| Titel: | Talbot's Verfahren die sogenannten photogenischen (durch das Licht erzeugten) Gemälde oder Bilder darzustellen. | 
| Fundstelle: | Band 71, Jahrgang 1839, Nr. XCVI., S. 468 | 
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                        XCVI.
                        Talbot's Verfahren die
                           sogenannten photogenischen (durch das Licht erzeugten) Gemaͤlde oder Bilder
                           darzustellen.The Athenaeum
                                    No. 589 u. 591.Echo du monde
                                       savant No. 416.
                           
                        Talbot's Verfahren die photogenischen Gemaͤlde
                           darzustellen.
                        
                     
                        
                           Im Fruͤhling 1834, sagt Hr. Talbot, fing ich zuerst an von der merkwuͤrdigen Eigenschaft
                              des salpetersauren Silbers, sich in den violetten Lichtstrahlen zu
                              entfaͤrben, eine praktische Anwendung zu machen. Ich dachte mir
                              naͤmlich, daß wenn man auf einem Blatt Papier eine hinreichende Menge
                              salpetersauren Silbers ausbreitet und dann das Papier dem Sonnenlicht aussezt,
                              nachdem man vorher einen Gegenstand davor gestellt hat, welcher einen genau
                              begraͤnzten Schatten darauf wirft, das Licht, indem es auf das
                              daruͤber hinausreichende Papier wirkt, dasselbe schwaͤrzen mußte,
                              waͤhrend die im Schatten befindlichen Theile desselben weiß bleiben. Auf
                              diese Art hoffte ich ein Bild oder ein Gemaͤlde hervorbringen zu
                              koͤnnen, das seinem Gegenstande bis auf einen gewissen Grad aͤhnlich
                              waͤre; doch glaubte ich, daß es noͤthig seyn wuͤrde, solche
                              Bilder in einer Mappe aufzubewahren und sie nur beim Kerzenlicht zu betrachten, weil
                              beim Tageslicht derselbe chemische Proceß, welcher die Bilder hervorbrachte, sie
                              auch wieder zerstoͤren muͤßte, indem sich naͤmlich das
                              uͤbrige Papier dadurch schwaͤrzen wuͤrde.
                           Dieß war anfangs meine leitende Idee, welche jedoch durch zahlreiche Versuche bald
                              erweitert und berichtigt wurde. Nachdem ich einmal einige neue und
                              merkwuͤrdige Resultate erhalten hatte, forschte ich auch nach, ob dieses
                              Verfahren jemals in Vorschlag gebracht oder probirt worden ist, fand jedoch nur im
                              ersten Bande des Journal of the royal Institution S. 170
                              eine bestimmte Nachweisung, wonach es scheint, daß Hr. Wedgwood zuerst auf dieselbe Idee verfiel;
                              wirklich stellte er auch mit Sir Humphry Davy in dieser
                              Hinsicht zahlreiche Versuche an, welche jedoch fehlschlugen. Davy sagt naͤmlich daselbst: „Die Copie eines
                                 Gemaͤldes muß, sobald man sie erhalten hat, an einem dunkeln Orte
                                 aufbewahrt werden; man kann sie zwar im Schatten betrachten, doch darf dieß nur
                                 wenige Minuten dauern. Alle unsere Versuche, die Wirkung des Lichts auf die
                                 ungefaͤrbten Theile des Papiers zu verhindern, sind bis jezt erfolglos
                                 gewesen. Wir uͤberzogen sie mit einer duͤnnen Schichte guten
                                 Firnisses, was jedoch ihre Faͤrbung nicht verhinderte. Laͤßt man
                                 die Sonnenstrahlen durch gedruktes Papier auf ein praͤparirtes Papier
                                 fallen, so werden die ungeschwaͤrzten Theile langsam copirt; das Licht
                                 aber, welches
                                 die geschwaͤrzten Theile hindurchlassen, bringt selben eine genaue
                                 Aehnlichkeit derselben durch verschiedene Intensitaͤten der Farben
                                 hervor. Die Bilder, welche man mittelst der Camera
                                    obscura erhaͤlt, fanden wir zu schwach, um in nicht gar zu
                                 langer Zeit eine Wirkung auf das salpetersaure Silber hervorzubringen. Hr.
                                 Wedgwood versuchte
                                 zuerst diese Bilder zu copiren, aber seine zahlreichen Versuche blieben alle
                                 erfolglos.“
                              
                           Ich haͤrte die Verfolgung dieses Gegenstandes wahrscheinlich ebenfalls
                              sogleich wieder aufgegeben, wenn es mir nicht schon bei den ersten Versuchen
                              gelungen waͤre, die Hauptschwierigkeit – daß naͤmlich die
                              erhaltenen Bilder nach und nach ganz schwarz werden – vollkommen zu
                              beseitigen.
                           Der chemische Proceß, wodurch dieß geschieht, ist bei weitem wirksamer als man
                              glauben sollte; das Papier, welches anfangs so empfindlich fuͤr das Licht
                              war, wird dadurch vollkommen unveraͤnderlich, so daß man die Bilder selbst im
                              Sommer ohne allen Nachtheil eine ganze Stunde dem Sonnenlicht aussezen kann.
                              Gegenwaͤrtig besize ich eine Anzahl solcher Bilder, welche schon fuͤnf
                              Jahre lang aufbewahrt worden sind und nicht im Geringsten gelitten oder sich
                              veraͤndert haben.
                           
                        
                           Beschaffenheit dieser Bilder. Die Bilder, welche man auf
                              diese Art erhaͤlt, sind selbst weiß, der Grund aber, worauf sie sich
                              befinden, ist mannigfaltig und gefaͤllig gefaͤrbt. Durch mein
                              Verfahren lassen sich mittelst unbedeutender Abaͤnderungen folgende Farben
                              erzielen: himmelblau, gelb, rosenroth, braun in vielen
                              Schattirungen, schwarz. Nur gruͤn fehlt in der Reihe; man erhaͤlt naͤmlich bloß
                              eine dunkle Schattirung davon, welche sich dem Schwarz naͤhert.Unsere Leser werden sich aus der Notiz uͤber Daguerre's Bilder in diesem Bande des
                                    polytechnischen Journals S. 253 erinnern, daß bei ihnen dasselbe der Fall
                                    ist. A. d. R. Die blaue Farbenreihe macht einen sehr angenehmen Effect; sie bleibt auch
                              beim Aufbewahren der Bilder in einer Mappe ganz unveraͤndert, ohne daß man
                              eine ihre Erhaltung bezwekende Behandlung damit vorgenommen hat. Die verschiedenen
                              blauen Schattirungen bestehen aus eben so vielen chemischen Verbindungen, welche man
                              bisher nicht naͤher kannte.
                           Erste Anwendungen dieses Verfahrens. Die ersten
                              Gegenstaͤnde, welche ich zu copiren versuchte, waren Blumen und
                              Blaͤtter, theils frische, theils aus meinem Herbarium genommene. Diese werden
                              durch meine Methode mit der groͤßten Wahrheit und Treue abgebildet, so daß
                              man selbst die Adern der Blaͤtter, die kleinen Haare auf der
                              Oberflaͤche der Pflanzen etc. sieht.
                           
                           Damit man sich einen Begriff von der Genauigkeit zu machen im Stande ist, womit
                              einige Gegenstaͤnde mittelst dieses Verfahrens nachgeahmt werden
                              koͤnnen, will ich nur ein Beispiel anfuͤhren. Ich habe einmal ein
                              Stuͤk von einem sehr feinen Spizenmuster abgebildet und es mehreren Personen
                              in Entfernung von einigen Fuß gezeigt, welche es aber nicht fuͤr ein Bild,
                              sondern fuͤr das Spizenstuͤk selbst hielten. Ein Zeitraum von einigen
                              Secunden ist hinreichend, um eine solche Abbildung zu erzeugen.
                           
                        
                           Ueber das Fixiren eines Schattens. Der fluͤchtige
                              Schatten laͤßt sich, was freilich dem Laien wunderbar vorkommen wird, im
                              Verlauf einer einzigen Minute auf Papier vollkommen fixiren; ich lasse es
                              uͤbrigens dahingestellt seyn, welcher Anwendung in den Kuͤnsten diese
                              merkwuͤrdige Erscheinung faͤhig seyn wird.
                           Ehe ich weiter gehe muß ich bemerken, daß es nicht immer noͤthig ist, die
                              Bilder der Behandlung zu unterwerfen, welche ich ausgemittelt habe, um sie gegen die
                              fernere Einwirkung des Lichtes zu schuͤzen. Diesen Umstand entdekte ich aber
                              erst, nachdem ich schon eine bedeutende Uebung in dieser Kunst erlangt hatte, denn
                              anfangs glaubte ich, daß alle diese Gemaͤlde mit der Zeit undeutlich werden
                              muͤßten, wenn man sie nicht auf irgend eine Art gegen die Veraͤnderung
                              praͤparirt. Die Erfahrung hat mich jedoch gelehrt, daß es wenigstens
                              zweierlei oder dreierlei Methoden gibt die Bilder zu erzeugen, so daß sie
                              unveraͤndert bleiben, wenn man sie nur gegen die directe Einwirkung des
                              Sonnenlichts verwahrt; allein ich kann noch nicht bestimmt angeben, auf welchem
                              Umstande diese Halbdauer beruht oder was fuͤr ein Verfahren am besten
                              eingeschlagen wird, um sie zu erzielen. Da ich aber gefunden habe, daß gewisse
                              Bilder, ohne gegen die Einwirkung des Lichts zubereitet worden zu seyn, nach einem
                              und sogar zwei Jahren ganz weiß und unversehrt blieben, waͤhrend andere, die
                              auf eine abweichende Weise dargestellt waren, in einem bis zwei Monaten ganz dunkel
                              wurden, so glaube ich auf diesen sonderbaren Umstand aufmerksam machen zu
                              muͤssen. Ob er von großem Werth ist, weiß ich nicht; vielleicht wird man es
                              in der Regel fuͤr zwekmaͤßiger halten, noch die geringe Muͤhe
                              anzuwenden und die Bilder gegen das Licht zu praͤpariren, um so wehr, da sie
                              dann dem Sonnenschein ausgesezt werden koͤnnen, waͤhrend die nicht
                              praͤparirten, wenn man sie auch ein Jahr nach ihrer Darstellung aus der Mappe
                              nimmt, keinem sehr starken Licht ausgesezt werden koͤnnen, ohne sich zu
                              veraͤndern. Fuͤr Naturforscher, welche entfernte Laͤnder
                              bereisen, gestattet jedenfalls dieses halbdauerhafte Papier, welches Jahre lang im
                              Schatten weiß bleibt, eine nuͤzliche Anwendung; denn anstatt die Pflanzen zu
                              troknen und mitzunehmen, brauchen sie dieselben nur auf solches Papier abzubilden und es in ihre Mappe
                              zu legen. Dieses eigenthuͤmliche Papier hat zwar meistens den Fehler, daß der
                              Grund nicht gleich ist; dieß kommt jedoch nicht in Anschlag, wenn man nur auf den
                              Nuzen und nicht auf die Schoͤnheit der Wirkung sieht.
                           Silhouetten. Fuͤr Schattenrisse oder Silhouetten
                              wird meine Methode ganz besonders sich eignen.
                           
                        
                           Glasmalereien. Die Schattenrisse, welche man bekommt,
                              wenn man Glasgemaͤlde dem Sonnenlicht aussezt, sind sehr huͤbsch. Das
                              Glas selbst sollte um die Malerei herum geschwaͤrzt seyn, wie man es z.B.
                              fuͤr die magische Laterne oft anwendet. Auch sollte in den
                              Glasgemaͤlden kein lebhaftes Gelb oder Roth vorkommen, weil diese die
                              violetten Lichtstrahlen, welche die einzig wirksamen sind, aufhalten. Die so
                              erzeugten Bilder sind vielleicht den durch des Kuͤnstlers Pinsel producirten
                              aͤhnlicher als alle anderen. Nur in diesen Bildern sind auch, soweit bis jezt
                              meine Beobachtungen reichen, Anzeichen von Farbe.
                           
                        
                           Anwendung auf das Mikroskop. Die Anwendung meiner Methode
                              zum Abzeichnen von Gegenstaͤnden mittelst des Sonnenmikroskops duͤrfte
                              besonders nuͤzlich und wichtig werden. Das wundervolle Bild, welches das
                              Sonnenmikroskop hervorbringt, mußte mich natuͤrlich auf den Gedanken
                              fuͤhren, ob es nicht moͤglich seyn sollte zu bewirken, daß es sich
                              selbst auf Papier abdrukt, so daß der unnachahmliche Pinsel der Natur unsere
                              unvollkommenen, langwierigen und fast hoffnungslosen Versuche so verwikelte
                              Gegenstaͤnde zu copiren, ersezen muͤßte.
                           Meine ersten Bemuͤhungen in dieser Hinsicht hatten keinen Erfolg. Obgleich ich
                              einen schoͤnen Sommertag waͤhlte und ein gutes Bild meines Objects auf
                              praͤparirtes Papier warf, so fand ich doch nach Verlauf einer Stunde, daß
                              keine Einwirkung Statt gefunden hatte. Ich war daher fast versucht, diesen Versuch
                              aufzugeben, als ich auf die Vermuthung kam, daß das gewoͤhnliche Chlorsilber
                              wohl nicht als die empfindlichste Substanz fuͤr die Lichtstrahlen zu
                              betrachten seyn duͤrfte. Es wurde daher eine Reihe von Versuchen angestellt,
                              um den Einfluß verschiedener Bereitungsarten desselben kennen zu lernen, und ich
                              fand auch, daß es hienach sehr abweichende Resultate liefert. Ich habe diesen
                              Gegenstand hauptsaͤchlich aus einem praktischen Gesichtspunkt betrachtet,
                              denn was die Theorie betrifft, so gestehe ich, daß ich noch keinen Grund auffinden
                              kann, warum auf die eine Art bereitetes Papier empfindlicher seyn sollte, als auf
                              die andere Art dargestelltes.
                           Das Resultat dieser Versuche war, daß ich eine Methode entdekte, ein hoͤchst empfindliches Papier zu bereiten, womit sich, was vorher
                              nur theoretisch moͤglich schien, nun wirklich realisiren ließ.
                           Bringt man ein Blatt von diesem empfindlichen Papier in eine dunkle Kammer und
                              laͤßt das vergroͤßerte Bild irgend eines Gegenstandes durch das
                              Sonnenmikroskop darauf fallen, so wird man nach Verlauf von beilaͤufig einer
                              Viertelstunde das Gemaͤlde vollendet finden. Ich habe noch keine sehr
                              bedeutenden Vergroͤßerungen versucht, wegen der daraus folgenden
                              Verschwaͤchung des Lichts. Ein empfindlicheres Papier wuͤrde aber eine
                              staͤrkere Vergroͤßerung wuͤnschenswerth machen. Als ich ein vor
                              etwa drei Jahren dargestelltes derartiges Bild in Vergleich mit seinem Objecte
                              abmaß, ergab sich, daß lezteres 17 Mal im linearen Durchmesser, folglich in der
                              Flaͤche 289 Mal vergroͤßert ist.
                           Haͤlt man mein empfindliches Papier gegen ein Fenster, aber nicht gegen eines,
                              wodurch die Sonne scheint, sondern gegen ein in der entgegengesezten Richtung
                              befindliches, so faͤngt es sogleich an sich zu faͤrben. Aus diesem
                              Grunde muß man das Papier, wenn man es am Tageslichte bereitet hat, niemals unbedekt
                              lassen, sondern sobald es fertig ist, in eine Schublade verschließen und darin
                              troknen lassen, oder bei Nacht durch die Waͤrme eines Feuers. Ehe ich dieses
                              Papier zum Abzeichnen eines Gegenstandes benuze, naͤhere ich es
                              gewoͤhnlich kurze Zeit dem Lichte und faͤrbe es also absichtlich sehr
                              schwach, um mich zu uͤberzeugen, daß der Grund gleichfoͤrmig
                              daruͤber vertheilt ist. Ist dieß bei einer solchen Probe der Fall, so wird in
                              der Regel bei vollstaͤndiger Einwirkung des Lichts darauf das Resultat
                              dasselbe seyn; sind hingegen einige Stellen oder Fleken darin, welche nicht dieselbe
                              Faͤrbung annehmen wie die uͤbrigen, so muß ein solches Blatt Papier
                              verworfen werden, denn sonst laͤuft man Gefahr, bei Anwendung desselben
                              anstatt eines gleichfoͤrmig dunklen Grundes, der
                              fuͤr die Schoͤnheit der Zeichnung wesentlich ist, große weiße Fleken
                              zu erhalten, welche ganz unempfindlich fuͤr die Einwirkung des Lichts sind.
                              Auf diesen sonderbaren Umstand komme ich spaͤter wieder zuruͤk.
                           Ein Papier, welches so empfindlich fuͤr das Licht eines gewoͤhnlichen
                              Fensters ist, muß es natuͤrlich noch weit mehr fuͤr das directe
                              Sonnenlicht seyn. Lezteres wirkt in der That auch so schnell, daß man beinahe sagen
                              kann, das Bild ist eben so schnell vollendet als begonnen. Bei vollem Sonnenscheine
                              habe ich in einer halben Secunde Bilder mit ganz
                              deutlichen Umrissen erhalten.
                           
                        
                           Architektonische Zeichnungen und Landschaften. Ich wollte
                              nun auch versuchen, ob es nicht moͤglich ist, die lebhaften Bilder der
                              aͤußeren Gegenstaͤnde, welche man in der Camera
                                 obscura
                               erhaͤlt, auf dem
                              empfindlichen Papiere zu fixiren. Da mir auf dem Lande aber keine Camera obscura von bedeutender Groͤße zu Gebot
                              stand, so construirte ich mir eine solche aus einer großen Buͤchse, indem ich
                              das Bild auf das eine Ende derselben durch ein im entgegengesezten Ende angebrachtes
                              gutes Objectivglas warf. Nachdem dieser Apparat mit einem empfindlichen Papiere
                              ausgeruͤstet war, wurde er an einem Sommernachmittage in einer Entfernung von
                              beilaͤufig 360 Fuß von einem durch die Sonne guͤnstig beleuchteten
                              Gebaͤude angebracht. Nach anderthalb Stunden oͤffnete ich die
                              Buͤchse und fand dann auf dem Papiere eine sehr deutliche Abbildung des
                              Gebaͤudes, mir Ausnahme derjenigen Theile desselben, welche im Schatten
                              lagen. Fortgesezte Versuche belehrten wich, daß in kleineren Camera obscurae die Wirkung in kuͤrzerer Zeit hervorgebracht wird.
                              Ich ließ mir daher mehrere kleine Buͤchsen verfertigen, worin ich Linsen von
                              kuͤrzerem Focus befestigte, und erhielt damit sehr vollkommene, aber
                              außerordentlich kleine Bilder, deren Details in der That nur bei der Betrachtung mit
                              einer Lupe erkenntlich sind.
                           Abbildungen von Bildhauerarbeiten. Um Bilder von Statuen
                              zu erhalten, stelle ich dieselben an einem Orte auf, welcher von der Sonne stark
                              bescheint ist, und bringe vor ihnen in geeigneter Entfernung und in
                              gehoͤriger Lage eine kleine Camera obscura an,
                              welche das praͤparirte Papier enthaͤlt.
                           
                        
                           Copien von Kupferstichen und Schriften. Durch meine
                              Erfindung kann man sich auch sehr leicht Copien von Zeichnungen oder Kupferstichen,
                              sowie Facsimiles von Manuskripten verschaffen. Man druͤkt naͤmlich den
                              Kupferstich moͤglichst gleichfoͤrmig auf das praͤpariere Papier
                              an, so daß seine geschwaͤrzte Seite mit lezterm vollkommen in
                              Beruͤhrung kommt; wenn der geringste Zwischenraum Statt findet, muß
                              natuͤrlich das Resultat schlecht ausfallen, indem dann die scharfen Striche
                              des Originals wolkig werden. Stellt man das Papier nun an die Sonne, so dringen die
                              Sonnenstrahlen allmaͤhlich durch dasselbe, ausgenommen an denjenigen Stellen,
                              wo die dunklen Linien des Kupferstichs dieses verhindern. Man erhaͤlt
                              folglich ein genaues Bild oder einen Abdruk der Zeichnung. Dieß war einer der
                              Versuche, welche Davy und Wedgwood anstellten, er mißlang ihnen aber, weil ihr Papier nicht
                              empfindlich genug war.
                           Die Zeit, welche erforderlich ist, um die Copie zu bewirken, haͤngt von der
                              Dike des Papiers ab, worauf der Kupferstich gedrukt wurde. Anfangs glaubte ich, daß
                              man mit dikem Papiere den Zwek nicht erreichen wuͤrde, dasselbe macht jedoch
                              kein Hinderniß, und es ist genuͤgend, wenn das Papier nur einen kleinen Theil
                              der Sonnenstrahlen hindurchlaßt. Ist das Papier dik, so braucht man zu einer guten Copie eine halbe
                              Stunde. Auf diese Art gelang es mir, sehr kleine, complicirte und zarte Kupferstiche
                              ganz genau zu copiren. Man koͤnnte vermuthen, daß der Kupferstich durch das
                              Andruͤken an praͤparirtes Papier beschmuzt oder beschaͤdigt
                              wuͤrde; dieß ist jedoch nicht zu befuͤrchten, wenn beide vollkommen
                              troken sind. Sollte man aber auch einen Flek auf dem Kupferstiche bemerken, so kann
                              er ohne allen Nachtheil fuͤr das Papier durch ein chemisches Agens beseitigt
                              werden.
                           
                        
                           Bei einer auf solche Art dargestellten Copie ist freilich der Effekt des Originals
                              ganz geaͤndert, denn wo lezteres Licht hat, hat die
                                 Copie Schatten, und umgekehrt. Praͤparirt man aber die erhaltene Copie
                                 nach meiner Methode gegen das Sonnenlicht, so laͤßt sie sich selbst
                                 wieder als ein zu copirendes Object anwenden, und man erhaͤlt dann beim
                                 Copiren desselben Licht und Schatten an ihrer urspuͤnglichen
                                 Stelle.
                           Ich habe nun noch einige Bemerkungen uͤber den sonderbaren Umstand zu machen,
                              daß das Papier sich bisweilen bei der Probe als ganz unempfindlich gegen das Licht
                              Zeigt, wenn man es auch auf eine Art praͤparirt hat, wodurch es
                              hoͤchst empfindlich werden sollte. Ein sehr geringer Unterschied in der
                              Zubereitung desselben reicht schon hin, ein so ganz verschiedenartiges Resultat
                              hervorzubringen. Wenn man sich auch bemuͤht hat, ein Papier moͤglichst
                              gleichfoͤrmig mit der Silberverbindung zu traͤnken, so kann es sich
                              doch bisweilen treffen, daß ein Theil desselben dem Sonnenlicht ausgesezt große
                              weiße Fleken behaͤlt, waͤhrend die uͤbrigen Stellen sehr
                              schnell schwarz werden. Manchmal sind die Fleken blaß himmelblau und mit einem ganz
                              weißen Rande ungemein scharf begraͤnzt, was mit dem Schwarz der
                              zunaͤchst liegenden Theile sehr contrastirt. Das Verfahren bei der
                              Zubereitung des Papiers ist der Art, daß eine von zwei bestimmten chemischen
                              Verbindungen entstehen kann, und wenn man sich zufaͤllig der Graͤnze
                              zwischen beiden Faͤllen naͤhert, so haͤngt es von ganz
                              unbedeutenden Umstaͤnden ab, welche von den beiden Verbindungen sich bildet.
                              Daß sie beide ganz bestimmte Verbindungen sind, ist bis jezt nur eine Vermuthung von
                              mir; jedenfalls unterscheiden sie sich aber durch ihre ungleichen Eigenschaften.
                           Nachdem Hr. Talbot diese
                              Bemerkungen der Royal Society mitgetheilt hatte, machte
                              er bald darauf sein Verfahren, das empfindliche Papier zu bereiten und die
                              erhaltenen Bilder gegen die fernere Einwirkung des Lichts zu schuͤzen, in
                              folgendem Schreiben an Hrn. Biot (dd. 20. Febr.) bekannt:
                           
                              „Zur Bereitung des photogenischen Papiers waͤhle ich ein festes Papier von guter
                                 Qualitaͤt (sehr feines Briefpapier), tauche es in eine schwache Aufloͤsung von Kochsalz und wische es
                                 dann mit einem leinenen Lumpen ab, damit das Salz moͤglichst
                                 gleichfoͤrmig indem Papier vertheilt ist; dann uͤberziehe ich eine
                                 Seite des Papiers mit einer Aufloͤsung von salpetersaurem Silber, welche
                                 mit Wasser verduͤnnt ist.Die gesaͤttigte Silberaufloͤsung wird mit 6–8 Mal
                                       soviel Wasser verduͤnnt. Man troknet es nun am Feuer und kann sich desselben sogleich bedienen.
                                 Wenn man diesen Versuch auf verschiedene Art wiederholt, so wird man finden, daß
                                 ein gewisses Verhaͤltniß zwischen der Menge des Salzes und derjenigen der
                                 Silberaufloͤsung existirt, welches man vorzugsweise anwenden muß.
                                 Vergroͤßert man die Menge des Salzes uͤber diesen Punkt hinaus, so
                                 wild der Effect geringer und in gewissen Faͤllen kann er sogar fast Null
                                 werden. Dieses Papier laͤßt sich zu sehr vielen gewoͤhnlichen
                                 photogenischen Anwendungen benuzen; so lassen sich besonders im Sommer die
                                 vollkommensten Bilder von Blaͤttern und Blumen damit erzeugen.
                              
                           
                              „Breitet man nun ein so zubereitetes Blatt Papier uͤber einer
                                 gesaͤttigten Kochsalzloͤsung aus und laͤßt es am Feuer
                                 troknen, so wird man gewoͤhnlich die Empfindlichkeit des Papiers sehr
                                 vermindert und bisweilen fast auf Null reducirt finden, besonders wenn man es
                                 einige Wochen aufbewahrt hat, ehe man es probirte; traͤgt man aber noch
                                 einmal Silberloͤsung darauf, so wird es wieder empfindlich gegen das
                                 Licht werden und selbst noch mehr als es fruͤher war. Indem ich auf diese
                                 Art abwechselnd Salz und Silberloͤsung auf das Papier auftrage und es
                                 dazwischen jedesmal trokne, mache ich es so empfindlich, daß ich die Bilder der
                                 Camera obscura in kurzer Zeit fixiren kann.
                              
                           
                              „Ich muß jedoch hier auf einen besonderen Umstand aufmerksam machen. Indem
                                 man auf diese Art in Folge kleiner zufaͤlliger Abaͤnderungen zu
                                 bald mehr bald weniger genuͤgenden Resultaten gelangt, findet man, wenn
                                 man den Versuch oft wiederholt, daß bisweilen das erzeugte Chlorsilber geneigt
                                 ist sich allmaͤhlich zu schwaͤrzen, ohne daß es dem Licht
                                 ausgesezt wird. In diesem Falle ist man zu weit gegangen, aber doch ist dieß die
                                 Graͤnze, welcher man sich moͤglichst naͤhern muß, ohne sie
                                 ganz zu erreichen. Nachdem ich mir eine gewisse Anzahl von
                                 Papierblaͤttern in etwas abweichenden Verhaͤltnissen zubereitet
                                 habe, seze ich nummerirte Muster davon an demselben Orte eine Viertel-,
                                 oder halbe Stunde einem sehr schwachen Tageslicht aus. Findet sich dann unter
                                 diesen Mustern ein auffallend besseres, so waͤhle ich das dieser Nummer
                                 entsprechende Papier aus und bediene mich desselben so bald als moͤglich
                                 nach seiner Zubereitung.
                              
                           
                              „Ich habe Ihnen nun noch das Verfahren zu beschreiben, wodurch ich die
                                 photogenischen Bilder gegen das Licht schuͤze oder sie fixire. Nach
                                 mehreren fruchtlosen Versuchen gelang wir dieses zuerst durch eine sehr
                                 verduͤnnte Aufloͤsung von Jodkalium. Es
                                 bildet sich dann Jodsilber, worauf das Sonnenlicht gar nicht wirkt. Dieses
                                 Verfahren erheischt jedoch Vorsicht; denn wenn man eine zu starte
                                 Aufloͤsung anwendet, koͤnnte sie die schwarzen Theile des Bildes,
                                 welche man unversehrt lassen muß, wegnehmen; mit einer gehoͤrig
                                 verduͤnnten Aufloͤsung wird man jedoch den Zwek sehr gut
                                 erreichen. Auf diese Art zubereitete Bilder habe ich nun schon fuͤnf
                                 Jahre lang aufbewahrt und sie waͤhrend dieser Zeit schon oft dem direkten
                                 Sonnenlicht ausgesezt.Die mit Jodkalium behandelten Bilder sind immer sehr blaßgelb, werden
                                       beim Erwaͤrmen an einem Feuer dunkelgelb und erhalten beim
                                       Erkalten wieder ihre fruͤhere Farbe.
                                 
                              
                           
                              „Ein einfacheres Verfahren, dessen ich mich schon sehr oft bedient habe,
                                 besteht darin, die Bilder in eine starke Aufloͤsung von
                                 gewoͤhnlichem Kochsalz zu tauchen, schwach
                                 abzuwischen und zu troknen.
                              
                           
                              „Je staͤrker das Sonnenlicht war, wodurch die Gemaͤlde
                                 erzeugt wurden, desto wirksamer ist auch dieses Conservirungsmittel; denn
                                 alsdann wirkt die Salzaufloͤsung nicht im Geringsten auf die schwarzen
                                 Theile des Gemaͤldes. Sezt man nun das Gemaͤlde der Sonne aus, so
                                 faͤrben sich die weißen Theile sehr oft hell lilas und werden dann
                                 unempfindlich. Bei oͤfterer Wiederholung dieser Versuche fand ich, daß
                                 diese violette Faͤrbung nicht gleichfoͤrmig ist und daß
                                 Verhaͤltnisse existiren, wobei sie nicht eintritt. Man erhaͤlt
                                 alsdann die lichten Stellen der Gemaͤlde vollkommen weiß.
                              
                           
                              „Sir J. Herschel hat mir kuͤrzlich eine
                                 von ihm entdekte Methode die photogenischen Gemaͤlde gegen das Licht zu
                                 schuͤzen mitgetheilt, welche ich ohne seine Erlaubniß nicht bekannt
                                 machen darf; ich habe sie uͤbrigens mit dem besten Erfolg
                                 angewandt.“
                              
                           Nachdem Hr. Biot dieses
                              Schreiben der Akademie der Wissenschaften vorgelesen hatte, nahm Hr. Dumas das Wort, um die Theorie aller
                              dieser Operationen auseinanderzusezen. Es ist klar, daß bei Talbot's Verfahren Chlorfilber gebildet wird,
                              wie bei den ersten Versuchen des Hrn. Daguerre und daß dieses Chlorsilber zulezt ganz schwarz werden
                              muͤßte, wenn man den noch unveraͤnderten Theil desselben nicht wieder
                              aufloͤsen wuͤrde. Nun loͤst das Kochsalz oder Chlornatrium
                              gerade so wie das Jodkalium frisch erzeugtes Chlorsilber bekanntlich leicht auf,
                              waͤhrend sie den schon geschwaͤrzten Theil nicht aufzuloͤsen
                              vermoͤgen; andererseits bildet ein Ueberschuß von Chlornatrium mit dem
                              Chlorsilber eine Verbindung, welche viel bestaͤndiger ist und dem Licht viel
                              mehr widersteht als bloßes Chlorsilber. Das von Herschel
                              aufgefundene Verfahren, welches Talbot nicht mittheilt,
                              ist nicht schwer zu errathen und beruht offenbar auf der Anwendung des
                              unterschwefligsauren Kalis oder Natrons, welches Salz nach fruͤheren
                              Beobachtungen des beruͤhmten englischen Astronomen die Eigenschaft hat, das
                              unveraͤnderte Chlorsilber sehr leicht aufzuloͤsen. Man begreift
                              hienach, daß sich die Methoden zur Darstellung photogenischer Bilder sehr
                              mannigfaltig abaͤndern lassen.