| Titel: | Ueber die gasförmigen Producte des Hohofenprocesses und ihre Benuzung als Brennmaterial, von Dr. Bunsen. | 
| Fundstelle: | Band 72, Jahrgang 1839, Nr. LXXXVI., S. 442 | 
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                        LXXXVI.
                        Ueber die gasfoͤrmigen Producte des
                           Hohofenprocesses und ihre Benuzung als Brennmaterial, von Dr. Bunsen.
                        Bunsen, uͤber die gasfoͤrmigen Producte des
                           Hohofenprocesses.
                        
                     
                        
                           Wir erhalten hiemit die ersten Resultate einer auf kurfuͤrstl. hessische
                              officielle Veranlassung von dem bekannten Verfasser in Gesellschaft mit dem
                              Huͤtteninspector Pfort in Veckerhagen angestellten
                              Versuchsreihe, welche uns Deutschen zum großen Ruhme gereicht, in sofern sie
                              mehreren, in Frankreich praktisch und zum Theil rein empirisch erprobten Thatsachen
                              und Processen erst die voͤllig sichere theoretische Begruͤndung
                              gewaͤhrt.
                           Um die Gase aus verschiedener Teufe des Hohofenschachtes aufzusammeln, bediente man
                              sich eines langen, aus Flintenlaͤufen zusammengeschweißten Eisenrohres,
                              welches am oberen Ende mit einer langen Bleiroͤhre und durch diese mittelst
                              Kautschukverbindungen mit einer hinreichend langen Kautschukroͤhre zum
                              Austroknen der Gase und einer ganzen Reihe kleiner, etwa 15 Kubikcentim. fassender
                              Glasroͤhrchen zum Aufsammeln der Gase verbunden war; das lezte der fein
                              ausgezogenen Glasroͤhrchen stand durch ein Rohr mit einer Luftpumpe in
                              Verbindung. Nachdem die Dichtigkeit dieser Vorrichtung bei dem Druke einer halben
                              Atmosphaͤre gepruͤft war, wurde das Eisenrohr mit einem feuerfesten
                              Beschlage versehen und von 1 1/2 zu 1 1/2 Fuß mit einem Drahtringe umwunden, um die
                              Tiefe der Einsenkung bestimmen zu koͤnnen. Waͤhrend dasselbe, etwa 5
                              Zoll von dem Kernschacht abstehend, auf der Windseite mit den Gichten in senkrechter
                              Richtung niederging, ließ sich das Bleirohr leicht an einen zum Experimentiren
                              geeigneten Ort leiten. Die Gase stroͤmten aus diesem, in verschiedener
                              Kruͤmmung fortgeleiteten Canale mit fuͤhlbarer Gewalt aus, ließen
                              sich, obgleich sie voͤllig erkaltet waren, sehr leicht entzuͤnden, und
                              brannten mit blaͤulichgelbrother Flamme ruhig an der Muͤndung fort.
                              Obgleich sie sogar das auf beiden Seiten mit Baumwolle verstopfte Chlorcalciumrohr,
                              und die feinen Oeffnungen der vorgelegten Glasroͤhrchen freiwillig
                              durchstroͤmten, so wurde doch der groͤßeren Sicherheit wegen das Ende
                              des Apparates mit einer Luftpumpe verbunden und so lange Luft durch das
                              Roͤhrensystem hindurchgesogen, bis man versichert seyn konnte, das Gas aus der beabsichtigten
                              Tiefe unvermischt erhalten zu haben. Um jede Verunreinigung und Verwechselung
                              unmoͤglich zu machen, wurden die Roͤhrchen sogleich an Ort und Stelle
                              hermetisch mit dem Loͤthrohre verschlossen, mit einer Demantfeder bezeichnet,
                              und erst bei der eudiometrischen Untersuchung unter Queksilber wieder
                              geoͤffnet.
                           Zu den Versuchen diente ein vom Verfasser selbst getheiltes und kalibrirtes
                              Queksilbereudiometer von solchen Dimensionen, daß sich noch Tausendtheile des
                              gewoͤhnlich angewandten Gasvolumens durch Schaͤzung bestimmen ließen.
                              Der Kohlensaͤuregehalt des Gasgemenges wurde durch eine um einen Klavierdraht
                              gegossene, befeuchtete Kalihydratkugel bestimmt, an welcher vier Drahtspizen so mit
                              eingegossen waren, daß die Kugel beim Emporschieben in dem Eudiometer die
                              Waͤnde des Glases nicht beruͤhren und mit Kali befeuchten konnte. Um
                              sodann die Menge des Grubengases, Wasserstoffes und Kohlenoxydes zu bestimmen, wurde
                              aus kleinen, vor der Glasblaͤserlampe gefertigten, mit chlorsaurem Kali
                              gefuͤllten Retorten Sauerstoff entwikelt, und nach voͤlliger
                              Austreibung der atmosphaͤrischen Luft aus dem nur 1/2 Linie weiten
                              Retortenhalse unmittelbar zu dem gemessenen, von Kohlensaͤure befreiten
                              Gasvolum geleitet. Nach Verbrennung der Gase und nach Absorption der gebildeten
                              Kohlensaͤure hinterblieb der Stikstoff mit uͤberschuͤssigem
                              Sauerstoff gemengt, von dem er leicht durch eine auf obige Weise vorgerichtete
                              Phosphorkugel befreit werden konnte. Dabei ist zu bemerken, daß die durch die
                              Tension der gebildeten phosphorigen Saͤure bewirkte
                              Volumenvergroͤßerung zu 1/40 durchschnittlich angenommen und in Rechnung
                              gebracht wurde.
                           Reducirt man die erhaltenen Gasvolumina auf gleichen Druk und gleiche Temperatur, und
                              nennt man:
                           
                              
                                 1) das angewandte Volumen
                                 α,
                                 
                              
                                 2) das Vol. nach Absorption der
                                    Kohlensaͤure
                                 β,
                                 
                              
                                 3) das Vol. nach Zulassung des
                                    Sauerstoffs
                                 γ,
                                 
                              
                                 4) das Vol. nach erfolgter
                                    Verbrennung
                                 δ,
                                 
                              
                                 5) das Vol. nach Absorption der gebildeten
                                    Kohlensaͤure
                                 ε,
                                 
                              
                                 6) das Vol. nach Absorpt. des
                                    ruͤkstaͤndigen Sauerstoffs
                                 η,
                                 
                              
                           so betraͤgt:
                           
                              
                                 1) der Kohlensaͤuregehalt
                                                           α – β = a,
                                 
                              
                                 2) der Stikstoffgehalt
                                                      η – 1/40 = b,
                                 
                              
                                 3) der Gehalt der brennbaren Gase
                                    zusammen
                                                     α – a
                                    – b = c,
                                 
                              
                                 4) der in die Verbrennung eingegangene
                                    Sauerstoff
                                 β – γ – ε + η – 1/40 η = d,
                                 
                              
                                 5) die erzeugte Kohlensaͤure
                                                           δ – ε = e.
                                    
                                 
                              
                           
                           Unter diesen Groͤßen sind nur drei unbekannte, fuͤr welche sich leicht
                              drei Gleichungen finden lassen. Nennen wir die Menge des Kohlenoxydes x, die des Grubengases y und
                              die des Wasserstoffs z, so ist zunaͤchst:
                           x + y + z = c.
                              
                           Geht man ferner von dem Umstande aus, daß Kohlenoxyd und Wasserstoff, um zu
                              Kohlensaͤure und Wasser zu verbrennen, die Haͤlfte ihres Volumens an
                              Sauerstoff beduͤrfen, das Grubengas aber sein doppeltes Volumen, um in
                              Kohlensaͤure und Wasser verwandelt zu werden, so erhaͤlt man als
                              zweite Gleichung:
                           1/2 x + 1/2 y + 2 z = d.
                              
                           Die dritte folgt endlich aus dem Umstande, daß Kohlenoxydgas,
                              wie das Grubengas, sein gleiches Volumen an Kohlensaͤure erzeugt, wenn es mit
                              Sauerstoff verbrennt, naͤmlich:
                           x + y = e.
                              
                           Demnach ergeben sich die Werthe von x, y, z:
                           x = e – (2 d – c)/3,   y = (2 d – c)/3,   z = c – e.
                              
                           Diese Gleichungen reichen zur Untersuchung der Gichtgase hin,
                              da sich, wiederholten Versuchen zufolge, keine anderen brennbaren Gasarten darin
                              finden, als die erwaͤhnten.
                           Die Resultate der Versuche finden sich nun in folgender Tabelle vereinigt:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 72, S. 443
                              Nr. des Versuches; Tiefe; unter der
                                 Ofengicht; unter der Kohlengicht; Windpressung; Windtemperatur; Zusammensezung
                                 des Gases aus dem Volumen in 100; Stikstoff; Kohlenoxyd; Kohlensaͤure;
                                 Wasserstoff; Grubengas
                              
                           Das Verhalten des Ofens in diesen Versuchen war folgendes:
                           Ad 1) Etwas unruhiger Gang; Schlake blasenwerfend,
                              zaͤhe, schwach gruͤnlich; Tuͤmpel- und Gichtflamme nicht
                              ganz durchsichtig, gelblich.
                           Ad 2) Geringes Senken der Gichten auf der Windseite;
                              Tuͤmpelflamme hellgelb, leuchtend; Gichtflamme nicht ganz durchsichtig, fahl
                              und leuchtend; rohes Erz vor der Form; Schlake zaͤhe und gaar; Gaarrauch nicht sehr stark; Eisen
                              von guter Beschaffenheit.
                           Ad 3) Tuͤmpelflamme ruhig leuchtend, schwach
                              hervordringend; Gichtflamme gelblich fahl leuchtend; Form hell und ruhig; Schlake
                              gaar, jedoch etwas gruͤnlich; nicht sehr starker Gaarrauch.
                           Ad 4) Tuͤmpel- und Gichtflamme schwach
                              leuchtend, ohne starken Gaarrauch; Form hell und leuchtend; Schlake stark
                              gruͤnlich gefaͤrbt; rohes Erz vor der Form; ungleiche Senkung der
                              Gichten an der Windseite. Wasserdampfentwikelung im Rohre von diesem Punkte an
                              abwaͤrts aufhoͤrend.
                           Ad 5) Tuͤmpelflamme weiß, etwas dampfend;
                              Gichtflamme durchsichtig, wenig leuchtend, mit etwas mehr Gaarrauch; Form nicht sehr
                              hell; Wind auf der Schlake flatternd; die sehr hoch stehende Schlake stark
                              gruͤn gefaͤrbt.
                           Ad 6) Gaarer ruhiger Gang; Tuͤmpel- und
                              Gichtflamme roͤthlich schwach leuchtend; Schlake noch ziemlich gruͤn;
                              Form sehr hell; starker Gaarrauch.
                           Ad 7) Tuͤmpelflamme stark hervorbrechend,
                              leuchtend; Gichtflamme durchsichtig, roͤthlich blaͤulich; Form sehr
                              hell; starker Gaarrauch; Erzgang ruhig; Schlake schwach gruͤnlich.
                           Bei naͤherer Betrachtung der angefuͤhrten
                              analytischen Resultate faͤllt nun sogleich Folgendes in die Augen:
                           Der bedeutende Kohlensaͤuregehalt in der oberen Gicht nimmt ploͤzlich
                              ab, und bleibt sich dann, mit kaum merklicher Zunahme nach Unten, ziemlich gleich.
                              Diese ploͤzliche Zunahme muß als Folge einer
                              Kohlensaͤure-Entwiklung in dem oberen Theile des Ofens betrachtet
                              werden, welche bei der hier herrschenden Temperatur beginnt, und durch die hier
                              auftretende Atmosphaͤre von Wasserdampf vorzugsweise beguͤnstigt wird.
                              Aeußerst merkwuͤrdig und ganz gegen die bisherige Annahme streitend erscheint
                              die fast ganz gleichbleibende Menge des Kohlenoxydgases von der zweiten Gicht an bis
                              zu einer Teufe von 14 Fuß, und wahrscheinlich noch daruͤber hinaus. Diese
                              Thatsache scheint zu beweisen, daß der Sauerstoff der eingeblasenen Luft, bei dem
                              vorhandenen Ueberschusse von gluͤhendem Kohlenstoffe, sogleich zu Kohlenoxyd
                              verbrennt, und daß mithin die niedere Oxydationsstufe bei der Verbrennung gleich
                              urspruͤnglich so lange gebildet wird, als nicht ein Uebermaaß von Sauerstoff
                              vorhanden ist. Das Vorkommen des Wasserstoffs im Gasgemenge erklaͤrt sich aus
                              einer Wasserzersezung auf Kosten des reducirten Eisens. Aber nicht nur das Eisen,
                              sondern auch die Kohle bewirkt eine solche Zersezung. Denn leitet man
                              Wasserdaͤmpfe uͤber gluͤhende Kohlen, so wich nur freies Wasserstoffgas, Kohlensaͤure und
                              Kohlenoxyd gebildet. Da sich an diese bisher gaͤnzlich verkannte (?)
                              Zersezungserscheinung Betrachtungen knuͤpfen lassen, aus denen vielleicht
                              neue Vortheile fuͤr den praktischen Betrieb des Hohofenprocesses hervorgehen
                              koͤnnten, so fuͤhrt der Verf. hier die Analyse eines Gasgemenges an,
                              welches durch Ueberleiten von Wasserdampf uͤber gluͤhende Kohlen in
                              einem Porzellanrohre enthalten war. Versuch 1 wurde mit Meilerkohle, Versuch 2 mit
                              ausgegluͤhter Kohle angestellt.
                           
                              
                                 Kohlensaͤure
                                   17,94
                                   14,63
                                 
                              
                                 Kohlenoxyd
                                   20,55
                                   28,96
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                   53,96
                                   56,21
                                 
                              
                                 Grubengas
                                     7,55
                                     0,19
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 100,00.
                                 
                              
                           Abgesehen vom Grubengase verhaͤlt sich also der Wasserstoff zu dem Sauerstoff
                              der anderen Gase nahe wie 2 : 1.
                           Sehr auffallend ist es, daß Kohlensaͤure und Kohlenoxyd genau in dem
                              Atomenverhaͤltnisse von 2 : 1 stehen – ein Umstand, der indessen auch
                              zufaͤllig seyn kann. Die Analyse beweist zugleich das Irrige der Ansicht, daß
                              bei der Zersezung des Wassers durch Kohle Kohlenwasserstoff entstehe.Was bereits durch Dr. Fyfe's Versuche (polyt. Journal Bd. LXVI. S. 143) genuͤgend widerlegt wurde.A. d. R. Wenn diese Trennung der Bestandtheile des Wassers und ihre Verbindung zu
                              Kohlensaͤure und Kohlenoxyd mit einer Waͤrmeentwiklung verbunden ist,
                              wie wir es bei den meisten, durch einfache Koͤrper bedingten
                              Zersezungserscheinungen des Wassers wahrnehmen, so darf man diese Waͤrme als
                              gewonnen betrachten, und es ließen sich in diesem Falle erhebliche Vortheile von dem
                              Einleiten eines nicht zu großen Dampfstromes in den Kohlensak – nicht die Form – mit Wahrscheinlichkeit erwarten,
                              die besonders bei einer Anwendung der Gichtflamme von Wichtigkeit seyn
                              wuͤrden, da die Intensitaͤt der Waͤrme durch einen solchen
                              Wasserstoffgehalt der Hohofengase bedeutend erhoͤht werden muͤßte.
                              Faͤnde aber eine solche, die Zersezungserscheinung des Wassers begleitende
                              Waͤrmeentwiklung nicht Statt, so wuͤrde die erzeugte Quantitaͤt der Waͤrme dieselbe bleiben. Es
                              lassen sich drei Stationen, gleichsam Etagen, im Hohofen unterscheiden, in welchen
                              der große Reductionsproceß vorbereitet, ausgefuͤhrt und vollendet wird.
                           Die erste ist durch eine copioͤse Wasserdampfentwiklung charakterisirt,
                              erstrekt sich bis zu einer Teufe von etwa 4 Fuß unter der obersten Kohlengicht, und
                              versieht die Stelle eines Roͤst- und
                                 Brennofens: das freie und chemisch gebundene Wasser der Moͤllerung
                              und des
                              Brennmaterials entweicht, die thonigen Miner werden gebrennt, zu poroͤsen,
                              die Gichten leichter tragenden Massen vereinigt, und die Trennung der
                              Kohlensaͤure in der Moͤllerung, durch die Gegenwart des Wasserdampfes
                              beguͤnstigt, erfolgt.
                           Der zweite Raum ist durch den uͤber 30 Proc. sich belaufenden Kohlenoxydgehalt der hier herrschenden Gase
                              charakterisirt, und erstrekt sich bis in die untersten Teufen der Rast. Man
                              koͤnnte ihn den Reductionsraum nennen. Kohlenoxyd,
                              Grubengas und Wasserstoff dringen in die durch obige Roͤstung
                              geoͤffneten Poren des Erzes ein, die Reduction zu Eisenoxyduloxyd beginnt,
                              und schreitet vielleicht nach Unten bis zur voͤlligen Reduction fort, indem
                              sich noch nicht bei der hier herrschenden Temperatur schmelzbare Kalksilicate
                              bilden.
                           Der dritte Raum umfaßt das Gestell, und entspricht dem Schmelzofen. Die Bildung der Schlake, der geschmolzenen sauren Silicate,
                              beginnt, das Eisen wird vollstaͤndig reducirt und gekohlt, bis endlich
                              Schlake und Metall sich scheiden.
                           Nach diesen theoretischen Betrachtungen geht der Verfasser zu den Schluͤssen
                              uͤber, welche sich aus diesen Untersuchungen fuͤr die Praxis ziehen
                              lassen, und zwar zunaͤchst zur Beantwortung der Frage:
                           
                        
                           I. Auf welche Art lassen sich diese Gase
                                 am zwekmaͤßigsten ableiten, um als Brennmaterial verwandt zu werden?
                              
                           Verfolgt man die Zusammensezung der Gase von den oberen Gichten aus abwaͤrts,
                              so ergibt sich, daß man in einer Teufe von etwa 5 bis 7 Fuß das Maximum von
                              verbrennlichen Bestandtheilen erreicht. In hoͤheren Teufen die Gasarten
                              abzuleiten, scheint besonders aus dem Grunde verwerflich, weil die erhebliche Menge
                              des hier verfluͤchtigten Wassers nicht nur die Verbrennung der Gase hindern,
                              sondern auch die mannigfaltigsten Unbequemlichkeiten, bei der speciellen Benuzung
                              derselben, zur Folge haben wuͤrde. Was die Ableitung selbst betrifft, so wird
                              eine bei der angegebenen Teufe im Ofenschacht angebrachte
                                 ringfoͤrmige Spalte, mit nach Unten gekehrter, etwas uͤber die
                                 Mauerung hervorragender, trichterfoͤrmiger Ueberdachung, welche in den
                                 Ableitungscanal ausliefe, unstreitig diesen Zwek am vollstaͤndigsten
                              erfuͤllen, da die Gase in der Mitte der Gichten nur wenig, an der glatteren
                              Flaͤche des Kernschachtes aber mit bedeutender Gewalt emporstroͤmen.
                              Die Anwendung eines von Oben herab in die Gicht gesenkten Rohres duͤrfte aus
                              eben diesem Grunde, besonders aber deßwegen nicht anwendbar seyn, weil dadurch unter
                              solchen doch mindestens
                              sechszoͤlligen Roͤhren ein leerer Raum entstehen und ein ungleiches
                              Niedergehen der Gichten erfolgen wuͤrde.Dieser Umstand ist seither durch die Erfahrung bestaͤtigt worden. Der Widerstand, welchen der emporsteigende Luftstrom in den Kohlengichten
                              erleidet, erzeugt ohne Zweifel eine hinlaͤngliche Pressung, um die Gase durch
                              die geeigneten Canaͤle fortzutreiben. Wuͤrde aber auch dieser
                              Widerstand zur Forttreibung derselben nicht hinreichen, so ließe sich leicht durch
                              Anbringung eines Schornsteines an dem zur Verwendung der Gase bestimmten Ofen der
                              beabsichtigte Zwek sehr einfach erreichen. Bei einer solchen Einrichtung wird
                              natuͤrlich ein besonderer Verschluß der Ofengicht, welcher leicht ein
                              Zuruͤktreten des Windes aus der Form zur Folge haben koͤnnte,
                              unnoͤthig.
                           Die naͤchste Frage ist:
                           
                        
                           II. Der wievielste Theil der im Hohofen
                                 erzeugten Waͤrme ist bei der bisherigen Nichtbenuzung der Gichtgase
                                 verloren gegangen?
                              
                           Dem Welter'schen Geseze zufolge verhaͤlt sich die
                              Menge des in den Gasen als verbrannt enthaltenen Sauerstoffs zu dem fuͤr ihre
                              vollstaͤndige Verbrennung noͤthigen, wie die im Ofen in der
                              Wirklichkeit entwikelte Waͤrme zu derjenigen, welche noch durch Verbrennung
                              der entweichenden Gase erhalten werden kann. Wenden wir dieses Gesez auf das zur
                              Benuzung als am vortheilhaftesten zusammengesezt befundene Gasgemenge an, so ergibt
                              sich das nachstehende Resultat:
                           
                              
                                 
                                 Zusammensezung  dem Vol.
                                    nach.
                                 Vol. des im Gemengeverbrannt
                                    enthaltenen       Sauerstoffs.
                                  Vol. des zur voͤlligenVerbrennung
                                    noͤthigen        Sauerstoffs.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Stikstoff
                                       60,94
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Kohlensaͤure
                                         3,49
                                               3,49
                                 
                                 
                              
                                 Kohlenoxyd
                                       32,59
                                             16,29
                                           16,29
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                         2,32
                                 
                                             1,16
                                 
                              
                                 Grubengas
                                         0,66
                                 
                                             1,98
                                 
                              
                                 
                                   –––––––
                                           –––––––
                                         –––––––
                                 
                              
                                 
                                     100,00
                                             19,78
                                           19,43.
                                 
                              
                           Da diese Sauerstoffvolumina sich verhalten wie die Waͤrmemengen, welche durch
                              ihre Verbrennung erhalten werden koͤnnen, so ergibt sich aus der
                              Proportion:
                           10,78 + 19,43 : 19,43 = 100 : x =
                              49,55,
                           daß 49,55 Proc.Bei dieser Berechnung ist auf den aus der Moͤllerung
                                    herruͤhrenden Kohlensaͤuregehalt keine Ruͤksicht
                                    genommen. Koͤnnte man ihn mit in Rechnung ziehen, so wuͤrde
                                    das Resultat noch etwas guͤnstiger ausfallen., also ungefaͤhr die Haͤlfte des
                                 Brennmaterials
                              
                              bei dem bisherigen Hohofenprocesse als Kohlenoxydgas
                                 gaͤnzlich unbenuzt verloren gegangen ist.
                           Dieser mithin nicht weniger als 50 Proc. betragende Abgang an Waͤrme umfaßt
                              aber bei weitem noch nicht den ganzen Waͤrmeverlust, welcher durch das
                              Entweichen dieser Gase bedingt wird. Denn die Waͤrme, welche zur Erhizung
                              derselben erforderlich war, geht ebenfalls verloren. Das dem Ofen dadurch entzogene
                              Waͤrmequantum laͤßt sich einer Berechnung unterwerfen.
                           In Veckerhagen wird mit einer durchschnittlichen Pressung von 1,1 Pariser Fuß
                              geblasen, durch eine 26,5 Par. Linien im Durchmesser haltende Duͤse. Aus der
                              Koch'schen, von Buff
                              verbesserten Formel:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 72, S. 448
                              
                           worin h den Manometerstand in
                              Pariser Fußen, c den diesem Stande entsprechenden
                              Ausflußcoefficienten, naͤmlich 0,831, b den
                              Barometerstand in Par. Linien, d den Durchmesser der
                              Duͤse in Par. Linien, und endlich t° die
                              Temperatur der Geblaͤseluft in Centesimalgraden bedeutet, ergibt sich das
                              Gewicht der pro Minute eingeblasenen Luft zu
                              10Kl,432.
                           An Kohlen wird nach einer monatlichen Durchschnittszahl 1Kl,705 pro Minute verbrannt, welche, einem Versuche zufolge,
                              0,017 Proc. Asche und 5 Proc. Feuchtigkeit enthalten.
                           Die Eisengewinnung betraͤgt, nach einer aͤhnlichen durchschnittlichen
                              Rechnung, 1Kl,0218, bei deren Reduction also 0Kl,3938 Sauerstoff, in Verbindung mit
                              Kohle, gasificirt werden. Von der Moͤllerung wird pro Minute 4Kl,0314 durchgeschmolzen. Nun besteht aber diese nach einer
                              genauen Analyse aus:
                           
                              
                                 kieselsauren Salzen und Oxyden
                                   83,52
                                 
                              
                                 Wasser
                                   13,00
                                 
                              
                                 Kohlensaͤure
                                     3,48
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00.
                                 
                              
                           Es entweichen daher pro Minute
                              0,1411 Kohlensaͤure aus derselben.
                           Fassen wir endlich diese Betrachtungen zusammen, so betraͤgt das Gewicht der
                              der Gicht pro Minute entstroͤmenden Gase an
                           
                              
                                 ausgeblasener atmosphaͤrischer
                                    Luft
                                 10Kl,432
                                 
                              
                                 an gasificirtem Sauerstoff aus dem
                                    Erze
                                   0    ,394
                                 
                              
                                 an gasificirter Kohle
                                   1    ,688
                                 
                              
                                 an Kohlensaͤure aus der
                                    Moͤllerung
                                   0    ,141
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                                                       also
                                    im Ganzen
                                 12Kl,655.
                                 
                              
                           Der Grad der Genauigkeit dieses Resultates laͤßt sich
                              durch die Analyse der
                              Hohofengase controliren. In einem Kilogramm derselben sind naͤmlich, der
                              Analyse zufolge, an Kohlen enthalten:
                           
                              
                                 in der Kohlensaͤure
                                 0,0150
                                 
                              
                                 im Grubengase
                                 0,0076
                                 
                              
                                 im Kohlenoxydgase
                                 0,1406
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 0,1632.
                                 
                              
                           Daher sind nach Abzug der aus der Moͤllerung entweichenden
                              Kohlensaͤure, 1Kl,924 Kohle in demjenigen Gasgemenge vorhanden, welches pro Minute durch den Schacht streicht. Den
                              Betriebsregistern zufolge werden aber 1,688 Kohle gasificirt. Der Grund dieser
                              verhaͤltnißmaͤßig hoͤchst unbedeutenden Differenz liegt ohne
                              Zweifel in einem durch Zuruͤkprallen bei der Form bewirkten Windverluste, der
                              sich nie ganz vermeiden laͤßt.
                           Diese 12Kl,655 besizen eine Temperatur von 993°,5 C. Nimmt man die specifische
                              Waͤrme dieser 12Kl,655 zu 0,265 an, so wuͤrden 12Kl,655 Wasser durch
                              diese Waͤrmemenge auf 0,265 × 993°,5 oder 263°,27 und
                              1Kl Wasser von 0° auf 3331°,70 erhoben werden. Um diese 3331,7
                              Waͤrmeeinheiten zu erzeugen, werden 3331,7/7050 = 0,4725 Kohlen erfordert,
                              welche also pro Minute ebenfalls noch unbenuzt verloren
                              gehen. Die ganze Menge der verbrennenden Kohle betraͤgt aber 1Kl,688 pro Minute. Daher entspricht die Waͤrme, welche
                              die erhizten Gase abfuͤhren, noch 28 Proc. Diese Waͤrme geht indessen
                              nicht voͤllig verloren, da ein Theil davon noch benuzt wird, um die oberen
                              Gichten, waͤhrend sie bis zur Tiefe von 5 Fuß niedergehen, auf 993° zu
                              erhizen und die Feuchtigkeit in der Moͤllerung zu verdampfen. Der wahre
                              Waͤrmeverlust wuͤrde sich aus einer Temperaturmessung der obersten
                              Gicht ergeben. Allein eine solche ist nicht ausfuͤhrbar, da die Temperatur
                              der Gichtoberflaͤche, von einem Aufgeben zum anderen, zwischen 0° und
                              600° variirt. Der wahre Waͤrmeverlust laͤßt sich daher genauer
                              durch Rechnung finden, indem man die Waͤrmeeinheiten ermittelt, welche zur
                              Erhizung der oberen Gichten und zur Verdampfung des darin enthaltenen Wassers
                              erforderlich sind. Die Masse der Beschikung, welche sich uͤber der Schicht
                              befindet, worin die Temperaturmessung vorgenommen wurde, ist 3 Fuß maͤchtig,
                              entspricht daher einer Gicht und wiegt 615Kl,6. Da in der Minute 0,00132 Gichten
                              niedergehen, so werden 615,6 × 0,00132 oder 0Kl,86 der Beschikung in dieser
                              Zeit auf 993° C. erhoben und das darin befindliche Wasser verdampft. Die
                              Wassermenge, welche nach der oben angefuͤhrten Analyse in den 0Kl,86
                              beschikten Kohlen enthalten ist, betraͤgt 0,1118, und um sie zu verdampfen,
                              werden 59,8 Waͤrmeeinheiten oder 0,0084 Kohlen erfordert. Da die ganze pro Minute verbrannte Kohlenmenge 1Kl,688
                              betraͤgt, so ergibt sich, daß nur 1/2 Proc. der gesammten, im Ofen
                              entwikelten Waͤrme zu dieser Verdampfung verwendet wird.
                           Die Menge der pro Minute niedergehenden, als wasserfrei
                              angenommenen Beschikung betraͤgt 0,7453, welche daher auf 993° C.
                              erhizt wird. Nimmt man die specifische Waͤrme dieser Beschikung zu 0,340 an,
                              so werden 0Kl,7483 Wasser durch die zu dieser Temperaturerhoͤhung von
                              993° C. erforderliche Waͤrmemenge auf 993 × 0,34 =
                              337°,6 oder 1Kl Wasser auf 252°,6 erhoben. Zur Erzeugung dieser 252,6
                              Waͤrmeeinheiten werden aber 252,6/7050 = 0Kl,0358 Kohlen erfordert, welche
                              nach der Proportion:
                           1,688 : 0,0358 = 100 : x
                              
                           2,12 Proc. der gesammten Waͤrme entsprechen. Zieht man
                              nun endlich diese bei der Austroknung und Erhizung der obersten Gicht aufgehende
                              Waͤrmemenge von der in einer Tiefe von 5 Fuß mit den Gasen entweichenden ab,
                              so ergibt sich die Thatsache, daß 25,4 Proc. des Brennmaterials dadurch verloren gehen, daß die
                                 daraus entwikelte Waͤrme mit den erhizten Gasen aus der Gicht entweicht.
                                 Zugleich folgt aber ferner noch daraus, daß bei dem bisherigen Hohofenproceß im
                                 Ganzen nicht weniger als 75 Proc. des
                                 urspruͤnglichen Brennmaterials gaͤnzlich verloren gegangen
                                 ist.
                           Es ist nun nicht uninteressant, den Verbrauch der uͤbrigen 25 Proc.
                              Waͤrme in den verschiedenen Teufen des Ofens zu bestimmen. Nehmen wir mit Dumas an, daß die Temperatur des Ofens in und dicht
                              uͤber dem Gestell 2000° C. betrage, so muß die pro Min. durchgeschmolzene 0Kl,00132 betragende Beschikung auf diese
                              Temperatur erhoben werden. Im „Troken- und Brennraume“
                              hat sie aber schon die Temp. 1000° erreicht, und bedurfte zu dieser Erhizung,
                              wie wir gesehen haben, 2,6 Proc. des gesammten Brennmaterials. Um die doppelte
                              Temperatur zu erlangen, muß sie noch eben soviel Waͤrme aufnehmen, als sie
                              schon besizt, wenn man die zur Bildung der Gase bei der Reduction noͤthige
                              Waͤrme der zur Verdampfung des Wassers in den oberen Gichten erforderlichen
                              gleichsezt, welche Annahme unstreitig noch etwas zu gering ist. Bei der Reduction
                              des Erzes werden ferner, den fruͤheren Betrachtungen zufolge, durch Bildung
                              von Kohlenoxyd pro Min. 0,0301 Kohle gasificirt, welche
                              1,7 Proc. des gesammten Brennmaterials entsprechen. Die gesammte Consumtion des
                              Brennmaterials im „Reductionsraume“ des Ofenschachtes
                              betraͤgt daher nur 4,3 Proc. vom Ganzen, und die noch uͤbrigen 18,6
                              Proc. Waͤrme werden daher im Gestelle zur Schmelzung des Eisens und der
                              Schlake verwandt.
                           
                        
                           III. Zu welchen Zweken lassen sich die
                                 Gichtgase am vortheilhaftesten benuzen?
                              
                           Schließen wir jede ferner liegende Verwendung aus, und beschraͤnken wir uns
                              zunaͤchst auf den Eisenhuͤttenproceß selbst, so duͤrfen wir
                              hoffen, die Gase benuzen zu koͤnnen
                           1) zum Graueisen- und Rohstahleisen-Schmelzen;
                           2) zur Feuerung das Geblaͤse treibender Dampfmaschinen;
                           3) zur Production der fuͤr den Ofen noͤthigen Kohlen.2) und 3) sind in Frankreich bekanntlich bereits praktisch
                                    ausgefuͤhrt.
                              
                           Ad 1) Wenn man von dem Umstande ausgeht, daß im
                              Veckerhagener Hohofen 5244 Pfd. Kohlen in 24 Stunden verbrannt werden und daß der
                              fruͤhern Betrachtung zufolge 3933 Pfd. davon bisher mit den Gichtgasen
                              verloren gegangen sind, so ergibt sich leicht die Menge des Eisens, welche sich
                              durch dieses verlorene Brennmaterial wuͤrde schmelzen lassen. Beim
                              Flammofenbetriebe werden naͤmlich zu Veckerhagen auf 100 Pfd. Eisen, 40,19
                              Pfd. lufttrokenes Holz erfordert. Naͤhme man selbst an, daß der ganze
                              Kohlengehalt dieses Holzes realisirt werden koͤnnte, so wuͤrde
                              dasselbe einem Kohlenquantum von 15,46 Pfd. gleichkommen. Durch dieß mit den
                              Gichtgasen verlorene Brennmaterial wuͤrden daher nicht weniger als 254 Entr.
                              Eisen in 24 Stunden geschmolzen werden koͤnnen.
                           Allein die Moͤglichkeit einer solchen Benuzung der Gase zum Flammofenbetriebe
                              haͤngt nicht sowohl von der Quantitaͤt der vorhandenen Waͤrme,
                              als vielmehr von ihrer Intensitaͤt ab. Denn steigt die Temperatur der durch
                              die Gichtgase erzeugten Flamme nicht um ein Erhebliches uͤber den
                              Schmelzpunkt des grauen Eisens, d.h. uͤber 1200°, so ist sie, wie groß
                              auch das erzeugte Waͤrmequantum seyn mag,
                              fuͤr diesen Zwek voͤllig unbrauchbar. Wir muͤssen daher
                              zunaͤchst die Temperatur bestimmen, welche die Flamme des brennenden
                              Gasgemenges besizt.
                           Ein Kilogramm der brennenden Gase gibt, nach der zur Verbrennung noͤthigen
                              Menge Sauerstoff berechnet, 640,86 Waͤrmeeinheiten. Diese Waͤrmemenge
                              wird im Momente ihrer Entstehung einem 2,0206 Theile betragenden Gasquantum
                              mitgetheilt, das aus den Verbrennungsproducten jenes Gases und dieser 1Kl,0206 Luft
                              besteht. Waͤre diese Waͤrme einem gleichen Gewichte oder 2,0206 Th.
                              Wasser zugefuͤhrt, so wuͤrde dieses dadurch auf 317°,26 erhizt
                              seyn. Da nun die
                              Temperaturen, auf welche gleiche Gewichte verschiedener Koͤrper durch
                              dasselbe Waͤrmequantum erhoben werden, umgekehrt ihren respectiven
                              specifischen Waͤrmen proportional sind, so erhaͤlt man die Temperatur
                              des brennenden Gasgemenges, wenn man die oben gefundene Zahl 317°,2 durch die
                              specifische Waͤrme der gebildeten Verbrennungsproducte dividirt. Die
                              specifische Waͤrme des verbrannten Gasgemenges ist, nach der Analyse
                              berechnet, = 0,2686.
                           Die Temperatur, welche die erkalteten Gase im guͤnstigsten Falle bei der
                              Verbrennung mit kalter Luft erreichen koͤnnen, ist daher 317,2/0,2686 oder
                              1180° C. Da das Roheisen, nach Pouillet, erst bei
                              1200° C. fluͤssig wird, so ergibt sich aus den bisherigen
                              Betrachtungen, daß die erkalteten, mit kalter Luft verbrannten
                                 Hohofengase nicht zum Eisenschmelzen benuzt werden koͤnnen.
                           Es ist nun die Frage, ob durch Verbrennung dieser Gase mit erhizter Luft die
                              Intensitaͤt der Waͤrme bis zum Schmelzpunkte des Eisens gesteigert
                              werden koͤnne. Nehmen wir an, daß die zur Verbrennung von 1 Kl Gas
                              noͤthigen 1Kl,0206 Wind vorgaͤngig auf 200° C. erhizt worden,
                              wie es gewoͤhnlich der Fall ist, so sind zu diesem Zweke 54,78
                              Waͤrmeeinheiten erforderlich. 1 Kl des verbrannten Gasgemenges, dessen
                              specifische Waͤrme 0,2686 betraͤgt, erleidet daher eine
                              Temperaturerhoͤhung durch diese 54,78 Waͤrmeeinheiten, welche gleich
                              ist 54,78/0,2686. Die Temperaturerhoͤhung des gesammten, 2Kl,0206
                              ausmachenden Gasgemenges wird daher 54,78/(0,2686 × 2,0206) oder
                              100°,9 C. betragen. Bei Anwendung der erhizten Luft ist daher die Temperatur
                              des brennenden Gases 100,9 + 1180 oder 1280°,9 C., woraus abermals folgt, daß die kalten, mit erhizter Geblaͤseluft verbrannten
                                 Hohofengase ebenfalls nicht zum Eisenschmelzen benuzt werden koͤnnen,
                                 weil die Temperatur unter den guͤnstigsten Umstaͤnden nur
                              80° C. uͤber den Schmelzpunkt des Eisens
                                 steigt.Dieses Resultat ist seitdem durch einen zu Veckerhagen angestellten Versuch
                                    bestaͤtigt worden, bei welchem die durch ein 6zoͤlliges,
                                    senkrecht 7 Fuß tief in den Ofenschacht gesenktes Rohr gegen 60 Fuß weit
                                    fortgefuͤhrten und mit erhizter Luft in einem kleinen Flammofen
                                    verbrannten kalten Gase eine Schmelzung des Eisens bewirkten, wobei dasselbe
                                    indessen nicht den noͤthiaen Grad der Fluͤssigkeit erlangte,
                                    um abgestochen werden zu koͤnnen.
                              
                           Die lezte und wichtigste Frage ist die: Ob durch die Verbrennung der Gase, in dem
                              gluͤhenden Zustande, wie sie dem Ofenschachte entstroͤmen, die zum
                              Eisenschmelzen noͤthige Temperatur erreicht werden koͤnne?
                           
                           Um diese Frage zu entscheiden, ist es nothwendig gewesen, eine Temperaturmessung der
                              in einer Tiefe von 5 Fuß im Ofenschachte vorkommenden Gase anzustellen. Es wurde
                              deßhalb ein 142,3 Grm. wiegender, 2'' breiter Kupferstreifen von der Dike eines
                              Kartenblattes dazu benuzt, welcher spiralfoͤrmig dicht aufeinander gewunden
                              und an einem langen gegluͤhten Klavierdrahte befestigt war. Die große
                              Oberflaͤche, welche ein solcher aufgewundener Streifen darbietet, bewirkt,
                              daß, wenn man ihn, selbst in gluͤhendem Zustande, in kaltes Wasser einsenkt,
                              in weniger als 30 Secunden eine voͤllige Ausgleichung der Temperaturen Statt
                              findet. Taucht man diese Rolle bei verschiedenen Erhizungen in dieselbe Menge kalten
                              Wassers unter denselben Umstaͤnden ein, so wird sich die Waͤrmezunahme
                              der Fluͤssigkeit wie die Temperatur der abgekuͤhlten Rolle verhalten.
                              Hat man aber die Waͤrmezunahme des Wassers fuͤr eine niedere, mit dem
                              Thermometer meßbare Temperatur der Rolle bestimmt, so laͤßt sich jede andere
                              hoͤhere Temperatur derselben aus der Waͤrmezunahme des Wassers durch
                              eine einfache Proportion finden, wenn man, was ohne erheblichen Fehler geschehen
                              kann, die geringe Zunahme der Waͤrmecapacitaͤt des Kupfers bei
                              hoͤheren Temperaturen vernachlaͤssigt. Die Abkuͤhlung der Rolle
                              geschah in einem duͤnnen Glaskolben, der bis zu 2/3 mit 714 Gram. Wasser
                              angefuͤllt und dessen Abkuͤhlung an der Luft bei verschiedenen
                              Temperaturdifferenzen vorher genau ermittelt war. Das bei dem Versuche benuzte
                              Thermometer hatte einen Umfang von 40° und gestattete noch eine Ablesung von
                              1/100 Grad der Centesimalscale. – Man fand nach dieser Methode, daß die
                              Temperatur des Ofens in einer Tiefe von 5 Fuß 993°,5 betraͤgt.
                              Jedenfalls kann die Temperatur nicht niedriger seyn als die gefundene, da die
                              saͤmmtlichen Beobachtungsfehler verringernd auf jene Zahl einwirken. Zu
                              bemerken ist ferner, daß wegen des Offenhaltens des Gichtdekels die Temperatur des
                              Windes bei dem Versuche bis auf 110° gesunken war, woraus sich schließen
                              laͤßt, daß bei gewoͤhnlichem Gange des Ofens die Hize an jenem Punkte
                              ohne Zweifel mehr als 1000° betraͤgt. Um den Einfluß dieser Temperatur
                              auf die Erhizung der brennenden Gase zu bestimmen, muͤssen wir
                              zunaͤchst abermals ihre Waͤrmecapacitaͤt ermitteln:
                           
                              
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                                 0,0120
                                 
                              
                                 Kohlenoxyd
                                 0,3246
                                   –
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                                 0,0769
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                 0,0016
                                   –
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                                 0,0053
                                 
                              
                                 Kohlenwasserstoff
                                 0,0103
                                   –
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                                   –
                                 0,0043
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 1,000 des Gas gem. besizt also eine sp.
                                    Waͤrme
                                 0,2650.
                                 
                              
                           
                           Um 1Kl der Gase auf die Temperatur 1000° zu erheben, werden mithin 1000
                              × 0,265 oder 265 Waͤrmeeinheiten erfordert. Diese vertheilen sich auf
                              das 2Kl,0206 betragende Gasquantum der Verbrennungsproducte, welche, wenn sie aus
                              Wasser bestaͤnden, eine Temperaturerhoͤhung von 265/2,0206 =
                              131°,1 dadurch erleiden wuͤrden. Da nun die
                              Waͤrmecapacitaͤt der Verbrennungsproducte 0,2686 betraͤgt, so
                              belaͤuft sich der Zuwachs an Waͤrme, welchen die Flamme durch die
                              urspruͤnglich hoͤhere Temperatur der sie bildenden Gase erleidet, auf
                              131°,1/0,2686 oder 488°. Bei der Verbrennung mit kalter Luft erreichen
                              daher die erhizt aus der Gicht stroͤmenden verbrennenden Gase eine Temperatur
                              von 1668°, die durch Anwendung von erhizter Geblaͤseluft auf
                              1769° noch gesteigert werden kann. Als Endresultat dieser Untersuchung ergibt
                              sich daher die Thatsache, daß die Hohofengase bei der
                                 Temperatur, bei welcher sie dem Schacht entstroͤmen, mit kalter,
                                 besonders aber mit erhizter Luft verbrannt, sich zum Eisenschmelzen sehr gut
                                 eignen.
                           Erlauben es die Raumverhaͤltnisse des Hohofens nicht, solche Gasoͤfen,
                              wie man sie nennen koͤnnte, am obern Theile der Rauchmauer anzubringen, so
                              wird man doch noch sehr bedeutende Vortheile dadurch erlangen koͤnnen, daß
                              man die Gase durch Roͤhrenleitungen in den herkoͤmmlichen, zum
                              Eisenschmelzen bestimmten Flammofen leitet und mit dem uͤblichen
                              Brennmaterial verbrennt. Eine geringe Menge des leztern wird in diesem Falle
                              hinreichen, um den Gasen die zum Eisenschmelzen noͤthige Temperatur wieder zu
                              ertheilen, wenn sie solche bei ihrer Fortleitung verloren.
                           Ad 2) Ein Hohofen von der Groͤße des
                              Veckerhagener bedarf zum Betriebe des Geblaͤses ungefaͤhr 2
                              Pferdekraͤfte. Es erfordert aber eine dieser Kraft entsprechende Henschel'sche Dampfmaschine stuͤndlich zu ihrer
                              Feuerung 35 Pfd. Buchenholz. Nehmen wir selbst an, daß der ganze im Holze enthaltene
                              Kohlengehalt bei der Verbrennung realisirt werden koͤnnte, so entsprechen
                              diese 35 Pfd. Holz 13 Pfd. Kohlen. Nun aber werden, den fruͤheren Angaben
                              zufolge, 218,5 Pfd. stuͤndlich im Hohofen verbrannt. 3/4 davon, oder 163,8
                              Pfd. gehen bei dem jezigen Hohofenbetriebe verloren; 13 ist aber nahe der 12te Theil
                              von 163,8. Es ergibt sich daher aus dieser Betrachtung, daß
                                 hoͤchstens 1/12 des bisher verlorenen
                                 Brennmaterials eine Dampfkraft zu erzeugen im Stande ist, welche zum Betriebe
                                 des Hohofengeblaͤses hinreicht. Es laͤßt sich mit
                              Bestimmtheit voraussehen, daß eine noch weit geringere Menge des Brennmaterials
                              fuͤr den beabsichtigten Zwek genuͤgen werde.
                           Ad 3) Was endlich die Benuzung der Gichtflamme zur
                              Production des fuͤr den Hohofen selbst noͤthigen Kohlenbedarfs
                              anbelangt, so hat sich nicht nur die Moͤglichkeit, sondern auch der große
                              praktische Werth einer solchen Anwendung bereits in der Erfahrung bewaͤhrt.
                              Wie hoch sich aber die dadurch erlangten Vortheile belaufen und in welchem
                              Verhaͤltnisse sie zu dem bereits Angefuͤhrten stehen, erfordert eine
                              neue Experimentaluntersuchung, welche den Gegenstand einer besondern Arbeit
                              ausmachen wird.
                           (Aus Poggend. Annal. Bd. XLVI. S. 193–227 im
                              polyt.
                                    Centralbl. Nr. 27 und 28.)