| Titel: | Beschreibung einer sehr einfachen Bohrvorrichtung für solche Fälle, wo mit den gewöhnlichen Bohrapparaten nicht an die Bohrstelle zu gelangen ist; von K. Karmarsch. | 
| Autor: | Prof. Karl Karmarsch [GND] | 
| Fundstelle: | Band 69, Jahrgang 1838, Nr. XCII., S. 413 | 
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                        XCII.
                        Beschreibung einer sehr einfachen Bohrvorrichtung
                           fuͤr solche Faͤlle, wo mit den gewoͤhnlichen Bohrapparaten nicht an
                           die Bohrstelle zu gelangen ist; von K.
                              Karmarsch.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VIII.
                        Karmarsch, uͤber eine sehr einfachen
                           Bohrvorrichtung.
                        
                     
                        
                           Beim Maschinenbaue, so wie in Fabriken, wo groͤßere Maschinen im Gebrauche
                              sind, ereignet es sich zuweilen, daß ein Loch an einer Stelle gebohrt werden soll,
                              welche wegen des engen Raumes in deren Naͤhe nicht leicht zugaͤnglich
                              ist, und wo wenigstens die Brustleier und die Bohrkurbel aus dem genannten Grunde
                              nicht angewendet werden koͤnnen. Einige der hieher gehoͤrigen
                              Faͤlle sind von der Art, daß man von der der Bohrstelle entgegengesezten
                              Seite ankommen kann, und dann sieht man sich genoͤthigt, ein Loch ganz durch
                              und durch zu bohren, welches man sonst vielleicht nur auf eine gewisse Tiefe
                              eingebohrt haͤtte, weil der Zwek es nicht anders erfordert. Bei anderen
                              Gelegenheiten sind beide Seiten der Bohrstelle gleich wenig zugaͤnglich; oder
                              man ist, um mit der Brustleier oder der Kurbel zu bohren, gezwungen, eine Maschine
                              theilweise, auch wohl ganz zu zerlegen, wodurch oft um einer an sich geringen
                              Ausbesserung willen, viel Zeitverlust und Arbeit entstehen kann. Ist z.B. in einem
                              gußeisernen Maschinengestelle eine Schraube dicht an der Oberflaͤche
                              abgebrochen, so daß der im Loche befindliche Theil herausgebohrt werden muß; so kann
                              dieß manchmal nicht ohne vorausgegangenes Abschlagen der Maschine geschehen, weil
                              etwa dem Schraubenloche gegenuͤber, in einem Abstande von wenigen Zollen,
                              eine Wand oder ein anderer Theil sich befindet, der die Einbringung eines
                              Bohrapparates der allgemein gebraͤuchlichen Art verhindert. Und waͤre
                              auch dieß nicht, so kann mindestens die Brustleier oder Kurbel darum nicht gebraucht
                              werden, weil nicht Raum genug vorhanden ist, um den zum Bohren noͤthigen Druk
                              mit Bequemlichkeit und gehoͤrigem Erfolge auszuuͤben.
                           Mechanikern wird es daher von Nuzen seyn, folgendes (aus England stammendes) Werkzeug
                              kennen zu lernen, welches sich durch aͤußerst einfache und feste Construction
                              (daher eben sowohl durch Wohlfeilheit als durch Dauerhaftigkeit) auszeichnet, und
                              dabei – wenn es nur in einer geeigneten geringen Groͤße
                              ausgefuͤhrt ist – noͤthigenfalls selbst in sehr
                              beschraͤnktem Raume mit eben so viel Bequemlichkeit als gutem Erfolge
                              gebraucht werden kann. Ich verdanke dessen Kenntniß dem Hrn. Professor Schneider in Braunschweig, durch dessen Gefaͤlligkeit die
                              Werfzeugsammlung der hoͤheren Gewerbeschule zwei Exemplare von verschiedener
                              Groͤße erhalten hat. Fruͤhere eigene Erfahrung hat meinen eben
                              genannten Freund von der Nuͤzlichkeit dieses Instrumentes uͤberzeugt,
                              so daß dasselbe als vollkommen bewaͤhrt empfohlen werden kann.
                           Auf Taf. VIII gibt Fig. 19 eine Ansicht des Bohrwerkzeuges, und Fig. 20 den
                              Querdurchschnitt desselben nach der punktirten Linie x,
                                 y von Fig.
                                 19. Diese Zeichnungen sind nach einem Exemplare kleiner Art, im Maaßstabe
                              = ein Drittel der wirklichen Groͤße, entworfen. Man macht das Werkzeug nach
                              Erforderniß auch laͤnger, wo dann die uͤbrigen Dimensionen ebenfalls
                              verhaͤltnißmaͤßig vergroͤßert werden.
                           a, b stellt ein Stuͤk geschmiedetes Eisen vor,
                              welches zu der aus der Zeichnung ersichtlichen bauchigen Gestalt abgedreht, und dann
                              in seinem Mittlern Theile mit einer laͤnglich vierekigen Oeffnung c durchbrochen ist. Das Ende b erhaͤlt ein vierekiges Loch zum Einfielen der Bohrspize d, welche von einer der Arten ist, die man
                              gewoͤhnlich in der Kurbel gebraucht, und deren Laͤnge sich nach der
                              Groͤße des zum Bohren vorhandenen Raumes, so wie noch mehr nach der Tiefe des
                              Loches, welches man bohren will, richtet. Man muß deßhalb, und um Loͤcher von
                              verschiedenem Durchmesser hervorbringen zu koͤnnen, ein Sortiment von
                              Bohrspizen im Vorrathe haben, welches am besten so eingerichtet wird, daß es ohne
                              Unterschied fuͤr alle vorhandenen (großen und kleinen) Bohrinstrumente dieser
                              Art angewendet werden kann.
                           Das Ende a von Fig. 19 wird mit einem
                              runden Loche durchbohrt, dessen Achse genau in der verlaͤngerten Achse der
                              Bohrspize d liegen muß. Nachdem man in dieses Loch ein
                              Schraubengewinde geschnitten hat, wird die Schraube e, f
                              eingeschraubt, welche etwa zwoͤlf oder dreizehn Gaͤnge auf dem Raume
                              eines Zolls enthaͤlt. Dieser Umstand ist wesentlich, weil (wie aus dem
                              Folgenden erhellet) die Dike der Bohrspaͤne von der Feinheit des
                              erwaͤhnten Gewindes abhaͤngt, ein zu grobes Gewinde also zu viel
                              Widerstand beim Bohren erzeugt, ein zu feines aber nicht genug Haltbarkeit besizt.
                              Der Kopf g der Schraube e, f
                              ist sechsekig, und endigt in eine genau gedrehte, gehaͤrtete
                              staͤhlerne Spize i. Diese und die Spize des
                              Bohrers d bilden die Endpunkte der Drehungsachse des
                              ganzen Werkzeuges.
                           Vor Anfang des Bohrens schraubt man die Spindel f, g so
                              weit hinein oder heraus, als die Breite des Raumes, in welchem das Bohren Statt
                              finden soll (in der Richtung des Loches gemessen) erfordert; wobei aber jedenfalls innerhalb
                              des Werkzeuges ein Theil der Schraube verbleiben muß, dessen Laͤnge
                              wenigstens gleich ist der Tiefe des zu bohrenden Loches. Es bezeichne in Fig. 19, l, m die Flaͤche, auf welcher das Loch entstehen
                              soll; k, k eine benachbarte Flaͤche, die in
                              manchen Faͤllen durch Vorlegen eines besondern, unbeweglich bleibenden
                              Eisenstuͤkes oder dergl. gebildet werden kann. Gegen h, k stuͤzt sich die Spize i. Das
                              Umdrehen des Bohrers (der uͤbrigens eben so gut vertikal oder schief, als
                              horizontal gebraucht werden kann) geschieht mit der Hand, bloß durch die
                              Huͤlfe eines, in Fig. 21 nach zwei
                              Ansichten abgebildeten, eisernen Hebels, dessen flacher Theil n in das Loch c (Fig. 19) eingeschoben
                              wird, wogegen der Griff o durch seine runde Gestalt
                              bequem in der Hand liegt. Nach jeder halben Umdrehung zieht man den Hebel aus, und
                              stekt ihn auf der vordern (dem Arbeiter zugekehrten) Seite des Loches c wieder ein, um die Drehung fortzusezen; wenn nicht
                              etwa die Umstaͤnde es moͤglich oder bequemer machen, ohne solches
                              Umwechseln ununterbrochen fortzuarbeiten. Die Richtung der Umdrehung muß eine solche
                              seyn, daß die Schraube e, f mehr und mehr sich
                              herausschraubt, also die gesammte Laͤnge des Instrumentes allmaͤhlich
                              zunimmt. Hiedurch entsteht der Druk auf den Bohrer, welcher dessen Eindringen
                              bewirkt. Reicht hiebei, um die Drehung der Schraube zu verhindern, nicht etwa schon
                              die Reibung der Spize i an ihrem Stuͤzpunkte hin;
                              so faßt man den Kopf g mit dem
                              Schraubenschluͤssel, Fig. 22, und haͤlt
                              diesen mit einer Hand fest, oder stuͤzt ihn auf irgend eine Weise so, daß er
                              unbeweglich bleibt.
                           (Hannover'sche Mittheilungen, 1838, 15te Liefer.)
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
