| Titel: | Ueber die Patent-Gerbemethode der HHrn. Herapath und Cox. | 
| Fundstelle: | Band 69, Jahrgang 1838, Nr. XIII., S. 37 | 
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                        XIII.
                        Ueber die Patent-Gerbemethode der HHrn.
                           Herapath und Cox.
                        Aus dem Mechanics' Magazine. No. 766, S.
                              18.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        Ueber Herapath's und Cox's Patent-Gerbemethode.
                        
                     
                        
                           Die Erfindung der HHrn. Herapath und Cox ist, wie die meisten der wichtigeren Erfindungen, so einfach, daß man
                              sich wundern muß, wie man nicht schon laͤngst auf sie kam. Es handelt sich
                              bei ihr nicht um ein neues Gerbemittel, sondern lediglich um ein Verfahren, gemaͤß welchem
                              die Verwandtschaft des Gerbestoffes zur Gallerte rascher, vollkommener und mehr
                              ununterbrochen wirken kann, als dieß bei irgend einem der bisher
                              gebraͤuchlichen Gerbeprocesse moͤglich war. Die zu ihrer Vollbringung
                              noͤthigen Vorrichtungen und Maschinerien sind sehr wohlfeil, leicht zu
                              verfertigen, und allgemein anwendbar, sowohl an aͤlteren, als auch an neuen
                              Gerbegruben. Die Resultate, welche die neue Methode gibt, lassen sich im Allgemeinen
                              in Folgendem zusammenfassen: die Umwandlung der Haͤute und Felle erfolgt in
                              dem vierten Theile der gewoͤhnlich hiezu erforderlichen Zeit; der Gerber kann
                              daher das in seinem Unternehmen ruhende Capital viermal oͤfter umkehren; das
                              Leder widersteht der Naͤsse viel besser als irgend eine andere Art
                              kaͤuflichen Leders; ja es verhaͤlt sich in dieser Hinsicht zum
                              lezteren wie 10 zu 1; ein bestimmtes Gewicht Haͤute gibt wegen des geringeren
                              Verlustes an Gerbestoff und Gallerte, der bei dem neuen Verfahren stattfindet, ein
                              bedeutend groͤßeres Gewicht Leder, als bisher erzielt wurde, so zwar, daß
                              diese Zunahme allein schon zur Dekung saͤmmtlicher Kosten des neuen
                              Verfahrens ausreicht. Ohne in eine Theorie des neuen Systemes eingehen zu wollen, in
                              eine Theorie, der wir eigentlich die ganze Erfindung zu verdanken haben, beeilen wir
                              uns vielmehr, unseren Lesern Folgendes, die Praxis Betreffende, mitzutheilen.
                           Nachdem die Haͤute die gewoͤhnlichen vorbereitenden Behandlungen:
                              naͤmlich daß Abhaaren, Ausstreichen, Ausfleischen und Koͤrnen
                              erlitten, nehmen ihrer die Patenttraͤger so viele, als eine Grube
                              fuͤglich faßt, um sie mit Ligaturen aus starkem Spagat oder einem anderen
                              Materiale entweder an den Enden oder an den Seiten miteinander zu verbinden. In
                              ersterem Falle wird Hintertheil an Hintertheil und Schulter an Schulter
                              gestuͤkt; in lezterem Falle dagegen stuͤkt man den Hintertheil der
                              einen Haut an den Vordertheil der anderen, so daß das auf diese Weise aus den
                              Haͤuten gebildete Band so gerade und eben als moͤglich laͤuft.
                              Dieses Band nun wird mit dem in Fig. 14 und 15
                              ersichtlichen Walzenapparate in Verbindung gebracht. Fig. 14 ist
                              naͤmlich eine Fronteansicht, an welcher der groͤßeren Deutlichkeit
                              wegen die seitliche Wand der Gerbegrube weggelassen ist. Fig. 15 dagegen ist ein
                              Querdurchschnitt nach der Linie A, B. Die
                              hoͤlzerne Walze D, D ruht in den Pfosten F, F, und erstrekt sich quer uͤber den Scheitel
                              der Grube, welche die Gerbefluͤssigkeit enthaͤlt. An dem einen Ende
                              der Welle dieser Walze befindet sich ein Zahnrad G, in
                              welches ein an der Welle der Scheibe I angebrachtes
                              Getrieb H eingreift. Leztere Scheibe I steht auf gewoͤhnliche Weise durch eine Trommel
                              und einen Treibriemen mit einer Dampfmaschine oder einer anderen Triebkraft in
                              Verbindung. An den oberen
                              Theilen der beiden Pfosten F, F befinden sich die
                              belasteten Hebel L, L, an denen eine zweite Walze E, welche jedoch etwas kleiner ist als die Walze D, aufgehaͤngt ist. Je nachdem man die Gewichte
                              an den Hebeln stellt, wird die Walze E mit
                              groͤßerer oder geringerer Kraft auf die Walze D
                              druͤken, und hiebei von dieser eine rotirende Bewegung mitgetheilt erhalten.
                              Die Patenttraͤger finden zwischen den beiden Walzen ein
                              Groͤßenverhaͤltniß wie von 10 zu 6 sehr geeignet; sie binden sich
                              jedoch weder an dieses, noch an irgend ein anderes Verhaͤltniß. Nachdem das
                              eine Ende des aus den Haͤuten gebildeten Bandes uͤber die untere Walze
                              D gefuͤhrt worden, vereinigt man es durch
                              Ligaturen mit dem anderen Ende des Bandes, so daß das Band hiedurch zu einem
                              endlosen wird. Wenn hierauf die untere Walze D mittelst
                              des Zahnrades G und des Getriebes H in rotirende Bewegung versezt worden ist, so wird auch dieses Band
                              umlaufen und zwischen den beiden Walzen D, E hindurch
                              gehen. Die Folge hievon ist, daß die ganz oder zum Theil erschoͤpfte
                              Gerbefluͤssigkeit durch die belastete Walze aus den Haͤuten
                              ausgetrieben wird, und daß also jede Haut mit geoͤffneten Poren und zur
                              Aufnahme einer neuen Menge Gerbefluͤssigkeit bereit, in die Grube
                              zuruͤk gelangt. Ein Junge richtet die Haͤute des endlosen Bandes eben
                              auf die untere Walze D, und die Erfahrung hat gezeigt,
                              daß ein Junge leicht zwei Gruben und Walzen zugleich bedienen kann. Die
                              Patenttraͤger bedienten sich bisher Gruben von gewoͤhnlicher
                              Groͤße und Form; sie rathen jedoch, ihnen in Zukunft einen halbcylindrischen
                              Boden zu geben, damit sich das endlose Band mit groͤßerer Leichtigkeit
                              umwenden kann.
                           
                        
                           Anhang.
                           W. William Herapath selbst sagt in einem Schreiben an die
                              Redaction des Mechanics' Magazine Folgendes:
                           
                              „Das Patent-Verfahren ist sehr einfach und oͤkonomisch;
                                 mehrere beruͤhmte Gerber haben sich desselben bereits bedient, und alle
                                 aͤußerten sich daruͤber in den guͤnstigsten
                                 Ausdruͤken. Fuͤr ein Geschaͤft, bei welchem
                                 woͤchentlich 100 Haͤute bearbeitet werden, wuͤrde sich die
                                 Arbeit folgender Maßen gestalten. Man errichtet uͤber jeder der 8
                                 erforderlichen Gruben eines meiner Walzenpaare, und sezt fuͤr jede der
                                 Gruben ein endloses Band aus 50 bis 60 Haͤuten zusammen. Bei dem Umlaufen
                                 der Walzen wird dieses endlose Band durch dieselben gezogen, und hiebei wird
                                 nach einander aus jeder der Haute durch einen sachgemaͤßen graduirten
                                 Druk die theilweise erschoͤpfte Gerbebruͤhe ausgepreßt, worauf sie
                                 dann wieder in die Grube zuruͤkkehrt, um eine neue Quantitaͤt
                                 Bruͤhe aufzunehmen. So einfach dieses Verfahren ist, so ergeben sich mit
                                 demselben, wenn man den Druk und die Staͤrke der Gerbebruͤhe der
                                 Beschaffenheit und dem Zustande der Haͤute anpaßt, doch folgende
                                 außerordentliche Resultate.
                              
                           1. Die Zeit, welche noͤthig ist, um eine Haut gahr zu gerben, wird von 12
                              Monaten bis auf 6 Wochen, von 6 Monaten auf einen reducirt. In 2 Monaten sind auch
                              die staͤrksten Haute gahr, so daß der Gerber an Zeit allein das Vierfache
                              gewinnt.
                           2. Das Leder wird besser gegerbt, indem es bedeutend schwerer wiegt. Die
                              Patenttraͤger erzielen an leichten Haͤuten 2 bis 3 Pfd., und an
                              schweren Haͤuten 3 bis 4 Pfd. per Haut mehr als
                              die Haͤlfte des zahlbaren Gewichtes einer eingesalzenen Haut, und um dieselbe
                              Quantitaͤt mehr als das zahlbare Gewicht einer trokenen Haut, wozu noch das
                              ganze Verhaͤltniß der Bauch- und Schultertheile kommt. Diese
                              Gewichtszunahme beruht nicht auf uͤberschuͤssigem Gerbestoffe, sondern
                              auf der Erhaltung jener Hautsubstanz oder Gallerte, welche bei dem aͤlteren
                              Verfahren in der ungeheuren Masse Gerbebruͤhe, welche bei dem langwierigen
                              Gerbeprocesse noͤthig ist, aufgeloͤst wird. Dieser Gewinn von 3 1/2
                              Pfd. Leder per Haut wiederholt sich Obigem gemaͤß
                              vier Mal im Jahre.
                           3. Bei allen fruͤheren Schnellgerbemethoden haben die Fabricate entweder an
                              Qualitaͤt, oder an Farbe, oder am Gewichte, oder an allen dreien gelitten.
                              Dieß ist so wahr, daß schnell gegerbtes Leder allgemein als schlecht gegerbtes gilt.
                              Dagegen ist aber das neue Patentleder weicher und elastischer; auch widersteht es
                              dem Wasser laͤnger als irgend ein anderes bekanntes Leder. Wenn man es nach
                              zwoͤlfstuͤndigem Verweilen im Wasser durchschneidet, so wird man es in
                              seinem Inneren noch ganz troken finden; manchmal kann man dieß selbst noch nach 18
                              Stunden finden: also nach Ablauf einer 10 Mal laͤngeren Zeit, als man selbst
                              fuͤr das beste bisherige Leder annahm.
                           4. Die Handarbeit kommt viel wohlfeiler, indem eine Pferdekraft zum Betriebe aller 3
                              Walzenpaare hinreicht, und indem 4 Knaben, von denen einer die Woche 2 Schill. 6
                              Den. Lohn hat, diese Walzen genuͤgend bedienen koͤnnen, wenn
                              woͤchentlich 100 Haͤute abgegeben werden sollen. Das Verfahren geht so
                              rasch, daß man mit dem dritten Theil des bisher noͤthigen Capitales ein
                              Geschaͤft von gleicher Groͤße betreiben kann. In beinahe gleichem
                              Verhaͤltnisse wird man auch an Raum fuͤr die Gerberei und an
                              Gerbebruͤhe ersparen.
                           5. Das neue Verfahren laͤßt sich mit sehr geringen Kosten auf bereits
                              bestehende Gerbereien anwenden. Die Umaͤnderung einer solchen, in welcher
                              woͤchentlich 100 Haͤute gegerbt werden, kommt nicht hoͤher als auf 160 bis
                              170 Pfd. St. Jeder Gerber kann seinen Gerbestoff beliebig waͤhlen, und auch
                              den Eigenthuͤmlichkeiten seines Verfahrens folgen. Ich halte dieß fuͤr
                              einen großen Vortheil, indem es unter diesen Umstaͤnden eben so vielerlei
                              Varietaͤten von Leder geben wird, als bisher, wonach Jedermann waͤhlen
                              kann. Man kann bei dem neuen Systeme auch auf die vollkommenste Weise in Reihen oder
                              Umgaͤngen arbeiten, so daß man von schwaͤcheren immer zu
                              staͤrkeren Gerbebruͤhen uͤbergehen kann.
                           
                        
                     
                  
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