| Titel: | Auszug aus dem Berichte des Hrn. Amédée Durand über die Blechscheeren und Schneideisen des Hrn. Gouet, in Thernes bei Paris. | 
| Fundstelle: | Band 74, Jahrgang 1839, Nr. XXI., S. 102 | 
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                        XXI.
                        Auszug aus dem Berichte des Hrn. Amédée Durand
                           uͤber die Blechscheeren und Schneideisen des Hrn. Gouet, in Thernes bei Paris.Hr. Gouet erhielt im Jahre 1838 von Seite der Société d'encouragement eine silberne
                                 Medaille fuͤr seine Erfindungen. A. d. R.
                           
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'encouragement. April 1839, S. 105.
                        Ueber Gouet's Blechscheeren und Schneideisen.
                        
                     
                        
                           Hr. Gouet hat sich die Vervollkommnung und Verbesserung
                              der in den Werkstätten gebräuchlichen Werkzeuge und Geräthe zur besonderen Aufgabe
                              gemacht; die Erfolge seines Strebens sind auch bereits von solcher Bedeutung, daß
                              sie alle Anerkennung verdienen. Unter den Geräthen, welche er seit einigen Jahren
                              liefert, zeichnen sich besonders die Blechscheeren von großer Kraft aus. Dieses
                              Werkzeug bestand ehemals nur aus einer Scheere, welcher man je nach den Zweken, zu
                              denen sie bestimmt war, mehr oder minder riesenhafte Dimensionen gab. Bekanntlich
                              verlängerten sich die Arme in der den Scheerenblättern entgegengesezten Richtung, so
                              daß sie die Enden von Hebeln bildeten, welche durch die Bewegung um die durch sie
                              gestekte Achse die Durchschneidung des Metalles bewirkten. Der eine dieser Arme, und
                              zwar der untere, war gekniet und in einem Kloze fixirt; seine Verlängerung über den
                              Notationspunkt hinaus bildete das obere Blatt, welches somit gleichfalls fixirt war.
                              Der andere Arm oder Griff wurde von einem oder mehreren Arbeitern in Bewegung
                              gesezt, während das zwischen die Scheerenblätter gebrachte Metallblech unglüklicher
                              Weise auf das bewegliche Blatt auszuruhen kam. Die Hauptfehler dieser Art von
                              Scheeren, welche früher allgemein gebräuchlich waren, war die Unsicherheit ihrer
                              Verrichtungen; die Schwierigkeit, womit das Metallblech so dargeboten und auch so
                              erhalten werden konnte, daß der Schnitt mit Genauigkeit nach der vorgezeichneten
                              Linie erfolgte; die Notwendigkeit, die Metalltheile so zu biegen, daß der eine nach
                              Auf- und der andere nach Abwärts von der die beiden Blätter vereinigenden
                              Achse abwich; und endlich die große Schwierigkeit, mit einem Instrumente dieser Art
                              lange Schnitte zu machen. Das einzige Gute an diesen Scheeren war, daß ihnen das
                              Metallblech von der Seite dargeboten wurde, die jener, an der sich die Arbeiter
                              befanden, gegenüber lag. Dieses Gute, welches man bei den ersten Verbesserungen, die
                              man an den Blechscheeren vornahm, aufgegeben hatte, wußte Hr. Gouet beizubehalten. Diese verbesserten Scheeren nämlich, deren man sich
                              noch dermalen zum
                              Schneiden von Blechen von geringer Dike bedient, lassen sich als ein horizontal
                              gelegter Zirkel, dessen beide Schenkel sich in einer senkrechten Fläche befinden,
                              betrachten. Der untere Schenkel ist in einer Werkbank fixirt; die dem Knopfe
                              zunächst gelegenen Theile beider Schenkel sind mit Scheerenblättern besezt, und die
                              Anwendung der Kraft geschieht an dem Ende der Schenkel. Wenn an diesen Scheeren auch
                              eine gute Einrichtung zum Opfer gebracht wurde, so hatten sie doch andererseits
                              bedeutend gewonnen. Das Metallblech wurde z.B. nicht mehr mit den Händen gehalten,
                              sondern es ruhte auf einer Werkbank und wurde durch eine Art von Klemme
                              festgehalten; es konnte also unter der Scheere vorwärts schreiten, ohne daß es wie
                              früher gebogen oder verbogen wurde. Auch diese Vorzüge hat nun Hr. Gouet in seinen Scheeren vereint, so daß diese einerseits
                              alle die vortheilhaften Bedingungen, welche man an den bisherigen Werkzeugen dieser
                              Art trifft, in sich vereinen, andererseits aber wesentliche Verbesserungen in
                              mehrfacher Beziehung darbieten. Eine der vorzüglichsten dieser Verbesserungen
                              besteht in einer Einrichtung der Scheeren, gemäß welcher sie durch die Anwendung
                              eines großen Hebels bedingte Kraft haben, und dabei dennoch im Zustande der Ruhe
                              einen sehr geringen Raum einnehmen; ja ihre Dimension wird selbst, wenn sie
                              arbeiten, nicht größer, als sie die Ausdehnung der Schneidflächen mit sich bringt.
                              Der Hebel gehört daher nicht länger mehr zu dem Scheerenblatte, welches schneidet;
                              sondern er theilt diesem die Bewegung mittelst eines verzahnten Kreisbogens mit, der
                              obwohl er die Kraft vermehrt, dennoch gestattet, den Hebel in senkrechte Stellung zu
                              bringen, wenn das Werkzeug in Ruhestand ist. Die Unterhaltung, welche an allen
                              derlei Geräthen von höchster Wichtigkeit ist, ist an den neuen Scheeren eben so
                              leicht als wohlfeil. Die Scheerenblätter sind nichts weiter als einfache Stahlstüke
                              ohne Loch und beinahe ohne alle Façon, welche von einer Art von Fingern oder
                              Dekplatten festgehalten werden, und mit größter Leichtigkeit ausgenommen werden
                              können. Was den Preis anbelangt, so ist derselbe sehr gering, da die neuen Scheeren
                              beinahe ganz aus Gußeisen bestehen. Hr. Gouet hat demnach
                              in seinen Blechscheeren, welche sich hauptsächlich zum Schneiden diker Metallbleche
                              eignen, ein Werkzeug geliefert, welches den Werkstätten noch fehlte, mit größter
                              Leichtigkeit und Genauigkeit arbeitet, und sich dabei im Laufe von 5 Jahren von
                              großer Solidität gezeigt hat.
                           Hr. Gouet ist ferner der Erfinder eines Schneideisens,
                              dessen bei Gelegenheit des Preises, den die Gesellschaft für das beste Instrument
                              dieser Art kürzlich ertheilte, nicht Erwähnung geschehen konnte, indem sie zu jener
                              Zeit noch keine vollständige Kenntniß von demselben hatte. Das neue Schneideisen hat statt zweier
                              Schneidbaken ihrer vier, welche jedoch als drei gelten können, von denen man zwei
                              activ und das dritte passiv nennen kann. Die beiden activen Schneideisen bewegen
                              sich parallel mit einander und nach einander, so daß die Kante beider oder das
                              Aequivalent eines Schraubstahles dem Metalle dargeboten wird: eine Einrichtung,
                              welche weit vortheilhafter ist als jene der älteren Schneideisen. Wir glauben, daß
                              dieses Werkzeug alle Berüksichtigung verdient und namentlich wegen der Aehnlichkeit,
                              die es in mehreren Punkten mit den älteren Schneideisen hat, solchen, die kein
                              großes Vertrauen in ihre Geschiklichkeit haben, als Uebergang zu jenem Werkzeuge,
                              dem die Gesellschaft den Preis zuerkannte, empfohlen zu werden verdient.