                              streift derselbe Knabe mit geringer Muͤhe den uͤbersponnenen Draht von
                              dem anderen herab und erhaͤlt dadurch eine duͤnne Drahtroͤhre
                              von etwa 2 Fuß Laͤnge, welche er sofort dem dritten Knaben uͤbergibt.
                              Dieser steht mit einer Schere in Bereitschaft und schneidet mit großer Gewandtheit
                              die Drahtroͤhre in lauter kleine Stuͤkchen von gleicher Groͤße.
                              Jedes dieser Stuͤkchen bildet ein Drahtgewinde von zwei Windungen und
                              verwandelt sich durch die darauf folgende Operation in einen Steknadelkopf. In 12
                              Secunden war eine Roͤhre gebildet, welche Gewinde zu 300 Steknadeln enthielt.
                              Rechnet man in Betracht des durch das Abschneiden und Wiederaufnehmen des zu
                              uͤberspinnenden Drahtes und durch zufaͤllige Umstaͤnde
                              verursachten Zeitverlustes 30 Secunden auf die Verfertigung der Roͤhre, so
                              ist ein fleißiger Knabe im Stande, in einem Tage, bei achtstuͤndiger Arbeit,
                              zu 288,000 Steknadelkoͤpfen den Stoff zu liefern, mithin wahrscheinlich die
                              ganze Fabrik zu versehen. Die Kinder, welche aus den Roͤhren die Gewinde aus
                              freier Hand schneiden, hatten eine solche Uebung, daß sie im Mittel 60 Schnitte in
                              der Minute machten, wonach ein Kind in acht Stunden Arbeitszeit 28,800 Gewinde
                              liefern kann.
                           Das Geklapper, welches mir, wie gesagt, schon von Weitem in die Ohren drang,
                              ruͤhrte von einem Heer kleiner Fallmaschinen her, mit deren Huͤlfe das
                              Ankoͤpfen oder die Verbindung des Nadelschaftes mit dem Kopfe bewerkstelligt
                              wird. Diese Operation besorgen ungefaͤhr 40 Knaben von 6 bis 10 Jahren. Jedes
                              Kind sizt vor seiner Wippe, deren Haupttheile ein kleiner
                              Ambos und ein darauf passender, mittelst eines Fußtrittes auf und nieder bewegbarer
                              Stempel sind. Stempel und Ambos bestehen aus gehaͤrtetem Stahl. In dem Ambose
                              befindet sich ein halbkugelfoͤrmiges Gruͤbchen von der Groͤße
                              des zu bildenden Steknadelkopfes, welches in eine kleine Rinne ausgeht, und in dem
                              Stempel ein correspondirendes Gruͤbchen, welche beide zusammen eine Form
                              fuͤr den Nadelkopf abgeben. Neben sich hat das Kind zwei Behaͤltnisse,
                              wovon das eine mit den Nadelschaͤften, das andere mit den kleinen Drahtgewinden gefuͤllt
                              ist. Es faͤhrt mit dem stumpfen Ende der Nadel in einen Haufen von
                              Koͤpfen, spießt einen derselben auf, fuͤhrt den Schaft in die Form auf
                              dem kleinen Ambose, schiebt das Gewinde bis an das aͤußerste Ende der Nadel
                              und laͤßt den schweren Stempel drei bis vier Mal darauf fallen, welches
                              hinreicht, nicht nur den Kopf zu befestigen, sondern auch demselben die bekannte
                              Kugelform zu geben. Die Gewandtheit und Geschiklichkeit, welche die zarten
                              Geschoͤpfe bei dieser Manipulation beweisen, ist wahrhaft
                              bewundernswuͤrdig; das Ergreifen des Nadelschaftes, das Fassen des winzigen
                              Ringchens, das Zurechtlegen auf dem Ambos, die vier Schlaͤge mit der Wippe,
                              alle diese partiellen Acte, in welche sich die Operation des Ankoͤpfens
                              theilt, sind das Werk von fuͤnf Secunden, wonach ein Kind in einer Stunde 720
                              Steknadeln liefern kann. Der Grund, warum zu diesem Processe so kleine, zum Theil
                              kaum sechsjaͤhrige Kinder genommen werden, liegt nicht sowohl in der
                              Ersparniß durch den geringen Arbeitslohn, als besonders in der Natur des
                              Geschaͤftes, welches zarte, gelenkige Haͤnde und ein feines
                              Gefuͤhl in den Fingerspizen verlangt, wie man es nur bei Kindern suchen
                              kann.
                           Von hier trat ich in ein anderes geraͤumiges Zimmer, wo die Koͤpfe an
                              die Schaͤfte nicht angeschlagen, sondern angegossen werden. Dieses seltener angewendete Verfahren ist zwar viel
                              leichter und productiver als ersteres, soll aber ein minder dauerhaftes Fabricat
                              liefern. Auch hier finden wieder 30 bis 40 Kinder Beschaͤftigung. Jedes Kind
                              hat eine Form vor sich, welche zum Gießen von fuͤnfzig und mehr
                              Koͤpfen auf ein Mal eingerichtet ist; sie ist in Fig. 20 im Durchschnitte
                              dargestellt. Damit der Guß festhaͤlt, sind die Schaͤfte vorher an
                              derjenigen Stelle, wo der Kopf hinkommen soll, durch eine der oben erwaͤhnten
                              Wippe ganz aͤhnliche Vorrichtung rauh geschlagen worden. Das Kind nimmt nun
                              eine Handvoll Nadelschaͤfte und bringt sie auf die eine Haͤlfte a, b der Form in Rinnen, welche dicht neben einander
                              liegen und sich in halbkugelfoͤrmige Vertiefungen endigen; sodann dekt es die
                              zweite correspondirende Formhaͤlfte a, c, welche
                              bei a durch Charniere mit der ersteren verbunden ist,
                              daruͤber, so daß nun das stumpfe, rauhgeschlagene Schaftende von einer
                              kugelfoͤrmigen Hoͤhlung umgeben ist, welche nur noch durch die Masse
                              ausgefuͤllt werden darf. Ueber alle diese kleinen Hoͤhlungen geht eine
                              Rinne d, von deren Grund kleine Gießloͤcher in
                              die einzelnen Gruͤbchen gebohrt sind. Wenn alle Formen zum Gusse bereit
                              stehen, so fuͤllt ein erwachsener Arbeiter die Composition, uͤber
                              deren Bereitung ich keine Auskunft erhielt, aus dem Schmelztiegel in einen Trichter
                              mit feiner, durch eine Art Hahnen oder Ventil verschließbarer Muͤndung. Er
                              haͤlt die Trichteroͤffnung uͤber die naͤchste beste
                              Form, oͤffnet den Hahn und faͤhrt in einem Striche uͤber alle
                              Gießloͤcher in der Rinne hinweg, wodurch sich alle Kopfhoͤhlungen
                              fuͤllen. Dieß ist das Werk einer Secunde. So schnell wie moͤglich eilt
                              der Mann nun zu einer zweiten, dritten, vierten Form und fuͤllt sie auf
                              dieselbe Weise. Der Knabe aber schlaͤgt, so bald der Guß erkaltet ist, die
                              Form auseinander, nimmt die nunmehr mit Koͤpfen versehenen, zum Theil noch
                              aneinander haͤngenden Steknadeln heraus, trennt das
                              uͤberfluͤssige Metall, und bereitet die Form zu einem zweiten Gusse
                              vor. Von der ungemeinen Productivitaͤt dieser Methode kann man sich einen
                              Begriff machen, wenn man bedenkt, daß der erwaͤhnte Arbeiter in Zeit von zwei
                              Minuten an 2000 Steknadeln mit ihren Koͤpfen versehen hatte.
                           Die Nadeln, welche nun durch gar viele Haͤnde schon gegangen sind, haben ein
                              schmuziges schwarzes Aussehen, und werden daher vor dem Verzinnen durch Sieden in
                              verduͤnnter Schwefelsaͤure gereinigt, wodurch sie den
                              urspruͤnglichen messinggelben Glanz wieder erhalten. Vom Verzinnen selbst konnte ich nicht Augenzeuge seyn, weil
                              die Operation mit einigen Hunderttausend Nadeln zugleich erst spaͤter
                              vorgenommen werden sollte.
                           Nun ging es in den lezten Arbeitssaal, worin ich gegen 50 Kinder von acht bis
                              zwoͤlf Jahren, und zwar zum groͤßten Theil Maͤdchen, mit
                              Aufsteken der Steknadeln auf Briefe in emsiger Thaͤtigkeit erblikte. Mit
                              dieser Arbeit, welche mit großer Behendigkeit und Geschicklichkeit gehandhabt wird,
                              schließt sich die Kette der verschiedenen technischen Acte, welche den rohen Draht
                              in zwekmaͤßig angeordneten Uebergaͤngen allmaͤhlich in die zur
                              Verpakung fertige Steknadel umwandeln. Jedes Kind hat vor sich eine Art Mulde, in
                              welcher die Steknadeln verworren nach allen Richtungen durcheinander liegen. Wenn es
                              nun jede Steknadel einzeln aussuchen und ans Papier steken wollte, so wuͤrde
                              diese Operation vielleicht mehr Zeit und Arbeit kosten, als die Verfertigung der
                              Steknadel vom Anfang bis zum Ende. Daher kommt es erstens darauf au, die Steknadeln
                              so zu ordnen, daß eine gewisse Quantitaͤt auf einmal bei den Koͤpfen
                              gepakt werden koͤnne, zweitens dieselben in groͤßeren Partien zu zehn
                              oder zwoͤlf auf ein Mal auf das Papier zu stechen, und zwar in gleichen
                              Distanzen. Zu dem Ende ist das muldenfoͤrmige Behaͤltniß, worin die
                              Steknadeln liegen, um eine Achse drehbar, und der Boden desselben ist reihenweise
                              mit mehreren schmalen Rizen durchbrochen. Indem das Kind die Mulde einige Male
                              hin- und herschwingt, geraͤth ein Theil der Nadeln in die Rizen, kann
                              jedoch nicht ganz durchfallen, sondern bleibt an den Koͤpfen haͤngen,
                              die Spizen nach Unten
                              gekehrt; nun pakt es mit dem Daumen und dem Zeigefinger eine Anzahl Nadeln und legt
                              sie auf den eigentlichen Aufstekapparat, welcher eben so einfach als sinnreich ist.
                              Er besteht aus einem horizontalen messingenen Lineal, so lang als die Breite des
                              Briefs und so breit als zwei Drittel der Steknadellaͤnge, welches seiner
                              Breite nach mit so vielen kleinen, gleichweit von einander abstehenden Rinnen
                              versehen ist, als der Brief Steknadeln in einer Reihe enthalten soll. Vor diesem
                              Lineal ist eine Vorrichtung, welche das Papier an der Stelle bricht und einklemmt,
                              wo die Nadeln durchgestochen werden sollen. Das Kind nimmt also, wie oben bemerkt,
                              eine Anzahl von etwa 30 Nadeln aus der Mulde und streicht sie uͤber das
                              Messinglineal, wobei jede Nadel in eine Rinne so zu liegen kommt, daß alle
                              Koͤpfe uͤber die eine Kante des Lineals hervorstehen. Auf diese Weise
                              liegen durch einen Strich alle Steknadeln in Reih und
                              Glied neben einander vor dem Papiere, und es bedarf nur eines leichten Drukes mit
                              der Hand aus die Koͤpfe, um zehn bis zwoͤlf Steknadeln auf einmal auf
                              den Brief zu stechen. Diese einzelnen Manipulationen gehen so rasch vor sich, daß im
                              Durchschnitt jedes Kind in einer Minute einen Brief liefert. – In demselben
                              Saale bemerkte ich außerdem noch mehrere Knaben, welche das ganze Quantum der
                              producirten Steknadeln noch ein Mal belasen und die fehlerhaften Stuͤke
                              aussonderten; andere waren ausschließlich damit beschaͤftigt, die krummen und
                              verbogenen Nadeln auf einem kleinen Ambose wieder gerade zu klopfen.
                           Mit der Steknadelfabrication vereinigt dieß Etablissement auch noch die Fabrication
                              der Haͤftchen und Haarnadeln, aber in einem beschraͤnkteren Maaßstabe. Fig. 21 zeigt
                              die Umwandlung des Drahtes in die Haͤftchen und Haͤkchen in der
                              Reihenfolge der einzelnen Acte. Das Haͤftchen geht durch drei Haͤnde;
                              ein Knabe zerschneidet mit Benuzung des Schaftmodels den Eisen- oder
                              Messingdraht in Stuͤke a von gleicher
                              Laͤnge; ein zweiter Knabe bildet mittelst eines einfachen Instrumentes A an beiden Enden des Drahtstuͤkes a ein kleines Oehr, wie b
                              zeigt. Die wirksamen Theile des Instrumentes A sind zwei
                              Stahlstifte i und h, welche,
                              ungefaͤhr eine halbe Linie von einander entfernt, in einem Handgriffe steten;
                              um nun das fragliche Oehr zu bilden, stekt der Knabe das eine Drahtende zwischen
                              beide Stifte und laͤßt, waͤhrend er das andere Ende mit den Fingern
                              festhaͤlt, den Stift h einen Kreis um den Dorn
                              i beschreiben, wobei das durchgestekte Drahtende
                              nothwendig um diesen herumgebogen werden muß. Der dritte Knabe endlich biegt das
                              Stuͤk b nur noch um einen duͤnnen
                              Cylinder, um das fertige Haͤftchen c zu erhalten.
                              Das zugehoͤrige Haͤkchen durchlaͤuft auf aͤhnliche Weise vier
                              Haͤnde. Das Abschneiden der etwas laͤngeren Schaͤfte a, und das Bilden der geoͤhrten Stuͤke b, hat die Verfertigung der Haͤkchen mit den
                              Haͤftchen gemein; nun wird aber das Stuͤk b durch scharfes Umbiegen in der Mitte in das Stuͤk d verwandelt, und aus diesem geht durch abermaliges
                              Biegen das fertige Haͤkchen e hervor. Die
                              Fabrication der Haarnadel ist noch einfacher; die geraden Drahtstuͤke werden
                              zuerst an beiden Enden auf dem Spizringe flach zugespizt, dann in der Mitte
                              umgebogen; zulezt wird die Haarnadel noch dadurch geschwaͤrzt, daß man sie in
                              Oehl taucht und auf einer heißen Platte abdampft.
                           Ich habe dieses Etablissement in hohem Grade befriedigt verlassen. Man sollte kaum
                              denken, daß die Fabrication einer Waare, deren geringer Einzelwerth zum Sprichwort
                              geworden ist, das Interesse noch anzuregen im Stande sey. Allein gerade die hier vor
                              Augen liegende Thatsache, daß auch der scheinbar geringfuͤgigste Artikel, in
                              Masse erzeugt, zu großen Unternehmungen fuͤhren kann, verleiht der
                              Steknadelfabrication im Großen einen eigenthuͤmlichen, ich moͤchte
                              sagen, verfuͤhrerischen Reiz, der einen industrioͤsen Kopf leicht zu
                              aͤhnlichen Unternehmungen hinreißen kann. Man sieht das Ganze beinahe
                              ausschließlich durch Kinder betrieben, welche hier eine ihrem zarten Alter und ihren
                              Kraͤften angemessene Beschaͤftigung finden und dabei einen geringen
                              Arbeitslohn in Anspruch nehmen; man uͤberzeugt sich mit eigenen Augen von den
                              unverkennbaren Vortheilen einer selbst bis auf die kleinsten Details ausgedehnten
                              Arbeitsteilung; das Auge sieht sich vergebens nach großen complicirten Maschinen um,
                              man erblikt nur hoͤchst einfache, aber unendlich viel leistende Apparate zur
                              Unterstuͤzung der Handarbeit; der zu verarbeitende Stoff ist wohlfeil, der
                              Absaz der Waare muß bedeutend seyn, denn in unzaͤhliger Menge geht die
                              Steknadel aus den lezten Haͤnden hervor; kurz, es vereinigt sich hier Alles,
                              was den technischen Nachahmungstrieb zu erweken im Stande ist.
                           
                              (Fortsezung folgt.)
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
