| Titel: | Einiges über die Analyse der Runkelrübe. | 
| Fundstelle: | Band 71, Jahrgang 1839, Nr. XXIX., S. 128 | 
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                        XXIX.
                        Einiges uͤber die Analyse der
                           Runkelruͤbe.
                        Aus dem Echo du monde savant 1838, No.
                              390.
                        Einiges uͤber die Analyse der
                           Runkelruͤbe.
                        
                     
                        
                           Die HHrn. Péligot
                              und Decaisne haben
                              gemeinschaftlich die Runkelruͤbe zum Gegenstande ihrer Forschungen gemacht,
                              wobei ersterer den chemischen, lezterer dagegen den anatomischen und physiologischen
                              Theil uͤbernahm. Die Resultate ihrer Arbeiten haben sie in einer Abhandlung
                              niedergelegt, welche am 26. Novbr. 1838 der Akademie der Wissenschaften in Paris
                              uͤbergeben wurde.
                           Hr. Péligot unterwarf die Runkelruͤbe zu
                              verschiedenen Zeiten ihres Wachsthumes der chemischen Analyse, und befolgte bei
                              dieser ein viel einfacheres und dabei wahrscheinlich viel genaueres Verfahren als
                              man bisher einschlug. Er behandelte naͤmlich eine bestimmte Menge
                              sorgfaͤltig getrokneter Ruͤben zuerst mit Weingeist und hierauf mit
                              Wasser, und ermittelte auf diesem Wege zuerst den Gehalt an Wasser und an trokenen
                              Bestandtheilen, und dann jenen an Zuker, Pflanzeneiwiß und an Holzfaser, welche die
                              wesentlichen Bestandtheile der Ruͤben bilden.
                           Bei den wiederholten Analysen, denen er Runkelruͤben von verschiedenem
                              Ursprunge vom Anfange des Monates August an unterwarf, suchte er zu ermitteln, ob
                              sich die verschiedenen Stoffe, aus denen die Ruͤben bestehen, gleichzeitig
                              entwikeln, oder ob die Erzeugung des Zukerstoffes erst nach jener anderer Stoffe und
                              gleichsam auf Kosten einzelner oder mehrerer von ihnen beginne. Es ergab sich ihm
                              hiebei zuvoͤrderst, daß auch die unter gleichen Einfluͤssen des
                              Klima's, des Bodens und der Cultur erzogenen Ruͤben in Hinsicht ihrer
                              Zusamensezung sehr merkliche Unterschiede darbieten. Es stand wegen dieser
                              Unterschiede zu befuͤrchten, daß es nicht moͤglich seyn
                              duͤrfte, den Entwikelungsgang der einzelnen Bestandtheile waͤhrend des
                              Wachsthumes der Ruͤben zu verfolgen. Nach gehoͤriger Ordnung der im
                              Laufe von vier Monaten erlangten hoͤchst zahlreichen analytischen Resultate,
                              und nach genauer Ermittelung der Graͤnzen, innerhalb welcher sich die
                              Unterschiede in der Zusammensezung halten, glaubt sich Hr. Péligot zu der Ansicht berechtigt, daß sich
                                 waͤhrend der ganzen, der Reife der Ruͤben vorangehenden Zeit alle
                                 ihre Bestandtheile gleichzeitig entwikeln, so daß eine und dieselbe
                              Ruͤbe in gleichem Gewichte waͤhrend dieser ganzen Zeit ein gleiches
                              Verhaͤltniß an Wasser, Zuker, Holzfaser etc. zeigt. Ganz anders
                              verhaͤlt sich dieß bekanntlich mit der Entwikelung der Bestandtheile der
                              meisten anderen Theile der Vegetabilien, namentlich der Fruͤchte. So geht z.B. in den
                              Trauben die Entwikelung der Saͤuren lange Zeit jener des Zukers, den sie zur
                              Zeit der Reife enthalten, voraus.
                           An den reifen Runkelruͤben findet man die Proportionalitaͤt, welche
                              fruͤher in den Bestandtheilen vorhanden zu seyn scheint, nicht mehr; und
                              spaͤter tritt eine Verminderung in dem Gehalte an Wasser und mithin in
                              Hinsicht auf das Gewicht ein groͤßerer Gehalt an Zuker ein. So geben z.B.
                              Runkelruͤben, welche waͤhrend ihres Wachsthumes nur 10 bis 12 Proc.
                              fester Bestandtheile zeigten, nach vollendetem Wachsthume 12 bis 15 Proc. Von diesen
                              lezteren festen Bestandtheilen sind 10 bis 12 Proc. krystallisirbarer Zuker; ja Hr.
                              Péligot fand selbst reife Runkelruͤben,
                              die ihm 18 bis 19,5 Proc. trokener Stoffe gaben, und aus denen er 13 bis 14,4 Proc.
                              krystallisirten Rohzuker darstellte. Ihr Saft zeigte 8,2 bis 9° an Baumé's Araͤometer. In so starkem
                              Verhaͤltnisse ward bisher der Zuker wohl noch nie in den Runkelruͤben
                              aufgefunden, was wohl hauptsaͤchlich in der Art der Analyse gelegen seyn
                              duͤrfte; denn diese liefert jezt den krystallisirten Zuker, ohne daß er
                              waͤhrend der Extraction eine Veraͤnderung erleiden konnte.
                           Eine in der Bluͤthe befindliche Runkelruͤbe lieferte 16,5 trokener
                              Stoffe und 9,8 Zuker, woraus hervorzugehen scheint, daß zu dieser Zeit noch keine
                              wesentliche Veraͤnderung in der Runkelruͤbe eingetreten war. Eine
                              samentragende, zweijaͤhrige Runkelruͤbe dagegen enthielt auch keine
                              Spur von Zuker mehr.
                           Die von Hrn. Decaisne angestellten mikroskopischen
                              Untersuchungen bezogen sich auf den Bau oder die Organisation der
                              Runkelruͤbe, und koͤnnen von zwei Gesichtspunkten aus betrachtet
                              werden. Der eine von diesen findet unmittelbare Anwendung auf die Landwirthschaft,
                              und reiht sich daher direct an die Versuche des Hrn. Péligot; der andere hingegen gehoͤrt in das Gebiet der
                              Physiologie, auf welches wir hier nicht eingehen wollen.
                           Die Runkelruͤbe, so wie man sie verarbeitet, kann von dem sogenannten Herz
                              (collet) an in zwei Regionen getheilt werden. Die
                              untere dieser Regionen, welche die eigentliche Wurzel bildet, besteht aus
                              concentrischen gefaͤßreichen Zonen oder Schichten, welche durch mehr oder
                              minder dike Schichten von Schlaͤuchen oder Zellen von einander geschieden
                              sind. Die Gefaͤßroͤhren enthalten keinen Zuker. Von den
                              Schlaͤuchen, welche mehr oder weniger fluͤssigen Zuker enthalten, sind
                              jene, welche die Gefaͤße umgeben, die kleinsten, gedraͤngtesten und
                              zugleich jene, deren Fluͤssigkeit am reichsten an Zuker ist. Sie sind
                              saͤmmtlich durchsichtig und enthalten weder Sazmehl noch krystallisirte Salze. Nie finden
                              sich in den Wurzeln jene Hoͤhlen, welche man die eigentlichen
                              Saftbehaͤlter zu nennen pflegt.
                           Die krautartigen Theile, die sich vom Herz aus uͤber den Boden erheben, zeigen
                              hingegen stets Schlaͤuche, die mit krystallisirten Salzen erfuͤllt
                              sind. An der unter dem Namen der Jaune-blanche, bekannten Varietaͤt
                              von Runkelruͤbe, scheinen diese Krystalle groͤßer als an irgend einer
                              anderen. Diese Salze unterscheiden sich von den Anhaͤufungen kleesaurer
                              Salze, welche man in den zur Familie der Melden (Chenopodiaceae) gehoͤrigen Pflanzen gewoͤhnlich findet, die
                              aber in den Runkelruͤben, obschon sie zu derselben Pflanzenfamilie
                              gehoͤren, gar nicht vorzukommen scheinen.
                           Nach diesen Beobachtungen duͤrften fuͤr die Zukerfabrication jene
                              Runkelruͤbensorten die besten seyn, an denen die krautartigen Theile am
                              wenigsten entwikelt sind, und die sich am wenigsten uͤber den Boden erheben.
                              Vielleicht duͤrfte auch eine eigene Behandlung, wie z.B. ein
                              fruͤhzeitiges Anhaͤufeln, indem es die oberen Theile der Ruͤben
                              der Einwirkung der aͤußeren Einfluͤsse entzieht, die Bildung der
                              krystallisirten Salze vermindern oder gar hemmen.
                           Die gelbe oder rothe Farbe, welche gewissen Runkelruͤbensorten eigen ist,
                              ruͤhrt von einer vollkommen reinen, in den Wurzeln enthaltenen
                              Fluͤssigkeit her, in welcher man in den krautartigen Theilen einige
                              ungefaͤrbte Koͤrner bemerkt.