| Titel: | Ueber eine zufällige Verunreinigung des Brodes mit Kupfer durch die zum Mahlen des Getreides angewandte Maschinerie; von Hrn. Thieullen. | 
| Fundstelle: | Band 71, Jahrgang 1839, Nr. XVI., S. 59 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XVI.
                        Ueber eine zufaͤllige Verunreinigung des
                           Brodes mit Kupfer durch die zum Mahlen des Getreides angewandte Maschinerie; von Hrn.
                           Thieullen.
                        Aus dem Journal de Chimie médicale 1838, Bd. IV. S.
                              371.
                        Ueber eine zufaͤllige Verunreinigung des Brodes mit
                           Kupfer.
                        
                     
                        
                           Schon viele Chemiker, namentlich Remer, Deyeux, Henry, Barruel,
                                 Boutron-Charlard, Chevallier, Derheims, Kuhlmann, Gaultier, Sarzeau
                              haben Kupfer oder Kupfersalze im Brod entdekt und Methoden angegeben, dieses Metall und
                              seine Salze darin auszumitteln.
                           Nach Remer sollen Kupfer und Blei in der Regel dadurch in
                              das Brod kommen, daß die Hefe, welche man dazu benuzt, die Gefaͤße angreift,
                              worin man sie nach ihrer Bereitung laͤßt. Barruel,
                                 Boutron-Charlard, Chevallier, Gautier, Kuhlmann etc. zeigten, daß
                              das Vorkommen von Kupfer im Brode in einem gewissen Falle daher ruͤhrte, daß
                              man das Mehl mit etwas Kupfervitriol verseztePolytechn. Journal Bd. XXXIX. S.
                                       439.; dieß geschah zuerst durch belgische Baͤker, welche die giftigen
                              Eigenschaften des Kupfervitriols nicht kannten und ihr Mehl zu verbessern glaubten,
                              indem sie in dem Wasser, womit der Teig angemacht wurde, ein wenig von diesem Salze
                              aufloͤsten.
                           Hr. Sarzeau, welcher nicht nur mit reinem Mehl bereitetes
                              Brod untersuchte, sondern auch solches, das aus einem mit
                              Kupfervitriol-Aufloͤsung versezten Mehl erhalten war, schrieb im J.
                              1830 eine AbhandlungPolyt. Journal Bd. XLIV. S. 301., worin er sagt, daß das Brod Kupfer enthalten kann, ohne daß dem Mehl
                              solches zugesezt wurde, weil das Getreide, woraus man das Mehl gewinnt,
                              urspruͤnglich von diesem Metall enthaͤlt.
                           Hr. Sarzeau schloß aus seinen Versuchen, daß 7 Milliarden
                              und 300 Millionen Kilogr. Getreide 34061 Kilogr. Kupfer enthalten; daß man jedoch in
                              dem sogenannten reinen Mehl das Kupfer weder durch eisenblausaures Kali, noch durch
                              das Loͤthrohr entdeken koͤnne, waͤhrend dieß im Gegentheil bei
                              dem nach der Methode der belgischen Baͤker mit Kupfer versezten Brode
                              allerdings moͤglich ist.
                           Es kann jedoch, wie ich mich selbst uͤberzeugt habe, auch noch auf eine andere
                              Weise Kupfer in das Brod kommen; dieß ergibt sich aus folgenden Thatsachen:
                           Als ich zu Rochefort wohnte, verbreitete sich eines Morgens das Geruͤcht, daß
                              in der Stadt Brod vorkomme, welches innen an verschiedenen Stellen zahlreiche
                              gruͤne Fleken zeige. Als Mitglied des Medicinalausschusses erhielt ich bald
                              vom Maire einen Brief, worin er mir dieß bestaͤtigte und bemerkte, daß das
                              Brod, welches solche Fleken zeige, aus dem Mehl einer durch Dampf betriebenen
                              amerikanischen Muͤhle zu La Rochelle bereitet sey. Als ich ihn hierauf
                              besuchte und die Vermuthung aͤußerte, daß das Kupfer durch die Maschinerie in
                              das Brod kommen duͤrfte, bemerkte er mir, daß er ebenfalls dieser Ansicht
                              gewesen sey und deßhalb an den Praͤfect des Departements geschrieben habe,
                              der ihm aber geantwortet habe, daß die zum Mahlen des Getreides dienende Maschinerie keine
                              aus Kupfer verfertigten Theile enthalte.
                           Neuerdings auf die Mairie gerufen, zerbrach ich in Gegenwart der Beamten Brode, die
                              zur Unterstuͤzung der Klage dorthin gebracht worden waren und fand sie innen
                              ganz besaͤet mit kleinen sternfoͤrmigen gruͤnen Fleken, welche
                              die groͤßte Aehnlichkeit mit denjenigen hatten, die sich in einem mit
                              Kupferfeile angemachten Teige bilden, welcher bekanntlich in kugelfoͤrmigen
                              Stuͤken bisweilen gegen die Wassersucht verordnet wird; diese Fleken schienen
                              mir durch die Einwirkung der in dem Mehl und dem Brode enthaltenen Saͤure auf
                              das Kupfer entstanden zu seyn. Ich betrachtete sie mit dem
                              Vergroͤßerungsglase und entdekte in der Mitte eines solchen einen kleinen
                              glaͤnzenden Punkt, der sich bei der chemischen Untersuchung wirklich als
                              metallisches Kupfer erwies.
                           Diejenigen Brodtheile, welche solche Fleken zeigten, wurden nun abgesondert,
                              eingeaͤschert und die Asche mit Salpetersaͤure behandelt; die
                              salpetersaure Aufloͤsung wurde filtrirt und mit Aezammoniak versezt, welches
                              die erdigen Substanzen und phosphorsauren Salze niederschlug, das gefaͤllte
                              Kupfer aber wieder aufloͤste. Die Fluͤssigkeit zeigte sich nun nach
                              dem Filtriren blau gefaͤrbt; als man sie abdampfte und den Ruͤkstand
                              in Schwefelsaͤure wieder aufnahm, gab die Loͤsung mit eisenblausaurem
                              Kali einen kastanienbraunen Niederschlag und ein hineingelegtes reines Eisenblech
                              uͤberzog sich darin auch mit metallischem Kupfer. Die gruͤnen Fleken
                              im Brode waren also offenbar durch Kupfer hervorgebracht.
                           Da es erwiesen schien, daß die Maschine, worauf man das zu solchem Brode angewandte
                              Mehl gemahlen hatte, keine kupfernen Theile enthielt, so mußte man auf die
                              Vermuthung kommen, daß das Kupfer aus Eifersucht oder Bosheit von dem Etablissement
                              feindseligen Leuten dem Mehl zugesezt wurde. Weil aber die Klagen nicht
                              aufhoͤrten, so wurde eine nochmalige Untersuchung dieser Sache
                              angeordnet.
                           Zu diesem Ende beauftragte man Hrn. Apotheker Servan und
                              mich, alles Mehl bei den Baͤkern zu untersuchen und die noͤthigen
                              Proben damit anzustellen. Wir besuchten daher alle Baͤker der Stadt und
                              ließen Brod aus verschiedenen Mehlsorten bereiten; die gebakenen Brode wurden nach
                              dem Erkalten geoͤffnet, wobei einige Fleken zeigten, andere aber nicht.
                              Leztere waren mit Mehl bereitet, das von Rouen bezogen war, oder auch aus solchem,
                              welches die Windmuͤhlen in der Umgegend lieferten; alles Brod hingegen,
                              welches Kupferfleken hatte, war von dem Mehle der Dampfmuͤhle zu La
                              Rochelle.
                           
                           Zur Ergaͤnzung unserer Versuche ließen wir einige Brode mit reinem Mehle
                              bereiten, welches wir absichtlich mit etwas Kupferfeile versezten; beim Oeffnen
                              zeigte es dieselben Fleken wie das mit Mehl von La Rochelle bereitete, doch waren
                              sie nicht so zahlreich. Aus allen diesen Versuchen mußten wir schließen, daß das von
                              La Rochelle bezogene Mehl eine betraͤchtliche Menge Kupfer enthaͤlt,
                              welches in ein Salz verwandelt wird und dadurch die Fleken hervorbringt.
                           Nun war aber noch auszumitteln, wie das Kupfer hineinkam. Der Maire ernannte daher
                              eine Commission, bestehend aus Ingenieurs, Hrn. Servan
                              und mir, welche sich nach La Rochelle begeben und die Muͤhle untersuchen
                              mußte.
                           Daselbst angekommen, untersuchten wir die Maschinerie in allen Details und von einem
                              Stokwerk zum anderen, wobei sich ergab:
                           1) daß eine seit drei Monaten im Gebrauch gewesene kupferne
                                 Anwelle
                              Der Erfolg waͤre natuͤrlich derselbe gewesen, wenn die Anwelle
                                    (coussinet en cuivre) aus Messing bestanden haͤtte, da aus dem
                                    Original nicht zu entnehmen ist, ob der Verfasser dieses (cuivre jaune) oder Kupfer (cuivre rouge) bezeichnen wollte. A. d. R. des Beutelkastens sich so abgenuzt hatte, daß sie zwei Loth an Gewicht
                              verloren hatte;
                           2) daß sich um diese Anwelle herum eine gewisse Menge Kupferfeile befand, welche
                              bestaͤndig in das Mehl fiel;
                           3) daß die senkrechte Welle, wodurch die Bewegung in die verschiedenen Stokwerke
                              fortgepflanzt wurde, mit Kupferfeile von den oder der Maschine befindlichen Anwellen
                              umgeben war, und daß diese Kupferfeile in den großen Trichter fiel, in welchen man
                              das Getreide schuͤttet, so daß sie mit demselben unter die Muͤhlsteine
                              und folglich in das Mehl kam.
                           Die Commission war nun hinreichend uͤber diese Sache aufgeklaͤrt und
                              machte sogleich einen Bericht an die Behoͤrden, worauf alle in diesem
                              Etablissement befindlichen kupfernen Maschinentheile beseitigt wurden; die Trichter
                              wurden durch andere aus Weißblech ersezt und anstatt der kupfernen Anwellen deren
                              aus Eisenholz angebracht. Seitdem kam auch keine Klage mehr vor und das Mehl der
                              amerikanischen Muͤhle zu La Rochelle haͤlt mit dem besten im Handel
                              vorkommenden die Concurrenz aus.