| Titel: | Daguerre's Verfahren das Papier so zuzubereiten, daß es für die Einwirkung des Lichts sehr empfindlich wird. | 
| Fundstelle: | Band 72, Jahrgang 1839, Nr. XVII., S. 54 | 
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                        XVII.
                        Daguerre's Verfahren
                           das Papier so zuzubereiten, daß es fuͤr die Einwirkung des Lichts sehr
                           empfindlich wird.
                        Aus den Comptes rendus des séances de l'Académie des
                                 sciences, Febr. 1839, Nr. 7.
                        Daguerre's Verfahren ein fuͤr das Licht sehr empfindliches
                           Papier zu bereiten.
                        
                     
                        
                           Hr. Biot sagt in einer Mittheilung an die
                              franzoͤsische Akademie der Wissenschaften: Nachdem Hr. Daguerre durch mich erfahren hatte, daß er den Physikern einen großen
                              Dienst erweisen wuͤrde, wenn er ihnen behufs gewisser Versuche ein
                              fuͤr die Einwirkung des Lichts sehr empfindliches Papier zu bereiten lehrte,
                              theilte er mir das Verfahren mit, welches er seit dem Jahre 1826 zu diesem Zwek
                              anwendet. Das Praͤparat, welches er zu seinen Bildern benuzt, gruͤndet
                              sich jedoch auf ganz verschiedene Principien, indem darauf bekanntlich die lichten
                              und schattigen Theile der Gegenstaͤnde nicht umgekehrt, sondern auf eine dem
                              Original entsprechende Weise dargestellt werden; fuͤr physikalische Versuche
                              ist dieser Umstand jedoch von keiner Wichtigkeit, und es genuͤgt ein Papier
                              zu besizen, worauf sich die Wirkung der Strahlung fast augenbliklich zeigt. Hr. Daguerre hat nach seiner Methode in meiner Gegenwart ein
                              Papier in kurzer Zeit zubereitet und mir auch sogleich die große Empfindlichkeit
                              desselben gegen das schwache zerstreute Licht, welches am Nachmittag durch ein Glasfenster
                              drang, nachgewiesen. Sein Verfahren ist folgendes:
                           Man waͤhlt ungeleimtes oder schwach geleimtes Papier (Drukpapier) und weicht
                              es in Salzaͤther ein, welcher durch langsame Zersezung
                                 nach laͤngerer Zeit schwach sauer geworden ist; man kann aber auch
                              diese Fluͤssigkeit mit einem sehr weichen Pinsel auftragen. Hierauf
                              laͤßt man das Papier an der Luft oder bei gelinder Waͤrme troknen;
                              jedenfalls kommt viel darauf an, daß es vollstaͤndig austroknet.
                           Man nimmt dann eine Aufloͤsung von salpetersaurem Silber in destillirtem
                              Wasser (welche man in verschlossenen Glasflaschen an einem dunkeln Orte
                              vorraͤthig haͤlt) und taucht das mit Salzaͤther
                              getraͤnkte und hierauf getroknete Papier hinein. Man kann diese
                              Aufloͤsung auch mit einem sehr weichen Pinsel auf das Papier auftragen; da
                              man dann aber genoͤthigt ist sie in aufeinanderfolgenden und
                              aneinandergraͤnzenden Streifen auszubreiten, so vereinigen sich nach Hrn. Daguerre die Raͤnder, wodurch sich diese Streifen
                              beruͤhren, unter verschiedenen physischen Umstaͤnden, und nehmen daher
                              in der Beruͤhrungslinie ungleiche elektrische Zustaͤnde an; in Folge
                              hievon wird diese Linie ziemlich unempfindlich fuͤr das Licht, und zeichnet
                              sich als weißlicher Strich auf dem Grunde. Man vermeidet diesen Uebelstand, indem
                              man das Papier in die Silberloͤsung taucht, oder indem man diese
                              Fluͤssigkeit nur uͤber eine Seite des Papiers gleichfoͤrmig gießt.
                           Hierauf troknet man dieses Papier in der Dunkelheit; falls man das Troknen desselben
                              durch Waͤrme beschleunigen will, darf man sie nur ungemein schwach anwenden,
                              weil selbst die aus nicht leuchtenden Koͤrpern ausstroͤmenden
                              Waͤrmestrahlen auf dieselbe Art wie das Licht darauf wirken und es
                              faͤrben. Wenn das so zubereitete Papier nicht sogleich gebraucht wird, muß
                              man es in ein Buch oder eine Mappe legen und darin beschweren, damit nicht bloß das Licht abgehalten ist, sondern auch keine
                              Luft um dasselbe circuliren kann.
                           Solches Papier faͤrbt sich ungemein schnell, wenn man es dem Sonnenlicht oder
                              dem zerstreuten Licht aussezt, besonders wenn es noch feucht ist; es zeigt schon
                              sehr merkliche Schattirungen, ehe noch das salpetersaure Silber eine Spur von
                              Veraͤnderung erleidet. Der Unterschied der groͤßeren Empfindlichkeit
                              zeigt sich waͤhrend des ganzen Verlaufs der Faͤrbung des Papiers;
                              immer ist zu derselben Zeit das Papier, welches vorher mit Salzaͤther
                              getraͤnkt wurde, staͤrker gefaͤrbt. Man kann das auf die
                              angegebene Weise zubereitete Papier auf jedem beliebigen Grade von Faͤrbung
                              fixiren, d.h. den weiteren Fortschritt der Faͤrbung hemmen, indem man das
                              salpetersaure Silber
                              entfernt, welches noch keine Verbindung eingegangen hat. Dazu genuͤgt es, das
                              Papier in eine hinreichende Menge Wasser zu tauchen und gut auszuwaschen; nachdem
                              man es dann gut getroknet hat, jedoch ohne Waͤrme, wirkt das Licht nicht mehr
                              darauf. Will man dieses Papier aber nicht gerade in einem bestimmten und
                              unveraͤnderlichen Zustande von Faͤrbung aufbewahren, so genuͤgt
                              es dasselbe im Schatten in einer Mappe eingelegt zu lassen und es nur bei
                              kuͤnstlichem Lichte zu betrachten, besonders waͤhrend der ersten Tage
                              nach seiner Zubereitung. Mit der Zeit wird naͤmlich seine Empfindlichkeit
                              immer schwaͤcher und zulezt ist sie nur mehr sehr langsam erregbar. Hr. Daguerre hat bemerkt, daß das Auswaschen nicht bei jedem
                              Papierzeug gleich wirksam ist; da ihm jedoch dieses Papier nicht alle fuͤr
                              die Kunst wuͤnschbaren Eigenschaften darbot, so hielt er es fuͤr
                              unnoͤthig sich laͤnger damit zu beschaͤftigen.
                           Ein solches Papier zeigt nothwendig die verschiedene Intensitaͤt des Lichts
                              durch die Staͤrke der Faͤrbung an; wenn man es folglich fuͤr
                              die Tafel der Camera obscura anwendet, so werden sich
                              die hellen Gegenstaͤnde, z.B. der Himmel, schwarz darstellen und die
                              schwarzen Gegenstaͤnde, wie die Baͤume, ganz weiß bleiben. Das
                              Verfahren hingegen, wonach Hr. Daguerre
                              gegenwaͤrtig die Tafeln fuͤr seine Bilder zubereitet, hat diesen
                              Uebelstand nicht, und einer seiner Hauptvorzuͤge besteht gerade darin, daß
                              sich die Abstufung in den Toͤnen der Luftperspective mit außerordentlicher
                              Zartheit wiedergibt, so wie sie der Zustand der Atmosphaͤre in dem
                              Augenblike, wo das Gemaͤlde gemacht wird, erheischt.
                           Jede Fluͤssigkeit, welche man anstatt des sauer geworbenen Salzaͤthers
                              vor dem salpetersauren Silber auf das Papier auftraͤgt, veranlaßt eine
                              Faͤrbung von verschiedenem Tone und eine groͤßere oder geringere
                              Empfindlichkeit des Papiers. Selbst die Beschaffenheit des Zeugs, woraus das Papier
                              verfertigt wurde, ob es geleimt oder nicht geleimt wurde, veranlaßt
                              Verschiedenheiten in den Nuͤancen. Den Fortschritt der Faͤrbung kann
                              man aber in allen Faͤllen und zu jeder Zeit aufhalten, indem man das Papier
                              in ein Buch einlegt und darin beschwert, so daß es gegen Licht und Luft
                              geschuͤzt ist.
                           Hr. Daguerre hat gefunden, daß die Intensitaͤt der
                              Faͤrbung, sowie ihr Fortschritt, sehr von der Beschaffenheit der
                              durchsichtigen, gefaͤrbten oder farblosen Glaͤser abhaͤngt,
                              durch welche man das directe oder zerstreute Sonnenlicht auf so zubereitetes Papier
                              fallen laͤßt. Indem er endlich durch verschieden gefaͤrbte
                              Glaͤser das Licht auf die noch bei weitem empfindlichere Substanz, womit die
                              Tafeln fuͤr seine Gemaͤlde uͤberzogen sind, fallen ließ,
                              erhielt er ganz neue und unerwartete Resultate, deren Bekanntmachung spaͤter
                              erfolgen soll.