| Titel: | Ueber die Rectification des Alkohols; von E. Soubeiran. | 
| Fundstelle: | Band 74, Jahrgang 1839, Nr. XV., S. 70 | 
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                        XV.
                        Ueber die Rectification des Alkohols; von
                           E.
                              Soubeiran.
                        Im Auszuge aus dem Journal de Pharmacie, Jan. 1839, S.
                              1.
                        Soubeiran, uͤber Rectification des Alkohols.
                        
                     
                        
                           Die Rectification des käuflichen Alkohols von 86° Baumé durch bloße
                              Destillation ist das üblichste Verfahren in den Laboratorien der Pharmaceuten, und
                              das einzige, zu dem man seine Zuflucht nehmen kann, wenn man Alkohol erhalten will,
                              der seinen ursprünglichen reinen Geschmak besizt, denn Chlorcalcium (geschmolzener
                              salzsaurer Kalk) verändert den Geschmak des Alkohols nur dann nicht, wenn es ganz
                              rein ist.
                           Baumé hat gezeigt, daß man durch mehrere auf
                              einander folgende Destillationen, wobei man die Producte öfters fractionirt, den
                              Alkohol nur auf 92,6 Centesimalgrade bringen kann, und diesen nannte er höchst
                              rectificirten Weingeist.
                           
                           Wenn sich ein Körper zur Rectification des Alkohols eignen soll, muß er nicht nur
                              eine ziemlich starke Verwandtschaft zum Wasser haben, sondern er darf auch keine
                              Veränderung im Weingeiste erzeugen.
                           Das schwefelsaure Natron fand ich nicht zur Rectification des Alkohols geeignet,
                              indem ich damit nur Alkohol von 87 C. zu erzielen vermochte.
                           Das geschmolzene Chlorcalcium bringt den Alkohol leicht zu einem hohen Grade von
                              Rectification; man tadelt jedoch dabei, daß das zum Schmelzen einer beträchtlichen
                              Menge dieses Chlorürs erforderliche Brennmaterial zu viel koste, und außerdem
                              bemerkt man, wenn man die Menge des Products berechnet, sehr bald Verluste, welche
                              aus der Anwendung dieses Salzes entstehen. Dieß bestätigt auch folgender Versuch:
                              Ich brachte 700 Gramme geschmolzenes Chlorcalcium in 7 Liter Alkohol von 91 C.;
                              nachdem es sich aufgelöst hatte, destillirte ich langsam, indem ich die Operation so
                              lange fortsezte, als noch etwas überging. Ich erhielt 6 1/4. Liter Product von 95,2
                              C. Die 7 Liter Alkohol von 91 C. enthielten 6,37 Liter absoluten Alkohol. 6,25 Liter
                              von 95,2 C. enthalten davon 5,95 L.; der Verlust betrug daher 0,42 Liter, welche im
                              Chlorcalcium zurükgeblieben waren.
                           Das essigsaure Kali ist nicht sehr vortheilhaft zur Rectification des Alkohols. Ich
                              sezte 1 Kilogr. geschmolzenes essigsaures Kali zu 4 Liter Alkohol von 86 C. und
                              destillirte langsam nach dem Auflösen des essigsauren Kalis. Ich fractionirte das
                              Product und erhielt nach einander Alkohol von 92,5 C., 93 C., 92,75 C., 92 C., 72
                              C., 43 C.; alle diese Producte gaben nach der Vermischung Alkohol von 93 C.
                           Bei der Anwendung von gebranntem Kalk als Entwässerungsmittel erhielt ich die
                              vortheilhaftesten Resultate. Er entzieht dem Alkohol das Wasser außerordentlich,
                              leistet aber doch nicht das, was er anfangs verspricht. Der Kalk und Alkohol üben
                              folgende Wirkung auf einander aus:
                           1) Wenn man absoluten Alkohol über gebrannten Kalk leitet, der bis auf 220° C.
                              erhizt ist, erleidet der Alkohol keine Veränderung und der Kalk hält keine Spur
                              davon zurük.
                           2) Wenn man absoluten Alkohol mehrere Tage lang mit reinem Kalkhydrat zusammenläßt,
                              dann das Hydrat bei einer Temperatur von 40° C. troknet, so hält dieses nicht
                              die geringste Menge Alkohol zurük.
                           3) Wenn man absoluten Alkohol mit gelöschtem Kalk destillirt, so entzieht der Alkohol
                              dem Hydrat einen Theil Wasser.
                           Bei der Rectification von Alkohol über Kalk ist es immer nothwendig, die beiden Körper einen oder
                              zwei Tage zusammen zu lassen, weil der Alkohol sein Wasser nur allmählich abtritt;
                              die Wärme eines Troknenofens von 35 bis 40° C. ist sehr geeignet hiezu.
                           1 Liter Alkohol von 91 Centesimalgraden wurde mit 500 Grammen gepulvertem gebranntem
                              Kalk zusammengelassen; der Alkohol zeigte alsdann, ohne destillirt worden zu seyn,
                              95,9 C. Ich sezte dem Gemenge noch 500 Gr. gebrannten Kalk zu; 24 Stunden darauf war
                              das Ganze in einen diken Brei verwandelt. Eine Portion Alkohol, die abfiltrirt
                              wurde, zeigte 99,2 C. Ich wiederholte den Versuch, indem ich den ganzen Kalk
                              unmittelbar in den Alkohol brachte; dieser erreichte ebenfalls 99,2 Centesimalgrade.
                              Man sieht also, daß der Kalk, wenn er nur in hinreichender Menge angewendet wird, in
                              der Kälte dem Alkohol fast alles Wasser entzieht. Destillirt man den aus Kalk und
                              Alkohol bestehenden Brei im Wasserbade, so ist fast aller übergehende Alkohol
                              absoluter.
                           5 Liter Alkohol von 94,5 C. wurden 3 Tage lang mit 2,50 Gr. Kalk einer Temperatur von
                              15° ausgesezt; der filtrirte Alkohol zeigte dann 95,5 C. Das Gemenge wurde
                              nun in einen Troknenofen von 35 bis 40° Wärme gebracht; nach Verlauf von 24
                              Stunden zeigte der Alkohol 99,5 C. Er wurde dann noch 24 Stunden in dem Troknenofen
                              gelassen, wobei seine Stärke nicht zunahm. Hierau destillirte ich das Gemenge
                              langsam im Wasserbade; das zuerst übergegangene Product zeigte 99,5 C., alle
                              folgenden waren absoluter Alkohol. Jedoch ging gegen das Ende der Operation, während
                              das Wasser in dem Bade kochend erhalten worden war, noch etwas Alkohol über, der
                              allmählich schwächer wurde. Die zulezt erhaltenen Portionen zeigten nur 97 C. Bei
                              der Rectification des Alkohols mit Kalk enthalten also die zuerst übergehenden
                              Portionen Spuren von Wasser; darauf folgt bald absoluter Alkohol und am Ende der
                              Operation wässeriger Alkohol; offenbar wird dann ein Theil des Kalkhydrats
                              zersezt.
                           Ich versuchte nun das kohlensaure Kali, dessen Anwendung in einigen Pharmakopöen
                              empfohlen wird. Ich ließ nämlich 500 Gr. calcinirtes kohlensaures Kali mit 5 Liter
                              Alkohol von 86 C. bei einer Temperatur von ungefähr 15° in Berührung. Das
                              kohlensaure Kali zerfloß allmählich. Der Alkohol, welcher anfangs etwas kohlensaures
                              Kali aufgelöst hatte, gab es ab, je nachdem die Rectification fortschritt. Der über
                              kohlensaures Kali destillirte Alkohol zeigte 94 C. Bei einem anderen Versuche, wobei
                              ich 1500 Gramme kohlensaures Kali und 3 Liter Alkohol von 94,3 C. anwendete, zeigte
                              das Product 94,7 C. Diese Gränze scheint nicht überschritten werden zu können, indem
                              sich dabei die Verwandtschaften des Alkohols und des kohlensauren Kalis zum Wasser
                              das Gleichgewicht halten. Dessen ungeachtet ist das kohlensaure Kali das bequemste
                              Mittel zur ersten Rectification des Alkohols, denn man bringt ihn dadurch ohne
                              Verlust und ohne Schwierigkeit auf 94–95 C. Das Salz läßt sich nach der
                              Operation leicht zu anderen Zweken benuzen, und verändert den Geschmak des Alkohols
                              durchaus nicht.
                           Es fragt sich nun, wie man den erhaltenen Alkohol von 94 C. völlig entwässern
                              kann.
                           100 Gramme geschmolzenes Chlorcalcium bringen ihn leicht auf 97 C., aber mit einem
                              ziemlich beträchtlichen Verlust an Alkohol. Wenn man zu Alkohol von 94 C. 150 Gramme
                              gebrannten Kalk auf den Liter zusezt, bringt man ihn leicht, wenn man ihn einige
                              Tage im Troknenofen läßt, bis auf 97 C. Man muß in lezterem Falle den über dem
                              Kalksaze stehenden Alkohol decantiren und ihn nicht darüber destilliren, weil er
                              sonst an Stärke verliert; der Saz soll für sich allein destillirt werden, wobei er
                              schwächeren Alkohol liefert.
                           Wird dieser Alkohol von 97 C., welcher mittelst Chlorcalciums oder gebrannten Kalks
                              erhalten wurde, langsam mit 250 Grammen gebranntem Kalk auf den Liter destillirt, so
                              gibt er, nachdem er vorher 2 bis 3 Tage im Troknenofen geblieben ist, leicht
                              absoluten Alkohol.
                           Um der vollständigen Entwässerung des Alkohols versichert zu seyn, muß man 500 Gramme
                              gebrannten Kalk auf ein Liter Alkohol nehmen. Wenn man nachher die Destillation
                              langsam vornimmt, so erhält man ganz leicht absoluten Alkohol. Man kann die
                              Destillation fortsezen, bis kein Alkohol mehr übergeht. Es dauert aber so lange, ehe
                              die lezten Portionen übergehen, daß es vorzuziehen ist, wenn das Destillat nicht
                              mehr in einem Strahle fließt, Wasser zum Kalk zu sezen und das Uebrige als
                              wässerigen Alkohol zu destilliren.
                           Will man also leicht, in reichlicher Menge und wohlfeil absoluten Alkohol erhalten,
                              so muß man ihn zuerst über kohlensaurem Kali rectificiren, dann den auf diese Weise
                              erhaltenen Alkohol von 94–95 C. nach einer der beiden folgenden Methoden
                              behandeln.
                           Man bringt ihn auf 97 C., indem man ihn mit 100 Grammen geschmolzenem Chlorcalcium
                              destillirt, oder indem man ihn mit 150 Grammen gebranntem Kalk auf den Liter
                              digeriren läßt und ihn von Neuem und langsam über 250 Gr. gebrannten Kalk auf den
                              Liter destillirt, nachdem jedesmal der Kalk und Alkohol 2 bis 3 Tage an einem warmen
                              Orte zusammengelassen wurden.
                           Oder man sezt zu Alkohol von 94 C. 500 Gr. gebrannten Kalk auf den Liter, läßt das
                              Ganze 2 bis 3 Tage im Troknenofen zusammen und destillirt es langsam. Der Kalk ertheilt nur
                              dann dem Alkohol einen unangenehmen Geruch und Geschmak, wenn der angewandte Alkohol
                              nicht schon rectificirt war; ist er aber bereits einer Rectification über
                              kohlensaures Kali unterworfen worden, so ist dieß nicht zu fürchten.