| Titel: | Auszüge aus den von den HHrn. Wood, Hawkshaw und Brunel erstatteten Berichten über den an der Great-Western-Eisenbahn befolgten Bauplan. | 
| Fundstelle: | Band 72, Jahrgang 1839, Nr. XXXIX., S. 162 | 
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                        XXXIX.
                        Auszuͤge aus den von den HHrn. Wood, Hawkshaw und Brunel erstatteten Berichten
                           uͤber den an der Great-Western-Eisenbahn befolgten Bauplan.Die Great-Western-Eisenbahn-Compagnie hat, veranlaßt durch
                                 die Meinungsverschiedenheit, welche unter ihren Teilnehmern in Betreff der
                                 Zwekmaͤßigkeit des von Hrn. Brunel befolgten
                                 Bausystemes ausbrach, die Gutachten einiger beruͤhmter englischer
                                 Ingenieurs erholt. Diese Gutachten scheinen uns nun, namentlich aber das zweite
                                 von Hrn. Wood abgegebene, von so hohem Interesse, daß
                                 wir uns den Dank unserer Leser zu erwerben hoffen, wenn wir ihnen mit
                                 Hinweglassung des rein Localen und der Dialektik zwischen Hrn. Hawkshaw und Hrn. Brunel,
                                 ausfuͤhrlichere Auszuͤge daraus vorlegen. Wir erinnern nur noch,
                                 daß man das Brunel'sche Bausystem im polyt. Journal
                                 Bd. LXVIII. S. 339, Bd. LXIX. S. 81, und Bd. LXX. S. 266 nachlesen kann.A. d. R.
                           
                        Aus dem Civil Engin. and Archit. Journal. Febr. 1839, S.
                              47.
                        Wood's erster Bericht uͤber den Bauplan.
                        
                     
                        
                           I. Auszuͤge aus dem ersten
                                 Berichte des Hrn. Wood.
                           Die Gruͤnde, welche man fuͤr die an der
                              Great-Western-Eisenbahn getroffene Steigerung der Spurweite von 4 Fuß
                              8 1/2 Zoll auf 7 Fuß angab, sind: Moͤglichkeit der Erzielung einer
                              groͤßeren Geschwindigkeit; eine groͤßere seitliche Staͤtigkeit
                              der Wagen und Maschinen; verminderte Reibung in Folge der Anwendung groͤßerer
                              Laufraͤder, und groͤßerer Spielraum fuͤr die Leistungen der
                              Locomotiven. Durch diese groͤßere Spurweite wurde die Breite der ganzen
                              Bahnlinie von 16 Fuß 3 Zoll auf 20 Fuß 10 Zoll gesteigert. Was den bei dem Baue der
                              Bahn befolgten Plan betrifft, so wich man von dem gewoͤhnlichen Bauplane in
                              so fern ab, als man ununterbrochene Holzunterlagen auf Pfaͤhlen, die in
                              gewissen Zwischenraͤumen eingerammt wurden, Querschwellen und anders
                              geformte, mit Schrauben auf den hoͤlzernen Balken fixirte Schienen
                              anwendete.
                           Die in dieser Beziehung an mich gerichteten Fragen scheinen sich kurz in Folgendem
                              zusammenfassen zu lassen: Wurden die Vortheile, die man sich von der Abweichung von
                              dem bisher befolgten Systeme versprach, wirklich realisirt? Und in wie fern sind
                              diese Vortheile ein Aequivalent fuͤr die Mehrkosten, welche die
                              Ausfuͤhrung des Baues nach dem neuen Systeme veranlaßt? Von diesem
                              Standpunkte ausgehend suchte ich mich so viel als moͤglich durch directe
                              Versuche von den Eigenschaften der neuen Bahn im Vergleiche mit den aͤlteren
                              Bahnen zu uͤberzeugen, wozu mir denn auch die seit dem 4. Jun. 1838 an ihr
                              eroͤffnete Streke von 23 engl. Meilen Gelegenheit geben konnte. Da aber die
                              auf der Great-Western-Eisenbahn gebraͤuchlichen Maschinen in
                              manchen Stuͤken von jenen der anderen Bahnen verschieden sind, so war durch
                              umfassende Versuche zu ermitteln, was von den erlangten Resultaten auf Rechnung der
                              Maschinen und was auf Rechnung des neuen Bauplanes der Bahn zu sezen ist.
                           Es war demnach vor Allem durch eine Reihe von Versuchen zu ermitteln: das Maximum der
                              Last, welches die Maschinen bei einer bestimmten Geschwindigkeit auf der Bahn
                              fortzuschaffen vermoͤgen; das Maximum der bei geringeren Lasten zu
                              erzielenden Geschwindigkeit, und vergleichsweise der Aufwand an Triebkraft, welcher
                              mit der Fortschaffung verschiedener Lasten bei verschiedenen Geschwindigkeiten
                              verbunden ist. Diese Versuche scheinen mir hoͤchst nothwendig und
                              schaͤzbar, indem aus ihnen, welche Verschiedenheit in den Ansichten
                              uͤber die Reibung der Wagen oder den vergleichsweisen Widerstand der Bahnen
                              bestehen mochte, durch Bestimmung des wirklichen Kostenaufwandes beim Betriebe der
                              Bahn hervorgehen mußte, welche hoͤhere Geschwindigkeit sich erreichen ließ,
                              und zwar mit welchem hoͤheren Aufwande an Triebkraft. Diese Versuche konnten
                              in der That, was die Kraft der Maschinen anbelangt, die Resultate eines
                              mehrjaͤhrigen regelmaͤßigen Bahnbetriebes anticipando und mit großer Genauigkeit andeuten.
                           Ich begann nun diese Versuche bei meiner Ankunft an der Bahn; sezte sie 10 Tage
                              hindurch selbst fort, und uͤbertrug deren Vollendung Personen, in welche ich
                              alles Zutrauen zu sezen berechtigt bin. Es waͤre voreilig, vor der Beendigung
                              dieser Versuche Resultate aus ihnen ziehen zu wollen; doch kann ich angeben, daß die
                              Maschine, „the North Star,“ die
                              Streke zwischen London und Maidenhead mit einer Last von 180 Tonnen (das Gewicht der
                              Maschine und des Munitionswagens mit eingerechnet) im Durchschnitte mit einer
                              Geschwindigkeit von 30 engl. Meilen in der Zeitstunde zuruͤklegte, und in
                              einigen Faͤllen geringere Streken entlang selbst eine Geschwindigkeit von 45
                              engl. Meilen in der Zeitstunde erreichte.
                           Sind auf diese Weise die Kraft der Locomotiven an der
                              Great-Western-Eisenbahn und die Faͤhigkeit des Betriebes dieser
                              Bahn bestimmt, so mußte, um gehoͤrige Anhaltspunkte zu Vergleichen zu
                              erhalten, auch an gewoͤhnlichen Eisenbahnen eine gleiche Reihe von Versuchen
                              angestellt werden, da alle bisher von einzelnen und zum Theil von mir selbst an
                              solchen vorgenommenen Versuche weder in gehoͤrigem Umfange, noch unter
                              gehoͤrigem Wechsel der Umstaͤnde angestellt wurden. Die Directoren der
                              London-Birmingham-Eisenbahn gaben mir auf die liberalste Weise an ihrer Bahn die
                              Erlaubniß hiezu, und ihr Ingenieur, Hr. Robert Stephenson, unterstuͤzte mich hiebei nach allen Kraͤften. Noch
                              sind meine Beobachtungen aber nicht so weit gediehen, daß ich befugt waͤre,
                              zwischen ihnen und den an der Great-Western-Eisenbahn erzielten
                              Resultaten einen Vergleich anzustellen, gegen den keine Einwendung erhoben werden
                              koͤnnte.
                           Die Frage, in wie fern alle diese Versuche fuͤr die Directoren der
                              Great-Western-Eisenbahn von Interesse seyn koͤnnen, beantwortet
                              sich einfach dadurch, daß der neue Bauplan ein groͤßeres Capital erheischt;
                              und daß also bestimmt werden muß, welche groͤßeren Vortheile das neue System
                              gewaͤhrt, und in wie fern diese Vortheile ein Aequivalent fuͤr die
                              groͤßere Capitalanlage sind. Diese Betrachtungen beziehen sich sowohl auf das
                              neue System im Ganzen, als auf die groͤßere Spurweite und die
                              veraͤnderte Bauart einzeln und in Verbindung mit einander; obwohl
                              uͤbrigens nicht noͤthig ist, daß mit einer Erweiterung der Spurweite
                              zugleich auch das Bausystem des Hrn. Brunel eingeschlagen
                              werde. Es steht vielmehr frei, in diesem lezteren Falle irgend eine Modification an
                              dem Brunel'schen Systeme vorzunehmen, oder den Bau so zu
                              fuͤhren, wie an der London-Birmingham- oder anderen Bahnen.
                              Eben so wenig ist im Falle der. Annahme einer groͤßeren Spurweite
                              noͤthig, dieselbe gerade auf 7 Fuß festzusezen. Alles dieß sind gesonderte
                              Fragen, und ebendeßhalb scheint mir nicht, daß eine genaue und richtige Ermittelung
                              der Faͤhigkeiten der dermaligen Great-Western-Eisenbahn im
                              Vergleiche mit anderen bestehenden Eisenbahnen jezt schon die ganze Frage
                              entscheidet; denn immer bleibt noch zu untersuchen, ob die von Brunel angenommene Spurweite diejenige ist, mit welcher alle die Zweke, zu
                              deren Erlangung man von dem alten Systeme abging, auch wirklich erreicht werden; und
                              ob der befolgte Bauplan der beste ist, oder in wiefern er zu verbessern seyn
                              duͤrfte.
                           Man gab als einen der Gruͤnde fuͤr die groͤßere Spurweite an,
                              daß die Wagen bei ihr eine groͤßere Stabilitaͤt bekommen
                              wuͤrden, und daß folglich die Reisenden einer geringeren Schwingungsbewegung
                              ausgesezt waͤren. Es war also zu ermitteln, ob dieß Ziel wirklich erreicht
                              wird, und in welcher Ausdehnung. Von dem Principe ausgehend, Alles so viel als
                              moͤglich auf mechanischem Wege zu pruͤfen und mich so wenig als
                              thunlich auf das immer truͤgerische Gefuͤhl verlassend, ließ ich mir
                              ein Instrument verfertigen, welches bei der Fahrt uͤber die ganze Bahnstreke
                              saͤmmtliche Schwingungen oder Oscillirungen der Wagen messen und auf Papier
                              verzeichnen sollte. Ich wuͤrde auf diese Weise eine Zeichnung bekommen haben,
                              in der die Zahl und die
                              Ausdehnung der Schwingungen der Wagen enthalten gewesen waͤre; und es
                              haͤtte sich also arithmetisch bestimmen lassen, ob auf der neuen Bahn eine
                              geringere schwingende Bewegung Statt findet, als auf den aͤlteren Bahnen mit
                              geringerer Spurweite, und zwar in welchem Grade. Gar bald zeigte sich aber, und
                              hieraus erhellt abermals die Wichtigkeit von derlei Versuchen, daß die Bewegung der
                              Wagen auf den Eisenbahnen eine zusammengesezte ist, welche außer einer senkrechten
                              Bewegung noch eine horizontale oscillirende und eine quere undulirende Bewegung zu
                              Elementen hat. Da es nun nach unseren Beobachtungen schien, daß die eine Art dieser
                              Bewegungen an der Great-Western-Eisenbahn in groͤßerem, die
                              andere hingegen in geringerem Maaße vorhanden war, als an den gewoͤhnlichen
                              Bahnen, so kam es darauf an, jede derselben einzeln zu messen und zu bestimmen,
                              indem nur dadurch deren Ursachen zu ermitteln und die Huͤlfsmittel gegen sie
                              aufzufinden seyn konnten. Daß hiezu nicht bloß Zeit, sondern auch außerordentliche
                              Muͤhe und Sorgfalt noͤthig waren, erhellt von selbst.
                           Die Untersuchung des Bauplanes, naͤmlich der Einfuͤhrung einer
                              ununterbrochen fortlaufenden Holzunterlage mit Pfaͤhlen anstatt der isolirten
                              Steinbloͤke oder hoͤlzernen Querschwellen war nach den im Eingange
                              aufgestellten Principien mit großen Schwierigkeiten verknuͤpft. Die erste
                              Aufgabe war hier zu ermitteln, welches Verhaͤltniß in Hinsicht auf Festigkeit
                              und Soliditaͤt der Unterlage zwischen den fortlaufenden, auf Pfaͤhlen
                              ruhenden hoͤlzernen Balken und den steinernen Bloͤken, oder
                              fortlaufenden Unterlagen ohne Pfahle besteht? Ich ließ mir zu diesem Behuf ein
                              Instrument oder einen Deflectometer verfertigen, der unter die Schiene gebracht, ein
                              Maaß der Abbiegung oder Deflection, welche die Schienen, beim Daruͤberrollen
                              bestimmter Lasten erlitten, gab. Um die Wirkung der uͤber die Schiene
                              rollenden Last noch genauer zu ermitteln, bediente ich mich dreier solcher
                              Deflectometer auf einmal. Die gleichzeitige Bewegung des einen mit dem anderen
                              bewirkte ich dadurch, daß ich zwischen den Instrumenten, von denen unter jede der
                              Unterlagen oder der den Pfaͤhlen gegenuͤber liegenden Querschwellen
                              eines, und ein drittes unter die Mitte der Schiene gelegt wurde, einen Stab
                              anbrachte. Durch eine aͤhnliche Vorrichtung, wie ich mich ihrer zum Messen
                              der Schwingungen der Wagen bediente, ließ ich die Defletionen auf Papier
                              verzeichnen, so daß ich also auf Papier eine genaue Angabe der Deflection erhielt,
                              die an jeder der genannten Stellen in einem und demselben Zeitmomente Statt
                              fand.
                           Indem ich nun Schienen mit allen Arten von Pfaͤhlen und auch fortlaufende
                              Unterlagen aus demselben Holze, aber ohne Pfaͤhle, den Versuchen mit dem
                              Deflectometer unterzog, gelangte ich zu einem Maaße der relativen Festigkeit oder
                              Starrheit der Unterlage bei diesen beiden Bauarten. Da ich mit demselben Instrumente
                              auch die Deflection der Schienen und das Niederdruͤken der Steinbloͤke
                              oder der Querschwellen an anderen Eisenbahnen gemessen habe, so ergab sich mir auch
                              die Festigkeit und Starrheit der Unterlage bei diesem Bausysteme. Hieraus
                              haͤtte sich nun allerdings durch Vergleichung die relative Starrheit der
                              Unterlagen an der neuen und an den aͤlteren Bahnen abnehmen lassen; allein da
                              hiebei auch noch die Durchschnittsform der Holzbalken und der Schienen in Betracht
                              zu ziehen kam, da diese bei einem und demselben Bausysteme verschieden seyn konnte,
                              so war noch zu pruͤfen, wie viel von der Deflection auf Rechnung der Balken
                              und wieviel auf Rechnung der eigenthuͤmlichen Form der Schienen zu sezen sey.
                              Ich schlage daher vor, dieselben Schienen, welche mit den fortlaufenden Unterlagen
                              probirt wurden, auch mit den Steinbloͤken und Querschwellen zu probiren.
                              Durch eine Verfolgung dieser Versuche unter allen verschiedenen Umstaͤnden
                              hoffe ich zu Resultaten zu gelangen, welche nicht auf Ansichten und Meinungen,
                              sondern auf genau erforschten Thatsachen beruhen.
                           Ich habe ferner, abgesehen von den Versuchen, welche ich zur Erlaͤuterung
                              aller der kleineren Details der verschiedenen Eisenbahnmechanismen anstellte und die
                              ich hier nicht naͤher anfuͤhren will, so weit als mir Mittel hiezu zu
                              Gebot standen, auch noch den Widerstand und die Reibung zu erforschen gesucht,
                              welche die Schienen der Great-Western-Eisenbahn den uͤber sie
                              laufenden Wagen und Maschinen entgegensezen. Es fehlen mir aber noch die
                              entsprechenden Versuche an anderen Bahnen, als daß ich in dieser Beziehung jezt
                              schon einen vollguͤltigen Vergleich anzustellen vermoͤchte.
                           
                        
                           II. Auszuͤge aus dem Berichte des
                                 Hrn. John Hawkshaw, Esq.
                           Um das Gutachten, welches die Directoren von mir verlangten, gehoͤrig
                              ausfuͤhren zu koͤnnen, mußte ich mich mit dem Charakter der ganzen
                              Bahn bis zu ihrem Endpunkte in Bristol bekannt machen, und mich so genau als
                              moͤglich uͤber den auf ihr zu erwartenden Verkehr belehren. Ferner
                              hatte ich den District, durch den die Bahn fuͤhrte, und die
                              Bevoͤlkerung, von der ein Collateralverkehr zu erwarten stuͤnde,
                              reiflich zu untersuchen, und diese Punkte mit jenen an anderen bereits in Betrieb
                              stehenden Bahnen zu vergleichen.
                           Diese Betrachtungen schienen mir um so nothwendiger, als sich mir beim ersten Anblike
                              der neuen Bahn die Idee aufdrang, daß der groͤßere Maßstab, den ich an allen
                              Dingen bemerkte, wohl einen groͤßeren Verkehr, schwerere Wagenzuͤge und
                              eine groͤßere Passagieranzahl als anderwaͤrts vorausseze. Der
                              Unterschied zwischen der neuen Eisenbahn und den aͤlteren ist jenem zwischen
                              einem Canale fuͤr Barken und einem solchen fuͤr Schiffe zu
                              vergleichen. Man wird diesen Vergleich um so mehr passend finden, wenn man bedenkt,
                              daß die Gradienten in Anschlag gebracht, die Locomotiven der neuen Bahn eine beinahe
                              doppelt so große Kraft haben, als jene der aͤlteren.
                           Ich muß ferner vorlaͤufig bemerken, daß sich die Directoren die Aufgabe
                              gesezt, jene Maßregeln zu treffen, welche den Interessen der Actionaͤre am
                              besten entsprechen; denn es ist ein großer Unterschied, ob ein
                              wohlgefaͤlliger oder großartiger Bau, oder ein Bau gefuͤhrt werden
                              soll, der unter allen Umstaͤnden dem Zweke, zu dem er bestimmt ist, und wozu
                              hier unter Anderem eine gehoͤrige Verzinsung des Capitales gehoͤrt, am
                              besten entspricht. Die Beduͤrfnisse des Publicums und die Bequemlichkeiten
                              fuͤr dasselbe erheischen hier allerdings die groͤßte Beachtung; allein
                              auch die Erwartungen und Interessen der Actieninhaber duͤrfen nicht aus dem
                              Auge gelassen werden. Es duͤrfte zum Gluͤke nicht schwer werden zu
                              zeigen, daß die wahren Interessen beider dieselben sind.
                           Der Gewinn richtet sich an einer Eisenbahn nach dem Verhaͤltnisse des Ertrages
                              zu den Kosten; in dem Maaße sich leztere steigern, in dem Maaße muß der
                              Eigenthuͤmer auch ersteren hoͤher treiben, und zwar entweder auf
                              Kosten der Bequemlichkeit oder durch Erhoͤhung des Fuhrlohnes. Das Publicum
                              ist also bei der Sparsamkeit an den Eisenbahnen eben so interessirt, wie bei der
                              Sparsamkeit in den Fabriken; und wenn das Publicum im weiteren Sinne des Wortes
                              durch die bei dem Baue einer Eisenbahn gemachten Kostenersparnisse gewinnt, so
                              gewinnt noch weit mehr das Publicum im engeren Sinne des Wortes, d.h. die
                              Einwohnerschaft des Districtes, durch den die Bahn gefuͤhrt ist.
                           Will man z.B. der Stadt Bristol den groͤßten Verkehr und den groͤßten
                              Voltheil zuwenden, so kann dieß, wie mir scheint, dadurch erreicht werden, daß man
                              sie mit London mittelst einer Bahn in Verbindung bringt, auf der fuͤr die
                              geringste Summe und dennoch mit einer Geschwindigkeit gefahren wird, die der nach
                              irgend einer anderen Richtung uͤblichen Geschwindigkeit gleichkommt. Diese
                              Summe wird sich aber verhalten wie das Interesse des aufgewendeten Capitales + den
                              Betriebskosten der Bahn. Sind z.B. die Bruttoeinnahmen einer 10 Proc. abwerfenden
                              Bahn 100 und die Betriebskosten 50 Proc., so bleiben 50, um von einem Capitale von
                              500 die 10 Proc. zu geben; verdoppelt man das Capital, so wird der Gewinn auf 5
                              Proc. herabsinken. Das Capital darf also hienach nur dann verdoppelt werden, wenn
                              sich die Betriebskosten auf Null herabdruͤken, oder die Ertraͤgnisse
                              auf das Doppelte steigern lassen. Wollte man das Capital erhoͤhen ohne eine
                              wesentliche Verminderung der Betriebskosten zu erwirken, so muͤßte zur
                              Erhoͤhung der Ertraͤgnisse das Fuhrlohn erhoͤht werden; und
                              eine solche Erhoͤhung kann mit Erfolg geschehen oder auch nicht, da
                              bekanntlich uͤber gewisse Graͤnzen hinaus eine Steigerung der Abgabe
                              die Einnahme keineswegs vermehrt. In dem einen Falle wuͤrden die
                              Actieninhaber, in dem anderen das Publicum Schaden leiden.
                           Es ist keineswegs meine Absicht, dieses Raisonnement auf jene Faͤlle
                              auszudehnen, in welchen der Kostenaufwand nothwendig hoͤher getrieben werden
                              muß; wohl aber mache ich es da geltend, wo dadurch nur irgend ein bestimmter Zwek erreicht werden soll, wie z.B. mehr ebene
                              Gradienten, sehr hohe Geschwindigkeiten, oder bedeutend groͤßere Dimensionen,
                              welche saͤmmtlich je nach Umstaͤnden wuͤnschenswerth seyn
                              koͤnnen oder auch nicht.
                           Gesezt nun, es sey diese Art von Pruͤfung auf einen der großen Zweke, die Sie
                              zu beabsichtigen scheinen, naͤmlich auf die Reduction eines großen Theiles
                              Ihrer Bahn auf ein Niveau, bei welchem groͤßere Geschwindigkeiten oder ein
                              verminderter Widerstand zu erreichen waͤren, anzuwenden, so wird sich
                              zwischen der dem Parlamente angegebenen Maximalgradiente von 1 in 528 oder von 10
                              Fuß in der englischen Meile, und zwischen der gegenwaͤrtig proponirten
                              Gradiente von 1 in 1320 oder von 4 Fuß in der engl. Meile, der Unterschied also
                              gestalten.
                           Die Reibung, den Widerstand der Luft etc. zu 10 Pfd. auf die Tonne angenommen, und
                              hiezu die Gravitation gerechnet, wird der Widerstand bei 1 in 528 auf die Tonne 14,2
                              Pfd., bei 1 in 1320 hingegen 11,7 Pfd. betragen, so daß also der Widerstand in
                              lezterem Falle beim Ansteigen um 17 Proc. vermindert wuͤrde. Gesezt nun, die
                              Bahn habe zwischen ihren beiden Endpunkten A, B eine und
                              dieselbe Neigung, so wird beim Ansteigen von A nach B der erhoͤhte Widerstand von 17 Proc.
                              fuͤhlbar seyn und einen entsprechenden Mehraufwand an Dampf erfordern;
                              dagegen wird beim Hinabfahren von B gegen A der Widerstand in demselben Verhaͤltnisse
                              geringer seyn und also eine geringere Menge Dampf erheischen. In einem solchen Falle
                              wird also, was die Betriebskosten der Bahn anbelangt, die eine Gradiente wenig vor
                              der anderen voraus haben; denn obwohl das Maximum, welches eine Maschine bei einer
                              Neigung von 1 in 528 zu ziehen vermag, geringer seyn wird, als jenes, welches sie
                              bei einer Neigung von 1 in 1320 zieht, so wird die Maschine doch alle im
                              gewoͤhnlichen Durchschnitte vorkommenden Lasten zu ziehen im Stande seyn. Bei einer Neigung
                              von 1 in 528 wird die Maschine, um eine gleiche Last fortzuschaffen, um etwas
                              Weniges schwerer seyn muͤssen, als bei einer Neigung von 1 in 1320; dagegen
                              kann sie bei einer Neigung von 1 in 528 zur Fortschaffung der vollen Durchschnittslasten so leicht gemacht werden, als es sich nur immer
                              mit der erforderlichen Staͤrke vertraͤgt.
                           Wenn die Bahn, anstatt eine gleichmaͤßige Neigung zu haben, aus einer Reihe
                              undulirender Neigungen besteht, so werden die Vortheile, welche die mehr ebene Bahn
                              gewaͤhrt, den 17 Proc. naͤher kommen; woraus uͤbrigens noch
                              nicht folgen wuͤrde, daß beim Ansteigen der steileren Gradienten der
                              Widerstand erhoͤht und beim Hinabrollen uͤber dieselben in gleichem
                              Verhaͤltnisse vermindert wuͤrde. Denn es hat sich in der Praxis
                              bewaͤhrt, daß wenn die Neigungen nicht eine sehr bedeutende Laͤnge
                              haben, aus dem beim Hinabrollen verminderten Widerstaͤnde, was den
                              Dampfverbrauch anbelangt, kein Vortheil gezogen werden kann, indem dann ein großer
                              Theil des Dampfes bei dem Sicherheitsventile entweicht.
                           Ihre Bahn entspricht uͤbrigens entweder dem einen, noch dem anderen der hier
                              angenommenen Faͤlle, obwohl sie dem ersteren noch naͤher kommen
                              duͤrfte. Sie besteht naͤmlich so zu sagen aus zwei großen
                              Flaͤchen, von denen die eine in einer Laͤnge von ungefaͤhr 70
                              engl. Meilen hinan, und die andere in einer Laͤnge von ungefaͤhr 40
                              engl. Meilen hinabsteigt. Es besteht daher einige Analogie zwischen ihr und dem
                              zuerst beruͤhrten Falle, in welchem, was den Bahnbetrieb betrifft, unter so
                              bewandten Umstaͤnden zwischen einer Neigung von 1 in 528 und einer von 1 in
                              1320 kein großer Unterschied ist. Wenn man daher an Ihrer Bahn den Vortheil, den die
                              eine Gradiente vor der anderen gewaͤhrt, zu 8,5 Proc. annimmt, so ist dieß
                              meiner Ansicht nach ein volles Aequivalent fuͤr ihn.
                           Wenn nun die Betriebskosten einer Bahn lediglich auf den Kosten der Locomotivkraft
                              beruhten, so wuͤrde sich durch Reduction der Gradiente von 1 in 528 auf 1 in
                              1320 eine Ersparniß von 8,5 Proc. ergeben, und folglich wuͤrde eine auf diese
                              Reduction verwendete Capitalserhoͤhung von 8,5 Proc. nicht unnuͤz
                              geschehen. Allein die Betriebskosten umfassen auch noch andere Ausgaben, welche
                              constant bleiben, welche Ersparnis auch immer im Locomotiv-Departement
                              gemacht werden mag: ein Saz, den man in meinem ganzen Berichte nicht außer Acht
                              lassen darf.
                           Die Liverpool-Manchester-Eisenbahn als Maaßstab zu Grunde gelegt, wird
                              man finden, daß die auf Erzeugung der Kraft verwendeten Kosten nicht den dritten Theil
                              der halbjaͤhrigen Ausgaben betragen. Die oben berechnete, durch
                              Abaͤnderung der Gradiente zu erzielende Ersparnis von 8,5 Proc. an den
                              jaͤhrlichen Kosten waͤre also nur zum dritten Theile, naͤmlich
                              zu 2,8 Proc. anzuschlagen; und mithin waͤre man im Irrthume, wenn man, um die
                              Abaͤnderung der Gradiente zu bewirken, das Capital um mehr als 2,8 Proc.
                              erhoͤhen wuͤrde.
                           Aus einem Vergleiche Ihrer Bahn mit einer anderen, die beinahe gleichzeitig
                              eroͤffnet wurde, welche gleichfalls ununterbrochen fortlaufende Unterlagen
                              hat, auf der mit gleicher Geschwindigkeit gefahren wird, und die, wie aus folgenden
                              Angaben hervorgeht, sehr verschiedene Gradienten hat, wird sich ergeben, daß ich den
                              Vortheil, den eine Gradiente von 1 in 1320 vor einer Gradiente von 1 in 528
                              gewaͤhrt, hoch genug angeschlagen habe.
                           Gradienten der Great-Western-Eisenbahn.
                           
                              
                                 Engl. Meilen
                                   Ketten
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                       –
                                     16 
                                 
                                 horizontal
                                 
                                 
                                 
                              
                                       2
                                       1
                                 ansteigend mit
                                       1
                                 in
                                 1760
                                 
                              
                                       7
                                     43
                                       ddo.
                                    
                                       1
                                 –
                                 1320
                                 
                              
                                       –
                                     40
                                       ddo.
                                 horizontal
                                 
                                 
                                 
                              
                                       2
                                     48
                                 abfallend mit
                                       1
                                 –
                                 1760
                                 
                              
                                       –
                                     40
                                       ddo.
                                       1
                                 –
                                 1320
                                 
                              
                                       1
                                     72
                                       ddo.
                                 horizontal
                                 
                                 
                                 
                              
                                       –
                                     30
                                 abfallend mit
                                       1
                                 –
                                 1980
                                 
                              
                                       1
                                     40
                                       ddo.
                                       1
                                 –
                                 1320
                                 
                              
                                       –
                                     20
                                       ddo.
                                       1
                                 –
                                 2640
                                 
                              
                                       1
                                     40
                                 ansteigend mit
                                       1
                                 –
                                 2640
                                 
                              
                                       1
                                     –
                                       ddo.
                                       1
                                 –
                                 2112
                                 
                              
                                       –
                                     20
                                       ddo.
                                       1
                                 –
                                 1320
                                 
                              
                                       –
                                     30
                                       ddo.
                                       1
                                 –
                                 1980
                                 
                              
                                       2
                                     –
                                       ddo.
                                       1
                                 –
                                 1320
                                 
                              
                           Gradienten an der
                                 Manchester-Bolton-Eisenbahn.
                           
                              
                                 Engl. Meilen
                                   Ketten
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                       –
                                     10
                                 
                                 horizontal
                                 
                                 
                                 
                              
                                       –
                                     26
                                 abfallend mit
                                       1
                                 in
                                 1312
                                 
                              
                                       –
                                     28
                                 ansteigend mit
                                       1
                                 –
                                   160
                                 
                              
                                       –
                                     16
                                 
                                 horizontal
                                 
                                 
                                 
                              
                                       –
                                     35
                                 ansteigend mit
                                       1
                                 –
                                 1834
                                 
                              
                                       1
                                     50
                                       ddo.
                                       1
                                 –
                                   544
                                 
                              
                                       4
                                     61
                                       ddo.
                                       1
                                 –
                                   200
                                 
                              
                                       1
                                     32
                                       ddo
                                    
                                       1
                                 –
                                   274 1/2
                                 
                              
                                       –
                                     62
                                 
                                 horizontal
                                 
                                 
                                 
                              
                           Folgendes sind nun die Resultate eines vierwoͤchentlichen Verkehres auf jeder
                              dieser beiden Bahnen.
                           
                           
                              
                                 
                                 Great-Western-Bahn.
                                 Manchester-Bolton-Bahn.
                                 
                              
                                 Durchschnittliche Anzahl der
                                    taͤglich  abgehenden Wagenzuͤge
                                       14
                                       20
                                 
                              
                                 Durchschnittliche Anzahl der an
                                    Sonntagen  abgehenden Wagenzuͤge
                                       12
                                        6
                                 
                              
                                 Stunden der Abfahrt
                                 8,9,10,12,4,5,6,7
                                 7,8,9,10,12,2 1/2,4,5,6,7
                                 
                              
                                 Durchschnittliche Anzahl der
                                    Wagen  per
                                    Wagenzug
                                       6,5
                                        6
                                 
                              
                                 Durchschnittliche Anzahl der
                                    Passagiere  per
                                    Wagenzug
                                       111
                                       72
                                 
                              
                                 Durchschnittsgewicht per Wagenzug
                                 40 Ton. 5 Cntr.
                                 24 Ton. 1 Cntr.
                                 
                              
                                 Durchschnittsverbrauch an Kohks per
                                      englische Meile
                                     51,00 Pfd.
                                     27,00 Pfd.
                                 
                              
                                 Durchschnittsverbrauch an Kohks per
                                      Tonne in jeder engl. Meile
                                       1,26 –
                                       1,16 –
                                 
                              
                                 Durchschnittsverbrauch an Kohks per
                                      Passagier und in jeder Meile
                                       0,45 –
                                       0,36 –
                                 
                              
                                 Laͤnge der durchfahrenen
                                    Bahnstreke
                                 22 1/2 engl. Meil.
                                 10 engl. Meil.
                                 
                              
                           Dauer der Fahrt im Durchschnitte 55 Minuten bei zweimaligem
                              Anhalten; an der Manchester-Bolton-Eisenbahn ohne Anhalten 27, mit
                              fuͤnfmaligem Anhalten 35 Minuten.
                           Hieraus ergibt sich, daß der Verbrauch an Kohks an der Bahn mit steilen Gradienten
                              bedeutend geringer ist. Im Durchschnittsgewichte der Wagenzuͤge ist das
                              Gewicht der Maschine und des Tenders nicht mit eingerechnet; lezteres
                              betraͤgt an der Great-Western-Bahn 27, an der
                              Manchester-Bolton-Bahn 16,4 Tonnen, so daß also an ersterer Bahn das
                              Gewicht der Wagenzug im Durchschnitte 67 Tonnen 5 Cntr., an lezterer 40 Tonnen 5
                              Cntr. ist. Mithin berechnet sich an ersterer der in der engl. Meile auf die Tonne
                              treffende Verbrauch an Kohks auf 0,75, an lezterer hingegen nur auf 0,67 Pfd.
                           An der Eisenbahn zwischen Leeds und Selby sind die Gradienten wie folgt:
                           
                              
                                 1 1/2
                                 engl. Meilen
                                 steigen an mit
                                       1
                                 in
                                 210
                                 
                              
                                 1
                                       –
                                       ddo.
                                       1
                                 –
                                 176
                                 
                              
                                 2
                                       –
                                       ddo.
                                       1
                                 –
                                 152
                                 
                              
                                 3
                                       –
                                 
                                 horizontal
                                 
                                 
                                 
                              
                                 3
                                       –
                                 fallen ab mit
                                       1
                                 –
                                 135
                                 
                              
                                 3
                                       –
                                       ddo.
                                       1
                                 –
                                 152
                                 
                              
                                 6 1/2
                                       –
                                 
                                 horizontal.
                                 
                                 
                                 
                              
                           Auf dieser Bahn gehen taͤglich im Durchschnitte 7 und des Sonntags 2
                              Wagenzuͤge, von denen im Durchschnitte jeder 57 Passagiere faßt. Ohne
                              Maschine und Tender wiegt ein Zug im Durchschnitte 32 Tonnen 5 Cntr., und die Streke
                              von 20 engl. Meilen wird bei viermaligem Anhalten in 1 Stunde 7 Minuten
                              zuruͤkgelegt. Dabei betraͤgt der Verbrauch an Kohks auf die Tonne per Meile 1,1 und auf den Passagier per Meile 0,63 Pfd.
                           Was die Erweiterung der Spurweite an Ihrer Bahn anbelangt, so wurde daruͤber
                              viel Absurdes zu Tage gefoͤrdert: einige versprachen sich davon Erfolge, die
                              ans Wunderbare graͤnzten, und denen gemaͤß die Wagen beinahe von
                              selbst haͤtten laufen muͤssen; andere dagegen erhoben ein solches
                              Geschrei, daß man haͤtte meinen sollen, die Wagen koͤnnten auf der
                              neuen Bahn beinahe gar nicht laufen. Ich sehe an der ganzen Sache nichts anderes,
                              als eine Eisenbahn mit groͤßeren Dimensionen, als man diesen Bahnen bisher zu
                              geben pflegte, wobei es sich darum fraͤgt, ob diese Vergroͤßerung
                              verstaͤndig ist, und ob es, wenn dem nicht so waͤre, fuͤr die
                              Direction in Betracht des Capitales, welches sie aufzuwenden hat, besser ist in
                              diesen Dimensionen den Bau fortzufuͤhren oder davon abzugehen?
                           Man kann zuvoͤrderst ohne Zweifel sagen, daß man die Bahn eben so gut von 7
                              als von 5 Fuß Weite bauen kann, und daß die ganze Frage bloß den Kostenpunkt
                              betreffe. Ganz irrig erscheint es daher, wenn Einige den anfaͤnglichen
                              schlechten Zustand Ihrer Bahn der groͤßeren Spurweite zur Last legten. Ferner
                              muß bei Eroͤrterung der groͤßeren Spurweite Alles
                              unberuͤksichtigt bleiben, was nicht nothwendig mit dieser in Zusammenhang
                              steht, und wozu das Legen der Bahn mit Pfaͤhlen, Maschinen von 16 Tonnen
                              Schwere und Tunnels von 30 Fuß Durchmesser gehoͤren. Ferner gestaltet sich
                              die Frage ganz anders in England und ganz anders in Gegenden, wo beinahe noch keine
                              Eisenbahnen bestehen. In England ist der große Stamm, der den Norden mit dem
                              Suͤden verbindet, schon ganz fertig oder in der Ausbildung begriffen, und
                              zwar mit einer Spurweite von 4 Fuß 8 1/2 Zoll, weil die mit dem Baue Beauftragten
                              die Erfahrung an der Liverpool-Manchester-Eisenbahn fuͤr sich
                              hatten und keinen Grund sahen, davon abzugehen. Diesen Hauptstamm kreuzt beinahe
                              unter rechten Winkeln ein zweiter, der die westliche Kuͤste mit der
                              oͤstlichen verbinden und dieselbe Spurweite bekommen soll. Andere
                              groͤßere Bahnen werden nach demselben Systeme gebaut, so daß man sagen kann,
                              daß bereits 3/4 Englands mit Eisenbahnen von der kleineren Spurweite durchzogen
                              sind. Hieraus folgt, daß sich jede von diesem Systeme abgehende Compagnie gleichsam
                              isolirt, wenigstens was die Seitenaͤste und den zu erwartenden
                              Collateral-Verkehr anbelangt; jede Verbindung mit den benachbarten
                              groͤßeren Bahnen ist dadurch unmoͤglich gemacht, und schon deßhalb
                              allein hat in England jede Eisenbahngesellschaft reiflich zu erwaͤgen, ob sie
                              von den an der Mehrzahl der bestehenden Bahnen befolgten Dimensionen abgehen soll
                              und darf.
                           Dessen ungeachtet koͤnnen aber immer noch mit der Abweichung von dem alten Systeme
                              Verbesserungen verbunden seyn, welche diese Nachtheile aufwiegen und die zu
                              erwartenden Verluste mehr als ausgleichen. Sie koͤnnten z.B. eine große und
                              wichtige Ersparniß an Zeit und Geld und bessere Erhaltung der zu transportirenden
                              Gegenstaͤnde bedingen; und deßhalb kommt zu untersuchen, ob aus der
                              groͤßeren Spurweite sich ein solches Resultat ergibt.
                           Soll die Spurweite eine Ersparniß an Geld bedingen, so kann diese entweder an der
                              Capitalanlage stattfinden, oder sich spaͤter bei dem Bahnbetriebe ergeben.
                              Ersterer Fall ist unmoͤglich; die Capitalanlage muß vielmehr eine
                              groͤßere seyn, obwohl ich das Verhaͤltniß dieses Mehraufwandes nicht
                              angeben kann. Die Dimensionen so gering als moͤglich angesezt, muͤssen
                              zwei Bahnlinien von 7 Fuß Weite nothwendig eine groͤßere Breite erfordern,
                              als zwei Bahnlinien von 4 Fuß 8 1/2 Zoll Weite; ja ich moͤchte die durchaus
                              erforderliche groͤßere Breite zu 4 Fuß annehmen. Der zwischen den Bahnlinien
                              zu lassende Raum haͤngt naͤmlich nicht ganz von der fuͤr die
                              Lasten festgesezten Maximalbreite ab; sondern es ist zum Behufe von Reparaturen und
                              zu anderen Zweken ein gewisser Raum noͤthig, abgesehen davon, daß eine zu
                              große Annaͤherung der Bahnlinien an einander gefaͤhrlich waͤre,
                              indem ein auf der einen vorkommender Unfall, wie ich mich selbst uͤberzeugt
                              habe, auch auf der anderen sehr uͤble Folgen herbeiziehen kann. Der an der
                              Außenseite der Schienen zu lassende Raum ist außerdem ein constanter, welches auch
                              immer die Spurweite seyn mag; und dieser Raum ist nicht bloß der Sicherheit wegen,
                              sondern auch deßhalb erforderlich, damit sich die aͤußere Schiene
                              gehoͤrig auf den Daͤmmen festsezen kann, und damit sich an
                              Durchstichen gehoͤrige Abzugcanaͤle anbringen lassen. Abgesehen von
                              diesen die Erdarbeiten und den Bodenankauf im Allgemeinen betreffenden Zunahmen,
                              werden auch die Locomotiven schwerer und mithin in einem gewissen Maaße theurer seyn
                              muͤssen. Ferner wird die permanente Bahn bei groͤßerer Spurweite mehr
                              kosten, als bei geringerer, da man nicht bloß die leichteren Schienen bei ersterer
                              mit den schweren Schienen bei lezterer vergleichen darf, sondern Alles in Allem in
                              Anschlag bringen muß.
                           Wenn nun also die Capitalanlage nothwendig groͤßer ausfaͤllt, so
                              fraͤgt sich, berechnen sich die Betriebskosten niedriger? Diese Kosten
                              haͤngen von den Anschaffungskosten der Maschinen, deren Reparaturen, dem
                              Verbrauche an Kohks und anderen Dingen ab, welche zu der Spurweite in keiner
                              Beziehung stehen. Was den ersten Punkt, die Anschaffungskosten der Maschinen
                              betrifft, so fallen diese bei groͤßerer Spurweite groͤßer aus; und die
                              Ersparniß an Reparaturen kann, wenn ja eine solche stattfindet, nur unbedeutend
                              seyn. Denn es hat sich
                              gezeigt, daß die Reparaturen an den Locomotiven der Bahnen, auf denen mit großer
                              Geschwindigkeit gefahren wird, hauptsaͤchlich an den Raͤdern, an den
                              Roͤhren und an den Heizraͤumen vorkommen, mithin an Dingen, auf welche
                              die Spurweite keinen anderen Einfluß hat, als den, daß wenn die Raͤder und
                              Achsen groͤßer gemacht werden, auch die Reparaturen groͤßer seyn
                              werden. In jedem Falle werden die gewoͤhnlichen Reparaturen einer Maschine,
                              die wegen der groͤßeren Bahnweite und nicht wegen des groͤßeren
                              Verkehres groͤßer gebaut ist, hoͤchstwahrscheinlich die Ersparniß
                              aufwiegen, die an den Reparaturen der kleineren Theile daraus erwaͤchst, daß
                              hier mehr Raum fuͤr dieselben gestattet ist. Ueberdieß kommt ein großer Theil
                              der an den Locomotiven noͤthigen Reparaturen nicht auf Rechnung der
                              gewoͤhnlichen Abnuzung, sondern auf Rechnung von Unfaͤllen, die
                              ihrerseits wieder um so groͤßeren Schaden anrichten werden, je groͤßer
                              und kostspieliger die Maschinen sind.
                           Die Unterhaltung der Bahn wird bei groͤßerer Bahnweite und schwereren
                              Maschinen eben soviel kosten, wie bei geringerer Bahnweite und leichteren Maschinen;
                              denn es ist gewiß nicht zu viel behauptet, wenn man sagt, daß die Maschinen und
                              Tenders dem Ueberbaue der Eisenbahnen mehr Schaden bringen, als saͤmmtliche
                              auf ihnen zu verfahrenden Lasten: die Ladungen von langem Bauholze vielleicht allein
                              ausgenommen.
                           Wenn endlich der Verbrauch an Kohks bei der groͤßeren Spurweite geringer seyn
                              soll, so kann dieß nur durch eine Verminderung der Reibung, oder wie man zu sagen
                              pflegt, durch den mechanischen Voltheil der großen Raͤder bedingt seyn. Es
                              waͤre sehr zu wuͤnschen gewesen, daß, bevor man sich hierauf
                              stuͤzte, die zur Pruͤfung der irlaͤndischen Eisenbahnen
                              ernannte Commission klar ausgesprochen haͤtte, daß groͤßere
                              Raͤder wirklich einen Vortheil gewaͤhren; denn nach einigen Versuchen
                              und aus mehreren Gruͤnden duͤrfte dieß noch zweifelhaft seyn. Was die
                              durch die Abreibung bedingte Reibung, d.h. jene, welche durch die Abreibung der
                              Achsen entsteht, betrifft, so kann man annehmen, daß diese constant bleibt, wie
                              sehr, man auch das Rad vergroͤßern mag; wenn man, wie dieß in der Praxis denn
                              auch wirklich der Fall ist, annimmt, daß bei groͤßerem Raddurchmesser und
                              laͤngerer Radachse nothwendig auch eine entsprechende Vergroͤßerung
                              der Buͤchse oder des Journales eintreten muß. Was hingegen die durch das
                              Rollen des Rades bedingte Reibung anbelangt, so ist es nicht wahrscheinlich, daß sie
                              durch Vergroͤßerung des Rades vermindert wird, denn diese rollende Reibung
                              ist auf Eisenbahnen eine ganz andere als auf Landstraßen, wo Widerstaͤnde
                              vorkommen, uͤber die das Fuhrwerk weggehoben werden muß. Kleine Raͤder
                              bedingen auf Landstraßen einen groͤßeren Widerstand; auf Eisenbahnen hingegen werden die auf diesen
                              Ursachen beruhenden Bewegungshindernisse beinahe unmerklich, ausgenommen, die
                              Raͤder sind sehr klein. Jene Reibung endlich, die durch die Abreibung der
                              vorspringenden Radkraͤnze an den Schienen erwaͤchst, wird an
                              groͤßeren Raͤdern weit merklicher seyn, als an kleinen, namentlich an
                              Curven.
                           Um etwas Bestimmtes hieruͤber anzufuͤhren, will ich die Resultate
                              einiger Versuche, die ich am 20. Sept. 1838 an Ihrer Bahn vornahm, angeben. Ein
                              großer, aus neun Wagen, einem sechsraͤderigen Waggon und eilf mit Eisen und
                              Steinen befrachtete Karren wurden auf einer vollkommen geraden Bahnstreke mit 4 Fuß
                              Gefaͤll in einer engl. Meile auf und nieder getrieben. Die mit dem ganzen
                              Wagenzuge angestellten Versuche ergaben eine Reibung von 6,22 Pfd. per Tonne. Bei Wiederholung der Versuche, wobei man
                              jedoch zur Bestimmung der Reibung der Wagen und der Karren allein nur einen Karren
                              an den Wagen angehaͤngt ließ, ergab sich fuͤr die Karren und Waggons,
                              welche zusammen 79 Tonnen 8 Cntr. wogen, eine Reibung von 6,5 Pfd. auf die Tonne,
                              und fuͤr die Wagen mit einem einzigen angehaͤngten Karren bei einem
                              Gesammtgewichte von 74 Tonnen und 12 Cntrn. eine Reibung von 8,15 Pfd. auf die
                              Tonne.
                           Am 26. September machte ich einen gleichen Versuch an der
                              Manchester-Bolton-Eisenbahn mit einem Zuge von 6 Waggons, von denen
                              jeder 3 1/2 Tonnen Eisen als Ladung fuͤhrte. Die Reibung ergab sich hiebei zu
                              6,3 Pfd. auf die Tonne. Die zu dem Versuche benuzte Bahnstreke lief an ihren beiden
                              Enden in Curven aus, von denen die eine einen Radius von 111 und die andere einen
                              solchen von 67 Ketten hatte. Bei dem Versuche, bei welchem der Wagenzug die Bahn
                              hinanstieg, betrug der durchlaufene Raum 2950 Fuß, wobei die Wagen 330 Fuß in der
                              Curve von 111 Ketten Radius liefen, bevor sie in Stillstand kamen. Bei dem Versuche,
                              bei welchem der Wagenzug die Bahn hinabrollte, betrug die durchlaufene Streke 3825
                              Fuß, wovon 1980 Fuß in der Curve von 72 Ketten Radius. Derselbe Zug von 6 Wagen
                              wurde hierauf auf eine Bahnstreke gebracht, deren Gefaͤll allein schon
                              genuͤgte, um ihn in Bewegung zu sezen, und welche vorlaͤufig mittelst
                              Pfaͤhlen in Streken von je 100 Fuß abgetheilt worden. Bis zum neunten Pfahle
                              lief die Bahn gerade; von hier aus aber begann mit einem Radius von 42 Ketten eine
                              Curve, die sich bis uͤber den Punkt, an welchem die Wagen zum Stillstehen
                              kamen, hinaus erstrekte. Auf dieser Bahnstreke von beilaͤufig 2200 Fuß
                              Laͤnge ergab sich bei zweimaligem Versuche eine Reibung von 7,32 Pfd. auf die
                              Tonne, wobei jedoch zu bemerken kommt, daß 1300 Fuß aus einer Curve mit einem Radius von einer halben
                              Meile bestanden, und daß die Wagen an drei Ausweichstellen voruͤber zu laufen
                              hatten, bevor sie zum Stillstehen kamen.
                           Sowohl die leztere Bahn, als die Great-Western hat fortlaufende
                              Holzunterlagen; und nur in einer kurzen Streke der Curven befand sich eine
                              fortlaufende Steinunterlage. Die Bolton-Manchester-Bahn hat schwerere
                              Schienen zu 53 Pfd. per Yard. Bei den an der
                              Great-Western-Bahn angestellten Versuchen hatten drei der Wagen und
                              einer der Waggons 6 Raͤder, und daher war die Reibung etwas groͤßer
                              als an den vierraͤdrigen Wagen; doch konnte dieß bei einem so großen und so
                              schweren Wagenzuge keinen großen Unterschied ausmachen. Alle bei den Versuchen an
                              der Great-Western-Bahn verwendeten Raͤder hatten 4 Fuß im
                              Durchmesser und Register von 2 11/16 Zoll Durchmesser. Die Raͤder an der
                              Bolton-Manchester-Bahn dagegen hatten 3 Zoll Durchmesser und Register
                              von 2 Zoll Durchmesser.
                           Wenn nun auch diese Versuche keineswegs uͤber die aus der Vergroͤßerung
                              der Raͤder zu erwartenden mechanischen Vortheile entscheiden, da zur
                              bestimmten Loͤsung der Frage die verschiedenen Versuche an einer und
                              derselben Bahn vorgenommen werden muͤßten, so ist doch soviel gewiß, daß die
                              Vortheile, welche der Theorie nach mit den groͤßeren Raͤdern verbunden
                              seyn sollten, einigen Abzug zu erleiden haben; und zwar wegen des groͤßeren
                              Widerstandes, den sie bei breiten Spurweiten an den Curven zu uͤberwinden
                              haben, und wegen der groͤßeren Reibung der Randkraͤnze an den
                              Schienen, welche nicht bloß der bedeutenderen Groͤße der Raͤder,
                              sondern auch der groͤßeren Spurweite zuzuschreiben ist. Denn es scheint mir,
                              daß sich die Reibung auf das Minimum reduciren wuͤrde, wenn sich das ganze
                              Bewegungsmoment auf eine einzige Schiene concentriren ließe; und daß die Reibung
                              gewissermaßen in demselben Verhaͤltnisse steigen duͤrfte, in welchem
                              man die Spurweite vergroͤßert.
                           Ein weiterer bei der groͤßeren Spurweite in Betracht kommender Punkt ist die
                              Sicherheit. Soll der Bahn aus diesem Grunde eine groͤßere Weite gegeben
                              werden, so muͤßte das dermalige System unsicher seyn; ist aber A schon sicher, so kann kein Vortheil daraus erwachsen,
                              wenn man B sicherer macht. Es fraͤgt sich also,
                              ist die schmale Spurweite sicher? A priori laͤßt
                              sich sagen, daß, da diese Weite dem gewoͤhnlichen Geleise der Landstraßen
                              gleich kommt; da die Eisenbahnraͤder und die unteren Theile der Wagen von
                              sehr großer Schwere sind; da der Schwerpunkt an ihnen stets viel tiefer liegt als an
                              den Eilwagen; und da die Eisenbahnen weit ebener sind als die Landstraßen, der viel
                              groͤßeren Geschwindigkeiten ungeachtet an den Eisenbahnen doch die Gefahr des
                              Umwerfens sehr unbedeutend ist. In der That hoͤrte ich auch nie von einem
                              solchen Umwerfen, oder uͤberhaupt von einem Unfalle, welcher der zu großen
                              Enge der Basis zugeschrieben werden koͤnnte. Nach meiner Erfahrung
                              waͤre es sehr schwierig, bei der dermaligen Spurweite einen Wagen auf der
                              Bahn umzuwerfen, selbst wenn man es wollte. Da ich jedoch immer von der
                              groͤßeren Sicherheit der breiteren Bahnen hoͤrte, so richtete ich,
                              obwohl ich diesen Punkt bei der großen Sicherheit der schmaͤleren Bahnen
                              fuͤr nicht sehr wichtig halte, in dieser Beziehung eine Anfrage an die
                              Vorstaͤnde der Liverpool-Manchester- und der
                              Leeds-Selby-Eisenbahn. Hr. Henry Booth,
                              Schazmeister der ersteren dieser Bahnen, gab mir hierauf die Erklaͤrung, daß
                              ihm an seiner Bahn kein Unfall bekannt geworden, der ihrer Spurweite von 4 Fuß 8 1/2
                              Zoll zugeschrieben werden koͤnnte, und daß nur vor einigen Jahren in Folge
                              des Bruches einer Achse eine Maschine die Bahn verließ, wo dann einige Wagen
                              umgeworfen wurden. Ob in diesem Falle eine groͤßere Spurweite das Umfallen
                              verhuͤtet haben wuͤrde, duͤrfte noch von der Hoͤhe der
                              Wagen und einigen anderen Umstaͤnden abgehangen haben. G. Smith, Ingenieur der lezteren der genannten Bahnen,
                              erklaͤrte, daß bei vierjaͤhrigem Bahnbetriebe kein Unfall vorgekommen,
                              der auf Rechnung der Spurweite von 4 Fuß 8 1/2 Zoll zu sezen waͤre; und daß
                              beinahe alle Unfaͤlle durch falsch gelegte Zungen oder auf die Bahn gebrachte
                              Hemmnisse hervorgebracht wurden.
                           Es waͤre uͤbrigens nicht schwer, bei der dermaligen Spurweite den
                              Schwerpunkt tiefer zu stellen, wenn dieß fuͤr wuͤnschenswerth erachtet
                              werden sollte; daß man dieß nicht thut, ist nur ein Beweis, daß es unnoͤthig
                              ist. Es waͤre uͤbrigens auch bei der dermaligen Spurweite und mit
                              Beibehaltung der jezigen Hoͤhe des Schwerpunktes ganz leicht, die Durchmesser
                              der Raͤder von 3 Fuß auf 3 Fuß 6 Zoll und daruͤber zu erhoͤhen,
                              wenn etwas dadurch gewonnen werden sollte.
                           Ich muß aus allen diesen Betrachtungen den Schluß ziehen, daß aus der Annahme der
                              Spurweite von 7 Fuß keine Vortheile zu erwarten sind, die mit den Nachtheilen,
                              welche die Abweichung von dem alten Systeme mit sich bringt, im Verhaͤltnisse
                              stehen; und daß es demnach aus den weiter unten folgenden Gruͤnden nicht
                              wuͤnschenswerth ist, daß die Directoren den Bau nach dem neuen Systeme
                              fortfuͤhren, ausgenommen, sie haͤtten bereits eine Masse Geldes darauf
                              verwendet, die alle Einwendungen zu Boden schluͤge.
                           Die weiteren Gruͤnde, aus denen meiner Ansicht nach der Bau nicht in dieser Art weiter
                              gefuͤhrt werden soll, sind folgende. Erwaͤgt man die großen Kosten,
                              welche die Eisenbahnen selbst bei den kleinsten Dimensionen veranlassen, und den
                              verhaͤltnißmaͤßig geringen Gewinn, den sie abwerfen; bedenkt man, mit
                              welchen großen Schwierigkeiten und erhoͤhtem Kostenaufwande Curven von so
                              großem Radius zu erzielen sind, daß sie sich fuͤr die groͤßere
                              Spurweite eignen, so glaube ich nicht, daß auch nur ein Praktiker fuͤr
                              England im Allgemeinen eine Spurweite von 7 Fuß empfehlen kann. Ist aber das System
                              fuͤr das ganze Land ungeeignet, so ist es auch fuͤr einzelne Gegenden
                              unpassend, ausgenommen man will ihm eine sehr große Beschraͤnkung geben,
                              ausgenommen es sind weitere Verzweigungen der Bahn in die Nachbarschaft durch
                              natuͤrliche Hindernisse unmoͤglich gemacht, und ausgenommen die
                              Beschaffenheit des Landes ist in Bezug auf Wellen oder Undulirungen von der Art, daß
                              sich fuͤr sehr unbedeutende Kosten Curven von großem Radius erzielen
                              lassen.
                           Angenommen, diese leztere Bedingung sey an Ihrer Bahn wirklich vorhanden und es seyen
                              wegen der Ebenheit des Terrains im Allgemeinen leicht Curven von großem Radius zu
                              erlangen, so laͤßt sich dieß doch nicht im Voraus von allen den Verzweigungen
                              sagen, die wegen Steigerung des Verkehres zu beruͤksichtigen kommen. Und
                              selbst wenn dem so waͤre, so gaͤben die unstreitig groͤßeren
                              Baukosten hier einen neuen Einwurf; denn wenn auch die Hauptbahn bei ihrem
                              ungeheuren Verkehre durch diese groͤßeren Baukosten nicht ruinirt wird, so
                              werden doch die kleineren Nebenbahnen sie nicht zu erschwingen im Stande seyn,
                              obwohl sie, wenn sie in die Hauptbahn einmuͤnden sollen, mit diesem gleiche
                              Dimensionen haben muͤssen. Die Prosperitaͤt Ihrer Bahn wild immer in
                              nicht unbedeutendem Grade von jener der Seitenbahnen abhaͤngen; und wenn Sie
                              bei dem angenommenen großen Maaßstabe beharren, so duͤrfte das
                              wahrscheinliche Resultat das seyn, daß ein Theil des Verkehres eine andere Richtung
                              sucht. Die Eisenbahnen einer bestimmten Gegend haͤngen nothwendig gegenseitig
                              von einander ab; und es ist eine ganz unhaltbare Lehre, wenn man sagt, daß die
                              Spurweite einer jeden Bahn nur durch ihre Curven und Gradienten bedingt ist; denn
                              hieraus wuͤrde folgen, daß auch nicht zwei Bahnen einander gleich seyn
                              koͤnnten.
                           Endlich laͤßt sich von allen Eisenbahnen Englands behaupten, daß, wenn deren
                              Unternehmer sie neu zu bauen hatten, ihr Augenmerk besonders auf Ersparniß am
                              Anlagscapitale gerichtet seyn wuͤrde; und daß, wenn es eine Compagnie gibt,
                              die gleich vom Anfange an in hohem Grade darauf bedacht war, die Kosten nicht zu hoch anwachsen zu
                              lassen, dieselbe bei einem neuen Baue nicht anders verfahren, sondern sich zu dem
                              fruͤher eingeschlagenen Verfahren Gluͤk wuͤnschen
                              wuͤrde.
                           Ich kann die London-Birmingham-Eisenbahn nicht als Vorbild empfehlen,
                              und freue mich, wenn Ihre Bahn, was den Kostenpunkt anbelangt, diese nur in einigen
                              wenigen Details uͤbersteigt. Diese Bahn laͤuft durch eine Gegend, die
                              nothwendig einen viel groͤßeren Kostenaufwand mit sich brachte, als die
                              Ihrige; dagegen steht aber auch auf ihr ein Verkehr zu erwarten, der groͤßer
                              seyn duͤrfte, als auf irgend einer anderen Bahn. Ihre Bahn hat allerdings
                              auch eine sehr guͤnstige, einen großen Verkehr versprechende Lage; doch
                              glaube ich, daß die Aussichten von dem Systeme abhaͤngen, welches Sie
                              verfolgen. Ich muß den Rath geben, das bisher eingeschlagene System fahren zu
                              lassen. Es ist bekannt, daß alle Eisenbahnen, und selbst die kleineren, einen so
                              großen Capitalaufwand erforderten, daß sie in Anbetracht des dabei Statt findenden
                              Risico nur eine sehr geringe Dividende abwerfen. Ein System, welches aller
                              Wahrscheinlichkeit nach diese Dividende noch vermindert, ist gewiß nicht zu
                              empfehlen; und zwar um so weniger, als die Sicherheit es nicht erheischt, da schon
                              bei dem dermaligen Systeme keine Gefahr ist, und als sich auf den schmalen
                              Spurweiten mit voller Sicherheit Geschwindigkeiten erzielen lassen, die
                              groͤßer sind, als sie irgend eine Compagnie ohne pecuniaͤren Ruin zu
                              unterhalten im Stande ist. Die Liverpool-Manchester-Eisenbahn hat,
                              indem sie die Fahrgeschwindigkeiten von 20 auf 26 engl. Meilen in der Zeitstunde
                              erhoͤhte, ihre Locomotivausgaben gleichfalls um 15 Proc. gesteigert. Man kann
                              auf engen Spurweiten mit voller Sicherheit noch weit groͤßere
                              Geschwindigkeiten als diese erzielen; allein wenn eine Compagnie eine solche
                              Geschwindigkeit fortwaͤhrend unterhalten kann, so ist es unstreitig nur jene,
                              die das niedrigste Anlagscapital zaͤhlt. Die
                              Grand-Junction-Bahn z.B. wird den groͤßeren Kostenaufwand bei
                              einer gesteigerten Geschwindigkeit weniger fuͤhlen, als er an der
                              London-Birmingham-Bahn fuͤhlbar seyn wuͤrde; und zwar
                              nicht, weil sie bessere Gradienten hat (sie sind vielmehr an ihr schlechter),
                              sondern weil daß Anlagcapital an ihr viel geringer ist, so daß die
                              jaͤhrlichen Betriebskosten an ihr eine bedeutende Steigerung zulassen, ohne
                              daß der Ertrag zu sehr leidet.
                           Da Sie schon eine so bedeutende Geldsumme in die Bahn gestekt, so ist diese zu
                              ermitteln und mit der Ersparniß zu vergleichen, welche sich aus einer
                              Beschraͤnkung der Dimensionen ergeben wuͤrde; und selbst wenn sich aus
                              der Abaͤnderung in Bezug auf das Anlagscapital keine Ersparniß herauswerfen
                              wuͤrde, wuͤrde spaͤter eine solche und zwar in nicht unbedeutendem
                              Maaße an den Betriebskosten und durch die Moͤglichkeit der Ausdehnung und
                              Verzweigung der Bahn erwachsen. Ich gebe in dieser Hinsicht folgende
                              Berechnungen.
                           Ihr Soll wird sich, wenn Sie die Abaͤnderung
                              beschließen, gestalten, wie folgt:
                           
                              
                                 22 engl. Meilen sind neu zu legen, was bei
                                    Benuzung  desselben Materiales auf die Meile 1500 Pfd.
                                    St.  gerechnet gibt
                                   33,000 Pfd.
                                 0 Sch.
                                 0 D.
                                 
                              
                                 14 vollendete Locomotiven mit Tendern, jede
                                    zu 1980  Pfd. gerechnet, macht
                                   27,720 –
                                     –
                                   –
                                 
                              
                                 7 im Baue begriffene Maschinen zu demselben
                                    Preise  machen
                                   13,860 –
                                     –
                                   –
                                 
                              
                                 42 Wagen erster Classe, jeder zu 544 Pfd.
                                    St.
                                   22,848 –
                                     –
                                   –
                                 
                              
                                 40     –
                                        zweiter Classe, jeder zu 351 –
                                   14,040 –
                                     –
                                   –
                                 
                              
                                 118 Karren und Waggons zu 106 Pfd.
                                    St.
                                   12,508 –
                                     –
                                   –
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                                                                             Summa
                                 123,976 Pfd.
                                 0 Sch.
                                 0 D.
                                 
                              
                           Da sich an den Schienen kein Verlust ergeben duͤrfte, da, obwohl ich sie
                              fuͤr zu leicht halte, bei der engeren Spur viel weniger eine Einwendung zu
                              machen seyn wird, so wird sich das durch die Abaͤnderung bedingte Haben also berechnen:
                           
                              
                                 An den noch zu legenden 100 engl. Meilen
                                    betraͤgt  die Ersparniß mit 1000 Pfd. St. per Meile
                                 100,000 Pfd.
                                 0 Sch.
                                 0 D.
                                 
                              
                                 Von den noch noͤthigen 60 Maschinen
                                    und Tenders  kostet jede um 400 Pfd. weniger,
                                    mithin
                                   24,000 –
                                     –
                                   –
                                 
                              
                                 An dem noch zu fuͤhrenden Erdbaue
                                    von 60 engl. Meilen  betraͤgt die Ersparniß 200
                                    Pfd. per Meile
                                   12,000 –
                                     –
                                   –
                                 
                              
                                 An den noch zu bauenden 2000 Yards
                                    Tunnels  betraͤgt die Ersparniß der geringeren
                                    Breite wegen  10 Pfd. auf den Yard
                                   20,000 –
                                     –
                                   –
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                                                                               Summa
                                 156,000 Pfd.
                                 0 Sch.
                                 0 D.
                                 
                              
                           Hieraus erhellt, daß selbst jezt noch eine Aenderung des Systemes von Nuzen seyn
                              wird. Diese Aenderung koͤnnte sogar mit Benuzung der bis jezt vollendeten
                              Bahn und der angeschafften Maschinen und Wagen geschehen. Waͤhrend man
                              naͤmlich den weiteren Bau von nun an mit der geringeren Spurweite
                              fortfuͤhrte, koͤnnte an der vollendeten Bahnstreke der Verkehr auf
                              einer Bahnlinie fortgesezt und mittlerweile die zweite Bahnlinie ebenfalls
                              abgeaͤndert werden. Man koͤnnte also die angeschafften Maschinen 1 1/2
                              Jahr lang benuzen, so daß deren Ergaͤnzung durch neue, der geringen Spurweite
                              angepaßte einen viel geringeren Verlust mit sich braͤchte. Auch waͤren
                              die gebrauchten Wagen und Karren zum Theile fuͤr die neue Bahn zu
                              benuzen.
                           Nachdem ich somit das Ungeeignete einer Spurweite von 7 Fuß gezeigt, bleibt die
                              Frage, ob 4 Fuß 8 1/2 Zoll die wahre Weite ist? Es wird Niemanden einfallen, daß
                              eine um einen oder zwei Zoll groͤßere Weite eine bedeutende Differenz in den
                              Kosten veranlassen wuͤrde, und daher verliert auch die auf den Kostenpunkt
                              begruͤndete Einwendung gegen die Erweiterung der Spur in dem Maaße an
                              Gewicht, als diese Erweiterung klein ist. Allein der Hauptgrund gegen die Abweichung
                              von den 4 Fuß 8 1/2 Zoll ist wie gesagt der, daß diese Spurweite beinahe an allen
                              Bahnen Englands angenommen ist. Auch hoͤrte ich noch von keinem, der mit dem
                              Betriebe dieser Bahnen innig Vertrauten einen Wunsch nach einer Spurweite, die mehr
                              als hoͤchstens um 5 bis 6 Zoll groͤßer waͤre als diese,
                              ausdruͤken. Wenn man Eisenbahnen bei uns zu bauen anfinge, koͤnnte man vielleicht eine hoͤchstens um 5 bis 6
                              Zoll groͤßere Spurweite waͤhlen; allein eine solche Aenderung jezt zu
                              treffen wuͤrde gewiß keine Vortheile gewaͤhren, die den Nachtheilen,
                              welche aus verschiedenen Spurweiten fuͤr eine ganze Gegend erwachsen
                              muͤssen, das Gleichgewicht hielten.
                           Um zu erfahren, in wie weit die Locomotiv-Fabrikanten die Spurweite von 4 Fuß
                              8 1/2 Zoll nachtheilig finden, richtete ich an die beiden groͤßten
                              Fabrikanten Englands einige Fragen hieruͤber. Hr. Edward Bury in Liverpool antwortete mir, daß, obwohl die geringe
                              Spurweite von 4 Fuß 8 1/2 Zoll dem Fabrikanten eben keine sehr großen
                              Schwierigkeiten bereitet, doch eine Erhoͤhung derselben um einige Zoll ihn in
                              Stand sezen wuͤrden, vollkommnere Maschinen zu liefern. Eine Erweiterung um 6
                              Zoll schien ihm ganz genuͤgend, und jede groͤßere Breite als diese
                              wuͤrde seiner Ansicht nach noch groͤßere Schwierigkeiten erzeugen, als
                              dermalen die geringe Spurweite mit sich bringt. Die HHrn. Robert Stephenson und Comp. in London gaben folgende
                              Erklaͤrung: „Bei dem Baue der Locomotiven von mittlerer Kraft (z.B.
                                 mit 14zoͤlligen Cylindern) macht die geringe Spurweite von 4 Fuß 8 1/2,
                                 Zoll nur sehr unbedeutende Schwierigkeiten. Fruͤher waͤre uns
                                 allerdings eine um 3 bis 4 Zoll groͤßere Weite zum Behufe der Anordnung
                                 der arbeitenden Theile und der Excentrica sehr wuͤnschenswerth gewesen.
                                 Seit den von uns getroffenen Vereinfachungen und seit der zulezt von uns
                                 befolgten Anordnung der Theile wuͤnschen wir uns selbst nicht mehr diese
                                 geringe Erhoͤhung der Weite. Der Bau einiger fuͤr Rußland
                                 bestimmten Maschinen mit einer Spurweite von 6 Fuß bestaͤrkte uns in der
                                 Ansicht, daß eine groͤßere Spurweite die Kosten der Maschinen bedeutend
                                 erhoͤht, besonders wenn die Kraft der Maschine mit der Spurweite im
                                 Verhaͤltnisse stehen soll. Bleiben die Kraft oder die Dimensionen der
                                 Maschine unveraͤndert, so wird die durch eine groͤßere Spurweite
                                 bedingte Kostenerhoͤhung nicht bedeutend ausfallen.“
                              
                           Was die beim Legen der Schienen befolgte Methode betrifft, so hat man, wie mir
                              scheint, an Ihrer Bahn versucht, auf eine schwierige und kostspielige Weise dasselbe zu erzweken,
                              was auf anderem Wege weit einfacher und wohlfeiler wenigstens ebenso gut geschehen
                              kann.
                           Die Locomotivkraft anbelangend muß ich mit Bezugnahme auf das bereits oben Gesagte
                              nur noch bemerken, daß die Kraft Ihrer Maschinen den Lasten angemessen seyn soll.
                              Maschinen, welche 200 Tonnen zu ziehen vermoͤgen, zur Fortschaffung von
                              Lasten, die im Durchschnitte nicht uͤber 50 Tonnen wiegen, zu verwenden,
                              hieße gerade so viel, als vor eine einfache Postkutsche 8 Pferde spannen. Das große
                              Gewicht der Locomotiven ist ein positives Uebel, weil es umsonst fortgeschafft
                              werden muß, weil es den Eisenbahnen mehr Schaden zufuͤgt als irgend etwas
                              anderes, und weil die Eisenbahnen deßhalb staͤrker gemacht werden
                              muͤssen. Da dieses Uebel bis auf einen gewissen Grad noͤthig und
                              unvermeidlich ist, so soll man es wenigstens nicht uͤber diesen Grad hinaus
                              vergroͤßern. Das Gewicht der Maschine soll durch die im Durchschnitte zu
                              transportirende Ladung und die Natur der Gradienten bestimmt seyn.
                           Es laͤßt sich nicht erwarten, daß Ihre Passagierzuͤge im Durchs
                              schnitte groͤßer oder schwerer seyn werden, als jene an der
                              Grand-Junction-Eisenbahn. Gesezt, sie kaͤmen ihnen an Gewicht
                              gleich, so werden bei den flacheren Gradienten Ihrer Bahn Maschinen, die kaum mehr
                              als 2/3 der Kraft der Maschinen der genannten Bahn besizen, und die also bedeutend
                              leichter sind, zur Erreichung der auf dieser uͤblichen Geschwindigkeit
                              genuͤgen. Wollen Sie eine doppelt groͤßere Geschwindigkeit, so
                              brauchen sie kraͤftigere Maschinen, wobei aber nicht vergessen werden darf,
                              daß die Kosten beinahe um das Doppelte steigen, und daß die groͤßere
                              Geschwindigkeit das aufzehrt, was durch die schwachen Gradienten an Ihrer Bahn
                              gewonnen werden kann.
                           
                              
                                 (Die Fortsezung folgt im naͤchsten Hefte.)