| Titel: | Chemische Notizen von Runge. | 
| Fundstelle: | Band 74, Jahrgang 1839, Nr. LIII., S. 231 | 
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                        LIII.
                        Chemische Notizen von Runge.
                        Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie, 1839 Nr.
                              8.
                        Chemische Notizen von Runge.
                        
                     
                        
                           I. Anwendung des Marmors bei
                                 Analysen.
                           Gay-Lussac hat sich des Marmors bedient, um die
                              Stärke der Chlorwasserstoffsäure (Salzsäure) und der Salpetersäure zu bestimmen. Da
                              man ihn hiebei in Stüken, ohne alle Wärme, anwenden kann,
                              so ist diese Verfahrungsart sehr praktisch. Sie erhält aber noch einen größeren
                              Werth durch die Ausdehnung, welche man ihr geben kann. Löst man nämlich in einer
                              bestimmten Menge Säure, deren marmorauflösende Kraft man kennt, eine bestimmte Menge
                              kohlensaures Kali auf, so wird sich nun natürlich weniger
                              Marmor auflösen, als in der unvermischten Säure, und dieses Weniger ist der Maaßstab
                              für den Kaligehalt des Salzes. Dasselbe ist mit Natron, Ammoniak, Kalk und Baryt der
                              Fall. Auch alle diejenigen Metalle, deren chlor- und salpetersaure
                              Verbindungen nicht durch Marmor in der Kälte zerlegt werden, z.B. Chlorzink,
                              Chlorkadmium, Anderthalb-Chlorchrom, Chlormangan etc., sowie salpetersaures
                              Bleioxyd, gestatten dieselbe Bestimmungsweise. Sie ist darum besonders zu empfehlen,
                              weil man die kohlensauren Verbindungen von Kalk, Baryt, Zink, Kadmium u.s.w.,
                              nachdem sie gut ausgewaschen worden, noch naß, zugleich mit dem Filter, in die
                              Probesäure legen kann. Man bringt das genau gewogene Stük Marmor erst dann hinein,
                              wenn sich der zu untersuchende Niederschlag vollkommen aufgelöst hat, und nimmt es
                              erst dann wieder heraus, wenn alle Einwirkung auf dasselbe aufgehört hat, wobei
                              gegen das Ende die Anwendung einer schwachen Wärme meistens zulässig ist. Nach dem
                              Weniger des Gewichtsverlustes, welchen der Marmor erlitten, berechnet man nun die
                              Menge Oxyd oder Metall, die in dem von der Probesäure aufgelösten Niederschlag
                              enthalten ist. Reines Zink kann die Stelle des Marmors in den Fällen, wo schwer
                              auflösliche Kalksalze entstehen würden, ersezen; so findet es zur Bestimmung der
                              wässerigen Schwefelsäure und des Säureüberschusses der sauren schwefelsauren Salze
                              seine Anwendung. Aber man kann hier mittelst Chlorbarium die Schwefelsäure gegen
                              Chlorwasserstoffsäure austauschen und nun gleichfalls den Marmor gebrauchen. Da der
                              Marmor in Essigsäure zu einem gröblichen Pulver zerfällt, so kann ihre Stärke nicht
                              durch Marmor bestimmt und sie selbst nicht als Probesäure angewendet werden, wohl
                              aber Salpetersäure, und zwar diese namentlich in den Fällen, wo das Oxyd nur
                              schwierig in Chlorwasserstoff auflöslich ist, z.B. Bleioxyd.
                           
                        
                           
                           II. Chlorkalkprobe.
                           Das von Fuchs angegebene Verhalten des Kupfers zum, in
                              Chlorwasserstoffsäure (Salzsäure) aufgelösten, Anderthalb-Chloreisen
                              (salzsauren Eisenoxyd)Polytechn. Journal Bd. LXXIII. S.
                                       36. läßt sich sehr gut zu einer Chlorkalkprobe benuzen. Man übergießt eine genau
                              gewogene Menge Chlorkalk mit etwas Wasser, und fügt nun eine Auflösung von frisch
                              bereitetem Einfach-Chloreisen (salzsaurem Eisenoxydul) im Ueberschuß hinzu.
                              Es wird hiebei kein Chlor entwikelt, sondern eine dem Chlorgehalt entsprechende
                              Menge Eisenoxyd gebildet. Jezt sezt man Chlorwasserstoffsäure im Ueberschuß hinzu,
                              thut ein gewogenes Stük Kupfer hinein und kocht so lange, bis die dunkle Farbe der
                              Flüssigkeit sich in die blaß gelblichgrüne verwandelt hat, und sich nicht mehr
                              ändert. Nun wird das Kupfer abgewaschen, getroknet und gewogen, und nach dem
                              Gewichtsverlust der Chlorgehalt berechnet, indem 64 Kupfer 35,4 Chlor anzeigen. In 1
                              bis 2 Stunden ist ein solcher Versuch beendet, den man am besten in einer kleinen
                              Retorte vornimmt, die mit aufrechtstehendem Halse im Sandbade erhizt wird.
                           
                        
                           III. Quantitative Bestimmung des
                                 Kupfers.
                           Da, in Chlorwasserstoffsäure aufgelöstes, Einfach-Chlorkupfer (salzsaures
                              Kupferoxyd) sich durch Kochen mit Kupfer in Halb-Chlorkupfer (salzsaures
                              Kupferoxydul) verwandelt, und sich dabei eben so viel Kupfer auflöst, als in der
                              angewendeten Menge Einfach-Chlorkupfer enthalten ist, so läßt sich dieß bei
                              quantitativen Analysen zur Bestimmung des Kupfers benuzen. Es wird demnach das, nach
                              bekannten Methoden abgeschiedene Kupferoxydhydrat in überflüssiger
                              Chlorwasserstoffsäure aufgelöst und mit einer gewogenen Menge Kupfers so lange
                              gekocht, bis die braune Farbe der Flüssigkeit in die hellgelbe übergegangen und sich
                              nicht mehr ändert. Der Gewichtsverlust, den das Kupfer hiebei erleidet, zeigt nun
                              genau die Menge Kupfer an, welche in der untersuchten Menge Oxyd enthalten ist. Man
                              kann auch Kupfersalze (salpetersaures Kupferoxyd ausgenommen) auf diese Weise
                              untersuchen. So habe ich schwefelsaures Kupferoxyd in Chlorwasserstoffsäure
                              aufgelöst und mit Kupfer gekocht, und der Gewichtsverlust des Kupfers betrug genau
                              so viel, als nach den bekannten Analysen Kupfer im Kupfervitriol enthalten ist. Da,
                              wie oben angegeben, Anderthalb-Chloreisen sich dem Einfach-Chlorkupfer
                              gleich verhält, so ist darauf zu sehen, daß das zu untersuchende Kupferoxyd kein
                              Eisenoxyd enthalte. Ebenso darf kein Manganoxyd gegenwärtig seyn, dessen Einfluß
                              jedoch dadurch, daß man die Auflösung in Chlorwasserstoff vorher so lange kocht, als
                              sich noch Chlor entwikelt, zu beseitigen ist. Uebrigens ist die Gegenwart aller
                              Alkalien und Erdarten und vieler Metalloxyde, wie sich von selbst versteht, ohne
                              alle störende Wirkung. Auch bei diesem Versuch kommt es auf Abhaltung der Luft an,
                              daher er ebenfalls in einer langhalsigen Retorte angestellt werden muß.