| Titel: | Ueber die Bemessung der Wärme in Hinsicht auf die Qualität der Steinkohlen. Von Dr. Andrew Ure. | 
| Fundstelle: | Band 75, Jahrgang 1840, Nr. XII., S. 48 | 
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                        XII.
                        Ueber die Bemessung der Waͤrme in Hinsicht
                           auf die Qualitaͤt der Steinkohlen. Von Dr. Andrew Ure.
                        Aus dem London Journal of arts. Okt. 1839, S.
                              98.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. I.
                        Ure, uͤber die Bemessung der Waͤrme in Hinsicht auf
                           die Qualitaͤt der Steinkohlen.
                        
                     
                        
                           Eine gleiche, durch Einwirkung von Wärme hervorgebrachte Wirkung deutet darauf hin,
                              daß auch eine gleiche Wärmemenge oder eine Wärme von gleicher Kraft gewirkt habe.
                              Wenn z.B. ein Pfund Eisen auf irgend eine Weise von einer Temperatur von 50°
                              auf eine Temperatur von 51° übergeht, so unterlag es einem gleichen
                              erwärmenden Einflusse, die Wärme mag von der Sonne oder einem gewöhnlichen Feuer
                              ausgegangen seyn, sie mag durch unmittelbare Berührung oder durch Ausstrahlung eines
                              heißeren Körpers gewirkt haben. So braucht auch ein Pfund Eis von 32° F. zum
                              Behufe seiner Schmelzung stets eine und dieselbe Quantität Wärme, unter welchen
                              Umständen die Schmelzung auch immer von Statten gehen mag; und ein Pfund Wasser von
                              212° F. erheischt, um in Dampf verwandelt zu werden, stets eine und dieselbe
                              Wärmemenge, die Verdünstung mag langsam oder rasch von Statten gehen. Von diesem
                              Fundamentalgrundsaze ausgegangen, lassen sich gegebene Wärmequantitäten oder
                              Wärmekräfte miteinander vergleichen, wenn man sie nacheinander zur Erzeugung einer
                              und derselben Wirkung anwenden kann, wie z.B. zur Steigerung der Temperatur einer
                              Masse, zum Schmelzen einer festen Substanz oder zum Verdampfen einer Flüssigkeit. Da
                              jedoch zu diesem Zweke die Wärme aus dem Körper, in dem sie enthalten ist,
                              ausströmen muß, um in den Körper, auf den sie eine bestimmte Wirkung ausüben soll,
                              überzugehen, so ist offenbar, daß wir nie die gesammte oder absolute Quantität des
                              in den Körpern enthaltenen Wärmestoffes vergleichen können. Denn da wir ihnen nie
                              allen ihren Wärmestoff zu entziehen vermögen, so beschränkt sich unser Maaß
                              lediglich auf jene Wärmequantitäten, die wir von einem Körper auf einen anderen
                              übertragen können.
                           Wir sagen, daß eine Substanz eine größere oder geringere Wärmecapacität besizt, je
                              nachdem sie eine größere oder geringere Menge von Wärme erheischt, um eine bestimmte
                              Veränderung der Temperatur, z.B. von 10 Thermometer-Graden zu erleiden. Diese
                              Quantität der Wärme nennen wir die specifische Wärme
                              eines Körpers. Seine Wärmecapacität wird eine constante genannt, wenn bei gleichen
                              Gewichten gleiche Quantitäten Wärme erforderlich sind, um seine Temperatur, welche
                              diese auch seyn mag, um einen Grad zu steigern, d.h. um ihn z.B. von 50 auf 51, von 100 auf 101, von 150
                              auf 151° zu erwärmen u.s.f. Es ist sehr wahrscheinlich, daß alle festen und
                              flüssigen Körper eine progressiv steigende Wärmecapacität besizen; denn so braucht
                              z.B. ein Pfund Eisen mehr Wärme, um von 100 auf 101° zu gelangen, als um von
                              40 auf 41° zu kommen, und noch mehr, um sich von 200 auf 201° zu
                              erheben. Das Verhältniß der Wärmecapacitäten eines Körpers für zwei bestimmte Punkte
                              der Thermometerscala, wie z.B. für 32 und 212° F. ergibt sich aus dem
                              Verhältnisse zwischen den Wärmequantitäten, die der Körper auf jedem dieser Punkte
                              erheischt, um gleiche Temperatur-Veränderungen zu erleiden. Im Allgemeinen
                              fällt das Verhältniß der Wärmecapacitäten zweier Körper mit dem zwischen ihrer
                              specifischen Wärme bestehenden Verhältnisse zusammen, d.h. mit dem Verhältnisse der
                              Wärmemengen, die sie bei gleichem Gewichte und auf gleichen Temperaturen bedürfen,
                              um gleiche Temperatur-Veränderungen zu erleiden. Man pflegt die
                              Wärmecapacitäten der verschiedenen Körper auf jene des Wassers, die man als Einheit
                              oder 1,00000 annimmt, zurükzuführen. Wenn z.B. dieselbe Wärme, die das Wasser um
                              einen Grad erwärmt, das Oehl um zwei Grade erwärmt, so sagt man, daß die
                              Wärmecapacität des Wassers doppelt so groß ist als jene des Oehles, oder daß, wenn
                              jene des Wassers 1,000 ist, die des Oehles 0,500 beträgt.
                           Wenn man sich diese Definitionen und Begriffe klar macht, so wird man die zur
                              Bestimmung der Wärmecapacität oder specifischen Wärme verschiedener Körper benüzten
                              Methoden und Instrumente leicht verstehen.
                           Der älteste und bekannteste, obwohl nicht der genaueste Apparat zum Messen der von
                              einem heißeren auf einen kälteren Körper übertragbaren Wärmemenge ist der Calorimeter von Lavoisier und
                              Laplace. Derselbe besteht aus drei concentrischen,
                              blechernen, in bestimmten Entfernungen von einander angebrachten Cylindern, von
                              denen die beiden äußeren mit Eis gefüllt werden, während man in den inneren den dem
                              Versuche zu unterstellenden Körper bringt. Die Quantität Wasser, welche in Folge der
                              eingetretenen Schmelzung des Eises aus dem mittleren Zwischenraume abfloß, dient zur
                              Bemessung der Wärme, welche der in dem mittleren Cylinder enthaltene Körper abgab.
                              Ein einfacheres und besseres, auf demselben Principe beruhendes Instrument wäre ein
                              hohler Eiscylinder von gehöriger Dike, in dessen Inneres der heiße Körper gebracht
                              werden müßte, und der durch die Quantität des in ihm vorfindlichen geschmolzenen
                              Wassers die von dem Eise absorbirte Wärmemenge andeuten würde. In diesem Falle wäre
                              nämlich den Irrungen vorgebeugt, die daraus hervorgehen, daß zwischen den in den Cylinder
                              des blechernen Calorimeter gebrachten Eisstüken Wasser zurükgehalten wird. Ein Pfund
                              auf 172° F. erwärmtes Wasser schmilzt, wenn man es in den eben erwähnten
                              hohlen Cylinder bringt, genau ein Pfund Eis; ein Pfund auf dieselbe Temperatur
                              erwärmtes Oehl schmilzt dagegen nur ein halbes Pfund Eis.
                           Die zuerst von Meyer angegebene Abkühlmethode ward in
                              neuerer Zeit von Dulong und Petit auf einen hohen Grad von Vollkommenheit gebracht. Sie beruht auf dem
                              Principe, daß zwei Oberflächen von gleicher Größe und gleicher Ausstrahlungskraft in
                              gleichen Zeiten eine gleiche Wärmemenge verlieren, wenn sie sich auf einer und
                              derselben Temperatur befinden. Wenn man z.B. ein kleines polirtes silbernes Gefäß
                              von sehr geringer Metalldike nach einander mit verschiedenen pulverförmigen
                              Substanzen füllt, und es von einer und derselben Temperatur aus abkühlen läßt, so
                              werden die im ersten Augenblike des Abkühlens verloren gehenden Wärmemengen einander
                              stets gleich seyn; und wenn die eine der Substanzen doppelt so schnell abkühlt als
                              die andere, so wirb man daraus den Schluß ziehen, daß ihre Wärmecapacität halb so
                              groß ist, wenn ihr Gewicht gleich ist; denn ihre Temperatur sinkt beim Verluste
                              einer und derselben Wärmemenge um eine doppelte Anzahl von Wärmegraden.
                           Eine dritte Methode beruht auf der Zusammensezung von Mischungen. Man bedient sich
                              hiebei stets zweier Körper: eines heißen, welcher kalt wirb, und eines kalten,
                              welcher erwärmt wird, so daß aller von dem einen ausgehende Wärmestoff auf Erwärmung
                              des anderen verwendet wird. Wenn man z.B. ein Pfund Queksilber von 212° F. in
                              ein Pfund Wasser von 32° F. gießt, so wird das Queksilber an Wärme verlieren,
                              das Wasser dagegen an solcher gewinnen, bis die Mischung endlich durch Umrühren eine
                              gleichmäßige Temperatur erlangt. Wäre diese Temperatur 122°, so würden das
                              Wasser und das Queksilber gleiche Wärmecapacitäten haben, weil dieselbe Wärmemenge
                              in einer gleichen Masse dieser beiden Substanzen gleiche
                              Temperatur-Veränderungen hervorgebracht haben würde: nämlich für das Wasser
                              eine Steigerung von 90° und für das Queksilber ein Sinken von gleichfalls
                              90°. Es wird sich aber ergeben, daß die Mischung nur eine Temperatur von 37
                              1/2° haben wird, so daß, während das Queksilber 174 1/2° verliert, das
                              Wasser nur 5 1/2° gewinnt. Da das Verhältniß zwischen diesen beiden Zahlen
                              wie 32 zu 1 ist, so sagt man, daß die Wärmecapacität des Queksilbers nur 1/32 von
                              jener des Wassers beträgt. Daß für den Einfluß, den das Gefäß ausübt, und für die
                              während der Dauer des Versuches verloren gehende Wärme Correctionen gemacht werden müssen, versteht
                              sich von selbst.
                           Der Calorimeter, den ich nunmehr beschreiben will, und der mit jenem des Grafen Rumford auf gleichen Principien beruht, dürfte ein eben
                              so richtiges Maaß für die Wärme geben, als irgend eine der oben angegebenen
                              Methoden, und dabei eine viel allgemeinere Anwendung zulassen, indem damit sowohl
                              die bei einer Verbrennung entwikelte Wärmemenge, als auch die gebundene Wärme des
                              Dampfes und anderer Dünste bestimmt werden kann.
                           Dieser Apparat, den man in Fig. 33 sieht, besteht
                              nämlich aus einer großen kupfernen Wanne e, f, welche
                              100 Gallons Wasser faßt. Durch diese läuft viermal hin und her im Zigzag und in
                              verschiedenen Höhen ein horizontaler Feuerzug oder eine platt gedrükte Röhre d, c von 9 Zoll Breite und einem Zolle Tiefe, die sich
                              unten bei c in eine runde Röhre endigt, und nachdem sie
                              als solche durch den Boden der Wanne gesezt hat, in den oberen Theil eines kleinen
                              aus Graphit gebauten Ofens b übergeht. Der innerste, das
                              Brennmaterial enthaltende Tiegel dieses Ofens ist in der Entfernung von ungefähr
                              einem Zolle mit einem zweiten Tiegel umgeben, der selbst wieder von den Seitenwänden
                              des äußeren Tiegels umschlossen ist. Die zwischen den Tiegeln stagnirenden
                              Luftschichten verhüten, daß sich die Wärme in die um den Körper des Ofens herum
                              befindliche Luft zerstreue. Eine Röhre a, welche von
                              einem doppelten Cylindergebläse her in die eine Seite des Aschenloches des Ofens
                              eintritt, liefert zum Behufe der Unterhaltung des Feuers, welches zuerst mit einer
                              halben Unze rothglühender Holzkohlen angestekt wird, einen stätigen, jedoch gelinden
                              Luftstrom. Die sich aus dem entzündeten Brennstoffe entwikelnde Wärme wird hiebei so
                              vollkommen von dem in die Wanne gebrachten Wasser absorbirt, daß die bei der oberen
                              Röhrenmündung g austretende Luft gewöhnlich die
                              Temperatur der atmosphärischen Luft hat. Bei den Versuchen, welche mit frühern
                              Calorimetern dieser Art angestellt wurden, unterhielt man die Verbrennung durch den
                              Zug eines am Boden offenen Rauchfanges, der an der oberen Mündung des Feuerzuges
                              eine wandelbare, sehr schwer zu bestimmende Menge Wärme fortführte.
                           Wenn es sich um die Bestimmung der gebundenen Wärme des Dampfes und anderer Dünste
                              handelt, so kann man diese durch eine Röhre in die obere Mündung g einleiten. Die gebundene Wärme ergibt sich aus der
                              hiebei stattfindenden Steigerung der Temperatur des Wassers im Bade, während das
                              Volumen des verbrauchten Dampfes aus der Quantität Flüssigkeit abzunehmen ist, die
                              bei der unteren Mündung
                              c in ein an dieser angebrachtes Gefäß abläuft. In
                              diesem Falle muß, wie sich von selbst versteht, der Ofen beseitigt werden.
                           Bei meinen noch im Gange befindlichen Versuchen ist der erste Punkt, auf den ich
                              meine Aufmerksamkeit richte, die Bestimmung des Verhältnisses zwischen dem
                              flüchtigen und fixen Bestandtheile, den ein Brennstoff, wie z.B. Pechkohle, gibt,
                              wenn man ein bestimmtes Gewicht desselben in einer Retorte oder in einem bedekten
                              Tiegel einer lebhaften Rothglühhize aussezt. Aus diesem Versuche ergibt sich, in
                              welchem Maaße die Kohle eine flammende oder Gaskohle ist, und welche Quantität Kohks
                              sie geben kann.
                           Der zweite Punkt betrifft die Heizkraft des Brennmateriales, welche durch die Zahl
                              der Grade, um welche die in der Wanne enthaltenen 600 oder 1000 Pfd. Wasser durch
                              die Verbrennung von einem Pfunde desselben gesteigert werden, bestimmt wird, wobei
                              jedoch das Kupfer der Wanne mit in Anschlag zu bringen ist.
                           Meine Versuche waren bisher hauptsächlich auf Vergleichung der Heizkräfte des
                              Walliser Anthracites, der Steinkohle von Llangennoek und einiger anderer Steinkohlen
                              gerichtet. Ich habe gefunden, daß der Anthracit, wenn man ihn auf eine
                              eigenthümliche Weise und mit einem kleinen Beisaze von anderen Steinkohlen brennt,
                              wenigstens um 35 Proc. mehr Wärme gibt, als die Steinkohle von Llangennoek, die doch
                              von vielen für das am besten für die Dampfschifffahrt geeignete Brennmaterial
                              gehalten wird. Ein halbes Pfund Anthracit erhizt, wenn es in dem oben beschriebenen
                              Apparate verbrannt wird, 600 Pfd. Wasser bei einer Temperatur der Luft von
                              66° F. um 10° F., d.h. von 62 auf 72°. Die
                              Wärmeleitungsfähigkeit der umgebenden Luft erzeugt weder dadurch, daß sie dem Wasser
                              Wärme entzieht, noch auch dadurch, daß sie Wärme an dasselbe abgibt, einen Irrthum
                              in dem Versuche. Es scheint demnach, daß ein Pfund Anthracit durch seine Verbrennung
                              12,000 Pfd. Wasser um einen Grad zu erhizen vermag, weßhalb ich dessen Heizkraft der
                              Kürze halber durch 12000 Einheiten ausdrüken will. Ein Pfund Steinkohle von
                              Llangennoek gibt, wenn es unter gleichen Umständen verbrannt wird, nur 9000
                              Einheiten. Ein Pfund Holzkohle gibt, wenn sie der Luft ausgesezt gewesen, durch
                              Verbrennung 10,500 Einheiten; doch steigert sich diese Zahl bedeutend, wenn vorher
                              die Feuchtigkeit, die sie in so großer Menge aus der Luft anzieht, aus ihr
                              ausgetrieben worden. Ein Pfund Steinkohle von Lambton's Wall's-end gibt 8500
                              Einheiten.
                           Man darf nicht vergessen, daß eine Steinkohle, die bei ihrer Verbrennung viel
                              gekohltes Wasserstoffgas und Wasser erzeugt, nicht so viel Wärme gibt, als eine
                              Kohle, die eben so reich an Kohlenstoff ist, aber weniger Gas erzeugt; denn bei der
                              Erzeugung von gekohltem Wasserstoffgase und Wasserdämpfen entweicht eine große Menge von Wärme in
                              gebundenem Zustande. Ich bin überzeugt, daß durch diesen Destillationsproceß ein
                              Drittheil bis zu einem Viertheile der gesammten Heizkraft mancher Steinkohlen in die
                              Luft aufgeht. Jene Chemiker, die mit Berthier
                              Polytechn. Journal Bd. LVIII. S.
                                       391. und Richardson
                              Polytechn. Journal Bd. LXVII. S.
                                       211. die Heizkraft der Steinkohlen nach der Gesammtmenge des in ihnen enthaltenen
                              Kohlenstoffes bestimmen wollen, gelangen demnach zu sehr irrigen Schlüssen, wie sich
                              beim Brennen von Steinkohlen, die sehr viel Wasserstoff enthalten, im Calorimeter
                              deutlich zu erkennen gibt.
                           Berthier sucht in dieser Absicht den in den Steinkohlen
                              und anderen Brennstoffen enthaltenen Kohlenstoff dadurch zu bestimmen, daß er in
                              einem Tiegel ein aus der fein gepulverten kohlenstoffhaltigen Substanz und
                              Bleiglätte bestehendes Gemenge erhizt, und die Quantität des hiebei reducirten
                              Bleies ausfindig macht. Er rechnet auf je 34 Theile Blei einen Theil Kohlenstoff,
                              wobei er offenbar von dem Principe ausgeht, daß wenn Kohlenstoff in Berührung mit
                              einer reichlichen Menge Bleiglätte erhizt wird, eine Umwandlung desselben in
                              Kohlensäure vor sich geht. Jedes Atom Kohlenstoff nimmt hienach zwei Atome
                              Sauerstoff auf, zu welchem Behufe er zwei Atome Bleiglätte zersezen und zwei Atome
                              Blei reduciren muß. Bezeichnet man ein Atom Kohlenstoff mit 6 und ein Atom Blei mit
                              104, so erhält man das Verhältniß 6 : 104 × 2 = 1 : 34,66, was das von Berthier angenommene Verhältniß ist.
                           Unterwirft man nun diese Theorie dem Prüfsteine des Versuches, so wird man finden,
                              daß sie gänzlich irrig ist. Ich vermengte 10 Gran frisch geglühte, fein gepulverte
                              Holzkohle mit 1000 Gran fein gepulverter Bleiglätte auf das innigste und brachte das
                              Gemenge in einen Tiegel, der, nachdem er so sorgfältig verschlossen worden, daß
                              aller Rauch und alle Rußdämpfe davon ausgeschlossen waren, dem Feuer ausgesezt
                              wurde. Ich erhielt auf diese Weise 603 Gran reducirtes Blei, während ich nach Berthier's Regel nur 340 oder 346,6 Gran hätte erhalten
                              sollen. Bei der Erhizung eines aus 10 Gran gepulverten Anthracites von Merthyr
                              Tydvil und 500 Gran reiner Bleiglätte bestehenden Gemenges erhielt ich 380 Gran
                              metallisches Blei. Bei Wiederholung desselben Versuches mit demselben Anthracite und
                              derselben Bleiglätte erhielt ich 450 Gran Blei, und bei einer dritten Wiederholung
                              350. Es erhellt demnach klar, daß die Methode Berthier's
                              sich durchaus nicht zur Bestimmung der in und noch weniger zur Beurtheilung der Heizkraft
                              verschiedener Arten von Brennmaterialien.Dagegen erhielten andere Chemiker beim mehrmaligen Probiren eines und
                                    desselben Brennmaterials nach Berthier's Methode
                                    so übereinstimmende Resultate, als man sie nur erwarten konnte. A. d. R.
                              
                           Ich machte es mir bei den Versuchen, welche ich mit den Steinkohlen anstellte, ferner
                              zur Aufgabe, die in ihnen enthaltene Schwefelmenge zu bestimmen – ein Punkt,
                              der bisher noch sehr wenig beachtet wurde, und doch sowohl in Hinsicht auf die
                              Verwendung der Steinkohlen in den Haushaltungen, als auch in Hinsicht auf deren
                              Benüzung in den Eisenwerken und Gasfabriken von großer Wichtigkeit ist. Daß mit
                              einer schwefelreichen Steinkohle, wenn sie auch noch so gut verkohlst wird, kein
                              gutes Eisen erzeugt werden kann, wurde in Frankreich durch einen sehr kostspieligen
                              Versuch erwiesen. Die Gegenwart einer merklichen Menge Schwefel in den zur
                              Gaserzeugung bestimmten Steinkohlen ist dem Gase höchst nachtheilig; denn die Kohlen
                              geben dann eine so große Menge Schwefelwasserstoffgas, daß das Gas einem mühseligen
                              Waschungs- oder Reinigungsprocesse unterworfen werden muß, wodurch das Gas,
                              indem ihm auch öhlerzeugendes Gas oder doppelt gekohltes Wasserstoffgas entzogen
                              wird, an Leuchtkraft verliert. Zum Beweise hiefür darf ich bloß anführen, daß ich in
                              einem Muster, welches unmittelbar von dem aus den Retorten kommenden Gase einer der
                              Londoner Gascompagnien genommen wurde, 18 Proc. öhlerzeugendes Gas fand, während mir
                              dasselbe Gas, nachdem es durch die Reinigungsapparate gegangen, nur mehr 11 Proc. an
                              diesem für die Beleuchtung so werthvollen Gase zeigte. Wenn man sich einer beinahe
                              schwefelfreien Steinkohle, wie z.B. die unter Nr. 4 aufgeführte eine ist, zur
                              Gasbereitung bedient, wird man höchst wahrscheinlich um 10 Proc. mehr Licht erzeugen
                              können, als mit der gewöhnlichen schwefelhaltigen Steinkohle. Man hat diesen
                              Umstand, der für den Gewinn, den die Gaswerke abwerfen sollen, von höchster
                              Wichtigkeit ist, bisher gerade an diesen Anstalten viel zu sehr vernachlässigt; ja
                              man weiß die hierauf bezüglichen Untersuchungen nicht einmal gehörig anzustellen. So
                              fand ich z.B. in einem über eine große industrielle Unternehmung erstatteten
                              Berichte angegeben, daß die dabei verwendete Steinkohle schwefelfrei sey, während
                              ich nicht weniger als volle 7 Proc. Schwefel darin entdekte – eine Menge,
                              welche beinahe doppelt so groß ist, als der Schwefelgehalt der englischen
                              Steinkohlen von mittlerer Qualität im Durchschnitte zu seyn pflegt.
                           Der Schwefelgehalt läßt sich im Allgemeinen nach dem Ansehen und der Menge der Asche
                              abnehmen. Ist die Asche roth oder okerartig gefärbt, und beträgt sie über 10 Proc., so kann man sicher
                              seyn, daß die Steinkohle höchst schwefelreich ist. Die eben erwähnte Steinkohle gab
                              mir 16 Proc. eisenhaltige Asche. Ich glaube, daß der Schwefel in den Steinkohlen
                              stets als Schwefelkies enthalten ist, und zwar entweder in deutlich sichtbaren
                              Theilchen oder so höchst fein vertheilt, daß er mit dem freien Auge nicht
                              wahrnehmbar ist. Die einfachste Methode den Schwefelgehalt irgend einer Substanz mit
                              Genauigkeit zu bestimmen, besteht darin, daß man eine bestimmte Quantität derselben
                              mit kohlensaurem Kali, Salpeter und Kochsalz vermengt, und das Gemenge in einem
                              Platintiegel verbrennt. Man erhält hiedurch eine weißliche Masse, die allen Schwefel
                              in schwefelsaures Kali umgewandelt enthält. Aus der mit salzsaurem Baryt
                              niederzuschlagenden Schwefelsäure berechnet sich dann leicht der Schwefel.
                           Ich untersuchte nach diesem Verfahren mehrere Steinkohlenmuster, die mir von der
                              Sudian Steel Company zu Chelsea zur Prüfung übergeben worden, und erhielt hiebei
                              folgende Resultate:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 75, S. 55
                              Steinkohlen zur Gasfabrication;
                                 Schwefel in 100 Theilen.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 75, S. 55
                              Steinkohlen zum Puddliren von
                                 Gußeisen und dessen Verwandlung in Stahl; Schwefel in 100 Theilen; Specifisches
                                 Gewicht.
                              
                           Leztere Sorte eignet sich ganz trefflich zur Bereitung eines reinen
                              Steinkohlengases.
                           Ich hoffe aus den Untersuchungen unserer Steinkohlen in Hinsicht auf deren Heizkraft
                              und deren Schwefelgehalt, womit ich dermalen beschäftigt bin, Resultate von hoher
                              Wichtigkeit, die ich später mittheilen werde, zu erlangen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
