| Titel: | Ueber amerikanische Dampfwagen. | 
| Fundstelle: | Band 69, Jahrgang 1838, Nr. LXVI., S. 332 | 
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                        LXVI.
                        Ueber amerikanische Dampfwagen.
                        Aus dem polytechnischen Centralblatt, 1838, Nr.
                              38.
                        Ueber amerikanische Dampfwagen.
                        
                     
                        
                           In Leipzig wurde kuͤrzlich der fuͤr die Leipzig-Dresdener
                              Eisenbahn bestimmte Columbus, in Amerika nach dem System von Gillingham und Winans gebaut, zusammengesezt.
                              Er unterscheidet sich wesentlich von den englischen Systemen, namentlich denen eines
                              Stephenson. Der Kessel ist ein in der Mitte des
                              Wagens stehender, die ganze Wagenbreite einnehmender Cylinder mit etwa 300 senkrecht
                              stehenden Heizroͤhren, uͤber demselben in seiner Mitte erhebt sich der
                              Schornstein; der Wasserspiegel kann innerhalb des Kessels nur in einem Zwischenraume
                              von 6 Zoll schwanken; es sind deßhalb unter einander vier Dampf- und
                              Wasserhaͤhne angebracht, welche von dem Heizer haͤufig in
                              Thaͤtigkeit gesezt werden muͤssen, um darnach die Speisung entweder in
                              Thaͤtigkeit zu sezen, oder zu unterbrechen. Der uͤber dem Wasser
                              befindliche Dampfraum ist verhaͤltnißmaͤßig nicht sehr groß.
                           Außer dem Nachtheile, daß bei dieser Construction alle Roͤhren
                              gefaͤhrdet sind, sobald der Wasserspiegel zu tief sinkt, findet sich auch
                              noch die Unbequemlichkeit ein, daß bei eintretender Reparatur der Heizroͤhren
                              die ganze Esse abgehoben werden muß.
                           Gerade unter dem Kessel ist der Heizraum mit kreisfoͤrmigem Roste, zwischen
                              Heizraum und Tender ist der Plaz fuͤr den Heizer, auf der entgegengesetzen
                              Kesselseite der Plaz fuͤr den Wagenfuͤhrer, welcher also so mit dem
                              Wagen faͤhrt, daß er die zu befahrende Bahn ganz frei uͤbersehen
                              kann.
                           Der Dampf geht aus dem Dampfsammelraume innerhalb des Kessels nieder und in zwei
                              Roͤhren nach dem hinten zu beiden Seiten, außerhalb der Radebenen liegenden
                              Cylinder; die Kolbenstangen sind außen an den Raͤdern
                              voruͤbergefuͤhrt, da zwischen den Raͤdern der Plaz durch den
                              Heizraum versperrt wird. Mit dem Ende der Kolbenstangen, welche in Leitungen gehen,
                              sind die Speisepumpenstangen gefuͤhrt; die Kurbelstangen sind nun aber nicht
                              unmittelbar mit den Radachsen verbunden, sondern gehen nach einer unter den
                              Fuͤßen des Wagenfuͤhrers am vordern Ende befindlichen Krummzapfenwelle
                              fort, welche mit Rad und Getriebe der vorderen Radwelle eine solche Geschwindigkeit
                              mittheilt, daß sich das Rad zweimal dreht, waͤhrend der Kolben nur einen
                              Auf- und Niedergang vollbringt; das vordere Rad ist mit dem Hinterrade dann
                              wie gewoͤhnlich bei vierraͤderigen Wagen gekuppelt.
                           
                           An der unter den Fuͤßen des Ingenieurs liegenden Welle sind fuͤr jeden
                              Cylinder vier Excentrica angebracht, die so unmittelbar neben einander liegen, daß
                              der von denselben bewegte Rahmen, welcher die Schieberbewegung vermittelt, durch
                              Bewegung eines Handgriffes von einem auf das andere uͤbertragen werden kann,
                              wodurch es moͤglich wird, die Cylinder entweder mit vollem Dampfe oder mit
                              drei verschiedenen Graden von Expansion zu betreiben. Außerdem befinden sich
                              unmittelbar vor dem Ingenieure die beiden Handgriffe zum Umsezen der Bewegung.
                           Die Dampfcylinder haben bei dieser Einrichtung die unguͤnstigste Stellung, die
                              ihnen nur angewiesen werden kann, und sie vermehren außerdem noch die Hize des
                              Standpunktes fuͤr den Maschinenheizer. Der Dampf, nachdem er in den Cylindern
                              gewirkt hat, wird nicht wie gewoͤhnlich in die Rauchesse gefuͤhrt,
                              sondern treibt zuerst ein Ventilatorrad, durch welches ein anderes
                              Windradgeblaͤse in Thaͤtigkeit gesezt wird, um dem Kessel den
                              gehoͤrigen Luftzug zuzubringen, und nimmt dann durch seine besondere, neben
                              dem Kessel in die Hoͤhe gefuͤhrte Esse seinen Abzug. Das ganze Gestell
                              der Maschine ist von Gußeisen.