| Titel: | Auszug aus den gerichtlichen Untersuchungen, welche über die zweite, auf dem Dampfschiffe Victoria vorgefallene Explosion gepflogen wurden. | 
| Fundstelle: | Band 71, Jahrgang 1839, Nr. XXI., S. 83 | 
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                        XXI.
                        Auszug aus den gerichtlichen Untersuchungen,
                           welche uͤber die zweite, auf dem Dampfschiffe Victoria vorgefallene Explosion
                           gepflogen wurden.
                        Aus dem Mechanics' Magazine, No. 785.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Untersuchungen uͤber die Explosion des Dampfschiffs
                           „Victoria“.
                        
                     
                        
                           Das der Dampfschifffahrtsgesellschaft in Hull angehoͤrige Dampfboot Victoria, Capitaͤn Bell, hat bekanntlich in kurzer Zeit nach einander zwei Explosionen seiner
                              Kessel erlitten. Bei der lezten, am 14. Jun. 1838 vorgefallenen fanden vier der an
                              den Maschinen Beschaͤftigten einen augenbliklichen Tod, und drei gaben bald
                              darauf unter den heftigsten Schmerzen in Folge der erlittenen Verbruͤhungen
                              Ihren Geist auf. Da die hieruͤber gepflogene gerichtliche Untersuchung
                              vielfach interessante Details enthaͤlt, so erlauben wir uns, den Lesern
                              unserer Zeitschrift einen Auszug aus derselben vorzulegen.
                           Capitaͤn Charles Bell deponirte im Wesentlichen
                              Folgendes. Die Victoria hat gegen 400 Tonnen Gehalt. Ihre zwei Maschinen, welche zum
                              Theil in Glasgow, zum Theil in Hull gebaut wurden, und die mit niederem Druke und
                              Verdichtung arbeiten, haben zusammen 280 Pferdekraͤfte. Ueber dem Verdeke
                              befinden sich zwei Sicherheitsventile von mehreren Fußen, uͤber welche die
                              Maschinisten durchaus nicht anders, als von dem Verdeke aus verfuͤgen
                              konnten, so daß sie, wenn sie die Ventile erleichtern wollten, jedesmal einen Mann
                              hiezu auf das Verdek schiken mußten, wozu ungefaͤhr eine Minute Zeit
                              erforderlich seyn mochte. Die Maschine arbeitete stets nur bei einem Druke von 10
                              1/2 Pfd. auf den Quadratzoll; stieg der Druk hoͤher, so hob sich das Ventil
                              von selbst. Die Ventile befanden sich hinter dem Schornsteine so angebracht, daß
                              sich ihnen Niemand naͤhern konnte, ohne gesehen zu werden; an der
                              Bruͤke hielt Tag und Nacht eine Person Wache. Die Kessel hatten einen
                              Probedruk von 30 Pfd. auf den Quadratzoll ausgehalten. – Bei Cuckold's Point an dem noͤrdlichen Themseufer mit
                              einer Geschwindigkeit von 10 Meilen in der Zeitstunde angelangt, blieb uns keine
                              andere Wahl, als entweder eine schwer beladene, zu Berg fahrende Barke in Grund zu
                              bohren, oder gegen ein vor Anker liegendes Kohlenschiff zu stoßen. Wir
                              waͤhlten lezteres, als das geringere Uebel. Wir stießen daher mit dem
                              Ruderkasten gegen das Kohlenschiff, dessen Bugspriet, obwohl der Stoß nicht sehr
                              heftig war, kurz wegbrach. Ich befahl, als dieß geschah, die Maschinen zu hemmen,
                              und dieser Befehl ward durch einen uͤber dem Maschinenraͤume
                              aufgestellten Menschen
                              dem Maschinisten mitgetheilt, wie dieß immer mit meinen oder des Piloten Befehlen zu
                              geschehen pflegte. Ich bin ganz gewiß, daß, als die Maschine angehalten worden, das
                              Sicherheitsventil thaͤtig war; denn ich sah Dampf bei demselben entweichen.
                              Ich gab wohl hierauf Acht, und es war dieß das erstemal, daß seit der Abfahrt von
                              Hull Dampf bei dem Ventile austrat, da wir fruͤher nicht Dampf genug
                              aufzubringen vermochten. Als ich den Weg frei fand, gab ich Befehl, vorwaͤrts
                              zu steuern und die Maschine in Bewegung zu sezen; leider erfolgte aber schon nach
                              drei Umgaͤngen die Explosion. Ich kann nicht sagen, ob der Zusammenstoß auf
                              die Maschine gewirkt hatte. Wir hatten, wie gesagt, auf dem ganzen Wege von Hull her
                              Mangel an Dampf, und da dieß fruͤher nicht der Fall war, so schreibe ich es
                              einer unmittelbar vorher an den Roststangen vorgenommenen Veraͤnderung zu.
                              Die alten Roststangen standen am hinteren Ende tiefer als an der Muͤndung des
                              Ofens, und gaben folglich einen staͤrkeren Zug als die neu eingesezten,
                              welche beinahe horizontal lagen. Bei der dießmaligen Explosion war der Kessel an der
                              Steuerbordseite eingesunken und gesprungen. Die Deke des Kessels war von einem Ende
                              zum anderen gesprungen; an dem Boden war dieß nicht ganz so der Fall. Die Folge
                              hievon war, daß das Wasser aus den Kesseln in die Feuer stroͤmte und deren
                              Thuͤren aufsprengte, wo sich dann Feuer, Dampf und siedendes Wasser
                              uͤber die im Maschinenraume befindlichen Personen ergossen. Fuͤr die
                              wahrscheinliche Ursache der Explosion halte ich Mangel an Wasser im Kessel; denn als
                              ich einige Minuten nach dem Unfalle und bevor noch jemand anderer in den
                              Maschinenraum getreten war, in denselben kam, fand ich die Kessel
                              rothgluͤhend, und zwar jenen an der Steuerbordseite am staͤrksten. Die
                              Speisungsroͤhren fand ich saͤmmtlich abgesperrt, was nicht wohl durch
                              die Erschuͤtterung bewirkt worden seyn konnte. Der Speisungshahn des
                              getrokneten Kessels war gaͤnzlich abgesperrt. Ich bin uͤberzeugt, daß
                              dieses Absperren der Haͤhne vor der Explosion geschehen ist; allein ich bin
                              außer Stande die Zeit anzugeben, zu der es geschehen seyn duͤrfte. Die
                              Victoria hatte von Greenwich an eine groͤßere Geschwindigkeit, was durch das
                              Absperren der Speisungshaͤhne bewirkt worden seyn duͤrfte, indem
                              hiedurch die Dampferzeugung erhoͤht worden seyn mußte. Ich weiß nicht, ob
                              diese Methode gewoͤhnlich eingeschlagen wird, um die Geschwindigkeit zu
                              erhoͤhen; so viel weiß ich aber, daß den Maschinisten oͤfter Befehl
                              gegeben wird, die Geschwindigkeit zu steigern oder zu vermindern, und daß sie auch
                              die zu diesem Zweke anzuwendenden Mittel wohl kennen. Auf unserem Boote betrug der
                              Druk nie uͤber 10 1/2 Pfd. auf den Quadratzoll; bei jedem staͤrkeren
                              Druke wuͤrde
                              sich das Sicherheitsventil, welches sich in gutem Zustande befand, gehoben haben.
                              Das Speisungswasser ward von der Maschine geliefert; außerdem war aber noch eine
                              kleine Maschine von 4 Pferdekraͤften vorhanden, die das Wasser in die Kessel
                              zu pumpen hatte, wenn die großen Maschinen nicht in Thaͤtigkeit waren.
                           Thomas Brown, ein Heizer, welcher den geborstenen Kessel
                              bedienen half, und drei Minuten vor der Explosion auf das Verdek heraufgekommen war,
                              gab an, daß er durchaus nichts bemerkt habe, was eine Explosion haͤtte
                              befuͤrchten lassen; daß man aber auf der ganzen Fahrt Muͤhe hatte
                              hinreichend Dampf zu erzeugen, so daß man am Ende das Feuer so verstaͤrkte,
                              daß die Oefen beinahe voll waren. Er hatte nicht bemerkt, daß an den
                              Speisungsroͤhren etwas veraͤndert worden war; dagegen fand er die
                              Speisungshaͤhne allerdings abgesperrt und den Kessel auf der Steuerbordseite
                              rothgluͤhend, als er mit dem Capitaͤn in den Maschinenraum trat.
                           Andreas Murray, Ingenieur in Greenwich, der die Kessel
                              nach der ersten auf der Victoria vorgefallenen Explosion ausgebessert hatte, ist der
                              Ansicht, daß die zweite Explosion gleich der ersten durch Mangel an Wasser in den
                              Kesseln erzeugt wurde. In beiden Faͤllen waren die Feuerzuͤge
                              eingesunken; in beiden waren die Kesselwaͤnde wegen Wassermangel
                              rothgluͤhend geworden, wo sie dann den Druk nicht mehr auszuhalten
                              vermochten. Die Platten der Kessel hatten 1/4 Zoll Dike, was ihm hinreichend
                              scheint. An den engsten Stellen war 2 1/2 Zoll Raum fuͤr das Wasser, was er
                              fuͤr genuͤgend haͤlt. Die Maschinerie der Victoria scheint ihm
                              einfach und leicht verstaͤndlich; auch glaubt er, daß weder an ihr, noch an
                              den Kesseln vor der Explosion ein Fehler zu entdeken gewesen seyn duͤrfte. Er
                              haͤlt cylinderfoͤrmige Kessel fuͤr die staͤrksten.
                           Thomas Wickstede, Ingenieur, haͤlt
                              cylinderfoͤrmige Kessel fuͤr sicherer als alle anderen. 2 1/2 Zoll
                              Wasserraum scheint ihm genuͤgend; sollte jedoch der unterste Aichhahn kein
                              Wasser geben, so muͤßte das Feuer sogleich ausgethan werden, indem durch den
                              Zufluß von kaltem Wasser unter solchen Umstaͤnden eine augenblikliche
                              Explosion hervorgebracht werden wuͤrde. In Cornwallis arbeitet man mit
                              solchen Kesseln unter einem Druke von 40 bis 50 Pfd. auf den Quadratzoll; sie sind
                              dabei leicht zu handhaben, und man kann sie mit voller Sicherheit gegen 1 1/2
                              Stunden unbeaufsichtigt lassen. Es scheint ihm gewiß, daß auf der Victoria die
                              Speisungsroͤhren uͤber diese Zeit hinaus vernachlaͤssigt worden
                              seyn mußten, bevor die Explosion eintrat.
                           John Penn
                              jun., Ingenieur von Greenwich, haͤlt die Kessel
                              der Victoria fuͤr schlecht und unsicher, und die Wasserraͤume, welche
                              zwischen dem
                              Feuerzuge und der Außenseite der Kessel nur 2 1/2 Zoll messen, fuͤr zu eng.
                              Nach seiner Ansicht mußten die ausgedehnten Feuer dieser Kessel das Wasser aus den
                              Wasserraͤumen in die ober diesen befindlichen Wasserbehaͤlter
                              hinauftreiben, wodurch diejenigen, welche uͤber die Speisung der Kessel zu
                              wachen hatten, irre geleitet worden seyn mochten. Unter diesen Umstaͤnden
                              koͤnnen die Kesselplatten in zwei Minuten zum Rothgluͤhen kommen, wo
                              dann der Cylinder nach der Laͤnge ausgedehnt, durch den Druk des Dampfes aus
                              seiner Form gebracht und so schwach werden muß, daß bei der geringen, nur 1/4 Zoll
                              betragenden Dike der Kesselplatten schon ein geringer Druk eine Explosion erzeugen
                              kann. Bei wiederholten Versuchen mit Wasser in engen Raͤumen angestellt, sah
                              er dasselbe unter solchen Umstaͤnden durch Anwendung von Hize empor-
                              und selbst aus den Raͤumen hinaus treiben. Die Wasserraͤume der
                              Victoria scheinen ihm hienach zu eng, so zwar, daß man sich nicht auf die Speisung
                              verlassen konnte. Bei Wasserraͤumen von 12 Zoll, wie sie die Victoria ihren
                              Feuern gemaͤß wenigstens haben mußte, waͤre nach seiner Meinung das
                              Ungluͤk nicht vorgefallen; wenn man dagegen dieselben Kessel wieder
                              beibehielte, so duͤrfte eine abermalige Explosion bevorstehen. Wenn das
                              Wasser von der Krone der Roͤhren zuruͤkweicht, so verbiegen sich
                              diese. An vierekigen Kesseln ereignet sich dieß oͤfter; allein es bringt
                              keinen Schaden, weil diese Kessel beim Einsinken eine staͤrkere Form
                              bekommen, waͤhrend die runden Kessel beim Einsinken eine schwaͤchere
                              Form annehmen. Es ist nicht bekannt, daß die Roͤhre eines
                              gewoͤhnlichen Kessels am Grunde geborsten waͤre; an den Kesseln der
                              Victoria hingegen ereignete sich dieß wegen Enge der Wasserraͤume. Ueberdieß
                              schienen ihm die Platten, aus denen die Kessel der Victoria gebaut waren, auch nicht
                              dik genug. Die gewoͤhnlichen Kessel der auf der Themse fahrenden Dampfboote,
                              auf denen der Druk unter 5 Pfd. per Quadratzoll
                              betraͤgt, haben 3/8 Zoll Dike; die Kessel der Victoria hingegen hatten,
                              obschon sie mit einem hoͤheren Druke betrieben wurde, nur 1/4 Zoll Dike.
                              Ferner erschienen ihm die Kessel der Victoria auch noch deßhalb sehr
                              gefaͤhrlich, weil sich in ihnen sehr leicht eine Incrustation bilden
                              konnte.
                           John Seaward, Ingenieur und Glied des bekannten Hauses Seaward und Comp.,
                              haͤlt gleichfalls die Wasserraͤume der Victoria fuͤr viel zu
                              klein im Verhaͤltnisse zu der großen Feuerstelle. Das Wasser mußte hiebei
                              seiner Ansicht nach viel zu heftig aufsieden, so daß Gefahr seiner
                              gaͤnzlichen Austreibung aus diesen Raͤumen und mithin Ueberhizung
                              ihrer Waͤnde entstund. Es scheint ihm unmoͤglich, unter diesen
                              Umstaͤnden eine regelmaͤßige Speisung zu unterhalten, und sich vor
                              Taͤuschung uͤber den wahren Stand des Wassers im Kessel zu verwahren.
                              Es ist z.B. moͤglich, daß ein Kessel nicht rasch genug so viel Dampf erzeugt,
                              als die Maschine zu ihrer vollen Thaͤtigkeit braucht; und daß der Druk im
                              Kessel unter den Druk der Luft herabsinkt. Je geringer aber dieser Druk, um so
                              rascher wird das Wasser im Kessel aufsieden; und wenn unter derlei Umstaͤnden
                              die Maschinen ploͤzlich angehalten werden, so wird sich der Druk im Kessel in
                              wenigen Minuten auf 8 oder 10 Pfd. steigern. Bei einem solchen Druke wird der
                              Wasserstand im Kessel um 12 bis 15 Zoll fallen, wodurch der obere Theil des
                              Feuerzuges Noten gelegt werden duͤrfte, und ohne Nachlaͤssigkeit des
                              Heizers zum Rothgluͤhen kommen kann. – Ferner haͤlt auch Seaward die Kesselplatten der Victoria, obwohl er das
                              Material fuͤr ganz gut erklaͤrt, fuͤr zu duͤnn; da sie
                              nach seiner Ansicht wenigstens 3/8 Zoll Dike haͤtten haben sollen. –
                              In Bezug auf die Sicherheitsventile aͤußerte er, daß sie 96,6 Zoll
                              Flaͤchenraum hatten, und daß, da das Gesammtgewicht auf ihnen 1033 Pfd.
                              betrug, 13 1/2 Pfd. auf den Quadratzoll kamen. Es war aber ferner an dem Ventile ein
                              Gegengewicht und ein Hebel angebracht, deren Nettogewicht 50 1/2 Pfd. betrug; wurde
                              dieses Gewicht auf das Ende des Hebels verschoben, so nahm die Belastung des
                              Ventiles um 2 Pfd. per Quadratzoll ab, so daß das Ventil
                              nur mehr 11 1/2 Pfd. Belastung behielt. Er sah nie ein auf diese Art eingerichtetes
                              Sicherheitsventil, und tadelt es, daß der Ingenieur nicht von dem Maschinenraume aus
                              auf das Ventil wirken konnte, da dieß in gewissen Faͤllen dringend nothwendig
                              werden kann. – Schließlich erklaͤrte er, daß er die Hauptursache der
                              Explosion in der Schwaͤche der Kesselplatten zu suchen geneigt sey, und daß
                              die Enge der Wasserraͤume noch mitgeholfen haben duͤrfte.
                           John Dawley, Werkfuͤhrer der HHrn. Seaward und Comp., stimmte den lezten Aussagen bei, und
                              sagte, daß an Kesseln von 6 Fuß Durchmesser, welche einen Druk von 10 Pfd. auf den
                              Quadratzoll aushalten sollen, das Eisen wenigstens 3/8 Zoll Dike haben
                              muͤsse. Den Wasserraͤumen, welche auch er zu klein fand, gibt er
                              selten weniger als 5, nie unter 4 Zoll Weite. Er glaubt nicht, daß die Kessel
                              uͤber die zur Dampferzeugung noͤthige Temperatur erhizt worden, und
                              zum Rothgluͤhen, bei dem das Eisen um 1/3 schwaͤcher wird, kamen;
                              sondern daß die Explosion ihren Grund in der Schwaͤche der
                              Kesselwaͤnde hatte.
                           Hr. Peter Ewart, Hauptingenieur und Maschineninspector der
                              Admiralitaͤt, der auf Ansuchen der Jury von dem Staatssecretariate des Innern
                              zur Untersuchung der Victoria abgesendet worden, gab folgende Aufschluͤsse.
                              Die Kessel der Victoria sind so gebaut, daß der Druk von 3 bis zu 13 1/2 Pfd.
                              variiren kann. Das Maximum des sogenannten niederen Drukes betraͤgt 5 Pfd.;
                              gewoͤhnlich betraͤgt dieser Druk aber nur 3 Pfd. Auf den Dampfbooten
                              der koͤnigl. Marine, welche vierekige Kessel hat, findet gewoͤhnlich
                              ein Druk von 4 Pfd. per Quadratzoll Statt, und es ist
                              Befehl gegeben, diesen Druk nie uͤber 5 Pfd. zu treiben. Bei gleicher
                              Staͤrke des Metalles sind kreisrunde Kessel, wenn sie nicht zu groß sind,
                              staͤrker als vierekige. Im Allgemeinen ereigneten sich mit Hochdrukmaschinen
                              mehr ernstliche Unfaͤlle, als mit Maschinen von niederem Druke; doch kamen in
                              Cornwallis, wo man Maschinen ersterer Art hat, in lezter Zeit sehr wenige
                              Ungluͤksfaͤlle vor. Die Kessel der Victoria, welche man aus der
                              Zeichnung auf Tab. II ersieht, hatten eine beinahe ovale Form von 6 Fuß 5 Zoll
                              Durchmesser und mit 2 1/2 Zoll Raum zwischen den Seitenwaͤnden. Die
                              Eisenplatten, aus denen sie gebaut waren, hatten nur 3/8 Zoll Dike. Auf den Boden
                              der Kessel druͤkten 9 Fuß Wasser, so daß der Gesammtdruk auf den Boden 17
                              Pfd. betrug. Die Wasserraͤume, welche an den in Cornwallis
                              gebraͤuchlichen Kesseln um die Feuerzuͤge herum gelassen sind, haben
                              wenigstens 6 Zoll; und anstatt ganz mit Wasser gefuͤllt zu seyn, ist an ihrem
                              oberen Theile fuͤr den Dampf Raum gelassen. Die Platten dieser Kessel haben
                              gewoͤhnlich 1/2 Zoll Dike, und ihre Ventile sind meistens mit 45 Pfd. auf den
                              Quadratzoll belastet. Dieß sind die wesentlichen Unterschiede zwischen den Kesseln
                              von Cornwallis und jenem der Victoria, und auf diesen Unterschieden beruht
                              hauptsaͤchlich die groͤßere Sicherheit der ersteren. Beinahe alle
                              Zugdampfboote auf der Themse haben Hochdrukkessel nach dem in Cornwallis
                              uͤblichen Principe, und es kamen in den lezten Jahren nur sehr wenige
                              Unfaͤlle an denselben vor.
                           Der untere Theil des Feuercylinders, den man in dem Laͤngendurchschnitte, Fig. 1, sieht,
                              und der urspruͤnglich gerade war, war nach der Explosion um 2 Zoll nach
                              Aufwaͤrts gebogen und auseinander gerissen. Die Platten hatten an dieser
                              Stelle etwas mehr als 1/4 Zoll Dike; dagegen war das Eisen 5 Fuß weiter vorne, wo es
                              dem Druke nur sehr wenig nachgegeben hatte, beinahe um ein Viertheil diker als an
                              der Bruchstelle.
                           Was die Ursache betrifft, warum die Victoria auf ihrer lezten Fahrt nicht genug Dampf
                              erzeugen konnte, so scheint diese in den kuͤrzlich an den beiden mittleren
                              Feuerstellen gemachten Veraͤnderungen, in Folge deren es an einem
                              gehoͤrigen Luftzuge fehlte, zu suchen. Die Wasserraͤume waren schon
                              uͤberhaupt zu klein; besonders aber bei der Groͤße der Feuerstellen
                              der Victoria. Die Feuerstelle unter dem geborstenen Kessel hatte eine ganz
                              ungewoͤhnliche Groͤße, weßhalb die Hize auf einen hohen Grad getrieben
                              werden konnte. Der benachbarte Kessel erlitt nur eine geringe
                              Formveraͤnderung, weil sein Ofen nicht so heftig geheizt werden konnte. Wegen
                              Mangel an Dampf mußten die Oefen viel staͤrker geheizt werden, als vor der an
                              ihnen vorgenommenen Aenderung; und am hoͤchsten mußte das Feuer unter dem
                              geborstenen Kessel getrieben worden seyn.
                           Die vier Querdurchschnitte in Fig. 4 bis 7 zeigen den Gang des
                              Einsinkens. An dem Durchschnitte Fig. 4, der eine kleine
                              Streke hinter dem Stege genommen ist, sieht man den obern Theil des Feuercylinders
                              stark eingesunken. An dem Durchschnitte Fig. 5, welcher in der
                              Naͤhe des Hauptrisses genommen ist, ist der Cylinder ganz außerordentlich
                              eingesunken. Der Durchschnitt Fig. 6 ist 4 Fuß
                              uͤber dem Hauptrisse hinaus an einer Stelle, an der sich ein kleinerer Riß
                              befand, gefuͤhrt. Der Durchschnitt Fig. 7 endlich ist an
                              einer 7 1/2 Fuß weiter zuruͤk gelegenen Stelle genommen. Fig. 8 zeigt das andere
                              unveraͤndert gebliebene Kesselende. Dieses Einsinken wuͤrde gar nicht
                              oder wenigstens in viel geringerem Grade Statt gefunden haben, wenn die Kessel nach
                              dem in Cornwallis gebraͤuchlichen, aus Fig. 9 ersichtlichen
                              Systeme gebaut gewesen waͤren.
                           Ich glaube nicht, daß durch ein Schwanken des Bootes das Wasser aus den engen
                              Wasserraͤumen geschleudert werden konnte; wohl aber glaube ich, daß bei der
                              uͤbermaͤßigen Hize der Dampf das Wasser aus einem Theile der
                              Wasserraͤume auszutreiben im Stande war, so daß das Eisen zum
                              Rothgluͤhen kommen konnte. Durch die Heftigkeit des Aufsiedens konnte der
                              Maschinist allerdings bei der Pruͤfung der Speisungs- und
                              Aichhaͤhne getaͤuscht werden. Ich glaube nicht, daß in dem Falle, um
                              den es sich hier handelt, irgend ein Gas oder ein Vacuum erzeugt wurde; denn die
                              Kessel waren beinahe neu, und keineswegs so oxydirt, daß eine solche
                              Veraͤnderung der Gase haͤtte vor sich gehen koͤnnen. Nur an
                              einer Stelle loͤste sich eine Schuppe ab, die aber auch keine solche Wirkung
                              haben konnte.
                           Ich finde es ganz fehlerhaft, daß der Maschinist von dem Maschinenraume aus nicht
                              direct auf das Sicherheitsventil wirken konnte, wie es an allen Dampfbooten der
                              koͤniglichen Marine der Fall ist. Die Ventile der Victoria waren sehr
                              ungeeignet angebracht, und zwar nicht nur in einer zu großen Entfernung von dem
                              Maschinenraume, sondern an einem Orte, an dem sie leicht und auf gefaͤhrliche
                              Weise von Jedermann mit Hebelgewichten belastet werden konnten. An allen Booten, die
                              unter meiner Aufsicht stehen, ist das auf das Sicherheitsventil gelegte Gewicht so
                              angebracht, daß es nicht vergroͤßert werden kann, ohne daß ein Theil des Kesselapparates
                              abgenommen wird, wozu viele Zeit erforderlich ist. Die Glasmanometer,
                              Aichhaͤhne und Speisungshaͤhne der Victoria waren von
                              gewoͤhnlicher Art; der Dampfmesser aber befand sich ungeeignet in zu großer
                              Entfernung von dem Maschinisten, so daß dieser denselben nicht gehoͤrig
                              beobachten konnte. Die von der Maschine aus in Thaͤtigkeit gesezten
                              Speisungspumpen wurden von dem Maschinisten regulirt. Das Ventil der Pumpen, welches
                              zur Wegschaffung des uͤberschuͤssigen Wassers diente, war ganz
                              geeignet an einem Orte angebracht, an dem es der Maschinist sehen und daraus
                              abnehmen konnte, ob die Pumpe gehoͤrig arbeitete oder nicht. – Ob der
                              Kessel rothgluͤhend gewesen oder nicht, vermag ich nicht zu entscheiden, da
                              sich dieß nur dann mit Bestimmtheit erkennen laͤßt, wenn das Eisen
                              laͤngere Zelt uͤber in diesem Zustande gewesen.
                           Das zeitweise Absperren der Speisungshaͤhne bringt, wenn es nur fuͤr
                              kurze Zeit uͤber geschieht, keine Gefahr; und meiner Berechnung nach
                              haͤtten die fraglichen Haͤhne drei Stunden lang abgesperrt gewesen
                              seyn muͤssen, ehe die Kessel in solchem Maaße troken gelegt wurden, daß die
                              geborstenen Stellen einer intensiven Hize ausgesezt waren. Ich glaube, daß das
                              untere Einsinken am Boden des Feuerzuges so fruͤh stattgefunden haben muß,
                              als das Einsinken an irgend einer anderen Kesselstelle; und zwar weil gerade hier
                              die Einsinkung am staͤrksten ist; weil sich 9 Fuß weiter zuruͤk ein
                              zweiter Riß vorfindet; und weil beide Risse gleichzeitig entstanden seyn
                              muͤssen, indem sonst der zuerst entstandene einem zweiten vorgebeugt haben
                              wuͤrde. Es ist uͤbrigens nicht wohl denkbar, daß 10 Personen so blind
                              gewesen seyn sollten, den Hahn auch nur eine halbe Stunde lang, viel weniger drei
                              Stunden hindurch gesperrt zu lassen.
                           Der den Heizern gegoͤnnte Raum ist an der Victoria sehr beschraͤnkt;
                              und da uͤberdieß der Rauchfang durch das Schuͤrloch geht und die
                              Ausstrahlung durch keinen Mantel beschraͤnkt ist, so muß dieser Aufenthalt
                              fuͤr die Heizer wirklich sehr beschwerlich gewesen seyn. Doch hat dieß nichts
                              mit der Explosion zu schaffen.
                           Ich kann nicht sagen, von welcher Dike die zu Hochdrukmaschinen bestimmten Platten
                              seyn muͤssen. Die Amerikaner, welche, zahlreicher Unfaͤlle ungeachtet,
                              diesen Maschinen anhingen, schienen sich in lezterer Zeit nun auch den Maschinen mit
                              niederem Druke zugewendet zu haben. Ich halte es nicht fuͤr noͤthig,
                              die Kessel lezterer Art zu probiren; denn ich sah manche Platten durch die bei einem
                              hohen Druke vorgenommene Probe zu Grunde richten, ohne daß man unmittelbar nach der
                              Probe eine Beschaͤdigung daran bemerkt haͤtte.
                           Man kann sich leicht uͤberzeugen, ob eine hinreichende Menge Wasser im Kessel enthalten ist;
                              und zwar mittelst einer Roͤhre, welche bis auf eine gewisse Tiefe in das
                              Wasser untertaucht. Ich habe eine Vorrichtung erfunden, welche den Mangel an Wasser
                              in den Kesseln durch ein Geraͤusch; einen zu großen Druk im Kessel oder eine
                              Stoͤrung im Spiele der Sicherheitsventile hingegen dadurch andeutet, daß
                              Dampf bei einer kleinen Roͤhre austritt. Vier Boote der Admiralitaͤt
                              sind bereits mit dieser Vorrichtung ausgestattet, und es ist Befehl zu deren
                              allgemeinen Einfuͤhrung gegeben.
                           Hr. John Fairey, Ingenieur, gab an, daß der eingesunkene
                              Feuerzug zwei Risse bekam, von denen der eine am Boden 6, der andere an der Seite 4
                              Fuß Laͤnge hatte, und aus denen Wasser und Dampf mit solcher Heftigkeit
                              austraten, daß das Mauerwerk dadurch weggeschwemmt wurde. Außerdem befanden sich
                              auch noch an der Leitungsroͤhre zwei kleine Spruͤnge. Da wo das Metall
                              nachgegeben hatte, war es im Durchschnitte 1/4 Zoll dik; der Rand, welcher nicht
                              nachgab, war um 1/32 Zoll diker. Die Wasserraͤume waren im
                              Verhaͤltnisse zu den Feuerstellen, welche 6 Fuß Weite und 9 Fuß Laͤnge
                              hatten, waͤhrend sie sonst gewoͤhnlich nur 2 Fuß 6 Zoll Weite bei 9
                              Fuß Laͤnge haben, zu eng. An den Dampfwagen, an denen man der Leichtigkeit
                              halber auf kleine Wasserraͤume kam, wurde das Wasser, wenn das Feuer
                              unverhaͤltnißmaͤßig stark war, stets aus den Raͤumen
                              ausgetrieben, wo dann das Eisen zum Rothgluͤhen kam. In diesem Umstande
                              findet Fairey eine der Hauptursachen, warum die
                              Dampfwagenfahrt auf den Landstraßen nicht gedeihen konnte. Das starke Aufwallen,
                              welches in solchen Faͤllen eintritt, laͤßt nicht zu, daß das Wasser
                              gegen das Metall angedruͤkt wird, woraus folgt, daß der erzeugte Dampf sich
                              mit Wasser vermengt. Diese Schwierigkeiten ergeben sich mit Dampf von hohem Druke
                              wegen des verminderten Umfanges haͤufiger, als mit Dampf von niederem Druke;
                              folglich brauchen auch Hochdrukkessel, um gleiche Sicherheit zu gewaͤhren,
                              keine so großen Wasserraͤume als Kessel von niederem Druke. Da sich an der
                              Victoria die zuruͤkfuͤhrenden Feuerzuͤge am Grunde der
                              Feuerzuͤge befanden, so mußte all der am Grunde erzeugte Dampf durch die
                              engen Wasserraͤume emporsteigen, so daß diese mit einem Gemische von Wasser
                              und Dampf erfuͤllt wurden. – Die Kessel der Victoria unterlagen dem
                              bedeutenden Druke von 10 Pfd. auf den Quadr. Zoll; waͤhrend an den
                              gewoͤhnlichen Dampfbooten und jenen der koͤniglichen Marine der Druk
                              nur 4 Pfd. betraͤgt. Die Concurrenz treibt die Dampfbootbesizer zur Anwendung
                              von hohem Druke; und die Legislation ist in diesem Punkte, wie die zweimalige vor
                              dem Parlamente hieruͤber gepflogene Verhandlung bewies, sehr schwierig, da
                              sie kein Maaß fuͤr die Vollkommenheit gibt, und da man Verbesserungen doch auch nicht
                              beschraͤnken darf. Die in Frankreich geltende Verordnung verlangt
                              hauptsaͤchlich eine Probe der Kessel, und seither sind auch weniger
                              Explosionen in diesem Lande vorgefallen. Maschinen von niederem Druke mit 4 Pfd.
                              Druk auf den Quadr. Zoll sind unstreitig die besten. In Frankreich sind die Wolfe'schen Hochdrukmaschinen in Gunst, und diese Kessel
                              sind auch wirklich besser als die englischen Hochdrukkessel. – Die auf der
                              Victoria vorgefallene Explosion ward unstreitig durch einen Zusammenfluß
                              unguͤnstiger Umstaͤnde hervorgebracht. Die Feuer mußten zu stark
                              erhalten werden, wenn die Maschine ihre Schuldigkeit thun sollte; die
                              Wasserraͤume waren im Vergleiche mit der Groͤße der Roste zu klein;
                              das Metall des inneren Cylinders war zu duͤnn; die Belastung der
                              Sicherheitsventile war groͤßer, als sie sich mit einem derlei Cylinder
                              vertraͤgt; die uͤber den Kesseln befindlichen Wassermassen hatten zu
                              geringe Ausdehnung.
                           David Napier, Ingenieur von Blackwall, nach dessen
                              Zeichnungen die Kessel der Victoria gebaut worden, aͤußert sich in der
                              Hauptsache wie folgt: Ich baute den Kessel fuͤr das erste Dampfboot (der
                              Comet), welches in Europa praktisch verwendet wurde. Ich baute den Rob Roy, das
                              erste Dampfboot, welches auf offener See erschien. Ich baute die Maschinen
                              fuͤr den Belfast, die Eclipse, den Superb, den Majestic und viele andere
                              ausgezeichnete Dampfboote. Der Loch Lomond, dessen Kessel ganz nach demselben
                              Principe, wie jene der Victoria gebaut sind, fuhr drei Jahre hindurch ohne den
                              geringsten Unfall und ohne auch nur einen Heller fuͤr Reparaturen erfordert
                              zu haben; und in Glasgow ist man so sehr von der Tauglichkeit dieses Systemes
                              uͤberzeugt, daß noch vor einem Monate mehrere dortige Ingenieure sich
                              dasselbe copirten. An dem Chieftain, den ich fuͤr das mittellaͤndische
                              Meer baute, dessen Kessel aber etwas kleiner sind, haben die Wasserraͤume nur
                              1 1/2 Zoll, waͤhrend die Feuerstellen 5 Fuß im Durchmesser haben, und doch
                              ereignete sich mit diesem Kessel, der nur 1/4 Zoll Metalldike hat, nie ein
                              Ungluͤk. Kein Maschinist, der seine Schuldigkeit thut, kann durch das
                              Aufsieden des Wassers getaͤuscht werden; er wird stets das Wasser auf
                              gleicher Hoͤhe erhalten, und die Speisungshaͤhne hienach reguliren.
                              Ich weiß nicht auf wessen Anordnung die Veraͤnderungen an dem Roste
                              vorgenommen wurden. Als die Maschinen des Zusammenstoßes mit dem Kohlenschiffe wegen
                              angehalten wurden, mußte sich Dampf ansammeln und hiedurch ward die Explosion
                              hervorgebracht, da der Maschinist seine Pflicht verfehlte und das Ventil nicht
                              erleichterte. Bei der Ueberhizung der Kessel mußte ihnen schon ein geringer Druk des
                              Dampfes verderblich werden; und es ist wirklich hoͤchst einfaͤltig, daß der Maschinist das
                              an dem Hebel angebrachte Extragewicht nicht beseitigte, da hiedurch der Explosion
                              gewiß vorgebeugt worden waͤre. Die mehrerwaͤhnte Austreibung des
                              Wassers aus den Wasserraͤumen ist meiner Meinung nach reiner Unsinn, und ich
                              bin bereit, den Armen der Pfarre Shadwell 10,000 Pfd. St. zu bezahlen, wenn mir
                              Jemand beweist, daß diese Austreibung wirklich stattfindet. Ich habe eine nicht
                              unbedeutende Summe Geldes in Dampfwagen gestekt, und kann versichern, daß das
                              Mißlingen dieser Unternehmungen nicht durch die Austreibung des Wassers aus den
                              engen Wasserraͤumen, sondern durch das große Gewicht der Wagen bedingt war.
                              Ich halte Kesselplatten von 1/4 Zoll Dike fuͤr genuͤgend, wenn
                              dieselben bei der Probe einen dreimal groͤßeren Druk aushalten, als sie an
                              den Kesseln auszuhalten bestimmt sind. Selbst eine doppelt groͤßere Dike wird
                              nichts helfen, wenn man den Kessel rothgluͤhend werden laͤßt. Die
                              Cornwalliser Landkessel koͤnnen nicht fuͤr die See benuͤzt
                              werden. Die Sicherheitsventile der Victoria konnten meiner Meinung nach nicht besser
                              placirt seyn. Die Methode, nach welcher Hr. Ewart den
                              Wassermangel in den Kesseln erkennen will, ward von mir schon vor 20 Jahren probirt,
                              entsprach aber an mehreren Fahrzeugen den Erwartungen nicht.
                           George Herman Barth, Chemiker, der sich lange Zeit mit
                              Erforschung der Kesselexplosionen beschaͤftigte, ist der Ansicht, daß die
                              Mehrzahl der Explosionen nicht durch die Expansivkraft des Dampfes, sondern durch
                              eine Zersezung desselben veranlaßt werde. Wenn der Dampf rascher erzeugt als
                              verbraucht wird, und die Sicherheitsventile aus irgend einem Grunde nicht
                              gehoͤrig arbeiten, so wird der Kessel endlich an der schwaͤchsten
                              Stelle in Folge des zu stark gewordenen Drukes bersten. Mit diesem Bersten kann
                              nicht wohl ein Einsinken irgend eines Kesseltheiles verbunden seyn; denn das Bersten
                              wird durch einen Druk von Innen nach Außen; das Einsinken hingegen durch einen Druk
                              von Außen nach Innen bewirkt. Wenn sich Wasser und Dampf im Kessel auf niedriger
                              Temperatur, und mithin auf niederem Druke befinden, so kann durch das
                              ploͤzliche Eintreiben von kaltem Wasser ein theilweises Vacuum, und in Folge
                              dessen ein Riß durch Einsinken entstehen. Ich weiß einen Fall, wo dieß wirklich
                              Statt fand. Ebenso kann ein Kessel aus der von Hrn. Seaward angegebenen Ursache einsinken. Die Explosion auf der Victoria
                              scheint mir jedoch durch keine dieser Ursachen, sondern durch Zersezung des Dampfes
                              und Erzeugung von Gasen veranlaßt worden zu seyn. Der große Riß an einem ihrer
                              Kessel scheint dem Aussehen nach durch eine von Innen nach Außen wirkende Gewalt
                              hervorgebracht; die kleineren Spruͤnge, die Verdrehung und das Einsinken
                              hingegen koͤnnen durch ein Vacuum oder einen von Außen nach Innen wirkenden Druk erzeugt worden
                              seyn. Dem Aussehen nach schloß ich, daß der Kessel rothgluͤhend gewesen.
                              Schuppen, die sich beim Anschlagen mit dem Hammer von seinen inneren Waͤnden
                              abloͤsten, bewaͤhrten sich bei der Analyse als Eisenoxyd; und dieß ist
                              ein Beweis mehr, daß der Kessel entweder zur Zeit der Explosion oder vor dieser
                              rothgluͤhend gewesen seyn mußte. Wahrscheinlich war dieß zur Zeit der lezten
                              Explosion, indem der Kessel schon fruͤher gesprungen waͤre, wenn er
                              fruͤher rothgluͤhend geworden. Das Rothgluͤhen des Eisens ist
                              ein schlagender Beweis fuͤr die Zersezung des Dampfes; denn es ist
                              unmoͤglich, daß Dampf oder Wasser mit rothgluͤhendem Eisen in
                              Beruͤhrung kommt, ohne dabei eine Zersezung zu erleiden. Der Kessel der
                              Victoria kann auf zweierlei Weise durch das aus dem Dampfe entwikelte Gas
                              zerstoͤrt worden seyn; da es aber nicht zu ermitteln ist, bis auf welchen
                              Grad das Kesselmetall erhizt gewesen, so laͤßt sich nicht wohl mit
                              Bestimmtheit sagen, auf welche Weise dieß in dem fraglichen Falle geschah: und zwar
                              um so weniger, als das Aussehen in beiden Faͤllen so ziemlich dasselbe ist.
                              Wenn das Eisen bloß zum dunkeln Rothgluͤhen kommt, so wird der damit in
                              Beruͤhrung kommende Dampf zersezt und das Eisen oxydirt. Es verliert hiebei
                              sowohl durch die Erhizung als auch durch die Oxydirung an seiner Staͤrke; und
                              da das erzeugte Wasserstoffgas gleichzeitig bedeutend ausgedehnt wird, so kommt das
                              geschwaͤchte Metall durch dessen Druk zum Bruche. Das Gas entweicht dann mit
                              Dampf gemengt durch den Riß in die Feuerstelle, vermischt sich daselbst mit Luft und
                              explodirt sodann mit Heftigkeit. Da diese Explosion an einem geschlossenen Orte
                              erfolgt, so wird durch sie nicht nur die Gluth und Asche hinausgeworfen, sondern es
                              entsteht zugleich auch eine Verbiegung des Eisens des Kessels, so daß es wie
                              eingefallen aussieht. Wenn aber das Eisen im Momente der Explosion hellroth
                              gluͤhte, so muß es vorher schon dunkel gegluͤht und dadurch Dampf
                              zersezt haben. In diesem Falle wird ein Theil des Wasserstoffgases in den
                              Wassercanaͤlen zuruͤkbleiben; und wenn das vorher oxydirte Metall auf
                              die hoͤhere Temperatur gelangt ist, so wird das zuruͤkgebliebene
                              Wasserstoffgas dem Metalle seinen Sauerstoff entziehen und sich so rasch damit
                              verbinden, daß eine gewaltsame Expansion und unmittelbar darauf eine Verdichtung und
                              in deren Folge ein Vacuum entsteht. Gibt man mir zu, daß der Kessel zur Zeit der
                              Explosion rothgluͤhend war, so muß die Explosion durch eine dieser beiden
                              Ursachen hervorgebracht worden seyn. Es ist dieß keine bloße Hypothese, sondern eine
                              auf Thatsachen gegruͤndete Ansicht. – Was nun die Ursache betrifft,
                              wegen der das Eisen zum Rothgluͤhen kam, so glaube ich nicht, daß die Wasserraͤume des
                              geborstenen Kessels der Victoria haͤtten zum Rothgluͤhen kommen
                              koͤnnen, wenn das Wasser in ihnen so hoch erhalten worden waͤre, wie
                              der Boden der glaͤsernen Manometer gelegen ist. Die Hize wird zwar allerdings
                              das Wasser schnell aus den engen Wasserraͤumen hinaustreiben; allein wenn
                              sich Wasser uͤber ihnen befindet und die Communication besteht, so wird die
                              Hize die Ruͤkkehr des Wassers nicht verhuͤten; und obschon es
                              allerdings in Kuͤrze abermal ausgetrieben werden wird, so wird das Eisen doch
                              nicht zum Rothgluͤhen kommen, ja nicht einmal eine den Siedepunkt des Wassers
                              wesentlich uͤbersteigende Temperatur erlangen. Den Beweis hiefuͤr gibt
                              der Umstand, daß Wasser, welches in einer senkrechten Roͤhre enthalten ist,
                              durch Erhizung nicht in einem ununterbrochenen Strome, sondern stoßweise
                              ausgetrieben wird. Ich schließe hieraus, daß das Eisen wegen mangelhafter Speisung
                              des Kessels zum Rothgluͤhen kam. Das Absperren der Speisungshaͤhne
                              kann dieß veranlassen; und es scheint mir nicht moͤglich, genau die Zeit zu
                              berechnen, waͤhrend welcher die Haͤhne geschlossen gewesen seyn
                              mußten. Man kennt allerdings den Wassergehalt des Kessels; allein man muͤßte
                              eben so genau auch die Heizkraft des Ofens kennen. Die zur Verdampfung einer
                              bestimmten Wassermenge noͤthige Zeit haͤngt nicht bloß von der
                              aufgewendeten Hize, sondern auch von dem auf dessen Oberflaͤche
                              stattfindenden Druke ab. Es waͤre ferner zu erforschen, ob die Speisung nicht
                              zufaͤllig und ohne Absperrung der Speisungshaͤhne unterbrochen worden.
                              – Bemerken muß ich ferner, daß die Klugheit gebietet, da, wo die Platten
                              einer staͤrkeren Einwirkung des Feuers ausgesezt sind, ihnen auch eine
                              groͤßere Dike zu geben. Ich glaube nicht, daß es moͤglich ist, bei
                              gehoͤriger Speisung des Kessels und bei einer gewoͤhnlichen Temperatur
                              Eisen zum Gluͤhen zu bringen, ausgenommen unter einem Druke von 1000 Pfd. auf
                              den Quadr. Zoll. Ein kupferner Kessel wuͤrde unter den angegebenen, die
                              Zersezung des Dampfes begleitenden Umstaͤnden nicht geborsten seyn, und daher
                              sollte man, wie mir scheint, nur kupferne Kessel dulden.
                           William Harker, Werkmeister der Dampfboot-Compagnie
                              in Hull, gab an, daß er die Kessel der Victoria im September 1837 (also ein halbes
                              Jahr vor der ersten im Maͤrz vorgefallenen Explosion), mit einer
                              hydraulischen Pumpe probirte, und daß sie einen Druk von 50 Pfd. auf den Quadr. Zoll
                              aushielten, ohne daß eine Platte oder auch nur eine Niete nachgegeben haͤtte.
                              Er kennt uͤbrigens keine Methode, nach welcher die Dimensionen der Kessel vor
                              und nach der Probe ermittelt werden koͤnnen.
                           Andrew Massey, Werkmeister der HHrn. Fairburn und Comp., leitete die Reparaturen nach der ersten auf der
                              Victoria vorgefallenen Explosion, und sezte einen neuen Feuerzug ein. Es mußte zum Behufe der Reparatur
                              der Kreis um 3 und allmaͤhlich um 5 Zoll erweitert werden, wodurch das Feuer
                              unter demselben kleiner wurde. Wir nahmen Eisen von 5/16 Zoll Dike. Der
                              ausgebesserte Kessel hat bei der lezten Explosion an einer Stelle, an der wir es am
                              wenigsten vermuthet haͤtten, nachgegeben. Nach meiner Ansicht entstand sowohl
                              die erste, als die zweite Explosion in Folge mangelhafter Speisung. In den 20
                              Jahren, seit denen ich Kessel baue, legte ich nie groͤßere, als
                              dreizoͤllige Wasserraͤume. Wir bauen gewoͤhnlich vierekige
                              Kessel aus Platten von 1/4 bis 5/16 Zoll Dike. Diese Kessel arbeiten unter einem
                              Druke von 5, hoͤchstens von 7 Pfd. auf den Quadr. Zoll. Kuͤrzlich
                              probirten wir einen kugelfoͤrmigen Kessel, dessen Platten knapp 1/4 Zoll Dike
                              hatten, und er hielt ganz gut einen Druk von 80 Pfd. aus. Ich glaube nicht, daß die
                              Kessel durch derlei Proben geschwaͤcht werden, und glaube, daß fuͤr
                              die Kessel der Victoria Platten von 1/4 Zoll Dike vollkommen genuͤgend
                              waͤren.
                           William Collick, Ingenieur, hatte auf Hrn. Hall's, eines der Eigenthuͤmer der Victoria,
                              Wunsch Versuche angestellt, um zu erforschen, ob das Wasser durch starke Hize aus
                              einem engen Raume ausgetrieben werden kann. Er nahm eine gekniete Gasroͤhre
                              von 3 Fuß und eine gerade von 10 Fuß Laͤnge, die an dem einen Ende
                              geschlossen war. Er fuͤllte die kurze Roͤhre mit Wasser, so daß 9
                              Gallons Wasser uͤber ihr standen. Er sezte die Roͤhre in ein
                              Schmiedefeuer ein, welches lebhaft angeblasen wurde. Das Wasser ward nicht
                              ausgetrieben, sondern kehrte immer wieder gleich zuruͤk, und die
                              Roͤhre konnte nicht zum Rothgluͤhen gebracht werden. – Bei
                              einem zweiten, mit einem kreisrunden Feuer angestellten Versuche ward eine
                              Roͤhre mitten durch das mit Steinkohlen und Kohks aufgezuͤndete Feuer
                              gelegt. Das Wasser ward zwar aus ihr ausgetrieben, kehrte aber immer sogleich wieder
                              zuruͤk. Die Roͤhre hatte 1 1/2 Zoll Bohrung und 1/8 Zoll
                              Metalldike.
                           Joshua Field, Teilnehmer der beruͤhmten Firma Maudslay und Field, schreibt,
                              nach Pruͤfung des geborstenen Kessels, die Explosionen dem Umstande zu, daß
                              der Feuerzug wegen seines großen Durchmessers und seiner geringen Dike nicht im
                              Stande war, den Druk, dem er ausgesezt wurde, auszuhalten. Die Ventile fand er im
                              Ganzen mit 13 Pfd. auf den Quadr. Zoll belastet, und rechnet man hiezu noch den von
                              dem Wasser auf den Kessel ausgeuͤbten Druk, so gibt dieß im Durchschnitte
                              einen Druk von 15 Pfd. auf den Quadr. Zoll. Der 6 Fuß im Durchmesser weite und kaum
                              uͤber 1/4 Zoll dike Feuerzug hatte mithin auf jeden Quadr. Fuß einen Druk von
                              2160 Pfd. auszuhalten. Es kam also auf jeden Ring von einem Fuß Breite ein Druk von 17, und auf den
                              Feuerzug in seiner ganzen Laͤnge ein Druk von 629 Tonnen. Diesen Druk ertrug
                              er allerdings, so lange er seine cylindrische Form vollkommen beibehielt, und so
                              lange der Druk im ganzen Umfange gleichmaͤßig blieb. Der Druk war aber nicht
                              gleich, sondern er wechselte oben, unten und in der Mitte beinahe um volle 2 Pfd.
                              auf den Quadr. Zoll. Sowie also der Feuerzug in seiner Cylinderform eine
                              Stoͤrung erlitt, war auch der Schlußstein des Gewoͤlbes gebrochen, und
                              es mußte nothwendig ein Einsinken erfolgen. Dieß duͤrfte allein schon zur
                              Erklaͤrung genuͤgen, obschon auch noch andere Ursachen mitgewirkt
                              haben koͤnnen. Ueber den Stand des Wassers im Kessel zur Zeit der Explosion
                              konnte ich mir keine genuͤgenden Aufschluͤsse verschaffen; nach der
                              Beschaffenheit der Platten an der Bruchstelle sollte ich jedoch nicht meinen, daß
                              dieselben gegluͤht haben. Auch ist klar, daß der unterste Theil des Kessels,
                              an dem sich der groͤßte Riß befindet, nicht wohl eher gluͤhend werden
                              konnte, als bis der Kessel beinahe leer war. Waͤre dieß der Fall gewesen, so
                              muͤßte der obere Theil schon lange vorher gegluͤht haben, wovon
                              gleichfalls Spuren vorhanden seyn muͤßten. Die uͤber den Kesseln
                              befindlichen Dampfkammern, in denen sich der Dampf vom Wasser scheiden sollte, waren
                              in 20 Faͤcher abgetheilt, deren Gesammtflaͤchenraum im Vergleiche mit
                              der Groͤße der Kessel und der Menge des in ihm erzeugten Dampfes klein war.
                              Hiedurch wurde das Aufsprudeln verstaͤrkt, und die Wasserlinie wurde
                              unbestimmt, so daß es schwer war, eine so regelmaͤßige und
                              gleichfoͤrmige Speisung zu unterhalten, wie an den gewoͤhnlichen
                              Kesseln, in denen der Dampf von der ganzen Oberflaͤche emporsteigt. Die
                              Wasserraͤume der Victoria sind, namentlich an den Seiten der Feuer, die
                              engsten, die ich je sah, da sie nur 2 1/2 Zoll messen; dagegen sah ich nie
                              groͤßere Feuer. Die Circulation des Wassers durch diese Raͤume konnte
                              deßhalb nur eine verworrene und unvollkommene seyn. Das Feuer mußte, nachdem es
                              durch den erwaͤhnten weiten Feuerzug gestrichen war, durch eine
                              schraͤge Oeffnung in den zwischen diesem und dem benachbarten Kessel
                              befindlichen Raum zuruͤkspielen, um, nachdem es zwischen dem Kesselboden und
                              dem Boden des Schiffes hin gezogen, in den Schornstein, der sich an dem vorderen
                              Ende zwischen den beiden mittleren Feuerthuͤren befindet, zu entweichen.
                              Dieser zuruͤkfuͤhrende Feuerzug ist aus Eisenblech gebaut, und mit
                              Baksteinen gefuͤttert: eine Einrichtung, welche ich fuͤr ganz
                              ungewoͤhnlich und fuͤr hoͤchst feuergefaͤhrlich halte.
                              Die Steinkohlen sind ferner nicht in eisernen Kasten uͤber den Kesseln
                              aufgespeichert, sondern sie liegen unmittelbar auf den Kesseln auf; sie befinden
                              sich also mehrere 100 Quadr. Fuß entlang nur 5–6 Zoll von den der
                              staͤrksten Hize ausgesezten Stellen entfernt; und wenn sie auch, so lange Alles gut geht,
                              durch das aufsiedende Wasser isolirt sind, so muͤssen sie sich doch
                              unvermeidlich entzuͤnden, wenn der Wasserstand aus irgend einer Veranlassung
                              faͤllt.
                           Hr. John Fairey gab in einem nachtraͤglichen
                              Schreiben noch folgende Erklaͤrungen ab. Die besseren Ingenieurs pflegen die
                              Oefen mit ihren Feuerzuͤgen, sowie auch den unteren Theil des Rauchfanges bis
                              zum Verdeke empor mit einem Gehaͤuse zu umschließen, damit alle Theile, an
                              welche Flammen oder Funken gelangen koͤnnen, von allen Seiten mit Wasser oder
                              Dampf umgeben sind. An der Victoria ist dieß weder mit den unter dem unteren Theile
                              der Kessel zuruͤklaufenden Feuerzuͤgen, noch mit dem unteren Theile
                              des Rauchfanges der Fall, so daß ich diesen Bau fuͤr hoͤchst
                              feuergefaͤhrlich halte, namentlich bei den starken Feuern der Victoria. Wenn
                              diese Kessel ja noch einmal gebraucht werden sollten, so ist schon in dieser
                              Hinsicht allein eine aufmerksame Pruͤfung derselben dringend noͤthig.
                              Ich sah ein Fahrzeug unter ganz aͤhnlichen Umstaͤnden in Brand
                              gerathen, was gluͤklicher Weise geschah, so lange dasselbe noch nicht aus dem
                              Flusse in die See gestochen war. Die besseren und ausgezeichneteren Mechaniker
                              befolgen bei dem Baue der fuͤr Dampfboote bestimmten Maschinen der Sicherheit
                              und Dauerhaftigkeit wegen gewisse Regeln, die sich allerdings nicht mit der
                              groͤßten Wohlfeilheit und der Erreichung der moͤglich groͤßten
                              Geschwindigkeit vertragen. Sie bauen die Kessel groß, damit sie eine große Menge
                              Wasser fassen und durch dieses das Feuer so umgeben, daß das Schiff nicht wohl in
                              Brand gerathen kann. Sie machen die Feuerstelle so klein als moͤglich, geben
                              dem Metalle eine bedeutende Dike, den Sicherheitsventilen dagegen eine Belastung,
                              bei der kein starker Druk stattfinden kann. Den Maschinen, welche sie mit aller
                              Sorgfalt arbeiten, geben sie gehoͤrige Dimensionen, und eine Einrichtung,
                              gemaͤß welcher sie allen ihnen zugefuͤhrten Dampf verbrauchen. Sie
                              benuͤzen, ohne Ruͤksicht auf Kosten, die besten Ventile; nehmen
                              durchaus nur Material der besten Art; und geben allen Theilen die gehoͤrige
                              Staͤrke. Solche Kessel und Maschinen sind allerdings schwer, umfangreich und
                              kostspielig; dafuͤr aber auch oͤkonomisch in Hinsicht auf
                              Brennmaterial, dauerhaft und so sicher, daß unter ihnen eine Explosion zu den
                              Seltenheiten gehoͤrt. Leider gibt es aber auch viele Mechaniker, welche
                              entweder mit den von der Sicherheit geheischten Groͤßenverhaͤltnissen
                              gar nicht vertraut sind, oder die sie mißachten, um wohlfeile Maschinen
                              herzustellen, die soviel leisten als die kostspieligeren, allein auf die Gefahr hin,
                              die Passagiere den Flammen oder den Gefahren der Explosionen und anderen
                              Unfaͤllen Preis zu geben.
                           
                           Robert Morton, Ingenieur von Wapping, erklaͤrt, daß
                              die Explosion seiner Ansicht nach durch Wassermangel im Kessel, den man
                              gluͤhend werden ließ, hervorgebracht wurde. Waͤre Wasser uͤber
                              dem Feuerzuge gewesen, so haͤtte dieser nicht gluͤhend werden
                              koͤnnen. Wasserraͤume von 2 1/2 Zoll Weite scheinen ihm weit genug, da
                              das Wasser bei dieser Weite circuliren kann, es mag wie immer aufsieden; und da er
                              ein Austreiben des Wassers aus denselben nicht fuͤr moͤglich
                              haͤlt. Manchmal ziehen die Maschinen Wasser aus den Kesseln. Dieß geschieht,
                              wenn das Wasser beim Aufsieden mit dem Dampfe emporsteigt, in den Cylinder gelangt,
                              dann durch das Ventil in den Verdichter uͤbergeht, und endlich in den
                              Behaͤlter, von dem aus die Kessel gespeist werden, fließt. Manchmal erwachsen
                              uͤble Folgen daraus, wenn dieses Wasser nicht frei durch die Ventile hindurch
                              gelangen kann. Ob an den Ventilen der Victoria hiefuͤr gesorgt war, ist mir
                              nicht bekannt. Das Sicherheitsventil hatte auf die Groͤße des Kessels Weite
                              genug, und war fuͤr einen Druk von 12 Pfd. auf den Quadr. Zoll regulirt. Der
                              Maschinist konnte allerdings nicht von dem Maschinenraume aus auf dasselbe wirken;
                              allein dieß scheint nicht noͤthig, da das Ventil von selbst wirken soll.
                              Uebrigens kann der Maschinist allerdings beim Anhalten des Fahrzeuges zur
                              Verhuͤtung von Gefahr auf das Sicherheitsventil wirken. Die Kesselplatten der
                              Victoria scheinen auch ihm bei dem hohen Druke, womit die Maschine arbeitete, zu
                              duͤnn; obschon seiner Ueberzeugung nach selbst eine um das Doppelte
                              groͤßere Dike nicht hingereicht haben wuͤrde, wenn man die Kessel zum
                              Gluͤhen kommen ließ. Schluͤßlich erklaͤrte er, daß er weder an
                              dem Baue der Kessel, noch an jenem der Maschinen etwas Fehlerhaftes finden
                              koͤnne, und daß er nicht glaube, daß dieselben mehr als andere Kessel der
                              Ueberhizung ausgesezt seyen.
                           John Cordinow, der einzige Heizer, welcher dem Tode
                              entging, obwohl auch er gefaͤhrlich verbruͤht wurde, erklaͤrte
                              im Wesentlichen: Ich bemerkte auf der ganzen Reise nichts, was auf einen Unfall
                              hingedeutet haͤtte. Wegen mangelhaften Zuges in den beiden ausgebesserten
                              Rosten, hatten wir alle Muͤhe, hinreichend Dampf zu erzeugen, und wir
                              steigerten die Feuer auf einen hohen Grad, was jedoch auf der ganzen Reise
                              gleichmaͤßig geschah. Ich wußte nicht, daß das Dampfschiff Wilterforce uns
                              auf den Fersen sey, und dem Maschinisten wurde auch keine Mittheilung
                              hieruͤber gemacht. Es wurden auch im Maschinenraume, in dem ich mich von
                              Gravesend aus bis zum Momente der Explosion befand, durchaus keine groͤßeren
                              Anstrengungen gemacht, als auf dem ganzen Wege. Die Maschine machte 14 bis 17 Hube
                              in der Minute; bisweilen auch 18 1/2 oder 19, was jedoch nie auf der Themse der Fall
                              war. Ich sah die Kessel nie gluͤhen. So oft Befehl gegeben wurde, die
                              Maschine anzuhalten, wurden die Ofenthuͤren jederzeit geoͤffnet und
                              die Speisungshaͤhne abgesperrt, damit der Dampf kein heißes Wasser aus den
                              Kesseln in die Speisungsroͤhren treiben konnte. Ich wuͤßte nicht, daß
                              die Speisungshaͤhne je abgesperrt worden, als wenn zuviel Wasser im Kessel
                              war, wo sie dann nach Umstaͤnden gesperrt und geoͤffnet wurden. Vor
                              dem Zusammenstoß mit dem Kohlenschiffe waren sie nicht gesperrt, was ich ganz gewiß
                              weiß, da ich sie um diese Zeit mit eigener Hand absperrte. Weder ich, noch irgend
                              einer der Heizer sperrte (pinched) die Kessel ab,
                              sondern wir regulirten sie. Ich befand mich an dem Bakbordhebel, als die Explosion
                              erfolgte. Das Wasser sprudelte bestaͤndig in den Kesseln, und ich wußte nie
                              mit Sicherheit, wieviel Wasser im Kessel ist. Das Wasser mochte unter den
                              Aichhaͤhnen gestanden haben; denn wenn die Wassermasse beinahe bis zu dem
                              untersten Hahne gesunken war, so sprudelte sie doch bis zu dem hoͤchsten
                              Hahne hinauf, so daß wir nicht wußten, wie hoch eigentlich der Wasserstand war. Als
                              die Explosion Statt fand, war den Haͤhnen gemaͤß der Wasserstand
                              zwischen dem unteren und dem zweiten Hahne. Die Glasmanometer und Schwimmer gaben
                              uns nie sichere Anhaltspunkte. Das Flußwasser brauste staͤrker auf, als das
                              Seewasser. Die Wasserraͤume scheinen mir zu eng, weßhalb das Feuer ein
                              staͤrkeres Aufsieden als sonst bewirkte. Hinreichend Wasser befand sich
                              meiner Ansicht nach im Kessel, wenn dasselbe 8 Zoll uͤber den
                              Speisungshaͤhnen oder der Oberflaͤche des Feuerzuges stand. Ich war in
                              bestaͤndiger Angst, glaubte aber an keine Gefahr so lange vollauf Wasser im
                              Kessel war. Die anderen Maschinisten waren derselben Meinung. Wir pruͤften
                              deßhalb die Kessel alle drei Minuten, und lernten hieraus, daß das Wasser innerhalb
                              5 Minuten vom obersten zum zweiten Hahn herabsinke. Der Hauptmaschinist konnte die
                              Worte auf den Haͤhnen nicht lesen, wußte aber aus der Uebung, wann die
                              Speisungshaͤhne offen oder geschlossen waren. Er regulirte mit den anderen
                              Maschinisten die Speisung; und da die mittleren Kessel von den seitlichen in ihrer
                              Arbeit unterstuͤzt wurden, so wurde an ersteren die Speisung
                              gewoͤhnlich ganz unterbrochen, waͤhrend an lezteren die
                              Speisungshaͤhne ganz offen waren. Dieß war der Fall, als der Zusammenstoß
                              Statt fand, wo ich dann die lezteren Haͤhne absperrte. Es war dieß allerdings
                              keine regelmaͤßige Bedienung der Kessel; allein diese Kessel erheischten eine
                              solche und dabei zugleich große Aufmerksamkeit. Ich sah nie so duͤnne
                              Kesselplatten, wie sie die Victoria hat.
                           Die Jury that nach 1 1/2stuͤndiger Berathung folgenden Ausspruch: 
                              „Wir sahen nie ein Dampfboot, welches in Bezug auf die Passagiere mit mehr
                                 Glanz, Geschmak und Bequemlichkeit ausgeruͤstet gewesen waͤre; nie
                                 sahen wir aber auch je so wenig auf die Maschinisten und Heizer Ruͤksicht
                                 genommen. Denn der diesen gegoͤnnt Aufenthalt entspricht allen unseren
                                 Begriffen von einem vollendeten Pandaͤmonium. Der Bau der Kessel der
                                 Victoria war unsicher; die Wasserraͤume waren zu eng; die Platten zu
                                 duͤnn. Endlich erklaͤren wir es auch fuͤr hoͤchst
                                 tadelnswuͤrdig, daß die Maschinisten vom Maschinenraume aus keinen
                                 unmittelbaren Einfluß auf das Sicherheitsventil uͤben konnten. Wir
                                 verfallen daher den Kessel und die Dampfmaschine der Victoria in eine Strafe
                                 (Derdand) von 1500 Pfd. Sterl.“
                              
                           
                        
                           Erklaͤrung der Abbildungen.
                           Fig. 1 ist ein
                              Laͤngendurchschnitt des seitlichen Kessels der Victoria, woraus die Risse
                              erhellen.
                           Fig. 2 ist ein
                              Grundriß, aus welchem das Aeußere der beiden benachbarten Kessel, und das Innere des
                              dritten Kessels, dessen obere Haͤlfte weggenommen ist, zu ersehen. Ebenso
                              sieht man den Feuerzug des vierten eingesunkenen Kessels.
                           Fig. 3 ist ein
                              Aufriß, an welchem man den linken Kessel ohne Feuerthuͤren; den zweiten mit
                              solchen; den dritten in einem Durchschnitte hinter ihnen mit dem Stege des Ofens,
                              und den vierten ohne Steg und Roststangen sieht.
                           Fig. 4 zeigt
                              den eingesunkenen Kessel in einem Querdurchschnitte nach der Linie a, b; Fig. 5 ist ein
                              aͤhnlicher Durchschnitt nach der Linie d, c; Fig. 6 ein
                              Durchschnitt nach der Linie e, f; Fig. 7 ein solcher nach
                              der Linie g, h.
                           Fig. 8 zeigt
                              einen Kessel der Victoria in einem Querdurchschnitte. Fig. 9 ist ein
                              aͤhnlicher Durchschnitt eines Kessels, wie man sie in Cornwallis hat.
                           An allen diesen Figuren ist A der Hauptfeuerzug oder die
                              Hauptfeuerroͤhre; B die Wasserroͤhre. C Wasserroͤhren, welche an den Scheitel hinauf
                              fuͤhren. D die aus Baksteinen
                              aufgefuͤhrten Stege der Oefen. E die
                              Wasserraͤume um den Feuerzug herum. F
                              Dampf- und Wasserkammern. G
                              Dampf-Verbindungsroͤhren. H quere
                              Verbindungsroͤhren. K Verbindungsroͤhren
                              fuͤr das Wasser, welche die benachbarten Kessel miteinander verbinden. L die Speisungsroͤhren. M die Speisungshaͤhne. {K}N{/K} die
                              aͤußeren, aus Baksteinen aufgefuͤhrten Feuerzuͤge. O eine aus dem Feuerzuge A
                              in die Feuerzuͤge N fuͤhrende
                              Roͤhre. P der aus Baksteinen gebaute Siz
                              fuͤr den Kessel. R die Roststangen. S der Trichter. T die
                              Einsteigloͤcher in die Wasserroͤhren.
                           
                           W die Wasserlinie. x die
                              Dampfroͤhren. r die Risse. r, p der Hauptriß. s ein losgerissenes
                              Kesselstuͤk.
                           
                        
                           Anhang.
                           Die Verhandlungen, aus denen wir hier einen gedraͤngten Auszug gaben,
                              veranlaßten zwischen Hrn. W. J. Hall, einem der
                              Eigenthuͤmer der Victoria, und Hrn. John Seaward
                              eine Discussion, in Folge deren lezterer im Mechanics'
                                 Magazine No. 786 seine Ansichten uͤber die vergleichsweise
                              Staͤrke der an Hochdrukkesseln verwendeten Roͤhren niederlegte. Wir
                              glauben den hierauf bezuͤglichen Aufsaz im Anhange beifuͤgen zu
                              muͤssen.
                           Die Kraft, mit der eine cylindrische Roͤhre einer von Außen auf sie wirkenden
                              Gewalt widersteht, ist eine ganz andere, als jene, welche dieselbe Roͤhre
                              einem von Innen auf sie wirkenden Druke entgegensezt. In lezterem Falle, wo die
                              Kraft die Roͤhre zu zersprengen oder aus einander zu treiben strebt,
                              laͤßt sich die Kraft des Widerstandes leicht bemessen; denn es ist bekannt,
                              daß sie sich unter diesen Umstaͤnden gerade wie die Dike des Metalles oder
                              umgekehrt wie der Durchmesser der Roͤhre verhaͤlt. In ersterem Falle
                              hingegen, wo der Druk von Außen auf die Roͤhre wirkt, haͤngt deren
                              Staͤrke von ganz anderen Bedingungen ab. Man glaubt allgemein, daß die
                              Staͤrke einer cylindrischen Roͤhre unter derlei Umstaͤnden
                              beinahe unberechenbar groß sey; und es unterliegt dieß auch wirklich keinem Zweifel,
                              wenn der Druk auf die Roͤhre von allen Seiten gleichmaͤßig und die
                              Roͤhre vollkommen genau cylindrisch ist. Hier verhaͤlt sich's
                              naͤmlich wie an einem gut gebauten Gewoͤlbe; denn eine
                              Zerstoͤrung kann nur durch absolutes ineinander Quetschen der Metalltheilchen
                              erfolgen, welches außer aller Wahrscheinlichkeit liegt. Bei der geringsten
                              Abweichung von der richtigen und wahren Cylinderform dagegen wird sich die
                              Roͤhre wie ein Gewoͤlbe ohne Widerlager verhalten, und statt einem
                              beinahe unbegraͤnzten Druke zu widerstehen, wird sie selbst einem
                              verhaͤltnißmaͤßig geringen Druke nachgeben.
                           Praktisch ist es beinahe unmoͤglich, eine vollkommen cylindrische
                              Roͤhre herzustellenAls Beweis hiefuͤr mag dienen, daß man vor ungefaͤhr 15 Jahren
                                    Versuche anstellte zur Ermittlung der Gewalt, welche kupferne Roͤhren
                                    von Außen und von Innen auszuhalten im Stande sind. Die Roͤhren waren
                                    so schoͤn und genau, als sie nur aus Menschenhaͤnden
                                    hervorgehen koͤnnen, und dennoch war schon eine viel geringere Kraft
                                    hinreichend, diese Roͤhren zu zerquetschen, als man anwenden mußte,
                                    um sie durch einen von Innen nach Außen wirkenden Druk zu zersprengen. A. d.
                                    O.; ja das Gewicht des Materiales allein reicht schon hin, eine Stoͤrung
                              zu bewirken. An den Roͤhren der Dampfkessel, welche aus uͤber einander
                              klappenden und durch Nieten verbundenen Platten bestehen, ist dieß schon vollends
                              unmoͤglich. Ueberdieß ist an den horizontalen Roͤhren, wie man sich
                              ihrer an den Dampfkesseln bedient, der Druk kein gleichmaͤßiger; denn
                              waͤhrend der Druk auf den oberen Theil einer Roͤhre von 6 Fuß
                              Durchmesser nur 13 1/2 Pfd. auf den Quadr. Zoll betragen kann, wird er sich an dem
                              unteren Theile beinahe auf 16 1/2 Pfd. steigern, wenn zu diesem Druke noch das
                              Gewicht einer Wassersaͤule von 6 Fuß Hoͤhe hinzugerechnet werden muß.
                              Die Roͤhre wird sich daher in keiner Hinsicht unter den zur hoͤchsten
                              Staͤrke erforderlichen Bedingungen befinden.
                           Wenn aber auch alle diese Schwierigkeiten uͤberwunden sind, so ist in der
                              Praxis doch noch nicht zu erwarten, daß sich die Roͤhre lange Zeit unter den
                              eben beruͤhrten Verhaͤltnissen erhaͤlt. Die ungleiche
                              Ausdehnung und Zusammenziehung der Platten bei dem bestaͤndigen Wechsel in
                              der Temperatur wird bald eine solche Verziehung und Verbiegung bewirken, daß die
                              Roͤhre ihre reine Cylinderform verliert. Dabei darf nicht vergessen werden,
                              daß, wie unbedeutend die Formveraͤnderung auch am Anfange seyn mag, doch von
                              dem Augenblike ihres Eintrittes an die weitere Veraͤnderung rasch
                              fortschreitet. Nicht zu vergessen ist ein bedeutender Unterschied, welcher hier
                              obwaltet. Wenn die von Innen nach Außen wirkende Kraft eine Formveraͤnderung
                              hervorbringt, so ist diese keine, in Folge deren die Roͤhre schwaͤcher
                              wird; denn wenn die Roͤhre fruͤher einem wahren Cylinder ziemlich nahe
                              kam, so wird sie durch jede spaͤter eintretende Veraͤnderung ihrer
                              Form eher an Staͤrke gewinnen, indem man annehmen muß, daß die Metallplatten
                              einen gewissen Grad von Elasticitaͤt besizen, und daß die Roͤhre in
                              Folge dieser jene Form annehmen wird, welche den groͤßten Widerstand bietet.
                              Ganz anders verhaͤlt sich dieß mit einer Roͤhre, welche einen von
                              Außen auf sie wirkenden Druk auszuhalten hat; denn hier bewirkt jede
                              Formveraͤnderung eine immer groͤßer und groͤßer werdende
                              Schwaͤchung. Hiedurch erklaͤrt sich zur Genuͤge, wie eine
                              Roͤhre, die fruͤher recht gut einen Druk von 30 oder 40 Pfd. auf den
                              Quadr. Zoll aushielt, spaͤter unter einem um die Haͤlfte geringeren
                              Druke nachgeben kann.
                           Aus den besagten Gruͤnden ergibt sich, daß man bei der Schaͤzung der
                              absoluten sowohl, als der relativen Staͤrke von Roͤhren, die einem
                              aͤußerlichen Druke ausgesezt sind, nicht von der Idee ausgehen darf, daß die
                              Roͤhren die den groͤßten Widerstand leistende Form besizen; sondern
                              daß man, wenn man sicher gehen will, diese Schaͤzung nur auf die
                              Faͤhigkeit der Platten, aus denen die Roͤhren bestehen, einer quer auf
                              sie wirkenden Gewalt zu widerstehen fußen kann: ganz so, wie man die Staͤrke
                              einer flachen Platte oder eines Balkens schaͤzt, wo die Staͤrke bekanntlich mit dem
                              Quadrate der in der Richtung der Gewalteinwirkung stattfindenden Dike oder Tiefe im
                              Verhaͤltnisse steht. Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, kann man also ganz
                              richtig sagen, daß die Staͤrke der Roͤhren gegen einen
                              aͤußerlichen Druk so verschieden ist, wie das Quadrat der Metalldike; daß sie
                              aber auch umgekehrt, wie das Quadrat des Durchmessers der Roͤhre wechselt,
                              weil durch eine Zunahme des Durchmessers nicht bloß die Hebelkraft, sondern in
                              gleichem Verhaͤltnisse auch die absolute Menge der Kraft erhoͤht
                              wird.
                           Es waͤre jedoch nicht richtig, wenn man annehmen wollte, daß die absolute
                              Staͤrke der in eine Roͤhre gebogenen Platten nicht groͤßer ist,
                              als jene vollkommen ebener Platten; es kann vielmehr keinem Zweifel unterliegen, daß
                              die zu Roͤhren gebogenen Platten eine groͤßere Gewalt aushalten als
                              flache Platten; und daß ihre Staͤrke um so groͤßer seyn wird, je
                              naͤher die Biegung der den groͤßten Widerstand bietenden Form kommt.
                              Hieraus folgt, daß bei der Bestimmung der Staͤrke der einem Druke von Außen
                              ausgesezten Roͤhren außer ihrer Faͤhigkeit einem quer auf sie
                              einwirkenden Druke zu widerstehen, auch noch die durch die Biegung der Platten
                              bedingte Staͤrke in Anschlag zu bringen ist. Da aber leztere Staͤrke
                              gaͤnzlich von der groͤßeren oder geringeren Annaͤherung der
                              Biegung an die Form des groͤßten Widerstandes abhaͤngt; da diese
                              Annaͤherung in jedem einzelnen Falle eine verschiedene ist; und da sie an
                              einer und derselben Roͤhre einem raschen Wechsel unterliegen kann, so
                              laͤßt sich keine allgemeine Regel fuͤr die Bestimmung des aus ihr
                              erwachsenden Gewinnes an Staͤrke aufstellen. Darum handelt es sich aber auch
                              in gegenwaͤrtigem Falle nicht, da ich keine Regel zur Bestimmung der
                              positiven Staͤrke aufstellen will, sondern lediglich eine, wonach man die
                              relative Staͤrke verschiedener Roͤhren bemessen kann. Diese leztere
                              verhaͤlt sich wie gesagt unter uͤbrigens gleichen Umstaͤnden
                              wie das Quadrat der Metalldike oder umgekehrt wie das Quadrat des Durchmessers der
                              Roͤhre. Die positive oder absolute Staͤrke einer solchen Roͤhre
                              laͤßt sich nur durch einen wirklichen Versuch ermitteln; ist dieß aber einmal
                              geschehen, so kann man die Staͤrke anderer Roͤhren nach folgender
                              Regel schaͤzen: Wenn eine Roͤhre von 3 Fuß Durchmesser, welche aus
                              einer Platte von 1/2 Zoll Dike gearbeitet ist, einen bestimmten aͤußeren Druk
                              auszuhalten vermag, welches wird die relative Staͤrke einer Roͤhre von
                              6 Fuß Durchmesser seyn, wenn dieselbe aus einer 1/4zoͤlligen Platte
                              verfertigt ist? Antwort: erstere ist 16 Mal staͤrker als leztere.
                           Handelt es sich hingegen um eine von Innen nach Außen wirkende Gewalt, welche die
                              Roͤhre zu zersprengen strebt, so wird sich die Staͤrke der
                              Roͤhre direct wie die Metalldike und umgekehrt wie die Durchmesser verhalten.
                              Eine Roͤhre von 3 Fuß Durchmesser und 1/2 Zoll Plattendike ist demnach nur 4
                              Mal staͤrker als eine Roͤhre von 6 Fuß Durchmesser mit 1/4 Zoll
                              Plattendike.
                           Diese Regel ist praktisch, leicht anwendbar und sicher; und wenn man ihr bei dem Baue
                              von Hochdrukkesseln folgen will, so bin ich uͤberzeugt, daß dadurch vielen
                              Ungluͤksfaͤllen vorgebeugt werden duͤrfte.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
