| Titel: | Ueber Ch. Beslay's Dampfkessel. | 
| Fundstelle: | Band 74, Jahrgang 1839, Nr. XVII., S. 82 | 
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                        XVII.
                        Ueber Ch. Beslay's Dampfkessel.
                        Aus dem Comptes rendus, Bd. IX. S. 32 im polytechn.
                              Centralblatt Nr. 47.
                        Ueber Beslay's Dampfkessel.
                        
                     
                        
                           Die französische Akademie der Wissenschaften beauftragte Arago,
                                 Dupin, d'Arcet, Séguier und Savary zur
                              Besichtigung des Dampfkessels von Beslay, und der leztere
                              der genannten Herren erstattete folgenden sehr günstigen Bericht über denselben.
                           Der Kessel gibt Dampf von hohem Druke, die Feuerung bei demselben ist für Kohks
                              eingerichtet und mit diesem Brennmateriale sind auch alle hier erwähnten Versuche
                              angestellt worden. Die ihm beigelegten Vortheile sind besondere Leichtigkeit beim
                              Aufstellen und der Reparatur, genügend lebhafte Verbrennung ohne Rauch, reichliche
                              Dampfproduction und Entfernung jeder Gefahr, welche aus den Umständen entsteht, die
                              für gewöhnlich Explosionen hervorzubringen pflegen.
                           Der ganze Ofen besteht aus einem kurzen Essenstük; der Herd liegt im untern Theile
                              desselben; die stark und fest aufgeführten Wände tragen ungefähr 3 Meter über dem
                              Erdboden den Hauptkörper des Kessels, einen horizontalen Blechcylinder; aus
                              demselben sind etwas konisch zulaufende Siederöhren (bouilleurs) vertical niedergeführt, welche sich wenig über dem Roste
                              endigen und etwa 2 Decimeter tief in die dike Kohksschichte hineinragen, welche auf
                              dem Roste in Verbrennung begriffen ist. Ein wenig über dem Herde ist der Essenraum
                              durch schwache Ziegelsteinmauern in verticale Abtheilungen getheilt, und jede
                              Siederöhre befindet sich isolirt in einer dieser Abtheilungen, gewissermaßen in
                              einem weiteren Rohre, welches dieselbe zum größten Theile ausfüllt. Die erhizte Luft
                              findet nun in diesen Räumen beim Aufsteigen einen desto engeren Weg, je höher sie
                              sich selbst erhebt, geht dann um den Kessel herum durch eine wirkliche Verengung
                              (étranglement) hindurch und entweicht
                              endlich, nachdem sie so zusammengepreßt wurde, durch einen kurzen Schornstein von
                              Eisenblech, welcher den ganzen Apparat bedekt und sich über demselben erhebt. Vom
                              Roste bis zum obern Ende dieses Schornsteines ist der Verticalbestand etwa 5
                              Meter.
                           Es folgt aus dieser Beschreibung, daß das Hauptaugenmerk bei der Anordnung offenbar
                              ist, den Kessel und die Siederöhren vertical über den Herd in die Esse hinein zu
                              legen. Es ist nicht schwierig, nachzuweisen, wie diese Einrichtung namentlich bei
                              Feuerung mit Kohks auf Verbrennung und Zug wirken muß; die warme Luftsäule nämlich,
                              welche sich senkrecht erhebt, ruft allein durch die Veränderung ihres Gewichtes den
                              Zug hervor und wird eben dadurch Ursache der Verbrennung: aber Zug und Verbrennung
                              werden geschwächt und verlangsamt durch die Reibung, welche die erwärmte Luft nicht
                              nur beim Aufsteigen durch die verticalen Rauchführungen, sondern auch bei ihrer
                              Bewegung durch alle anderen Leitungen beim Vorbeistreichen an den Wandflächen
                              erfährt. Diese Reibung, welche von der Natur der Wandflächen abhängt, ist
                              bekanntlich für Ziegelsteinflächen von sehr bedeutender Größe. Für gewöhnliche
                              Kesselanlagen ist nun zur Hervorbringung der Kraft, durch welche die große Reibung
                              in den vielen horizontalen Canälen überwunden werden soll, ein bedeutender
                              Schornstein erforderlich; sobald man aber die Siederöhren nicht horizontal, sondern
                              vertical anbringt, so wird die heiße Luft, welche durch ihre Berührung die Erhizung
                              derselben bewirkt, auch zugleich durch ihr geringes Gewicht den Zug hervorzubringen
                              vermögen, und dieß um so mehr thun, je mehr ihre Dichtigkeit unmittelbar über dem
                              Herde vermindert ist. Es könnte bei der hier beschriebenen Einrichtung daher sogar
                              der kurze noch aufgesezte Blechschornstein wegfallen, wenn, wie es schon beplant
                              ist, die Länge der Siederöhren beträchtlicher gemacht wird. Aus einem andern
                              Gesichtspunkte betrachtet, scheint die angegebene Einrichtung auch einer schnellen
                              Erhizung des Kessels günstig zu seyn; man kennt freilich die Temperatur nicht, mit
                              welcher die erhizte Luft von der Rostfläche entweicht, und eben so wenig die
                              Wärmemenge, welche durch Ausstrahlung verloren geht; aber der leztere Theil, welcher
                              durch die neue Einrichtung zu Nuze gemacht wird, möchte doch bedeutender seyn, als
                              man für gewöhnlich anzunehmen geneigt ist.
                           Für das Wasser im Innern eines Dampfkessels ist es nach bekannten Erfahrungen und
                              Schlüssen am vortheilhaftesten, wenn es sich in einer solchen Circulation befindet,
                              daß das kalte Speisewasser stets mit den Theilen des Kessels in Berührung kommt,
                              welche der stärksten Einwirkung des Feuers ausgesezt sind, und im Zustande der
                              Erhizung dann nach der Oberfläche sich begibt, wo es theilweise sich in Dampf
                              verwandelt. Die Bedingungen, unter welchen eine solche Circulation eintreten kann,
                              befinden sich bei dem beschriebenen Kessel vollkommen erfüllt, da jede Siederöhre
                              mit dem Haupttheile des Kessels durch drei Röhren in Verbindung steht; zwei Röhren
                              entnehmen das Wasser vom Boden des Kessels, um es nach dem untern Ende der
                              Siederöhren zu führen, die dritte führt den Dampf oben aus der Siederöhre in den
                              obern Theil des Hauptkessels; die Circulation des Wassers muß daher immer durch
                              dieselbe Ursache bewirkt werden, welche die Erwärmung desselben zur Folge hat. Man
                              könnte fürchten, daß die langen und geraden Röhren der Circulation mehr hinderlich
                              seyn dürften, als daß sie dieselbe hervorrufen; indessen hat die Erfahrung, welche
                              bei ähnlichen Bedenken immer die sicherste Richterin ist, vollkommen zu Gunsten der
                              beschriebenen Einrichtung entschieden, selbst mit Rüksicht auf das Verstopfen der
                              Zubringer und der Siederöhren.
                           Die Reinigung der Siederöhren und der Wasserzuführungsröhren läßt sich übrigens eben
                              so leicht wie die Reinigung des Kessels selbst bewirken, da der Boden jeder
                              Siederöhre abgenommen werden kann; jede Siederöhre ist nämlich oben und unten durch
                              ein halbkugelförmiges Endstük geschlossen und beide sind durch einen mitten durch
                              den Kessel hindurchgehenden Stab mit einander verbunden, welcher außen gegen das
                              obere Endstük angeschraubt ist und dadurch beide fest gegen die Wandfläche der
                              Siederöhre anpreßt. Wird diese Schraube gelöst, so kann das untere Endstük
                              weggenommen und das Rohr gereinigt werden. Die Endstüke sind von Kupfer und die
                              sinnreiche Verbindung beider bewirkt, daß, je höher die Temperatur der Siederöhre
                              steigt, ein desto festerer Verschluß der Endstüke und übrigen Wandfläche
                              hervorgebracht wird, indem der in der Mitte durchgehende Stab in Berührung mit dem
                              Wasser nicht so warm wird und folglich kürzer bleibt, als die äußere Röhrenwand in
                              Berührung mit der heißen Luft.
                           Mit der angegebenen Art, die Siederöhre aus mehreren Theilen bestehen zu lassen,
                              verbindet sich noch ein sehr hoch anzuschlagender Vortheil, nämlich die Möglichkeit,
                              in der Construction der Siederöhre selbst das Princip der Frimot'schen Vorrichtung zur Sicherung gegen Explosion anzubringen. Es
                              soll nämlich nach Frimot an den Boden des Kessels eine
                              kupferne Halbkugel angelöthet werden, welche sich bei zu großer Erhizung des Kessels
                              von demselben lösen und dem Dampfe und Wasser einen Ausweg nach dem Herde geben
                              soll. So sicher diese Vorrichtung auch ist, so würde sie doch in der angegebebenen
                              Art kaum mit Vortheil ausgeführt werden können, da das Wiederbefestigen des
                              abgeschmolzenen Stükes eine zu lange Unterbrechung der Dampferzeugung verursachen
                              müßte. Bei den hier beschriebenen Siederöhren tritt aber der leztere Umstand gar
                              nicht ein, denn es läßt sich hier der durchgehende Stab durch Löthung mit dem untern
                              Endstüke verbinden; löst sich nun die Löthung durch zu hoch gestiegene Temperatur
                              der Siederöhre, und wird das Endstük gewaltsam weggetrieben, so läßt sich der
                              zurükgebliebene Stab nach Lösung der Schraube entfernen und ein zweites vorräthig
                              gehaltenes Endstük mit
                              Stab so schnell einwechseln, daß kaum ein Aufenthalt von einer Stunde entsteht. Die
                              Commission bat mehreren künstlich hervorgebrachten Explosionen dieser Art
                              beigewohnt, durch welche beim Ausschleudern des Endstükes einer Siederöhre der
                              Kessel kaum merkbare Stöße erlitt, der Rost nicht im mindesten verlezt wurde und ein
                              Geräusch ähnlich dem einer auf den Boden fallenden schweren Masse entstand. Der neue
                              Verschluß der Siederöhre wurde nach jeder Explosion unverzüglich vorgenommen, um
                              wieder die Bedingungen einer neuen Explosion vorzurichten.
                           Es kann die Frage aufgeworfen werden, ob das Einführen des Speisewassers in den
                              Kessel, in dem Augenblike, wenn er schon ziemlich wasserleer ist und sich eine
                              Explosion wie die vorher erwähnten bilden kann, mit besonderer Gefahr verbunden ist?
                              Wenn man bedenkt, daß das Speisewasser nur an den tiefsten Punkten in die verticalen
                              Siederöhren eintreten kann, und daß dasselbe wegen des geringen Fassungsraumes der
                              Speisepumpe nur sehr langsam zutritt, so kann man die Ueberzeugung fassen, daß hier
                              keine ähnliche Wirkung eintreten kann, als wenn kaltes Wasser auf eine große Fläche
                              erhizten Metalles geführt wird, eine Bedingung, durch welche man gerade die
                              heftigsten und gefährlichsten Explosionen verursacht hält. Uebrigens ist bei dem
                              Kessel ein zum großen Theil neuer Mechanismus zum Andeuten des zu tiefen Sinkens des
                              Wasserspiegels angebracht, welcher zu den Warnungsapparaten (avertisseurs) gehört.
                           Dieser Apparat besteht nämlich in einem Schwimmer, welcher mit einer Zugstange
                              verbunden ist und dem Dampfe einen Ausweg gestattet, wenn sich der Wasserspiegel
                              unter einen gewissen Punkt erniedrigt. Bisher bestanden diese Apparate gewöhnlich
                              aus einem Stüke, es ist aber vortheilhafter, den Schwimmer so einzurichten, daß er
                              bei kleinen Veränderungen des Wasserspiegels unabhängig von dem Ventile spielt, und
                              nur bei einer zu großen Erniedrigung auf das Ventil wirkt.
                           Ein offenbarer Beweis für die Geschwindigkeit, mit welcher der doppelte Luftstrom des
                              kalten und heißen Wassers in den Siederöhren circulirt, ist die gute Erhaltung der
                              Löthstelle an dem im Feuer befindlichen Ende der Siederöhre. Die Verdampfung im
                              Kessel erfolgt auf keine unruhige Art, der Wasserspiegel in dem außerhalb
                              angebrachten Wasserstandzeiger erfährt nur kleine Schwankungen.
                           Der Versuch, welcher von der Commission mit dem Kessel angestellt wurde, dauerte
                              ungefähr 6 Stunden; das Feuer wurde 3 1/2 Stunde vor dem Beginn des Versuches
                              angezündet, und der ganze Ofen hatte daher noch nicht die beständige Temperatur
                              annehmen können, bei welcher die günstigsten Resultate zu erlangen sind. Während der beiden ersten Stunden
                              wurden durch 1 Kilogr. Kohks 6,9 Kilogr. Wasser verdampft, während der lezten
                              Stunden aber 7,3 Kilogr., so daß das Mittel von 6 Stunden 7,1 Kilogr. Wasser auf 1
                              Kilogr. Kohks war. Dieß Resultat ist ohne Zweifel geringer als die Leistung der
                              Maschine unter den vortheilhaftesten Bedingungen ihrer Wirksamkeit. Der Kessel, an
                              dem die Versuche angestellt wurden, war bestimmt, einer vierpferdigen Dampfmaschine
                              den Dampf zu liefern; man brauchte in jeder Minute 0,31 Kilogr. Kohks. Der ganz
                              trokene und zu mechanischer Anwendung geeignete Dampf mußte durch eine Oeffnung von
                              sehr geringem Durchmesser in ein sehr enges und langes Rohr treten, um zu
                              entweichen. Das Manometer zeigte stets 5 Atmosphären Druk; durch die Ventile haben
                              sich stets 7,1 K. unter den angegebenen Umständen verdampft, und geben, wenn ihre
                              ursprüngliche Temperatur zu 8° C. angenommen wird, 4560 Wärmemengen; 1
                              Kilogr. Kohks, wie derselbe aus der Gasretorte kommt, gibt 7000, d.h. es fand ein
                              Verlust von 2440 Wärmemengen Statt. Die Temperatur der Luft betrug da, wo sie den
                              Blechschornstein verläßt, 300° C. Nimmt man nun als der Wahrheit am nächsten
                              kommend an, daß die heiße Luft in dem Augenblike, wo sie nichts mehr zur Erwärmung
                              des Kessels beiträgt, etwa 400° warm ist, so werden durch jeden Kubikmeter
                              zur Unterhaltung der Verbrennung zugeführte Luft 156 Wärmemengen für die Verdampfung
                              unwirksam gemacht. Nimmt man auf den Wärmeverlust durch den ganzen Herd und Ofen
                              Rüksicht, so läßt sich schließen, daß zur Verbrennung von 1 Kilogr. Kohks 15
                              Kubikmeter Luft angewendet wurden, und ein directer Versuch ergab etwa 13
                              Kubikmeter. Es läßt sich erwarten, daß bei schlechter Unterhaltung des Rostes und
                              der Siederöhren nicht dieselben Resultate erlangt werden können; der Wärmeverlust
                              durch die Luft, welcher bei den Versuchen bis auf 1/3 der gesammten entwikelten
                              Wärme stieg, läßt sich vielleicht noch geringer machen; er vermehrt sich in
                              bedeutendem Verhältnisse mit wachsender Weite der Rostfugen und bei geringerer Dike
                              der auf der Rostfläche liegenden Schichte des Brennmaterials, so daß die Luft in den
                              Ofenraum treten kann, ohne durch das Brennmaterial gegangen zu seyn. Dem leztern
                              Nachtheile ist auf eine vollkommene Art dadurch zuvorgekommen, daß das Aufgeben des
                              Brennmaterials durch zwei gußeiserne, mit beweglichem Boden versehene Büchsen
                              erfolgt. Diese Büchsen werden von Oben mit Kohks gefüllt, oben verschlossen und dann
                              unten geöffnet, wo sie, wie die beim mechanischen Aufschütten angebrachten Rumpfe
                              oder Trichter, die Kohks gleichförmig über den Rost verbreiten. Die Vorrichtung
                              ersezt übrigens in gewisser Beziehung den mechanischen Aufschütter.
                           Das Gesammturtheil der zur Besichtigung und Prüfung des Kessels niedergesezten
                              Commission geht nun dahin, daß, wenn auch die Anwendung verticaler Siederöhren nicht
                              als ganz neu erscheint und schon einige frühere Versuche mit denselben angestellt
                              wurden, die Länge der Siederöhren im Vergleich zum Kessel, die Befestigung ihres
                              untern Verschlusses, die Art und Weise, wie das Wasser in dieselben gebracht wird,
                              wie es in dem Apparate circulirt und sich regelmäßig in Dampf verwandelt, die
                              Einrichtung des Ofens, die Leichtigkeit der Aufstellung, des Auseinandernehmens und
                              Wiederzusammensezens, daß alles dieß einen eigenthümlichen und neuen Apparat
                              charakterisirt, dessen vortheilhafte Eigenschaften als unzweifelhaft angesehen
                              werden können. Unter diese vortheilhaften Eigenschaften gehört nun namentlich die
                              vollkommene Verbrennung von Kohks und die Abwesenheit jeden Rauches, Vorzüge, welche
                              sich von selbst empfehlen und vorzüglich für Dampfmaschinen-Anlagen in den
                              Städten beachtenswerth sind.