| Titel: | Ueber die Oefen des Hrn. Perrève in Paris, rue du Faubourg St. Denis, No. 103. Auszug aus dem Berichte des Hrn. Masson-Four. | 
| Fundstelle: | Band 71, Jahrgang 1839, Nr. LXXXIX., S. 455 | 
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                        LXXXIX.
                        Ueber die Oefen des Hrn. Perrève in
                           Paris, rue du Faubourg St. Denis,
                              No. 103. Auszug aus dem Berichte des Hrn. Masson-Four.
                        Aus dem Journal de l'Académie de l'Industrie.
                              Oktober 1838, S. 162.
                        Ueber Perrève's Oefen.
                        
                     
                        
                           Die Aufgabe, welche sich Hr. Perrève sezte, ist nuzvolle Verwendung alles durch die
                              Verbrennung des Brennmateriales entbundenen Waͤrmestoffes, so daß von diesem
                              nur so viel als zur Erzeugung des Zuges erforderlich ist, durch den Ofen entweicht.
                              Um diesen Zwek zu erreichen, laͤßt der Erfinder die Flamme sammt dem Rauche
                              durch Canaͤle streichen, welche nicht nur eine große Oberflaͤche
                              darbieten, sondern die zugleich aus einem guten Waͤrmeleiter gebaut sind.
                           Der Ofen besteht aus einer Heizstelle, uͤber welcher drei oder mehrere runde,
                              mehr oder weniger abgeplattete, durch ein gewoͤhnliches Ofenrohr mit einander
                              communicirende Kammern angebracht sind. Diese Kammern, welche der Erfinder
                              Champignons nennt, haben in ihrem Inneren eine Scheidewand, durch die der Rauch
                              gezwungen wird, sich zuerst in der unteren und dann erst in der oberen
                              Haͤlfte zu verbreiten, bevor er durch das Rohr in die naͤchst obere
                              Kammer uͤbergehen kann. Die in dem Zimmer circulirende Luft erwaͤrmt
                              sich, indem sie mit der metallischen Oberflaͤche der Champignons in
                              Beruͤhrung kommt. Die Erwaͤrmung erfolgt mit einem geringen Aufwande
                              an Brennmaterial in kurzer Zeit, und erhaͤlt sich auch lange, wenn das Zimmer
                              gehoͤrig schließt. Der erste Champignon erhizt sich am staͤrksten; der lezte am
                              wenigsten, so daß man die Hand auf ihn legen kann, ohne sich zu brennen. Der
                              Schornstein kann nicht in Brand gerathen, denn die Flamme kann nicht uͤber
                              den ersten Champignon, in welchem der Ruß verbrannt wird, so daß sich
                              gewoͤhnlich nur etwas Asche in ihm ansammelt, hinaus gelangen.
                           Hr. I. B. Y. Maluni, Director
                              des Peters-Spitales in Bruͤssel, aͤußerte in einem an die
                              Administration der Hospitaͤler und Versorgungshaͤuser erstatteten
                              Berichte uͤber die von ihm angestellten Versuche im Wesentlichen
                              Folgendes.
                           
                              „18. Jun. 1838. Ein vollstaͤndiger Apparat mit 4 Champignons,
                                 welcher in einem großen Badesaale auf einen kleinen, 2 Kil. Steinkohlen
                                 fassenden Ofen, der gewoͤhnlich nur eine Temperatur von 15° C.
                                 unterhielt, gesezt wurde, brachte bei einer Temperatur der aͤußeren Luft
                                 von 13° die Waͤrme drei Stunden hindurch auf 40°. Ein
                                 halber Apparat, welcher in der Troknenstube des Waschhauses auf einen 4 Kilogr.
                                 Steinkohlen fassenden Ofen, der gewoͤhnlich eine Temperatur von
                                 40° unterhielt, gesezt wurde, trieb die Waͤrme bis auf 70°.
                                 Der erste Champignon gab eine sehr starke Hize; auf den vierten konnte man die
                                 Hand legen, ohne sich zu brennen. Da die Flamme nicht weiter als bis in den
                                 ersten Champignon dringen kann, so ist gar keine Feuersgefahr moͤglich.
                                 Der Apparat ist sehr einfach, leicht zu reinigen und leicht zu
                                 repariren.“
                              
                           
                              „2. Jul. 1838. Dieselben Apparate wurden probirt, um zu sehen, welche
                                 Ersparniß sich ergibt, wenn man sie benuzt, um Wasser zum Sieden zu bringen. Wir
                                 sezten den Apparat in einen Bottich oder Kessel, dessen Boden, um den Rauch
                                 durchzulassen, durchbrochen war. Die beiden, in der Mitte des Wassers
                                 befindlichen Champignons erhizten dasselbe innerhalb sehr kurzer Zeit. 6 Kilogr.
                                 schieferige Steinkohle brachten innerhalb einer Stunde 546 Liter Wasser zum
                                 Sieden.“
                              
                           Mit diesen Angaben stimmen ganz und gar die Versuche uͤberein, denen wir in
                              der Waͤscherei des Hrn. Flottard mit einem Perrève'schen
                              Ofen beiwohnten, und bei welchen mit Torf geheizt wurde. Die Ersparniß im Vergleiche
                              mit der gewoͤhnlichen Heizung war bedeutend. Dasselbe Resultat versicherte
                              uns ein Raffineur, der in seinen Troknenstuben mehrere Perrève'sche Apparate anbrachte, erhalten zu haben. Die großen
                              Oefen in der Bibliothek von Ste.-Geneviève, die ungeheure Holzmassen
                              verzehrten und doch die Saͤle nicht gehoͤrig heizten, wurden in
                              neuester Zeit mit Vortheil durch die neuen Apparate ersezt. Ebenso hat man diese
                              auch in den großen Saͤlen des Hôpital Beaujon eingefuͤhrt, und noch mehrfache
                              Anwendung steht ihnen demnaͤchst bevor.
                           Die Oefen des Hrn. Perrève sind von verschiedenen Dimensionen, und
                              koͤnnen in allen Gemaͤchern, sie moͤgen klein oder groß seyn,
                              untergebracht werden. Sie machen nicht mehr Muͤhe als die
                              gewoͤhnlichen Oefen und heizen weit schneller und wohlfeiler als diese, da
                              sie bei gehoͤriger Leitung beinahe 7/8 des aus dem Brennmateriale entbundenen
                              Waͤrmestoffes nuzbar verwenden. Besonders empfehlenswerth scheinen sie
                              fuͤr Spitaͤler, Kasernen und groͤßere Gebaͤude und
                              Anstalten uͤberhaupt, so wie auch fuͤr Waͤschereien,
                              Treibhaͤuser u. dgl.
                           Wir sind hienach der Meinung, daß die Akademie das System des Hrn. Perrève gut heißen und dem
                              Erfinder eine Auszeichnung bewilligen soll.