| Titel: | Versuche über die Wassermenge, welche der Dampf während der Bewegung der Locomotiven in flüssigem Zustande mit sich fortreißt. Von Hrn. de Pambour. | 
| Fundstelle: | Band 75, Jahrgang 1840, Nr. XXXIV., S. 163 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        XXXIV.
                        Versuche uͤber die Wassermenge, welche der
                           Dampf waͤhrend der Bewegung der Locomotiven in fluͤssigem Zustande mit
                           sich fortreißt. Von Hrn. de
                              Pambour.Wir haben bereits im polyt. Journal Bd. LXXIV.
                                    S. 393 auf diese Abhandlung hingedeutet. A. d. R.
                           
                        Aus den Comptes rendus de l'Académie des sciences.
                              2e semestre, 1839. No. 16.
                        de Pambour's Versuche uͤber die Wassermenge, welche der
                           Dampf waͤhrend der Bewegung der Locomotiven mit sich fortreißt.
                        
                     
                        
                           Es findet an den Locomotiven und vielleicht auch an allen übrigen Dampfmaschinen ein
                              Verlust Statt, der bisher noch nie gemessen wurde, und der dennoch von großer
                              Wichtigkeit ist. Dieser Verlust besteht in einer bedeutenden Menge Wasser, welche in
                              flüssigem Zustande und ohne verdampft worden zu seyn, von dem Dampfe in die Cylinder
                              fortgerissen wird. Um sich einigermaßen einen Begriff von der Größe dieses Verlustes
                              zu machen, darf man nur bedenken, welche ungeheure Wassermengen durch den Wind
                              fortwährend der Erde entzogen werden und in Gestalt von Wolken in der Luft schweben.
                              Da der in den Kesseln der Hochdrukmaschinen erzeugte Dampf überdieß eine weit
                              größere Dichtheit hat als die Luft, und da er anstatt bloß mit der Oberfläche der
                              Flüssigkeit in Berührung zu kommen, sich vielmehr aus der Mitte derselben heraus
                              entwikelt, so darf es um so weniger überraschen, wenn man sieht, daß der Dampf, bei
                              seiner Bewegung eine sehr bedeutende Menge Wasser mit sich fortreißt, und wenn dieß
                              während der ganzen Dauer der Arbeit der Maschinen Statt findet.
                           Der fragliche Verlust muß an den Locomotiven wegen der Erschütterungen, denen sie bei
                              ihrer Bewegung fortwährend ausgesezt sind, wegen der geringen Höhe über der
                              Wasserfläche, in der an ihnen der Dampf geschöpft wird, wegen des geringen für die
                              Ansammlung des Dampfes gestatteten Raumes, und endlich wegen der außerordentlichen
                              Raschheit, womit sich der Dampf aus dem Wasser entwikelt, weit größer seyn, als an
                              allen übrigen Dampfmaschinen. Um nun die Menge des Wassers, welche unverdampft von
                              dem Wasser fortgerissen wird, approximativ zu messen, habe ich die zum Versuche
                              bestimmten Maschinen auf Schrägflächen oder Rampen gebracht, und zwar unter
                              Umständen, in denen der Druk des Dampfes im Cylinder dem im Kessel Statt findenden
                              Druke beinahe gleich war. Sodann verglich ich die Geschwindigkeit, die wirklich
                              eintrat, mit jener, die hätte eintreten müssen, wenn alles von der Maschine
                              verbrauchte Wasser wirklich in Dampf verwandelt worden wäre.
                           
                           Diese Berechnung bot gar keine Schwierigkeiten. Da sich durch die Beobachtung die
                              Geschwindigkeit der Maschine ergibt, so ist hiemit auch die Zahl der Radumläufe, und
                              folglich auch die Zahl der mit Dampf gefüllten Cylinder, die in einer Zeitstunde
                              verbraucht werden, bekannt. Da ferner auch der Druk des Dampfes bekannt ist, so läßt
                              sich hieraus auf die entsprechende Wassermenge schließen. Vergleicht man endlich das
                              nuzvoll verwendete Wasser mit der Gesammtwassermenge, welche der Kessel verbrauchte,
                              so erhält man die Wassermenge, die der Dampf in flüssigem Zustande mit sich
                              fortreißt. Ich bringe bei dieser Berechnung den Dampf in Anschlag, welcher bei jedem
                              Kolbenhube zur Ausfüllung des Raumes, den man den freien Raum des Cylinders (liberté du cylindre) zu nennen pflegt, und der
                              nicht mit in dem Kolbenhube begriffen ist, verwendet wird. Ich bringe ferner, was
                              die Verdampfung der Maschine betrifft, die Verminderung, welche beim Hinansteigen
                              auf den Rampen in Folge der verminderten Geschwindigkeit in der Verdampfung
                              eintritt, so wie auch den Verlust, der in demselben Augenblike an den
                              Sicherheitsventilen Statt findet, in Anschlag. Zur Würdigung dieser beiden Umstände
                              benüze ich die Resultate, welche sich bei angestellten speciellen Versuchen ergaben,
                              denen gemäß die Verdampfung an den Locomotiven in Folge der Wirkung der Gebläsröhre
                              sich wie die vierte Wurzel der Geschwindigkeiten verhält, und denen gemäß der
                              Verlust, welcher beim Hinansteigen der Rampen an den Sicherheitsventilen Statt
                              findet, im mittleren Durchschnitte 0,12 der Gesammtverdampfung des Kessels
                              beträgt.
                           Die Resultate der hienach von mir angestellten Berechnungen sind in nachstehender
                              Tabelle verzeichnet. Man wird bemerken, daß wenn auch bei dem einen oder dem anderen
                              dieser Versuche darin ein Irrthum begangen wurde, daß ich den im Cylinder
                              stattfindenden Druk als dem Druke im Kessel gleich annahm, hieraus nur folgen würde,
                              daß bei diesem Versuche die Wassermenge, welche von dem Dampfe in flüssigem Zustande
                              fortgerissen wurde, größer war, als die Tabelle sie angibt. Man kann demnach sicher
                              seyn, daß die von mir aufgestellten Resultate wenigstens nicht übertrieben sind. Man
                              wird ferner finden, daß der an den angeführten Maschinen beobachtete Verlust nicht
                              einer partiellen Verdichtung des Dampfes in den Leitungsröhren und Cylindern
                              zugeschrieben werden kann, indem diese Annahme deßhalb, weil diese Röhren in dem
                              Kessel selbst und in der Rauchbüchse untergebracht sind, und mithin stets mit den
                              Flammen in Berührung stehen, ganz unstatthaft ist.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 75, S. 165
                              
                           Namen der Maschinen; Durchmesser des
                              Cylinders; Kolbenhub.; Durchmesser des Rades; Gesammtdruk im Kessel; Geschwindigkeit
                              der Maschine in englischen Meilen per Zeitstunde;
                              Gesammt-Verdampfung des Kessels in der Zeitstunde; im mittleren Durchschnitte
                              während der ganzen Versuchsdauer; während des Hinaufsteigens der Rampe u. nach Abzug
                              des an den Sicherheitsvent. stattf. Verlustes; Nuzbringende Verdampfung; Verhältniß
                              der nuzbringenden Verdampfung zur Gesammt-Verdampfung, nach Abzug des an den
                              stattfindenden Verlustes; Star; Besta; Fury; Leeds; Vulcan; Atlas; Mittel
                           Aus diesen Versuchen ersieht man, daß die Wassermenge, welche von dem Dampfe in
                              flüssigem Zustande in den Cylinder der Locomotiven hinüber gerissen wird, im
                              mittleren Durchschnitte 32 Proc. der Gesammtverdampfung des Kessels, nachdem von
                              dieser der durch die Ventile stattfindende Verlust abgezogen worden, beträgt.
                           Diese Bestimmung entspricht dem mittleren Durchschnitt, welcher aus den zu den
                              Versuchen benüzten Maschinen gezogen wurde; es muß jedoch erinnert werden, daß die
                              Menge des Wassers, welche auf solche Weise in unverdampftem Zustande fortgerissen
                              wird, nothwendig an jeder Maschine eine andere seyn muß, indem sie von dem
                              eigentümlichen Baue des Kessels und hauptsächlich von dem Raume abhängt, der dem
                              Dampfe zur Ansammlung gestattet ist. Ist dieser Raum sehr beschränkt, ist sein
                              Inhalt z.B. nur 10 Mal so groß als jener des Cylinders, so wird bei jedem Kolbenhube
                              der zehnte Theil des gebildeten Dampfes in den Cylinder übergehen, und die Dichtheit
                              des rükständigen Dampfes plözlich auf neun Zehntheile dessen, was sie früher war,
                              reducirt werden. Diese bedeutende Veränderung der Dichtheit wird als Ersaz für das
                              Verlorengegangene unmittelbar eine neue Menge Dampfes aus der Flüssigkeit
                              emporsteigen machen; und dieser Dampf wird mit um so größerer Gewalt aus der
                              Flüssigkeit austreten und folglich eine um so größere Menge von dieser mit sich reißen, je
                              mehr der Druk in dem Raume, in den der Dampf eindringt, vermindert ist. Enthielt der
                              Raum, der im Cylinder für die Dampfansammlung gestattet ist, den 100fachen, anstatt
                              des 10fachen Raumes des Dampfcylinders, so würde die bei jedem Kolbenhube erzeugte
                              Differenz in der Dichtheit nur mehr 0,01 betragen, und die fortgerissene Wassermenge
                              um eben so viel geringer seyn. Ebenso wird, wenn der Dampf in sehr geringer Höhe
                              über der Wasserfläche aus dem Kessel entnommen wird, oder wenn die Dampfröhre sehr
                              weit ist, das Wasser in größerer Menge und leichter bis zum Eingange in die Röhre
                              mit fortgerissen werden.
                           Die von dem Dampfe mit fortgerissene Wassermenge ist übrigens nicht bloß nach dem
                              Baue der Maschinen, sondern auch nach anderen von diesem unabhängigen Umständen eine
                              verschiedene, wie z.B. nach der Intensität der Feuerung und der Unreinheit des
                              Wassers. Bei intensiverer Feuerung ist sie nämlich größer, indem sich bei dieser
                              eine im Verhältnisse zu dem Wassergehalte des Kessels lebhaftere Dampfströmung
                              erzeugt; und bei unreinem Wasser steigert sie sich in Folge des an der Oberfläche
                              der Flüssigkeit entstehenden Schaumes.
                           Das Wasser wird von dem Dampfe in flüssigem Zustande mit fortgerissen, ohne daß man
                              dieß durch irgend ein äußeres Zeichen gewahr würde, weil das mit dem Dampfe
                              vermengte Wasser auch wieder zugleich mit diesem in die Luft entweicht. Allein es
                              gibt Augenblike, wo dieß in solcher Heftigkeit Statt findet, daß das Wasser in
                              Gestalt eines ziemlich reichlichen Regens von dem Schornsteine herabfällt. Diese
                              Erscheinung, welche man das Primiren (primer) einer
                              Maschine nennt, zeigt sich besonders dann, wenn der Kessel zu voll ist, wenn also
                              der für die Ansammlung des Dampfes gestattete Raum im Kessel kleiner ist, und wenn
                              mithin die Wasserfläche der Mündung der Dampfröhre näher steht.
                           Die Größe des Verlustes, über den ich die hier angegebenen Versuche anstellte,
                              erklärt, warum manche Kessel das Wasser so rasch verbrauchen, daß es unmöglich ist,
                              die Maschinen auch nur auf einer mäßigen Geschwindigkeit zu erhalten, und wie es
                              möglich war, daß manchmal durch einfache Abänderung des Dampfgewölbes einer Maschine
                              der Aufwand an Brennmaterial um beinahe 25 Proc. vermindert werden konnte.