| Titel: | Ueber den Trokenmoder des Holzes. Auszug aus den Vorlesungen des Hrn. Robert Dickson M. D. F. L. S. vor dem Royal Institute of British Architects. | 
| Fundstelle: | Band 69, Jahrgang 1838, Nr. XVIII., S. 68 | 
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                        XVIII.
                        Ueber den Trokenmoder des Holzes. Auszug aus den
                           Vorlesungen des Hrn. Robert
                              Dickson M. D. F. L. S. vor dem Royal Institute of British
                              Architects.
                        Aus dem Civil Engineer and Architects Journal. Mai
                              1838, S. 190.
                        Dickson, uͤber den Trokenmoder des Holzes.
                        
                     
                        
                           Die Mittel, welche man zum Schuze des Holzes gegen Verwesung anwendet, sind sowohl
                              fuͤr den Ingenieur als fuͤr den Architecten von groͤßter
                              Wichtigkeit. Was man auch von dem Schuzmittel des Hrn. Kyan halten mag, so ist so viel gewiß, daß die Gesellschaft, welche sich
                              zu dessen Ausbeutung im Großen gebildet hat, jene Erfahrungen liefern wird, die
                              allein zu einem Endurtheile uͤber dessen Werth berechtigen. Eine Reihe von
                              Jahren ist jedoch erforderlich, um zu erfahren, ob das Mittel ausreicht zur
                              Verhuͤtung eines Uebels, uͤber dessen Entwikelung immer Jahre
                              vergehen. Gelegenheit hiezu ist bereits hinreichend gegeben, indem sich die meisten,
                              mit der Auffuͤhrung von Bauten beschaͤftigten Gesellschaften
                              sogenannten kyanisirten Holzes bedienen. Mittlerweile erlauben wir uns folgende
                              Bemerkungen.
                           Das Holz, dem man einige Dauer sichern wollte, mußte bisher stets langwierigen
                              Processen unterworfen werden; bei diesen blieb das Capital Jahre lang
                              unthaͤtig, was nothwendig zu einem bedeutenden Verluste fuͤhrte. Unter
                              diesen Processen verstand man das Auswettern (seasoning)
                              und das Troknen (drying). Man uͤberließ dieses
                              entweder der Einwirkung der Luft, welche den Koͤrpern nach und nach ihre
                              uͤberschuͤssige Feuchtigkeit entzieht; oder man entzog dem Holze
                              zuerst durch Einweichen in Wasser seine schleimigen und sonstigen
                              aufloͤslichen, die Feuchtigkeit einsaugenden Bestandteile, um es hierauf
                              rascher an der Luft austroknen zu koͤnnen; oder man nahm zur Beschleunigung
                              des Verfahrens feine Zuflucht zum Aussieden und Daͤmpfen des Holzes, indem
                              viele der erwaͤhnten Bestandtheile bei einer hoͤheren Temperatur
                              leichter aufloͤslich werden. Von allen diesen Mitteln schien das
                              Daͤmpfen am meisten zu leisten, indem nach Barlow
                              gedaͤmpftes Holz weit schneller austroknet als gesottenes. Dagegen leidet
                              durch das Daͤmpfen und Sieden die Festigkeit und Elasticitaͤt des
                              Holzes; obschon dieß nach Tredgold dadurch aufgewogen
                              werden duͤrfte, daß gedaͤmpftes und gesottenes Holz weniger schwindet,
                              und dem Moder besser widersteht als das einfach an der Luft ausgetroknete.
                           Der Zwek, der durch alle diese Verfahrungsweisen, von denen selbst die
                              kuͤrzeste immer noch Monate Zeit erfordert, erreicht werden soll, ist Hinausschiebung der
                              Wirksamkeit der dem Holze und allen organischen Koͤrpern innewohnenden
                              Bedingungen zur Verwesung. Dieser Zwek wird jedoch in der Mehrzahl der Faͤlle
                              nur in einem sehr beschraͤnkten und unvollstaͤndigen Grade erreicht,
                              wie der taͤglich fortschreitende Verfall vieler Bauten darthut. Eine
                              Verwesung des Holzes beginnt oft schon, waͤhrend der Baum noch steht; man
                              erkennt sie am Absterben der Hauptkrone. Sie ist das Resultat der Einsikerung von
                              Wasser in das Innere, wodurch der Stamm kernfaul wird, waͤhrend die
                              aͤußeren juͤngeren Theile noch widerstehen. Diese Art der Verwesung
                              dauert unstreitig auch nach der Faͤllung des Baumes fort; es wird eine
                              Schichte nach der anderen von Innen nach Außen zerstoͤrt, was jedoch so
                              langsam von Statten geht, daß uͤber der Zerstoͤrung eines Balkens von
                              mittelmaͤßiger Groͤße 40 bis 50 Jahre vergehen. So wichtig auch diese
                              Art der Verwesung ist, so bedarf sie doch keiner weiteren Eroͤrterung; denn
                              sie laͤßt sich durch ein sehr einfaches Mittel, naͤmlich durch
                              rechtzeitige Faͤllung des Baumes, vollkommen verhuͤten.
                           Anders verhaͤlt sich dieß mit dem gewoͤhnlichen und dem Trokenmoder.
                              Ersterer wird nach Barrow erzeugt, wenn das Holz
                              abwechselnd der Naͤsse und Trokenheit, der Hize und der Kaͤlte
                              ausgesezt ist. Er zeigt sich daher hauptsaͤchlich da, wo ein Pfahl sich
                              zwischen Wind und Wasser befindet; wo ein Balken in ein Mauerwerk eingelassen ist
                              etc. Da er von Außen nach Innen dringt, so bedient man sich als Schuzmittels gegen
                              ihn mit mehr oder weniger Vortheil eines Anstriches mit Oehlfarbe, mit Theer u.
                              dergl. m. Die Ursachen des Trokenmoders dagegen liegen im Inneren des Holzes selbst,
                              so daß zu dessen Entwikelung nur einige wenige aͤußerliche Bedingungen
                              erforderlich sind. Man nannte ihn nicht ungeeignet auch den Splintmoder (sap-rot), indem die Elemente zu demselben
                              hauptsaͤchlich in den aͤußeren Holzschichten in groͤßerer Menge
                              vorhanden sind; er dringt deßhalb auch, wenn er sich entwikelt, gewoͤhnlich
                              von den aͤußeren Schichten gegen die inneren, die er schnell in den
                              Zerstoͤrungsproceß mit hineinzieht. Die Ursache des Beginnens dieser
                              Verwesung im Splinte ergibt sich aus einer Betrachtung der Beschaffenheit desselben.
                              Der erste Grund ist in der Gaͤhrung zu suchen, welche durch das im Splinte
                              enthaltene Eiweiß hervorgerufen wird; die Wirkung der Insekten und Schwaͤmme
                              kommt erst in zweiter Linie in Betracht. Die Insekten greifen die vegetabilischen
                              Stoffe hauptsaͤchlich wegen der in ihnen enthaltenen zukerigen und
                              schleimigen Bestandtheile an; zur Beschleunigung der Verwesung wirken sie jedoch im
                              Wesentlichen nur dadurch mit, daß sie durch die Loͤcher, welche sie in das
                              Hol; fressen, den Zutritt der Luft und Feuchtigkeit beguͤnstigen. Die Wirkung der
                              Schwaͤmme liegt mehr im Dunkeln, weßhalb denn auch mancherlei irrige
                              Vorstellungen daruͤber obwalten. Eine von diesen ist die Annahme einer
                              spontanen Entwikelung der Schwaͤmme, die durch das Bestehen bestimmter, zur
                              Fortpflanzung derselben dienender Keime genuͤgend widerlegt ist. Das Eiweiß
                              des Holzes muß sich in fluͤssigem Zustande oder wenigstens in einem Zustande,
                              in welchem es fluͤssig werden kann, befinden, bevor es in die Substanz der
                              Schwaͤmme aufgenommen werden kann; denn die Schwaͤmme koͤnnen
                              gleich den uͤbrigen Gewachsen die zu ihrer Ernaͤhrung dienenden Stoffe
                              nur in fluͤssigem Zustande aufnehmen. Die Keime der Schwaͤmme werden
                              durch die bei der Gaͤhrung des Eiweißes und der uͤbrigen
                              gaͤhrungsfaͤhigen Bestandtheile des Holzes entstehende Waͤrme
                              zur Entwikelung gebracht, gleichwie sich die Champignons in einem Bette durch die
                              Gaͤhrung des Duͤngers entwikeln.
                           Es scheint demnach, daß die Theorie eines jeden erfolgreichen Verfahrens zur
                              Verhuͤtung des Trokenmoders die Umwandlung des Eiweißes in eine feste
                              unaufloͤsliche Substanz oder dessen Gerinnung zur Bedingung macht; denn nur
                              dadurch laͤßt sich dem Beginnen der Gaͤhrung und den aus dieser
                              erwachsenden Folgen vorbeugen. Dieses wird nun aber gerade durch die Methode des
                              Hrn. Kyan erzielt, dem, wenn auch Davy und Chapman schon fruͤher dieselbe
                              Idee hatten, doch das Verdienst gebuͤhrt, sie im Großen und praktisch zur
                              Ausfuͤhrung gebracht zu haben. Der Nuzen der Gerinnung des Eiweißes als
                              Schuzmittel gegen den Trokenmoder duͤrfte so ziemlich als nachgewiesen
                              betrachtet werden; so daß nur mehr zu ermitteln ist, auf wie lange die
                              Dauerhaftigkeit des Holzes hiedurch gesichert werden kann. Wir wissen, wie
                              außerordentlich lang manches Holz dauert; wir wissen aber auch, wie schnell anderes
                              der Verwesung unterliegt; und da Niemand im Stande ist, die wahrscheinliche
                              Dauerhaftigkeit zu erkennen und zu bestimmen, so ist es von groͤßter
                              Wichtigkeit, ein Mittel zu besizen, wodurch allem Bauholze im Allgemeinen wenigstens
                              eine bestimmte Dauer gesichert werden kann. Wir glauben versichern zu
                              koͤnnen, daß dieß durch das Kyanisiren des Holzes erreicht wild, indem
                              dadurch das Eiweiß des Holzes in einen unaufloͤslichen Koͤrper
                              verwandelt wird.
                           Wir uͤbergehen die Versuche, welche daruͤber angestellt wurden, bis auf
                              welche Tiefe die von Hrn. Kyan gebrauchte
                              Aufloͤsung in das Holz eindringt. Faraday und
                              andere haben sich hieruͤber ausgesprochen, so wie sie sich auch dahin
                              aͤußerten, daß die geringe Menge Queksilber, die das Holz aus der
                              Aufloͤsung aufnimmt, unmoͤglich der Gesundheit der Bewohner von
                              Haͤusern und Schiffen, welche aus kyanisirtem Holze gebaut wurden,
                              nachtheilig werden kann,
                              Bemerken muͤssen wir aber, daß die Staͤrke von kyanisirtem Holze nach
                              sorgfaͤltig hieruͤber angestellten Versuchen dieselbe ist, wie jene
                              des gewoͤhnlichen Holzes.
                           Die Schuzkraft des Kyan'schen Verfahrens betreffend,
                              erlauben wir uns nur darauf aufmerksam zu machen, daß Entomologen und
                              Kryptogamologen uͤber die Anwendung von kyanisirtem Holze klagen, indem
                              hiedurch manche Insekten und Schwaͤmme, die sonst haͤufig an alten
                              Pfaͤhlen und Balken zu finden waren, beinahe verschwinden. Endlich beziehen
                              wir uns noch auf einen Bericht des Hrn. S. Beazley,
                              welcher die Pfosten und Pfaͤhle im Regents-Park zu untersuchen hatte.
                              Die Pfosten aus unpraͤparirtem Holze waren nach 2 1/4 Jahr da, wo sie mit der
                              Erde in Beruͤhrung standen, bereits bis auf 1–2 Zoll Tiefe vermodert
                              und mit Schwaͤmmen besezt, so daß mit dem Spaten ganze Truͤmmer von
                              ihnen abgestoßen werden konnten. Die Pfosten aus kyanisirtem Holze dagegen waren
                              noch vollkommen gesund, und mit Ausnahme einer leichten oberflaͤchlichen
                              Faͤrbung gaͤnzlich unveraͤndert.