| Titel: | Ueber eine neue Flinte von der Erfindung des Hrn. Athanase Michel in Orleans. | 
| Fundstelle: | Band 68, Jahrgang 1838, Nr. XC., S. 431 | 
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                        XC.
                        Ueber eine neue Flinte von der Erfindung des Hrn.
                           Athanase Michel in
                           Orleans.
                        Aus dem Journal de l'Académie de l'Industrie.
                              Oktober 1837, S. 156.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VII.
                        Ueber Michel's neue Flinte.
                        
                     
                        
                           Die von Hrn. Michel erfundene
                              Flinte gehoͤrt zu Ken von der Kammer aus zu ladenden Gewehren, und
                              naͤhert sich in dieser Hinsicht der bekannten Robert'schen Flinte; der Lauf schaukelt sich aber wie an den von Lefaucheux und Beringer
                              angegebenen Flinten. Ihr Mechanismus ist einfach und gleichwie der sogenannte
                              Schwanz fest mit den Laͤufen verbunden; sie ist sehr leicht und schnell zu
                              handhaben, und dabei vollkommen gefahrlos; denn wenn sie geschlossen ist, so bemerkt
                              man von Außen weder Hahn noch Druͤker, da diese Theile in einer am Schafte
                              befindlichen Kammer eingeschlossen sind.
                           Um diese Flinte zu handhaben, hat man den Daumen der rechten Hand in den Ring A, Fig. 9, zu bringen, und
                              ihm die Feder b anzudruͤken, womit sich die
                              Flinte von selbst oͤffnet und in die aus Fig. 9 ersichtliche
                              Stellung gelangt. Um sie zu laden bringt man den Kolben unter die rechte Schulter
                              und hebt mit dem Daumen der rechten Hand den Schwanz A,
                                 B noch weiter empor, um die Flinte auf diese Weise gaͤnzlich zu
                              oͤffnen und in die in Fig. 10 abgebildete
                              Stellung zu versezen. Ein weiteres Oeffnen der Flinte ist durch den
                              Aufhaͤlter i, der sich unter dem Schaukelcharnier
                              befindet, verhindert. Wenn die Flinte so weit geoͤffnet worden ist, daß der
                              Aufhaͤlter Widerstand leistet, so ist sie auch gespannt; man erkennt dieß aus
                              dem hiebei Statt findenden Geraͤusche, so wie auch daraus, daß, wenn die
                              Flinte geschlossen ist, ein Theil der Feder g unter der
                              Flinte vorsteht, was nur dann der Fall ist, wenn die Flinte gespannt ist. Ist sie in
                              diesem Zustande, so bringt man die Patrone in den Pulversak und schließt die Flinte,
                              indem man mit der Flaͤche der rechten Hand auf den Schwanz A druͤkt, bis man die Feder b einfallen hoͤrt.
                           Um die Flinte abzufeuern genuͤgt es nicht, daß sie gespannt ist, und hierauf
                              beruht der vorzuͤglichste Werth derselben, so wie sie sich denn auch
                              hauptsaͤchlich hiedurch von den verwandten Flinten unterscheidet. Zwischen
                              den Laͤufen und den die Haͤhne oder Haͤmmer tragenden Federn
                              befindet sich naͤmlich ein kleiner Riegel, der an einem Schafte, welcher sich
                              in den hervorragenden Knopf C endigt, angebracht ist. So
                              lange dieser Riegel nach der Quere gestellt ist, werden die Federn
                              zuruͤkgehalten und die Haͤmmer koͤnnen nicht auf das
                              Zuͤndkraut schlagen; man muß daher, um abfeuern zu koͤnnen, den Knopf
                              C in die aus Fig. 12 zu ersehende
                              Stellung bringen, in der den Federn Freiheit gegeben ist, waͤhrend sie in der
                              aus Fig. 11
                              erhellenden Stellung des Knopfes gesperrt sind. Man darf uͤbrigens nicht
                              glauben, daß man diesen Knopf nach jedem Schusse zum Behufe des Ladens und Spannens
                              der Flinte neuerdings drehen muͤsse; es genuͤgt vielmehr bei dem
                              ersten Schusse zu sehen, ob er die gehoͤrige Stellung hat, wo er dann
                              waͤhrend der ganzen Dauer der Jagd in dieser verbleiben kann. Der Knopf C kann sich uͤbrigens nur durch den vierten Theil
                              eines Kreises bewegen. Um die Flinte in die Ruhe zu bringen, dreht man den Knopf C nach der Quere in die Stellung, welche er in Fig. 11 hat,
                              und druͤkt mit dem Finger auf die Druͤker, wo dann der Theil g zuruͤktritt und durch das Geraͤusch
                              angedeutet wird, daß die Flinte in die Ruhe gebracht ist.
                           Bei den in Gegenwart mehrerer Sachverstaͤndiger und Maͤnner vom Fache vorgenommenen
                              Versuchen uͤberzeugte sich Jedermann von den Vorzuͤgen der Flinte des
                              Hrn. Michel, obschon
                              anfaͤnglich gegen die an der Seite angebrachten Druͤker, die man
                              fuͤr eine fehlerhafte Neuerung halten wollte, ein Vorurtheil herrschte.
                              Vergleichsweise mit einer Pistonflinte probirt, raͤumten wir ihr sowohl in
                              Hinsicht auf Triebkraft, als Sicherheit des Schusses und Leichtigkeit der Handhabung
                              einen entschiedenen Vorzug ein. Den groͤßten Dank verdient jedoch der
                              Erfinder dafuͤr, daß er die durch unzeitiges Losgehen der Flinten bedingten
                              so haͤufigen Ungluͤcksfalle unmoͤglich gemacht hat. Man kann
                              mit seiner Flinte uͤber Graͤben springen. Reiten, Fahren, durch Helen
                              kriechen, ohne daß Gefahr des Losgehens eintritt: besonders wenn man in lezterem
                              Falle die Kammer, worin sich die Druͤker befinden, mit der Hand bedekt.
                              Gaͤnzlich unmoͤglich, moͤglich kann man vollends das Losgehen
                              machen, wenn man den Knopf nach der Quere dreht, was um so weniger umgangen werden
                              sollte, als man ihn beim Anlegen der Flinte zum Behufe des Abfeuerns mit
                              groͤßter Leichtigkeit in jene Stellung bringen kann, in der das Abfeuern
                              moͤglich ist. Da der Knopf seine Viertelsumdrehung nur dann vollbringen kann,
                              wenn die Flinte gespannt ist, so weiß man, wenn man einen Widerstand
                              erfaͤhrt, sogleich, daß die Flinte entweder in der Ruhe oder bereits
                              abgefeuert ist.
                           Es ist nicht zu befuͤrchten, daß sich der Lauf von dem zu dessen Bewegung
                              dienenden Mechanismus losmache, indem sein Schwanz mit ihm aus einem Stuͤke
                              besteht, und uͤberdieß in die ganze Laͤnge des Schaftes eingelassen
                              ist. Dessen ungeachtet kann man die Flinte sehr leicht und in kuͤrzester Zeit
                              zerlegen; denn man braucht, um den lauf aus dem Schafte nehmen zu koͤnnen,
                              nur die Schraube, welche durch die Stange geht, auszuschrauben und den durch das
                              Charnier gestekten Zapfen auszutreiben. Man hat eingewendet, daß wenn dieser leztere
                              Zapfen oder Stift braͤche, man entwaffnet seyn wuͤrde; allein dem ist
                              nicht so, da man den Stift leicht durch einen hoͤlzernen Stift ersezen kann,
                              und da man im Nothfalle selbst ohne allen solchen Stift noch schießen kann. Zu aller
                              Vorsorge ist es auch gewiß ein Leichtes, einen zum Auswechseln bestimmten Stift mit
                              sich zu fuͤhren. Nach unserer Ueberzeugung ist die Flinte des Hrn. Michel so solid als irgend eine der
                              uns bekannten; und bei der außerordentlichen Einfachheit Ihres Mechanismus wird,
                              wenn ja etwas an ihr brechen sollte, jeder Dorfschlosser die Reparatur vorzunehmen
                              im Stande seyn. Sie verdient sowohl in dieser Hinsicht als auch wegen der beinahe
                              unbedingten Sicherheit, die sie gewaͤhrt, vor allen anderen Flinten zum
                              Gebrauch auf der Jagd empfohlen zu werden.
                           Schließlich glauben wir auch noch beifuͤgen zu muͤssen, daß die Karabiner und die
                              Schießgewehre der Plaͤnkler am besten nach dem angegebenen Systeme
                              eingerichtet werden duͤrften, wenn man sich ein Mal fuͤr die
                              Einfuͤhrung des Detonations-Zuͤndkrautes fuͤr den
                              Kriegsdienst entschieden haben wird.
                           In Erwaͤgung von allem diesem schlagen wir vor, Hrn. Michel, der nicht aus Speculation, sondern bloß
                              als Jagdliebhaber und im Interesse der Sicherheit bei dem Vergnuͤgen der Jagd
                              sich seinen vom ausgezeichnetsten Erfolge gekroͤnten Forschungen hingegeben
                              hat, die Ehrenmedaille der Gesellschaft zuzuerkennen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
