| Titel: | Auszuge aus dem Berichte des Hrn. P. Thierry-Naegely über die Versuche, welche an einer von den Hrn. J. J. Meyer und Comp. in Mülhausen erbauten Dampfmaschine mit dem Zaume angestellt wurden. | 
| Fundstelle: | Band 72, Jahrgang 1839, Nr. XXIII., S. 88 | 
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                        XXIII.
                        Auszuge aus dem Berichte des Hrn. P. Thierry-Naegely
                           uͤber die Versuche, welche an einer von den Hrn. J. J. Meyer und Comp. in Muͤlhausen
                           erbauten Dampfmaschine mit dem Zaume angestellt wurden.
                        Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
                                 Muͤlhausen, No. 57, S. 220.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Ueber die Dampfmaschinen von Meyer in
                           Muͤlhausen.
                        
                     
                        
                           Auf Ansuchen der HHrn. J. J. Meyer und Comp. stellte
                              unsere Commission fuͤr die Mechanik einen Versuch mit de Prony's dynamometrischem Zaume an einer Dampfmaschine von 15
                              Pferdekraͤften an, welche diese Herren fuͤr die Kattunfabrik des Hrn.
                              Huguenin d. aͤlteren erbaut hatten.
                           Die fragliche Maschine ist eine ohne Balancier, ohne Verdichtung und mit wandelbarer
                              Expansion. Sie hat einen einzigen Cylinder von 12 Zoll 12 Linien im Durchmesser und
                              einen Kolbenhub von beilaͤufig einem Meter.
                           Das Feuer wurde um 6 Uhr 55 Minuten Morgens unter dem Kessel angezuͤndet, und
                              der Heberbarometer zeigte einen Dampfdruk von drei Atmosphaͤren im Kessel.
                              Die Maschine wurde um 7 Uhr 17 Minuten mit einem Druke von 4,4 Atmosphaͤren
                              in Gang gesezt. Der Dampf trat, nachdem er seinen Nuzeffect in der Maschine
                              vollbracht, in 8 Faͤrbebottiche uͤber, welche auf 0,815 M.
                              Hoͤhe mit Wasser gefuͤllt waren, wobei er durch 27 Meter kupferner
                              Roͤhren von 0,11 Meter im Durchmesser strich, so daß man den Gegendruk auf
                              eine halbe Atmosphaͤre anschlagen konnte. Die Maschine sezte waͤhrend
                              der ganzen Dauer des Versuches 6 gußeiserne Raͤder und mehrere
                              Transmissionswellen in Bewegung. Der mittlere Dampfdruk im Kessel wurde auf 4
                              Atmosphaͤren unterhalten. Das Speisungswasser hatte 60 bis 70° des
                              100gradigen Thermometers. Zur Heizung diente Steinkohle von Blanzy, welche in
                              Hinsicht auf Guͤte unter der mittleren Qualitaͤt steht, und wovon der
                              Centner 29 Sous kostet, waͤhrend in Muͤlhausen die Saarbruͤker
                              Kohlen auf 39 bis 41 und jene von St. Etienne auf 36 bis 40 Sous zu stehen
                              kommen.
                           Der zu dem Versuche verwendete, von den HHrn. Meyer
                              verfertigte Zaum soll spaͤter beschrieben werden. Seine Wangen wurden mit
                              einer Aufloͤsung von gruͤner Seife in Wasser geschmiert, da wir diese
                              Schmiere um vieles besser fanden, als jene mit Oehl, mit Talg oder mit Milchrahm,
                              indem sich bei ihr die reibenden Theile nie so stark erhizen, daß der Versuch
                              unterbrochen werden muͤßte. Wir schreiben es hauptsaͤchlich diesem
                              Umstande zu, daß der Versuch eine so lange Zeit uͤber fortgesezt werden
                              konnte.
                           Der Radius des Hebels des Zaumes hatte 4,035 Meter Laͤnge. Die an dem Zaume
                              aufgehaͤngte Platte hatte ein Gewicht von 96,25 Kilogr. Die
                              gewoͤhnliche Geschwindigkeit der Maschine betrug 29 Kurbelumlaͤufe in
                              der Minute. Der Verbrauch an Steinkohlen betrug netto 800 Kilogr. Der Versuch
                              dauerte 10 Stunden 19 Minuten oder 10,31 Stunden. Die Pferdekraft, welche bei den
                              Berechnungen als Basis diente, ist gleich 75 Kilogr., die in jeder Secunde auf einen
                              Meter gehoben werden.
                           Nach diesen Daten ergab sich:
                           1) Daß die Maschine eine Effectivkraft von 15,7257 Pferden hat.Es ist naͤmlich (4,035 × 2 × 3,1416 × 29 ×
                                    96,25)/(60 × 75) = 15,7257 Pferden.A. d. O.
                              
                           2) daß der Verbrauch an Steinkohlen in der Zeitstunde auf jede Pferdekraft 4,934
                              Kilogr. betrugEs ist naͤmlich 800 Kilogr./(10,31 × 13,7257) = 4,934 Kilogr.
                                    per Pferdekraft in jeder Stunde.A. d. O., wobei jedoch die Kohle, die am Schlusse des Versuches auf dem Roste verblieb, nicht in
                              Anschlag gebracht wurde. Es muß daher bemerkt werden, daß diese Kohle die Maschine
                              bei verschiedenen Belastungen noch 24 Minuten lang mit ihrer Geschwindigkeit in Gang
                              erhielt. Diese 24 Minuten kommen beinahe 12 Minuten des Ganges der Maschine mit
                              96,25 Kilogr. Belastung und bei 29 Kurbelumgaͤngen gleich. Der Verbrauch an
                              Steinkohlen reducirt sich also nach einem Versuche von 10,51 Stunden fuͤr die
                              Stunde auf 4,840 Kilogr. per Pferdekraft.Es ist naͤmlich 800 Kilogr./(10,51 × 13,7257) = 4,840 Kilogr.
                                    per Pferdekraft in jeder Stunde.A. d. O.
                              
                           Zu bemerken ist, daß das Wasser am Schlusse des Versuches im Kessel beinahe ebenso
                              hoch befunden wurde, wie am Anfange. Es ist dieß der vollstaͤndigste Versuch
                              mit dem Zaume, den die Commission bisher anzustellen Gelegenheit hatte; er wurde
                              nicht nur mit groͤßter Genauigkeit verfolgt, sondern er hatte auch eine
                              hinlaͤngliche Dauer, um einen Schluß daraus zuzulassen.
                           
                        
                           Beschreibung des benuzten Zaumes (Fig. 13).
                           Der Zaum war nach dem von Prony angegebenen verfertigt.
                              Die gußeiserne Rolle, an der die Reibung Statt fand, bestand aus zwei
                              Stuͤken, welche auf unwandelbare Weise und mit genau abgeschliffenen
                              Flaͤchen auf einander adjustirt wurden. Beide Theile waren durch starke
                              Bolzen mit einander verbunden, und Zapfen, welche zur Haͤlfte in jeden Theil
                              adjustirt waren, hinderten beide Theile in Unordnung zu gerathen. Diese Rolle wurde
                              massiv gegossen, und außerdem noch durch starke Rippen verstaͤrkt.
                           Anstatt die Rolle mit Vorsteknaͤgeln an der Welle, welche dieselbe aufnehmen
                              sollte, aufzuziehen: eine Arbeit, welche Zeit erfordert, weil die Welle gestochen
                              und gefeilt werden muͤßte, bedienten wir uns 12 starker Drukschrauben aus
                              gehaͤrtetem Stahle, von denen in jede Nabenhaͤlfte 6 geschraubt waren,
                              und die saͤmmtlich ihre Richtung gegen den Mittelpunkt der Welle hatten. Wir
                              regulirten zuerst drei, und dann wieder drei dieser Schrauben und zogen sie endlich
                              fest an. Es gelang auf diese Weise leicht, die Rolle zu centriren, ohne dabei die
                              Welle zu beschaͤdigen. Das in der Rolle gelassene Loch war so groß, daß man
                              sie im Nothfalle selbst an Wellen von 3 Decimeter im Durchmesser aufziehen konnte.
                              Will man die Rolle an schwaͤcheren Wellen aufziehen, so bedient man sich
                              eines gußeisernen, gleichfalls aus zwei Theilen bestehenden Manchon, und schraubt
                              die Drukschrauben durch diesen.
                           
                           Die Wangen oder Baken bestanden aus Bohlen aus Ahornholz, welche durch Baͤnder
                              und Bolzen zusammengehalten wurden. So boten nur die Holzfasern, die mit dem
                              Cylinder, den der reibende Theil bildet, parallel waren, die Reibung dar. Sie waren
                              zu diesem Behufe, wie die Zeichnung andeutet, mit Sohlen von 3 Zoll Breite besezt.
                              Diese Sohlen waren wie die Dauben einer Transmissionstrommel geordnet, und zwischen
                              jeder derselben war ein kleiner Raum gelassen, um dem Apparate Ausdehnung zu
                              gestatten. Sie waren mit Schrauben mit ausgeraͤnderten Koͤpfen fest in
                              die Wangen geschraubt.
                           Die reibende Oberflaͤche der Rolle betrug 1,1932 Quadratmeter. Aus einem
                              uͤber der oberen Wange angebrachten Zuber, der mit einer Roͤhre und
                              Hahn versehen war, konnte bestaͤndig durch ein in die Wange gebohrtes Loch
                              ein duͤnner Wasserstrahl herabfließen. Zum Schmieren der Wangen diente eine
                              Aufloͤsung von gruͤner Seife in Wasser.
                           Ein einziger Arbeiter konnte diesen Zaum ohne alle Ermuͤdung handhaben.
                           In der beigefuͤgten Zeichnung ist:
                           A die dem Versuche unterworfene Welle.
                           B die an ihr aufgezogene Rolle, welche auf die oben
                              angegebene Weise mit Drukschrauben fixirt wurde.
                           C, C sind die hoͤlzernen, mit eisernen
                              Baͤndern beschlagenen Bohlen, die mit hoͤlzernen Sohlen, welche sich
                              an der Rolle reiben, besezt sind.
                           E, E ist der hoͤlzerne Balancier, auf dem der der
                              Welle A concentrische Kreisbogen F fixirt ist.
                           G ist die Platte des Gegengewichtes des Apparates.
                           H die Platte oder Schale fuͤr das Gewicht,
                              welches die Triebkraft emporzuheben vermag.
                           K, K sind Bolzen, welche zur Regulirung der Reibung der
                              Wangen dienen, und zwar mittelst der mit Hebeln versehenen Mutterschrauben L.
                           M der Zuber mit der Aufloͤsung von gruͤner
                              Seife in Wasser, deren Abfluß mittelst des Hahnes N
                              regulirt werden konnte.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
