| Titel: | Ueber den Widerstand der Luft gegen die auf den Eisenbahnen fahrenden Wagenzüge. Auszug aus einem Vortrage, den Hr. Dr. Lardner im September 1839 vor der British Association hielt. | 
| Fundstelle: | Band 74, Jahrgang 1839, Nr. LXX., S. 322 | 
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                        LXX.
                        Ueber den Widerstand der Luft gegen die auf den
                           Eisenbahnen fahrenden Wagenzuͤge. Auszug aus einem Vortrage, den Hr. Dr.
                           Lardner im September
                           1839 vor der British Association hielt.Der hier mitgetheilte Auszug aus dem Vortrage des Hrn. Dr.
                                    Lardner, welcher beinahe vier volle Stunden lang dauerte, ist natürlich
                                 sehr zusammengedrängt; doch kann man sich in allen wesentlichen Punkten
                                 vollkommen auf ihn verlassen. Hr. Dr. L. übernahm im Herbste 1837 durch die zu
                                 Liverpool versammelte British Association in
                                 Verbindung mit einigen anderen Gelehrten und Praktikern die Bestimmung gewisser
                                 mittlerer Werthe, welche man nach der Analogie mit den in anderen Wissenschaften
                                 gebräuchlichen Ausdrüken Eisenbahnkonstanten (Railway Constants) nennen wollte. Man bezeichnet
                                 nämlich in der Physik und in der Astronomie gewisse Quantitäten, welche häufig
                                 in allgemeinen Berechnungen vorkommen, mit dem Namen Constanten. Als Beispiel
                                 hiefür kann die Höhe, durch welche ein Körper in einer Secunde fällt; die Länge
                                 eines Secundenpendels; das Verhältniß des Umfanges eines Kreises zu seinem
                                 Durchmesser u.s.f. dienen. Dr. Babbage machte sogar
                                 den großartigen Vorschlag zur Bestimmung der Constanten der Natur und der Kunst!
                                 Unter den bei den Eisenbahnberechnungen vorkommenden Quantitäten ist von größter
                                 praktischer Wichtigkeit die Zahl, welche das Verhältniß ausdrükt, in welchem die
                                 Zugkraft, die zur Fortschaffung einer Last auf einer Eisenbahn erforderlich ist,
                                 zu dem Gewicht der Last, welches sie bewegt, steht. Wie wichtig es ist, diese
                                 Zahl zu kennen, geht daraus hervor, daß auf ihr hauptsächlich das Verhältniß der
                                 Kosten, für welche die Arbeit geschieht, beruht. Die Lösung dieses Problems ward
                                 daher auch zuerst zum Gegenstande der Untersuchungen gemacht.Anm. d. Athen.
                                 
                           
                        Aus the Athenaeum. No. 619.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              V.
                        Lardner, uͤber den Widerstand der Luft gegen die auf den
                           Eisenbahnen fahrenden Wagenzuͤge.
                        
                     
                        
                           Der Widerstand, den ein Wagenzug gegen die Kraft, die ihn ziehen soll, leistet,
                              erwächst aus verschiedenen Ursachen; und zwar: 1) aus der Reibung der Räderachsen in
                              ihren Lagern; 2) aus der rollenden Reibung der Radreifen auf den Schienen; und 3)
                              aus dem Widerstande, den die Luft dem Fortrollen der Wagen entgegensezt. Abgesehen
                              hievon gibt es aber auch noch Widerstände, die den Maschinen eigentümlich sind, und
                              welche theils durch die Reibung der verschiedenen in Bewegung befindlichen und einem
                              von dem Widerstande der gezogenen Last abhängigen Druke ausgesezten Theile der
                              Maschinerie, theils durch die Reaction des Dampfes, der an der anderen Seite des
                              Kolbens aus der Gebläsröhre entweicht, theils durch andere derlei Ursachen bedingt
                              sind. Um jedoch die Frage zu vereinfachen, ward vorläufig der Widerstand der
                              Maschine unberüksichtigt gelassen und lediglich der Widerstand des Wagenzuges zum Gegenstande der
                              Untersuchung gemacht.
                           Zur Ermittelung dieses Widerstandes boten sich verschiedene Methoden dar. Die
                              directeste dieser Methoden war die Anwendung eines Dynamometers, mit dem der Wagen
                              gezogen werden konnte, und der ein directes Maaß der Kraft, mit welcher der Zug
                              Statt fand, abgab. Gegen dieses Verfahren konnten jedoch mehrere Einwürfe
                              vorgebracht werden. Es zeigte sich nämlich, daß die Schienen keineswegs eben sind,
                              wofür man sie sonst gewöhnlich zu halten pflegt, sondern daß sie selbst in kurzen
                              Distanzen verschiedene Neigungen haben; und daß die hiedurch veranlaßten plözlichen
                              Erschütterungen des Dynamometers den Zeiger so sehr zwischen den äußersten Gränzen
                              hin und her schwanken machten, daß es ganz unmöglich war, ein brauchbares mittleres
                              Resultat daraus zu ziehen. Abgesehen hievon hätte ein derlei Instrument, wenn man es
                              zur Messung des Widerstandes eines mit einer irgend bedeutenden Geschwindigkeit
                              lausenden Wagenzuges hätte benüzen wollen, zwischen der Maschine und dem Wagenzuge
                              angebracht werden müssen. Es hätte daher nur eine Modification des Luftwiderstandes
                              angedeutet, indem die Maschine bereits einen Theil dieses Widerstandes beseitigt
                              haben würde, bevor er noch eine Einwirkung auf das Instrument geäußert hätte. Aller
                              dieser Einwendungen ungeachtet wurden zahlreiche Versuche mit derlei Instrumenten
                              angestellt, und nicht eher ward von ihnen abgegangen, als bis deren Unbrauchbarkeit
                              praktisch dargethan erschien.
                           Ein anderes Verfahren, dessen sich Dr. L. zu bedienen
                              hoffte, um den durch die Reibung bedingten Theil des Widerstandes zu erforschen,
                              beruhte darauf, daß man einer Maschine eine Last anhing, welche sie mit einer
                              gleichförmigen geringen Geschwindigkeit über eine bestimmte Schrägfläche oder Rampe
                              hinanzuschaffen vermochte; und daß man dann dieselbe Maschine mit derselben Last an
                              eine steilere Rampe brachte, und an dieser so viele Waggons losmachte, als nöthig
                              war, damit die Maschine diese Rampe mit derselben gleichförmigen Geschwindigkeit
                              überwinden konnte, wie die erstere Rampe von geringerer Steilheit. Man hätte unter
                              solchen Umständen mit Sicherheit annehmen können, daß der absolute Widerstand gegen
                              die Maschine in beiden Fällen derselbe seyn würde, und daß der Unterschied zwischen
                              der Gravitation beider Rampen mit Hülfe mathematischer, von Hrn. Dr. L. entworfener Formeln, den Widerstand ergeben
                              würde, der den Waggons, welche bei dem Uebergange von der Rampe mit geringerem zu
                              jener mit stärkerem Gefälle losgemacht wurden, zugeschrieben werden muß. Dieses
                              Verfahren hätte den großen Vorzug gehabt, daß das darnach erzielte Resultat größten
                              Theils von dem Luftwiderstande unabhängig gewesen wäee, und daß es also den Betrag der
                              eigentlichen Reibung so ziemlich approximativ ergeben hätte; denn da die Bewegung
                              eine langsame gewesen seyn würde, und ein Theil des Wagenzuges sich vor den
                              losgemachten Waggons befunden hätte, so würde der Widerstand der Luft offenbar nur
                              eine sehr geringe Wirkung haben äußern können. Leider ergab sich jedoch keine
                              Gelegenheit zur Ausführung von Versuchen nach dieser Methode.
                           Nach vielfachen Erwägungen glaubt Hr. Dr. L., daß durch
                              die Beobachtung bei den Wagenzügen bei ihrem Hinabrollen über steile Rampen, weder
                              diese, noch jenes Verfahren, welches bezüglich auf den Widerstand, dem die Wagenzüge
                              hiebei begegnen, die genügende Resultate geben dürften. Die Principien dieser
                              bereits schon öfter eingeschlagenen Methode sind sehr einfach. Wenn nämlich ein
                              Körper auf eine Rampe gebracht wird, und wenn man ihn auf dieser seiner Schwerkraft
                              gemäß hinabrollen läßt, so wird seine Bewegung über dieselbe hinab beschleunigt
                              werden. Wenn daher die den Widerstand gegen den Körper bedingenden Ursachen eine
                              gleichförmige und von der Geschwindigkeit unabhängige Wirkung hätten, so müßte die
                              Bewegung des Körpers über die Rampe hinab auch eine gleichmäßige Beschleunigung
                              erleiden, gleichwie dieß mit einem Körper der Fall ist, der vermöge seiner Schwere
                              frei und senkrecht herabfällt. Unter gleichförmiger Beschleunigung ist verstanden,
                              daß die innerhalb jeder Zeitsecunde eintretende Zunahme der Geschwindigkeit eine und
                              dieselbe bleibt, so daß, welche Geschwindigkeit der Körper auch am Ende der ersten
                              Secunde erlangt hat, er am Ende der zweiten Secunde eine zweimal und am Ende der
                              dritten Secunde eine dreimal so große Geschwindigkeit erlangt. Es ist demnach klar,
                              daß ein einer solchen Geschwindigkeitszunahme unterworfener Körper einer
                              schrankenlosen Steigerung seiner Geschwindigkeit unterliegen würde. Da die Kraft der
                              Gravitation genau bekannt ist, und da sich die auf einer Rampe von bestimmter
                              Neigung oder bestimmtem Gefälle ergebende Verminderung dieser Kraft leicht und genau
                              berechnen läßt, so ist die Berechnung der Bewegung, die ein Körper auf einer Rampe
                              erlangen würde, eine ganz sichere. Ist aber wirklich ein solcher Widerstand
                              vorhanden, so wird eine Vergleichung der wirklichen und beobachteten Bewegung mit
                              der berechneten widerstandslosen Bewegung den Betrag dieses Widerstandes ergeben.
                              Dazu ist es jedoch nothwendig, daß man bis zu einem gewissen Grade auch mit dem
                              Geseze des wirkenden Widerstandes vertraut ist.
                           Der durch die Reibung oder Abreibung bedingte Widerstand, – diese Reibung mag
                              an Oberflächen, welche sich nach Art von Schlitten an einander reiben, oder welche
                              auf einander rollen, wie die Reifen eines Rades auf einer Schienenbahn Statt finden,
                              oder sie mag von der Art seyn, wie an einer Achse, die in Anwellen oder Naben läuft,
                              – ward bereits den sorgfältigsten Versuchen unterstellt; auch sind die Geseze
                              der aus diesen Reibungen erwachsenden Widerstände vollständig und klar entwikelt.
                              Schon früher haben sich Coulomb, Ximines, Vince und
                              andere mit diesem Gegenstande beschäftigt; in neuerer Zeit wurden aber von Hrn. Morin in Auftrag der französischen Regierung die
                              ausgedehntesten und schäzbarsten Versuche in dieser Beziehung unternommen und auch
                              in ihren Resultaten zur allgemeinen Kenntniß gebracht. Diese Resultate bestätigten
                              vollkommen die bereits von älteren Physikern aufgestellten Geseze, welche sind: 1)
                              der durch die Reibung bedingte Widerstand ist, es mag ein Reiben, ein Rollen oder
                              eine Reibung zwischen Achse und Anwelle Statt finden, unter übrigens ganz gleichen
                              Umständen von der Geschwindigkeit unabhängig. 2) unter übrigens ganz gleichen
                              Umständen stehen diese Widerstände in directem Verhältnisse mit dem auf die
                              reibenden Oberflächen Statt findenden Druke, und zwar unabhängig von der Große
                              dieser Oberflächen. Es läßt sich kaum behaupten, daß es innerhalb der in der Praxis
                              vorkommenden Gränzen eine Ausnahme von diesen Gesezen gibt; und da die äußersten,
                              eine Ausnahme bildenden Fälle auf die vorliegende Frage keinen Bezug haben, so
                              brauchen sie auch nicht in Betracht gezogen zu werden.
                           Die Folge, welche unmittelbar daraus erwächst, daß die Reibung bei allen
                              Geschwindigkeiten eine und dieselbe bleibt, ist, daß sie eine gleichmäßig
                              retardirende Kraft bildet: d.h. daß sie an dem Körper, auf den sie wirkt, in
                              gleichen Zeiträumen gleiche Geschwindigkeiten aufhebt. Wenn sie daher am Ende von
                              einer Secunde einen gewissen Betrag der Geschwindigkeit aufhebt, so wird sie am Ende
                              zweier Secunden den doppelten, am Ende dreier den dreifachen Betrag aufheben u.s.f.
                              Wäre also ein über eine steile Eisenbahnrampe hinabrollender Wagenzug keinem anderen
                              Widerstande, als dem durch die Reibung veranlaßten ausgesezt, so ist offenbar, daß
                              er sich mit einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung bewegen würde, obschon die
                              Beschleunigung geringer seyn würde als dann, wenn kein Widerstand entgegen stünde;
                              d.h. die Art der Bewegung würde dieselbe seyn, als wenn kein Widerstand Statt fände,
                              und nur der Grad der Bewegung wird eine Veränderung
                              erleiden. Man hat gesagt, daß ohne Widerstände die Wagenzüge in einer, zwei oder
                              drei Secunden bestimmte Geschwindigkeiten erreichen, und daß diese Geschwindigkeiten
                              die durch die Gravitation der Rampe bedingten seyn würden. Da aber diese
                              Geschwindigkeiten um den Betrag der durch die Reibung aufgehobenen Geschwindigkeit
                              vermindert würden gegen
                              die auf den Eisenbahnen fahrenden Wagenzüge. 325 und da dieser Betrag in demselben
                              Verhältnisse wächst, wie die durch die Gravitation mitgetheilte Geschwindigkeit, so
                              müßte der herabrollende Körper durch eine gleichförmige Kraft, die der Differenz
                              zwischen der durch die Gravitation bedingten Beschleunigung und der durch die
                              Reibung hervorgebrachten Retardirung gleich käme, in seiner Bewegung beschleunigt
                              werden. Kurz, da diese Beschleunigung sowohl als die Retardirung von der
                              Geschwindigkeit unabhängig sind, so müßte die Differenz zwischen ihnen, d.h. die
                              wirkliche beschleunigende Kraft, über die Rampe hinab eine gleichförmige, von der
                              Geschwindigkeit unabhängige Kraft ausüben.
                           Auf diesem Raisonnement fußten alle die Untersuchungen, welche man früher durch
                              Beobachtung der Wagenzüge bei ihrem Hinabrollen über Rampen in Hinsicht auf den
                              ihnen entgegenwirkenden Widerstand anstellte. Die durch die Gravitation veranlaßte
                              Beschleunigung wurde berechnet; die wirtliche beim Hinabrollen eintretende
                              Beschleunigung wurde beobachtet, und die zwischen beiden sich ergebende Differenz
                              ward als die durch den Widerstand erzeugte Verspätungs- oder Retardirkraft
                              angenommen. Daß bei einem derlei Verfahren die Wirkung der Luft und überhaupt einer
                              jeden anderen Ursache, welche eine mit der Geschwindigkeit wachsende Retardirung
                              hervorbrachte, entweder ganz Umgängen, oder im Vergleiche mit dem durch die Reibung
                              veranlaßten Widerstande für so unbedeutend gehalten wurde, daß man sie, ohne der für
                              die Praxis erforderlichen Genauigkeit zu schaden, als in dem ermittelten Betrage des
                              Widerstandes enthalten betrachten konnte, erhellt von selbst. Diese Ansicht hatte
                              auch Hr. Dr. L. selbst als er seine Versuche begann; er
                              ging daher auch anfänglich bei diesen nach denselben Principien, denen seine
                              Vorgänger huldigten, zu Werke, mit dem einzigen Unterschiede, daß er in seinen
                              Formeln die Wirkung der Kreisbewegung oder Gyration der Räder, welche in de Pambour's Berechnungen unberüksichtigt blieb, mit in
                              Anschlag brachte.
                           Zur Bestimmung der wirklichen Beschleunigung eines Wagenzuges beim Hinabrollen über
                              eine Rampe, wurden an der Liverpool-Manchester-Bahn die Rampen von
                              Whiston und Sutton, und an der Grand Junction-Bahn eine Reihe Rampen, die
                              sich von Madeley aus auf mehrere engl. Meilen gegen Crewe zu erstreken, gewählt. Die
                              beiden ersteren dieser Rampen zeigt Fig. 19; das zwischen
                              ihnen befindliche horizontale Plateau hat ungefähr eine Länge von zwei engl. Meilen.
                              Die Rampe von Whiston neigt sich gegen Liverpool zu in einer ungefähr 1 1/2 engl.
                              Meilen betragenden Streke mit einem Gefälle von 1 in 96, und auf sie folgt eine
                              bedeutende Streke,
                              welche mit 1 in 936 hinansteigt. Die Rampe von Sutton fällt in einer Streke, welche
                              gleichfalls gegen 1 1/2 engl. Meilen mißt, mit einem Gefälle von 1 in 89 ab, und an
                              sie reiht sich in einer bedeutenden Länge gegen Manchester zu eine Bahnstreke von
                              beinahe horizontalem Niveau.
                           Die erste Rampe an der Grand Junction-Eisenbahn, welche von der Höhe von
                              Madeley gegen Crewe herabsteigt, hat eine Streke von 3 1/4 engl. Meilen entlang ein
                              Gefall von 1 in 177; auf sie folgt eine Streke von mehr dann 3 engl. Meilen mit
                              einem Gefälle von 1 in 265; auf diese folgt eine Streke von beinahe 1 1/2 engl.
                              Meilen mit einem Gefälle von 1 in 330, an welche sich eine mehrere Meilen lange
                              horizontale Bahnstreke reiht. Ein Profil dieser Rampen gibt Fig. 20.
                           Die Rampen von Whiston und Sutton laufen beinahe in ihrer ganzen Länge vollkommen
                              gerade; jene von Madeley laufen abwechselnd nach Rechts und nach Links mit einem
                              Radius von einer engl. Meile, inzwischen jedoch auch in bedeutenden Streken
                              vollkommen gerade.
                           Zum Behufe der Versuche wurde am oberen Ende einer jeden Rampe ein mit o bezeichneter Pfahl eingeschlagen, und die ganze Rampe
                              durch Pfähle, welche die Nummern 1, 2, 3 etc. erhielten, in Streken zu je 100 Yards
                              abgetheilt. Ferner wurden Uhren angeschafft, mit denen eine Secunde mit Leichtigkeit
                              in zwei Theile abgetheilt werden konnte. Um bei den Beobachtungen die möglich größte
                              Genauigkeit zu erlangen, mußte eine Person den Augenblik, in welchem der Wagen einen
                              Pfahl passirte, ausrufen; eine zweite mit einer Uhr versehene Person rief die Zeit
                              aus, und eine dritte notirte sie.
                           In mehreren Fällen wurden die Beobachtungen sogar von mehreren Personen zugleich
                              angestellt.
                           Aus einigen auf solche Weise vorgenommenen Versuchen stellte sich alsbald heraus, daß
                              die Bewegung beim Hinabrollen über eine Rampe nicht, wie man bisher dachte, eine
                              gleichmäßige Beschleunigung erleidet. Es ergab sich z.B., daß die Zunahme der
                              Geschwindigkeit in den auf einander folgenden Zeiträumen nicht eine und dieselbe
                              blieb, sondern in dem Maaße geringer wurde, als die Bewegung zunahm; d.h. es zeigte
                              sich, daß der Grad der Beschleunigung allmählich abnahm. Dieß deutete offenbar
                              darauf, daß mit der Zunahme der Geschwindigkeit eine Zunahme des Widerstandes
                              eintreten müsse; und dieß führte natürlich zu der Idee, daß die Luft einen größeren
                              Einfluß haben könne, als ihr bisher beigemessen wurde. Die mathematischen Formeln,
                              nach denen man den Widerstand zu bestimmen Pflegt, fußen, wie bereits oben erwähnt
                              ist, auf der Voraussezung, daß der Widerstand von der Geschwindigkeit unabhängig sey.
                              Diese Formeln wurden nun auf die Bewegung der Wagenzüge über kurze Rampenstreken
                              hinab, an denen die Wagen nur eine geringe Geschwindigkeit erlangen konnten, und an
                              denen daher der Einfluß der Luft auch nur unbedeutend seyn konnte, angewendet. Diese
                              Berechnungen ergaben aus die Bewegung der Wagenzüge in 100, 200 und 300 Yards
                              angewendet, einen Widerstand, welcher den 400sten bis 450sten Theil der Last betrug.
                              Diese Schäzung blieb um mehr als die Hälfte unter der gewöhnlichen Schäzung, nach
                              welcher der den Wagenzügen auf den Eisenbahnen entgegenstehende Widerstand, den man
                              als bei allen Geschwindigkeiten gleich bleibend dachte, als der 250ste Theil der
                              Last angenommen wurde.
                           Hiemit nicht zufrieden, versuchte Hr. Dr. L. den
                              Widerstand auf eine andere Weise approximativ zu ermitteln, und zwar folgendermaßen.
                              Er brachte nämlich Wagenzüge auf eine horizontale und gerade Bahnstreke, und ließ
                              sie auf dieser von einer Maschine treiben, bis sie eine Geschwindigkeit von 30 bis
                              35 engl. Meilen in der Zeitstunde erlangt hatten, wo er sodann die Wagenzüge entließ
                              und fortlaufen ließ, bis sie allmählich von selbst zum Stillstehen kamen. Die
                              Bahnstreke war wie früher ausgestekt, und beobachtet wurden die Momente, in welchen
                              die Wagen die Pfähle passirten, so wie auch das Verhältniß, in welchem die Wagen in
                              jedem 100 Yards in Folge der Wirkung der Widerstandskräfte langsamer liefen. Hierauf
                              berechnete er nach den gewöhnlichen Formeln, bei denen der Widerstand als von der
                              Geschwindigkeit unabhängig gedacht worden, den Betrag des Widerstandes. Diese
                              Berechnungen konnten, da sie auf die ersten 100, 200 oder 300 Yards beschränkt
                              blieben, um so mehr ein annäherungsweise richtiges Resultat geben, als in diesen
                              Distanzen die Geschwindigkeit nur sehr unbedeutende Veränderungen erlitt. Aus diesen
                              Beobachtungen nun stellte sich als Resultat ein Widerstand heraus, welcher den
                              90sten bis 100sten Theil der Last ausmachte.
                           Man wird bemerken, daß bei den lezteren Versuchen die Geschwindigkeit der Wagenzüge,
                              für welche der Widerstand berechnet wurde, sehr bedeutend war, während sie bei den
                              früheren Versuchen, bei denen die Bewegung am Anfange des Hinabrollens über eine
                              Rampe zum Gegenstande der Berechnung gemacht wurde, sehr gering war. Der Schluß, der
                              sich hieraus ziehen ließ, wenn die Resultate der Berechnungen als richtig angenommen
                              wurden, war, daß der wirkliche Widerstand bei großen Geschwindigkeiten um Vieles
                              größer ist, als bei geringen. Da jedoch diese Berechnungsmethoden nur als
                              approximativ zu betrachten waren, und da sie in der That auf Principien fußten,
                              welche bloß in der
                              Voraussezung, daß der Widerstand nicht von der Geschwindigkeit abhängig sey, richtig
                              waren, – eine Voraussezung, der übrigens die Resultate der Berechnungen
                              selbst entgegen standen, – so ward es für nöthig erachtet, den Widerstand
                              nach einer anderen richtigeren Methode zu erforschen.
                           Wenn man zugibt, daß die atmosphärische Luft einen irgend beträchtlichen Widerstand
                              leistet, so würde, da dieser Widerstand mit der Geschwindigkeit in einem sehr
                              starken Verhältnisse steigen muß, folgen, daß, wenn man eine Rampe von hinreichender
                              Länge hätte, die Bewegung der Wagenzüge so lange eine Beschleunigung erleiden würde,
                              bis eine Geschwindigkeit erlangt wäre, bei der der Luftwiderstand in Verbindung mit
                              der Reibung der Gravitation der Wagen über die Rampe hinab gleichkäme. Wäre eine
                              solche Geschwindigkeit erreicht, so würde keine weitere Beschleunigung derselben
                              mehr eintreten können, indem die Kraft, welche die Wagen über die Rampe hinabtreibt,
                              der Kraft, welche den Widerstand leistet, gleichkäme. Da jedoch die zur Verfügung
                              stehenden Rampen von keiner solchen Länge waren, daß mit den zu den Versuchen
                              dienenden Wagen diese Wirkung hätte erreicht werden können, so kam Hr. Dr. L. auf die Idee, daß derselbe Zwek vielleicht auch
                              zu erlangen wäre, wenn man den Wagenzug mit einer bedeutenden Geschwindigkeit von
                              dem Gipfel der Rampe aus entsendete. Denn die durch das Hinabrollen erzeugte
                              Vermehrung der Geschwindigkeit als Zusaz zu der Initialgeschwindigkeit konnte
                              vielleicht an irgend einer Stelle des Abhanges jene Geschwindigkeit hervorbringen,
                              bei welcher der Widerstand der Gravitation, vermöge welcher das Hinabrollen Statt
                              findet, das Gleichgewicht hält; so daß von dieser Stelle an keine weitere Zunahme
                              der Geschwindigkeit mehr eintreten, und der Wagenzug mit einer gleichmäßigen
                              Bewegung bis zu dem Ende der Rampe hinabrollen würde.
                           Die ersten in dieser Absicht vorgenommenen Versuche sielen vollkommen zur
                              Zufriedenheit aus, und das Resultat stand auch genau mit den gehegten Erwartungen im
                              Einklange. Es wurde nämlich auf das in Fig. 19 ersichtliche
                              Plateau der Liverpool-Manchester-Eisenbahn ein Zug von 4 Wagen
                              gebracht, mit einer Maschine bis zum Anfange der Rampe von Whiston getrieben, und
                              von hier aus mit einer bedeutenden Geschwindigkeit entsendet. Seine Bewegung erlitt
                              hiebei nur eine kurze Streke weit eine Beschleunigung, wurde aber bald vollkommen
                              gleichmäßig, so daß der Wagenzug den größeren Theil der Rampe mit einer
                              gleichmäßigen Geschwindigkeit von 31,2 engl. Meilen in der Zeitstunde hinabrollte.
                              Bei einer Wiederholung dieses Versuches mit denselben Wagen, aber mit einer größeren
                              Last, wurde, wie zu
                              erwarten stand, wegen der Gravitation der größeren Last eine größere Geschwindigkeit
                              erlangt; allein dennoch kam es zu einer vollkommen gleichmäßigen Geschwindigkeit von
                              33,72 engl. Meilen in der Zeitstunde, die der Wagenzug bis an das Ende der Rampe
                              hinab beibehielt. Diese Versuche wurden an einem und demselben Tage mehreremale
                              wiederholt und zwar stets mit gleichem Resultate. Es wehte während derselben ein
                              schwacher Wind die Rampe hinab, so daß zu vermuthen stand, daß bei Windstille dieser
                              Wagenzug bei den oben angegebenen Geschwindigkeiten einen Widerstand gefunden hätte,
                              der mehr als den 96sten Theil seines Gewichtes betrug. Versuche, welche auf gleiche
                              Weise an der Rampe von Sutton sowohl, als an jener von Madeley angestellt wurden,
                              führten ebenfalls stets zu einer gleichförmigen Geschwindigkeit, welche jedoch mit
                              der Abnahme der Steilheit der Rampe abnahm.
                           Bei dem Verlauten dieser Versuche war einer der ersten Einwürfe, die man dagegen
                              vorbrachte: daß ein Zug von 4 Wagen so leicht sey, daß er allerdings durch einen
                              mäßigen Luftwiderstand in seiner Bewegung aufgehalten werden könnte; daß aber, da
                              man sich bei dem praktischen Bahnbetriebe nie solcher Wagenzüge bediene, die
                              erlangten Resultate von keinem praktischen Werthe seyen; und daß mit schweren
                              Wagenzügen, wie man sie dermalen auf den Bahnen laufen lasse, gewiß keine derlei
                              Resultate sich ergeben. Um diesem Einwurfe, den unter anderen auch Hr. Brunel, der Ingenieur der
                              Great-Western-Eisenbahn, vorbrachte, zu begegnen, wurden größere
                              Wagenzüge zu den Versuchen genommen; allein die Resultate blieben dieselben, denn
                              stets wurde eine gleichmäßige Geschwindigkeit erlangt, wenn der Wagenzug mit einer
                              genügend großen Geschwindigkeit von dem Gipfel der Rampe aus entsendet werden
                              konnte. Nachstehende Tabelle enthält die mittleren Resultate einer großen Anzahl von
                              Versuchen, bei denen 4, 6 und 8 Wagen genommen wurden. In der dritten Columne deutet
                              ein Buchstabe den Zustand des Windes während des Versuches im Allgemeinen kurz an;
                              es heißt nämlich G. günstig, E. entgegen, W. ziemlich windstill, und V. W.
                              vollkommen windstill. Die vierte Tabelle enthält die Gradienten der Rampen, über
                              welche die Wagen hinabrollten. In der fünften Columne endlich sind in engl. Meilen
                              die gleichmäßigen Geschwindigkeiten, welche der Wagenzug erlangte, und eine solche
                              Rampenlänge fort beibehielt, daß keine weitere Geschwindigkeitszunahme mehr zu
                              entdeken war, aufgeführt.
                           
                           
                              
                                      Zahlder
                                    Wagen.
                                 Gewicht.
                                 Wind.
                                 Gradienten.
                                 Erlangte
                                    gleichmaͤßige    Geschwindigkeit.
                                 
                              
                                 
                                 Tonnen.
                                 
                                      1 in:
                                 Englische Meil. in
                                    der        
                                    Zeitstunde.
                                 
                              
                                      4
                                   15,6
                                   G.
                                       96
                                            31,2
                                 
                              
                                      4
                                   18
                                   G.
                                       96
                                            33,72
                                 
                              
                                      4
                                   18
                                   G.
                                     177
                                            21,25
                                 
                              
                                      4
                                   20,5
                                   G.
                                     177
                                            22,9
                                 
                              
                                      4
                                   20,2
                                   G.
                                       89
                                            38,25
                                 
                              
                                      4
                                   20,5
                                   G.
                                     265
                                            19,13
                                 
                              
                                      6
                                   27,5
                                   G.
                                       89
                                            32,3
                                 
                              
                                      6
                                   27,5
                                   G.
                                       89
                                            37,5
                                 
                              
                                      6
                                   27,5
                                   G.
                                       96
                                            34,6
                                 
                              
                                      6
                                   27,5
                                   G.
                                       96
                                            27,8
                                 
                              
                                      6
                                   34,5
                                   W.
                                       89
                                            35,3
                                 
                              
                                      8
                                   36,5
                                   G.
                                       89
                                          >36,5
                                 
                              
                                      8
                                   40,75
                                   G.
                                     177
                                            26,15
                                 
                              
                                      8
                                   40,75
                                   W.
                                     177
                                          <17,7
                                 
                              
                                      8
                                   40,75
                                 V. W.
                                       89
                                            31,4
                                 
                              
                           Aus dem lezten der hier verzeichneten Versuche, der bei vollkommener Windstille mit
                              einem Zuge von 3 Wagen, die zusammen ungefähr 40 Tonnen wogen, angestellt wurde,
                              geht hervor, daß der Widerstand dieses Wagenzuges bei einer Geschwindigkeit von 31
                              1/2 engl. Meilen in der Zeitstunde den 89sten Theil seines Gewichts betrug, während
                              der gewöhnlichen Berechnung gemäß dieser Widerstand bei derselben Geschwindigkeit
                              ungefähr als der 250ste Theil des Gewichtes hätte angeschlagen werden müssen! Dieses
                              Factum allein müßte, selbst wenn es nicht mit so vielen anderen in Verbindung
                              stünde, hinreichen, um den ungeheuren Irrthum, in dem man bisher bei dergleichen
                              Schäzungen in der Eisenbahn-Praxis befangen war, aufzudeken. Bei dem dritten
                              Versuche mit 8 Wagen wehte der Wind von der Seite; die durch ihn hervorgebrachte
                              Wirkung erhellt zur Genüge aus der in der lezten Columne aufgeführten
                              Geschwindigkeit. Während nämlich derselbe Wagenzug, wenn er sich mit günstigem Winde
                              über die Rampe von Madeley hinab bewegte, bei einer Geschwindigkeit von 26 engl.
                              Meilen in der Zeitstunde einen Widerstand fand, der dem 177sten Theile feines
                              Gewichtes gleichkam, war dieser Widerstand, wenn der Wind von der Seite blies, bei
                              einer Geschwindigkeit von 17,7 engl. Meilen größer. Die Wirkungen eines günstigen
                              Windes im Vergleiche mit einem Gegenwinde erhellen auch aus dem dritten und vierten
                              der mit 6 Wagen an der Rampe von Whiston angestellten Versuche. Die Geschwindigkeit,
                              welche einen Widerstand, der dem 96sten Theile der Last gleichkam, bedingte, war
                              nämlich bei günstigem Winde 34 1/2 engl. Meilen in der Zeitstunde, bei Gegenwind
                              hingegen 27 3/4 engl. Meilen.
                           
                           Kaum wurden die ersten dieser Versuche mit ihren Resultaten bekannt, so erhob Hr. Brunel abermals verschiedene Einwendungen gegen sie; und
                              obschon weder Hr. Dr. Lardner, noch irgend eine der
                              anderen mit diesen Untersuchungen beschäftigten Personen diese Einwendungen einer
                              besonderen Berüksichtigung werth hielten, so fand man es doch für passend, durch
                              einige weitere Versuche darzuthun, in wiefern ihnen etwas Wahres zu Grunde liegt
                              oder nicht.
                           Einer dieser Einwürfe lautete, daß die Umstände, unter denen man die Versuche
                              ausführte, jenen, welche an einem gewöhnlichen, in Bewegung befindlichen Wagenzuge
                              Statt haben, wohl dem Anscheine nach, aber nicht in Wirklichkeit ähnlich waren; daß
                              die Wagen hiebei mit ihrem vierekigen Ende nach Vorne gerichtet liefen, und also in
                              ihrer ganzen vorderen Fläche dem vollen Luftwiderstande ausgesezt waren, was
                              keineswegs der Fall ist, wenn ihnen die Maschine voranläuft.Man vergleiche hierüber den Bericht, den Hr. Brunel gegen den Bericht des Hrn. Wood
                                    an die Directoren der Great-Western-Eisenbahn erstattete, im
                                    polyt. Journal Bd. LXXII. S. 401. A.
                                    d. R. Die vor den Wagen befindliche Maschine wirkt, sagte man, als eine Art von
                              Luftbrecher, und vermindere somit den Widerstand der Luft gegen die vordere breite
                              Fläche der Wagen. Um nun den ganzen Werth dieses Einwurfes darzuthun, nahm Hr. Dr. L. die Maschine „Fury“ mit
                              ihrem Tender und zwei Wagen, die so befrachtet waren, daß sie in ihrem Gewichte der
                              Maschine und dem Tender beinahe gleichkamen. Die Verbindungsstangen und das
                              eingreifende Räderwerk der Maschine wurden von den Treibrädern losgemacht, so daß
                              keine andere Reibung an der Maschine Statt fand, als wie sie auch an einem Wagen
                              vorkommt. Die Maschine mit ihrem Tender sowohl als die beiden Wagen wurden, nachdem
                              diese Vorkehrungen getroffen worden waren, nach einander auf die Rampe von Sutton
                              gebracht, auf der man sie vermöge ihrer Schwere hinabrollen ließ. Das Resultat
                              hiebei war, daß das Hinabrollen in beiden Fällen unter vollkommen gleichen Umständen
                              erfolgte, indem die correspondirenden Pfähle beinahe in gleicher Zeit und mit
                              gleicher Geschwindigkeit passirt wurden. Die Details dieser und anderer Versuche
                              sollen später bekannt gemacht werden; mittlerweile erhellen die Hauptresultate aus
                              folgender Tabelle.
                           
                           
                              
                                 
                                 Gewicht    
                                    inTonnen
                                 DurchlaufeneTotaldistanz  
                                    in Yards.
                                       Zeit
                                    zum   Durchlaufender
                                    Totaldistanz   in Min. u. Sec.
                                       GroͤßteGeschwindigkeit    
                                    in engl. M.      per Zeitst.
                                  Zeit, welche zumHinabrollen
                                    uͤber  die Suttonrampe erforderlich
                                    war,     in M. u. Sec.
                                 
                              
                                 Fury u. Tender
                                  11,39
                                      4710
                                       
                                    11,37
                                         29,0
                                           4,29
                                 
                              
                                 Zwei Wagen
                                  11,33
                                      4577
                                       
                                    11,40
                                         28,12
                                           4,24
                                 
                              
                                 Differenz
                                    0,06
                                       
                                    133
                                          0,3
                                 
                                           0,5.
                                 
                              
                           Es ergibt sich hienach, daß die Differenz in der ganzen, von den Wagen und der
                              Maschine mit dem Tender durchlaufenen Streke, d.h. in einer Distanz, welche nahe an
                              3 engl. Meilen betrug, nur 133 Yards war, und daß auch in der Zeit nicht mehr als 3
                              Secunden Differenz waren. Die erlangte Maximalgeschwindigkeit war beinahe dieselbe,
                              die zum Hinabrollen über die Rampe erforderliche Zeit differirte nur um 5 Secunden,
                              und diese Differenz war zu Gunsten der Wagen mit der großen Fronte. Ueberhaupt
                              erscheinen die Zahlenunterschiede in den einzelnen Spalten obiger Tabelle so gering,
                              wie sie vielleicht auch zwischen zwei mit gleichen Wagen angestellten Versuchen
                              ausfallen dürften.
                           Zum Behufe einer zweiten Probe brachte Hr. Dr. L. eine
                              Maschine mit Tender vor vier Wagen, so daß auf solche Art ein regelmäßiger Wagenzug,
                              den man auf dieselbe Weise über die Rampe hinablaufen ließ, gebildet wurde. Sodann
                              entfernte er die Maschine mit dem Tender, ersezte sie durch zwei Wagen von gleicher
                              Schwere, und ließ nun diesen Zug von 6 Wagen gleichfalls über die Rampe hinabrollen.
                              Das Resultat dieses Versuches erhellt aus folgender Tabelle.
                           
                              
                                 
                                 Gewicht.
                                 Totaldistanz.
                                      Zeit
                                    zum   Durchlaufender Totaldistanz.
                                       GroͤßteGeschwindigkeit.
                                      Zeit
                                    zum   Hinabrollenuͤber die
                                    Rampe     von Sutton.
                                 
                              
                                 
                                 Tonnen.
                                     Yards.
                                   
                                    Min.    Sec.
                                    Meil. per St.
                                     Min.    Sec.
                                 
                              
                                 Fury, Tender u. 4 Wagen
                                  27,45
                                      5068
                                     12        9
                                         
                                    30,5
                                       4        33
                                 
                              
                                 Sechs Wagen
                                  27,45
                                      4850
                                     10      48
                                          31
                                       4        28
                                 
                              
                                 Differenz
                                 
                                       
                                    218
                                       1      21
                                 
                                       0          5
                                 
                              
                           Jede weitere Erörterung dieser Resultate erscheint als überflüssig; denn es geht aus
                              ihnen die klare und unauflösliche Schlußfolgerung hervor, – und diese
                              Folgerung soll später noch ihre weitere Bestätigung erhalten, – daß die Form
                              der Fronte, sie mag flach oder scharf seyn, keinen merklichen Einfluß auf den
                              Widerstand hat; und daß
                              der Widerstand gegen die Bewegung genau derselbe bleibt, man mag den Wagen eine
                              Maschine mit ihrem Tender oder statt dieser zwei Wagen von einer ihnen
                              gleichkommenden Schwere voranlaufen lassen.
                           Da man offenbar in der Absicht den Luftwiderstand dadurch zu vermindern einigen der
                              Maschinen der Great-Western-Eisenbahn die Gestalt eines Bootes oder
                              Schnabels gab, so trachtete Hr. Dr. L. zu ermitteln, in
                              wie ferne eine derlei Gestalt eine praktische Wirkung äußere. Er brachte in dieser
                              Absicht vor dem ersten Wagen eines Zuges einen Schnabel an, indem er zwei Bretter
                              von einer dem Kasten des Wagens gleichkommenden Höhe an den Seitenkanten befestigte,
                              und vorne unter einem Winkel mit einander verband, so zwar, daß sich der Scheitel
                              des Winkels 5 Fuß 6 Zoll weit vor der flachen Fronte des Wagens befand, während
                              seine Basis der Breite des Wagens entsprach, und 6 Fuß 6 Zoll maß. Diese Vorrichtung
                              sollte die Wirkung eines Luftbrechers haben. Der erste Versuch ward mit einem
                              einzelnen Wagen, der mit ihr ausgestattet war, und den man auf die früher angegebene
                              Weise über die Rampe von Sutton hinabrollen ließ, angestellt. Bei dem zweiten
                              Versuche ward der Schnabel beseitigt, wo dann derselbe Wagen mit seinem flachen Ende
                              der Luft zugekehrt über dieselbe Rampe entsendet wurde. Die Resultate dieser
                              Versuche findet man in folgender Tabelle.
                           
                              
                                 
                                 Gewicht.
                                 DurchlaufeneTotaldistanz.
                                      Zeit
                                    zum   Durchlaufender Totaldistanz.
                                       GroͤßteGeschwindigkeit.
                                      Zeit
                                    zum   Hinabrollenuͤber die
                                    Rampe     von Sutton.
                                 
                              
                                 
                                 Tonnen.
                                 Yards.
                                     Min.    Sec.
                                    Meil. per St.
                                     Min.    
                                    Sec.
                                 
                              
                                 Wagen mit Fronte, die  
                                    in einem scharfen   Winkel auslief
                                 5,35
                                 3975
                                     
                                    11        0
                                         24,3
                                       5          35
                                 
                              
                                 Wagen mit flacher  
                                    Fronte
                                 5,35
                                 3905
                                     
                                    11        0
                                         23,7
                                       4          45
                                 
                              
                                 Differenz
                                 
                                     70
                                   
                                 
                                       0          50
                                 
                              
                           Der Schnabel hatte hienach offenbar gar keine Wirkung, und mithin erzeugt das flache
                              Ende der Wagen durchaus nicht den Widerstand, der ihm von Hrn. Brunel beigemessen wird. Derselbe Versuch ward sodann an den Rampen von
                              Madeley mit einem Zuge von 8 Wagen wiederholt, und zwar indem man anfänglich an dem
                              ersten Wagen einen Schnabel anbrachte, und diesen später beseitigte. Die Details der
                              Resultate dieser Versuche gibt folgende Tabelle.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 74, S. 334
                              Gewicht; Durchlaufene Totaldistanz;
                                 Zeit zum Durchlaufen der Totaldistanz; Initialgeschwindigkeit; Gleichförmige
                                 Geschwindigkeit bei einem Gefäll von 1 in 177; Geschwindigkeit am Fuße des
                                 Gefälles von 1 in 265; Geschwindigkeit am Fuße des Gefälles von 1 in 330; Zeit
                                 zum Hinabrollen über die Rampe von 1 in 177; Zeit zum Hinabrollen über die Rampe
                                 von 1 in 265; Zeit zum Hinabrollen über die Rampe von 1 in 330; Acht Wagen mit
                                 vorderem scharfem Ende; Derselbe Wagenzug mit flachem Ende; Differenz; Tonn.;
                                 Yards; Min.; Sec.; M. per St.
                              
                           Hieraus ergibt sich, daß die ohne das scharfe Ende durchlaufene Distanz nur um 80
                              Yards von der mit diesem durchlaufenen Streke Mich, und daß die übrigen Differenzen
                              von der Art sind, wie sie sich auch beim zweimaligen Wiederholen desselben Versuches mit denselben Wagen
                              zeigen.
                           Um zu erfahren, in wie weit die Größe der Fronte für sich allein und abgesehen von
                              der allgemeinen Größe des Wagenzuges einen Widerstand bedingt, brachte Hr. Dr. L. an der Fronte eines Wagens Bretter an, welche zu
                              beiden Seiten ungefähr um 20 Zoll über den Wagen hinausragten, und durch welche also
                              der Flächenraum der Fronte um 24 Quadratfuß vergrößert wurde. Die übrigen Theile des
                              Wagens behielten dabei ihre gewöhnliche Breite. Der Wagen wurde einmal mit dieser
                              Vorrichtung und einmal ohne ihr auf die Höhe der Rampe von Sutton gebracht und über
                              diese hinabgelassen, wobei folgende Beobachtungen gemacht wurden:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 74, S. 335
                              Gewicht; Durchlaufene Totaldistanz;
                                 Zeit zum Durchlaufen der Totaldistanz; Größte Geschwindigkeit; Zeit zum
                                 Hinabrollen über die Rampe von Sutton; Wagen mit vergrößerter Fronte; Wagen mit
                                 gewöhnlicher Fronte; Differenz; Ton; Yards; Min. Sec.; Meil. per St.
                              
                           Hieraus läßt sich abnehmen, daß bloße Steigerung der Breite
                              der Fronte, wenn keine Zunahme der Größe im Allgemeinen damit verbunden ist, in
                              Hinsicht auf Erhöhung des Widerstandes keine praktische Wirkung von irgend einem
                              Belange hat.
                           Unter den Ingenieurs und Gelehrten, denen Hr. Dr. L. die
                              Resultate seiner Versuche mittheilte, ward die Meinung rege, daß die Gestalt des
                              Hinteren Theiles des Wagenzuges einen Einfluß auf den Widerstand haben dürfte. Man
                              nahm nämlich an, daß bei sehr rascher Bewegung hinter dem Wagenzuge die Neigung zur
                              Bildung eines Vacuums entstünde; daß durch dieses partielle Vacuum vor dem Wagenzuge
                              ein entsprechender Luftwiderstand erzeugt würde, und daß folglich, wenn man dem
                              Hinteren Theile seine vierekige Gestalt nähme, der Widerstand vermindert werden
                              dürfte. Obschon Hr. Dr. L. dieser Ansicht durchaus
                              keinen Werth beizulegen geneigt war, so entschloß er sich doch auch, diese Frage
                              durch Versuche zu entscheiden. Er ließ in dieser Absicht zuerst einen gewöhnlichen
                              Zug von drei Wagen über die Rampe von Sutton hinabrollen; wiederholte den Versuch
                              sodann auf solche Weise, daß er dem lezten Wagen ein scharfes Ende oder einen
                              Schnabel gab; wiederholte hierauf den Versuch, indem er den Wagen mit dem Schnabel
                              voranlaufen ließ; und ließ endlich den ganzen Zug ohne allen Schnabel nochmal über
                              die Rampe vermöge seiner
                              Schwere hinabrollen. Die Resultate dieser vier Versuche sind in nachstehender
                              Tabelle aufgezeichnet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 74, S. 336
                              Gewicht; Durchlaufene Totaldistanz;
                                 Zeit zum Durchlaufen der Totaldistanz; Größte Geschwindigkeit; Zeit zum
                                 Hinabrollen über die Rampe von Sutton; Zeit zum Durchlaufen von 2 1/2 Weilen;
                                 Zeit zum Durchlaufen der Streke von Pfahl 12 bis Pfahl 28; Vier Wagen mit
                                 flacher Fronte u. ebensolchem Ende; Deßgleichen mit spizigem Ende; Deßgleichen
                                 mit spiziger Fronte; Deßgleichen mit flacher Fronte u. flachem Ende
                              
                           In der siebenten Columne dieser Tabelle ist die Zeit
                              angegeben, welche der Wagenzug brauchte, um von dem Abfahrtspunkte aus 2 1/2 engl.
                              Meile zu durchlaufen. Die achte und lezte Columne dagegen enthält die Zeit, welche
                              zum Durchlaufen der zwischen dem Pfahle Nr. 12 und dem Pfahle Nr. 28 gelegenen
                              Streke, in der die Bewegung ziemlich rasch war, und in der man also auch die größte
                              Wirkung der Luft erwarten konnte, erforderlich war. Es geht daraus hervor, daß das
                              scharfe schnabelförmige Ende, man mochte es vorne oder hinten anbringen, keine
                              merkliche Wirkung hervorbrachte, indem die Differenzen nicht größer waren, als sie
                              auch bei Wiederholung ganz gleicher Versuche vorzukommen pflegen.
                           Es wurde die Behauptung aufgestellt, daß der Widerstand der Luft mehr oder weniger
                              durch die zwischen den einzelnen Wagen eines Zuges befindlichen Räume hervorgebracht
                              wird, indem das Ende eines jeden der folgenden Wagen mehr oder weniger einem Druke
                              gegen die Luft ausgesezt ist. Um zu ermitteln, welches Gewicht auf diese Ansicht zu
                              legen ist, wurde ein Zug von 8 Wagen hergerichtet, indem man an ihren Endeken herum
                              Spannungshaken anbrachte, und an diesen von einem Wagen zum anderen Canevaß spannte,
                              so daß die Zwischenräume zwischen den Wagen dadurch geschlossen und der ganze
                              Wagenzug in ein ununterbrochenes Prisma umgewandelt wurde. Dieser Wagenzug nun wurde
                              einmal mit der Canevaßumhüllung und einmal ohne dieser über die Rampe von Madeley
                              hinab entsendet. Aus den in nachstehender Tabelle verzeichneten Resultate dieser
                              beiden Versuche wird man sehen, daß die Differenzen nicht größer waren, als sie auch bei der
                              Wiederholung eines und desselben Versuches vorzukommen pflegen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 74, S. 337
                              Acht Wagen mit Canevaß; Acht Wagen
                                 ohne Canevas; Differenz; Zeit zum Hinabrollen über die Rampe von 1 in 330; Zeit
                                 zum Hinabrollen über die Rampe von 1 in 177; Zeit zum Hinabrollen über die Rampe
                                 von 1 in 265; Geschwindigkeit am Fuße des Gefälles von 1 in 330; Geschwindigkeit
                                 am Fuße des Gefälles von 1 in 265; Geschwindigkeit am Fuße des Gefälles von 1 in
                                 177; Initial-Geschwindigkeit; Zeit zum Durchlaufen der Totaldistanz;
                                 Durchlaufene Totaldistanz; Gewicht; M. S.; M. per St.; Yards; Tonn
                              
                           Von der Idee ausgehend, daß der Betrag des Widerstandes mehr im Allgemeinen von dem
                              Luftvolumen, welches der Wagenzug während seiner Bewegung aus der Stelle treibt, als
                              lediglich von der Größe seiner Fronte abhängig seyn dürfte, unternahm Hr. Dr. L. einen Versuch, welcher zu einem interessanten
                              Resultate führte. Er nahm nämlich einen Zug von 5 Waggons, welcher genau 30 Tonnen
                              wog und den er mit
                              eisernen Schienen befrachtete. An diesen Waggons brachte er bewegliche Seiten und
                              Enden an, welche nach Belieben flach auf oder an die Waggons gelegt oder auch so
                              aufgestellt werden konnten, daß die Waggons dadurch Kutschen ähnlich wurden. Bei dem
                              einen Versuche rollten nun diese Waggons mit aufgestellten Seiten und Enden, bei dem
                              anderen dagegen mit niedergelegten Seiten über die Rampe von Madeley hinab. Die
                              Resultate beider Versuche sind in folgender Tabelle aufgezeichnet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 74, S. 338
                              Gewicht; Flächenraum der Fronte;
                                 Durchlaufene Totaldistanz; Zeit zum Durchlaufen der Totaldistanz; Gleichförmige
                                 Geschwindigkeit bei einem Gefälle von 1 in 177; Geschwindigkeit am Fuße des
                                 Gefälles von 1 in 265; Zeit zum Hinabrollen über die Rampe von 1 in 177; Zeit
                                 zum Hinabrollen über die Rampe von 1 in 265; 5 Waggons mit hohen Seiten;
                                 Dieselben Waggons ohne hohe Seiten; Differenz
                              
                           Bei diesen Versuchen ist die Einwirkung der Form der Waggons auf den Widerstand
                              offenbar; denn die bei den verschiedenen Gradienten zusammenwirkenden Umstände
                              zeigen deutlich, wie die Steigerung der Größe des Wagenzuges auch eine Zunahme des
                              Widerstandes hervorbrachte. Man kann daher aus den früher erwähnten und den zulezt
                              angeführten Versuchen den Schluß ziehen, daß weder die bloße Form des vorderen oder
                              Hinteren Theiles, noch auch die bloße Größe der Fronte einen Einfluß, welcher für
                              die Praxis von Werth wäre, auf den Widerstand ausübt; daß aber allerdings eine
                              wesentliche Wirkung erfolgt, wenn man nicht bloß die Fronte allein, sondern den
                              ganzen Umfang des Wagens vergrößert.
                           Es hat sich im Widerspruche mit dem, was anfänglich zu erwarten stand, eregeben, daß,
                              wenn man die Zahl der Wagen in einem Zuge vermehrt, jener Theil des Widerstandes,
                              welcher der Luft zugeschrieben werden muß, gleichfalls gesteigert wird. Es schien
                              aus den ersten Blik, daß die Hauptquelle, wo nicht die einzige Quelle des
                              Luftwiderstandes in der Frontengröße oder in dem größten Querdurchschnitte zu suchen
                              sey; die Versuche stehen jedoch mit einer solchen Annahme durchaus im Widerspruche.
                              Wäre dieß der Fall gewesen, so hätten die Züge von 6 und 8 Wagen beim Hinabrollen
                              über die Rampen eine
                              weit größere Geschwindigkeit erlangen müssen, als die Züge von 4 Wagen, was
                              keineswegs beobachtet wurde. Es erklärt sich dieß zum Theil aus dem Resultate der
                              lezten Versuche, welches allerdings einen Zusammenhang zwischen dem aus der Stelle
                              getriebenen Luftvolumen und dem Widerstände, keineswegs aber zwischen der einfachen
                              Frontengröße und lezterem nachweist.
                           Abgesehen von allem bisher Gesagten waltet aber auch noch ein anderer Umstand ob, der
                              von Hrn. Dr. L. schon längst angedeutet worden. Die
                              Räder der einzelnen Wagen erzeugen nämlich, indem sie gleich Windfängen wirken,
                              einen Luftwirbel, um sich herum, und durch das Umlaufen so vieler Räder mit einer so
                              bedeutenden Geschwindigkeit muß daher nothwendig eine bedeutende Menge von Kraft
                              absorbirt werden. An einem Zuge von 8 Wagen befinden sich 32 Räder von 3 Fuß im
                              Durchmesser, welche in jeder Minute 4 bis 5 Mal umlaufen und die Rolle von
                              Windfängen spielen. Welcher Kraftaufwand erfordert wird, um eine derlei Bewegung zu
                              unterhalten, bedarf kaum einer Erörterung.
                           Ein anderer Umstand, der nicht vergessen werden darf, und der sowohl bei den hier
                              angeführten Versuchen, als auch beim Eisenbahnbetriebe im Allgemeinen beobachtet
                              wurde, ist der, daß sich neben dem Wagenzuge ein bedeutender Luftstrom bewegt, und
                              zwar mit einer Geschwindigkeit, welche in dem Maaße abnimmt, als er sich mehr und
                              mehr von dem Wagenzuge entfernt. In unmittelbarer Berührung mit der Seite der Wagen
                              bewegt sich die Luft mit einer Geschwindigkeit, welche jener des Wagenzuges nur
                              wenig nachsteht. Außerhalb dieser Luftströmung bewegt sich eine andere mit
                              geringerer Geschwindigkeit, und außer dieser strömt noch langsamer eine dritte
                              u.s.f., so daß es zu beiden Seiten des Zuges und bis auf eine bedeutende Entfernung
                              von demselben eine ganze Reihe von Strömungen gibt. All der Widerstand, den die
                              Bewegung dieser Luftmasse durch die Atmosphäre hervorbringt, bildet einen Theil des
                              der Triebkraft entgegenwirkenden Widerstandes.
                           Bei allen den Versuchen, die an der zwischen Madeley und Crewe befindlichen
                              Rampenreihe angestellt wurden, hat sich an den Curven genau dieselbe gleichförmige
                              Geschwindigkeit gezeigt, wie an den geraden Bahnstreken. Es war auch nicht die
                              geringste Differenz in der Geschwindigkeit der Bewegung zu entdeken, woraus der
                              Schluß gezogen werden kann, daß Curven wie diese, welche einen Radius von einer
                              halben engl. Meile haben, keinen merklichen Einfluß auf den Widerstand üben. Die
                              Versuche wurden in so großer Anzahl und unter so mannichfaltigen Umständen
                              vorgenommen, daß, so unerwartet ihre Resultate auch lauten mögen, doch nicht der geringste
                              Zweifel in sie gesezt werden kann.
                           Männer, welche als erfahrne Praktiker gelten, haben sowohl in Drukschriften als in
                              öffentlichen Versammlungen die Aeußerung gethan, daß man den Luftwiderstand schon
                              längst, nur vielleicht nicht mit vollkommener Genauigkeit kenne; daß mehrere
                              ausgezeichnete Gelehrte Tabellen, die eine approximative Schäzung desselben
                              enthalten, und welche in den meisten Handbüchern der Physik zu finden sind, darüber
                              bekannt gemacht haben; daß sich nach diesen Tabellen der Luftwiderstand für
                              vorkommende Fälle berechnen lasse; und daß diese Berechnungen wohl richtigere
                              Resultate geben dürften als die Versuche von der hier beschriebenen Art. Diese
                              Behauptungen, welche nur irre führen können, findet sich Hr. Dr. L. veranlaßt, für durchaus unrichtig zu erklären. Wir besizen noch
                              keine Details über die fraglichen Punkte, und noch nie wurden bisher Versuche
                              angestellt, nach denen der Widerstand der Luft gegen einen Zug von Eisenbahnwagen
                              auf irgend eine Weise berechnet werden könnte. Ja die Größe dieses Widerstandes ward
                              bisher von denen, die sich beigehen ließen, solche Behauptungen aufzustellen, noch
                              nicht einmal vermuthet.
                           Nachdem somit die Größe des Widerstandes, der bei der gewöhnlichen Geschwindigkeit
                              der Passagierwagen den Wagenzügen auf den Eisenbahnen entgegen wirkt, erwiesen war,
                              blieb eine weitere und noch schwierigere Aufgabe zu lösen. Es war nämlich durch
                              Zurükführung der Resultate der Versuche aus die mathematische Analyse eine Schäzung
                              des der Reibung und der Luft zuzuschreibenden Widerstandes zu ermitteln. Die Details
                              der hierauf bezüglichen Untersuchungen sind nicht wohl eines Auszuges fähig; man
                              findet sie zum Theil in dem lezten Bande der British
                                 Association, zum Theil und vollkommen werden sie aber in dem zweiten
                              Berichte des Hrn. Dr. L. erscheinen. Mittlerweile wollen
                              wir jedoch die Hauptresultate anführen, aus denen hervorgehen wird, daß man den der
                              Reibung zuzuschreibenden Widerstand eben so sehr überschäzte, als man den
                              Gesammtwiderstand zu niedrig anschlug. Bei der Anwendung der von Dr. L. aufgestellten Formeln auf eine beschränkte Anzahl
                              unter verschiedenen Umständen vorgenommener Versuche ergaben sich Resultate, welche
                              sämmtlich darin übereinstimmen, daß die Reibung zu 5 bis 6 Pfd. auf die Tonne
                              Bruttolast angenommen werden muß, und nicht zu 9 bis 11 Pfd., wie man bisher
                              anzunehmen Pflegt. Hr. Woods, Ingenieur der
                              Liverpool-Manchester-Eisenbahn, hat auf einen der Versuche de Pambour's einen Calcul angewendet, nach welchem man den
                              durch die Reibung veranlaßten Widerstand beinahe Vollkommen von der Wirkung des
                              Luftwiderstandes unabhängig erhalten soll. Obwohl dieser Calcul von jener Methode, die Dr. L. einschlug, verschieden ist, so stimmten doch die
                              nach beiden berechneten Resultate gut zusammen. Nach einer Mittheilung ferner,
                              welche de Pambour Hrn. Dr. L.
                              kürzlich machte, erhielt auch dieser bei den Versuchen, die er neuerlich in Betreff
                              der Reibung und des Luftwiderstandes anstellte, um in der neuen Ausgabe seines
                              Werkes über die Locomotiven einige Irrthümer, die sich in die erste Ausgabe
                              eingeschlichen, zu verbessern, für die Reibung beinahe denselben Betrag, wie Dr. Lardner und Hr. Woods.
                           Hr. Dr. L. bemerkte, daß die Resultate seiner zahlreichen
                              Versuche vollkommen eine Doctrine bestätigen, welche er schon im Jahre 1835 vor
                              einer Commission des Hauses der Lords entwikelte, die man aber damals noch für
                              paradox und absurd erklärte. Er behauptete nämlich zu jener Zeit, daß eine Bahn,
                              welche mit Gradienten von 16 bis 20 Fuß in der engl. Meile gelegt ist, zu allen
                              praktischen Zweken beinahe, wo nicht vollkommen so gut ist wie eine Bahn, die von
                              einem Ende zum anderen vollkommen horizontal gelegt ist. Er stüzte sich dabei
                              darauf, daß das Ansteigen über die Gradienten und das Hinabrollen über dieselben
                              sich in ihren Wirkungen beinahe ausgleichen; daß höchstens eine Verschiedenheit in
                              der Geschwindigkeit der Wagenzüge aus der Verschiedenheit der Gradienten erwachsen
                              würde; daß die zur Zurüklegung der Fahrt erforderliche Zeit und Kraft, so wie auch
                              die Unterhaltungskosten der Bahn und die Kosten der Triebkraft in beiden Fällen
                              gleich wären; und daß daher seiner Ansicht nach auf die Erzielung geringerer
                              Gradienten als die oben angegebenen kein bedeutendes Capital verwendet werden
                              sollte. Diese Lehre nun, welche man als lächerlich verwarf, und der bis zur Stunde
                              noch kein einziger Praktiker Englands Gehör gab, hat sich durch die oben angeführten
                              Resultate bewährt, so daß es, um sie außer allen Zweifel zu stellen, nur mehr eines
                              Kreuzversuches bedurfte. Da die Verschiedenheiten der Gradienten an der
                              Liverpool-Birmingham-Eisenbahn eine günstige Gelegenheit zu einem
                              solchen Versuche bot, so ward ein Zug von 12 Wagen, von denen jeder bis zu einer
                              Bruttolast von 5 Tonnen befrachtet worden, ausgewählt, und dazu die Maschine Hecla,
                              welche 12 Tonnen wog, und deren Tender 10 Tonnen Gewicht hatte, genommen, so daß der
                              ganze Wagenzug eine Bruttolast von 82 Tonnen repräsentirte. Diesen Zug ließ man von
                              Liverpool nach Birmigham und zurük laufen, wobei man mit größter Genauigkeit den
                              Augenblik des Vorbeifahrens an jedem Viertelmeilenpfosten beobachtete. Man erhielt
                              somit von einem Bahnende zum anderen die Geschwindigkeit, mit der jede Gradiente
                              hinan- und hinabgefahren wurde, so wie auch die Geschwindigkeit auf den horizontalen
                              Bahnstreken. Nahm man aus den zum Hinansteigen der Gradienten und zum Hinabrollen
                              erforderlichen Geschwindigkeiten das Mittel, so mußte dieses Mittel, wenn die
                              aufgestellte Lehre richtig war, der Geschwindigkeit auf der ebenen Bahnstreke
                              gleichkommen. Die Details dieses Versuches und seiner Resultate werden in Dr. Lardner's zweitem Berichte ausführlich erscheinen,
                              mittlerweile ersieht man aus folgender Tabelle die Geschwindigkeit an den
                              verschiedenen Gradienten und das Mittel aus denselben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 74, S. 342
                              Geschwindigkeit; Gradienten;
                                 Ansteigend; Abfallend; Mittel; Horizontal
                              
                           Es bedarf kaum einer einzigen Bemerkung zu dieser Tabelle; denn es geht aus ihr
                              hervor, daß die Gradienten wirklich die ihnen beigemessene, einander compensirende
                              Kraft besizen. Die zwischen den mittleren Geschwindigkeit obwaltende Differenz ist
                              nicht größer als sie durch die zufälligen Abweichungen in der Triebkraft
                              hervorgebracht wird. Der Versuch ward unter sehr günstigen Umständen vorgenommen;
                              denn die Luft war an diesem Tage gerade vollkommen ruhig.
                           Ohne näher auf das Princip, welches diesen merkwürdigen Resultaten zu Grunde liegt,
                              eingehen zu wollen, läßt sich im Allgemeinen feststellen, daß, indem der größte
                              Theil des Widerstandes, auf den ein Eisenbahn-Wagenzug stößt, von der Luft
                              abhängt, und sich wie das Quadrat der Geschwindigkeit verhält, schon eine sehr
                              gegeringe Abnahme der Geschwindigkeit eine bedeutende Verminderung in dem Quadrate
                              erzeugt. Ein Wagenzug kann sich daher beim Hinansteigen einer Gradiente durch
                              Verminderung seiner Geschwindigkeit eines Luftwiderstandes, welcher der durch die
                              Rampe bedingten Gravitation gleichkommt, entledigen. Vermindert sich die
                              Geschwindigkeit in solchem Maaße, daß der Widerstand jenem Widerstande, den der
                              Wagenzug auf ebener Bahn trifft, gleichkommt, so wird die Maschine, in so fern die
                              Geschwindigkeit eine geringere ist, mit einer geringeren Verdampfungskraft zu
                              arbeiten haben, als auf ebener Bahn. Es kann daher in der Praxis auch nie von Vortheil seyn, die
                              Geschwindigkeit so weit zu ermäßigen, daß dadurch der Widerstand dem auf ebener Bahn
                              Statt findenden Widerstande gleich wird. Wenn z.B. die Verdampfungskraft dieselbe
                              bleibt, so darf die Geschwindigkeit nur so weit ermäßigt werden, daß mit derselben
                              Verdampfung bei einer geringeren als der an der horizontalen Bahnstreke Statt
                              findenden Geschwindigkeit ein vermehrter Widerstand überwunden werden kann,
                              keineswegs aber um soviel, daß dadurch der Widerstand derselbe wird wie an einer
                              horizontalen Bahn. Dieß ist auch wirklich in der Praxis der Fall, wie aus den oben
                              angegebenen Resultaten hervorgeht.
                           Hr. Dr. L. zog am Ende seines Vortrages mehrere
                              Schlußfolgerungen, für die ihm seine bis jezt angestellten Versuche Gewähr zu
                              leisten scheinen; dabei behielt er sich jedoch vor, später, wenn es nach
                              vollständiger Zurükführung aller Versuche auf bestimmte Geseze nöthig erscheinen
                              sollte, die gehörigen Modificationen an denselben anzubringen. Er hielt diese
                              Verwahrung um so mehr für nöthig, als mehrere der Versuche erst ganz neuerlich
                              angestellt wurden, und mithin noch nicht der mathematischen Analyse unterzogen
                              werden konnten. Diese Schlußfolgerungen sind nun:
                           1) Daß der Widerstand gegen einen Zug von Eisenbahnwagen unter übrigens ganz gleichen
                              Umständen von der Geschwindigkeit abhängt;
                           2) daß bei gleicher Geschwindigkeit der Widerstand mit der Last im Verhältnisse
                              steht, wenn an den Wagen keine Veränderung vorgenommen wird;
                           3) daß mit einer Zunahme der Zahl der Wagen auch eine Zunahme des Widerstandes
                              eintritt, jedoch in keinem so großen Verhältnisse wie die Zunahme der Last;
                           4) daß mithin der Widerstand keineswegs, wie man bisher glaubte, in einem
                              unwandelbaren Verhältnisse zur Last stehe, und daß er auch nicht so hoch per Tonne angeschlagen werden darf;
                           5) daß der Widerstand, welcher der Fortschaffung gewöhnlicher Lasten mit den
                              gewöhnlichen Geschwindigkeiten an den Eisenbahnen, und zwar namentlich mit den
                              Personenwagen entgegensteht, weit großer ist, als die Ingenieurs bisher
                              annahmen;
                           6) daß ein bedeutender, jedoch nicht genau bestimmter Theil dieses Widerstandes der
                              Luft zugeschrieben werden muß;
                           7) daß die Gestalt des Vorder- sowohl als des Hintertheiles des Wagenzuges
                              leinen merklichen Einfluß auf den Widerstand übt;
                           8) daß die Zwischenräume zwischen den Wagen einen ebenso geringen Einfluß darauf
                              haben;
                           
                           9) daß der Wagenzug bei gleicher Größe des Vordertheiles auf einen größeren
                              Widerstand stößt, wenn das Volumen der Wagen Vergrößert wird;
                           10) daß bei der Anwendung von mathematischen Formeln, welche in der Voraussezung
                              construirt worden, daß der Widerstand gegen die Eisenbahnwagenzüge aus zwei Theilen
                              besteht, von denen der eine mit der Last im Verhältnisse steht, aber von der
                              Geschwindigkeit unabhängig ist, während der andere sich wie das Quadrat der
                              Geschwindigkeit verhält, auf eine beschränkte Anzahl von Versuchen sich Resultate
                              ergaben, die ziemlich mit einander übereinstimmten; daß aber diese Versuche noch in
                              größerer Anzahl und unter verschiedenen Modificationen wiederholt werden müssen,
                              bevor man mit Sicherheit allgemeine Schlüsse von gehöriger Genauigkeit daraus zu
                              ziehen im Stande ist;
                           11) daß, indem der Widerstand um ein so Bedeutendes größer ist, als man bisher
                              annahm, und indem der Widerstand, welcher durch Curven, deren Radius eine engl.
                              Meile beträgt, veranlaßt wird, nicht in Anschlag kommt, Eisenbahnen, die mit
                              Gradienten von 16 bis zu 20 Fuß in der engl. Meile gelegt sind, im Vergleiche mit
                              vollkommen horizontalen Bahnen in der Praxis keinen Nachtheil zeigen; daß man mit
                              vollkommener Sicherheit auch Curven von geringerem Radius als eine engl. Meile
                              anlegen kann; daß aber die größte Gränze der Radienverkürzung erst durch weitere
                              Versuche zu ermitteln ist, wobei besonders zu bemerken kommt, daß das hier
                              aufgestellte Princip hauptsächlich auf Eisenbahnen, die zu einem sehr raschen
                              Verkehre bestimmt sind, seine Anwendung findet.
                           ––––––––––
                           Der bekannte Ingenieur Hr. C. Vignolles äußerte am
                              Schlusse dieses Vortrages, daß er mit größter Ueberraschung die ganz unerwarteten
                              Resultate, welche die von dem gelehrten Dr. mit so
                              großer Sorgfalt angestellten Versuche ergaben, vernommen habe; und daß er, obwohl er
                              früher in mehr dann einer Hinsicht bezüglich der Eisenbahnpraxis von den Ansichten
                              des Hrn. Dr. L. bedeutend abwich, doch zugestehen müsse,
                              daß diese Versuche sehr genügende Aufschlüsse geben, Aufschlüsse, welche für den
                              Eisenbahnbau von höchster Wichtigkeit sind. Offenbar werden hiedurch manche der
                              Fesseln gelöst werden, unter denen die Ingenieurs bisher sich so oft abmühten, indem
                              sie gezwungen waren, Profile für die Bahnen anzunehmen, welche mit dem Charakter des
                              Landes, durch welches die Bahnen geführt werden sollten, gar sehr im Widerspruche
                              standen. Offenbar wird an künftigen Bahnen bedentend am Anlagscapitale erspart
                              werden; denn viele der Ausgrabungen und Dämme, die man bisher der den ganz niederen Gradienten
                              zugemessenen Vorzüge wegen für nöthig und zwekmäßig erachtete, werden wegbleiben
                              können. Wenn es richtig ist, daß Gradienten von 16 bis 20 Fuß in der engl. Meile in
                              der Praxis mit einem vollkommen horizontalen Niveau von gleichem Werthe sind, so
                              dürfte ebenso richtig seyn, daß Gradienten von 30 Fuß und darüber keine so großen
                              Nachtheile haben, und keinen Einwendungen unterliegen, die jenen, welche man
                              dermalen gegen derlei Gefälle macht, auch nur einigermaßen gleichkommen. Wären diese
                              Principien früher bekannt und festgestellt worden, so wäre viel Geld in den Taschen
                              der Actionnäre mancher Eisenbahnen geblieben. Schließlich dankte Hr. Vignolles dem gelehrten Dr.
                              im Namen sämmtlicher Ingenieurs für seine höchst wichtige Arbeit.
                           Hr. Scott Russell erklärte, daß Hr. Dr. L. der erste gewesen, der die Wirkung der Luft auf die
                              Eisenbahn-Wagenzüge zu ermitteln und festzustellen suchte; daß, bevor er
                              diese seine Versuche begann, Niemand irgend etwas darüber öffentlich bekannt gemacht
                              habe; daß die von Hutton und anderen bezüglich des
                              Luftwiderstandes vorgenommenen Versuche auf Körper, die sich mit solcher
                              Geschwindigkeit bewegen wie die Eisenbahnwagen, ganz unanwendbar sind; und daß Hutton selbst, obwohl er sich tiefer als alle seine
                              Vorgänger auf diesen Gegenstand einließ, zugestand, daß seine Versuche nichts weiter
                              beweisen als unsere gänzliche Unwissenheit in Betreff der Geseze des
                              Luftwiderstandes.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
