| Titel: | Die Schwarzwälder Uhrenindustrie nach ihrem Stand im Jahre 1838 technisch und statistisch dargestellt von Dr. Adolph Poppe, Lehrer der Technologie und Mathematik in Frankfurt am Main. | 
| Autor: | Dr. Adolph Poppe [GND] | 
| Fundstelle: | Band 75, Jahrgang 1840, Nr. LXIII., S. 350 | 
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                        LXIII.
                        Die Schwarzwaͤlder Uhrenindustrie nach
                           ihrem Stand im Jahre 1838 technisch und statistisch dargestellt von Dr. Adolph Poppe, Lehrer der
                           Technologie und Mathematik in Frankfurt am Main.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        (Fortsezung von Heft 4, S. 273.)
                        Poppe, uͤber die Schwarzwaͤlder
                           Uhrenindustrie.
                        
                     
                        
                           Zweiter Abschnitt. Die
                              Schwarzwälder Uhrenfabrication mit ihren Vor- und Nebenarbeiten.
                           
                              I. Der Schildbrettmacher und
                                    Schilddreher.
                              Die Arbeit des Schildbrettmachers besteht in der Verfertigung der hölzernen
                                 Uhrenschilde, d.h. jener bekannten Vorderfläche der Uhr, welche der Schildmaler
                                 später lakirt, mit Ziffern versieht und mit allerlei Zierrathen bemalt. Es
                                 werden zwar auch Schilde aus Blech und solche aus Pappdekel verfertigt, worauf
                                 wir unten zurükkommen, jedoch in Vergleich mit den Holzschilden nur in sehr
                                 geringer Anzahl.
                              Der Brettermacher spaltet den Schild aus Tannenholz, gibt ihm die Form eines
                                 Quadrats, dessen eine Kante mit einem halbkreisförmigen Aufsaze versehen ist,
                                 und dreht ihn auf einer eigens zu diesem Zweke eingerichteten Drehbank mit
                                 seiner bekannten convexen Wölbung ab. Er kauft zu dem Ende einen Tannenstamm,
                                 theilt ihn zunächst in drei Theile, jeden zu 21 Fuß Länge, und sägt dann einen
                                 solchen Theil querüber in lauter cylindrische Klöze, deren Höhe der Länge des
                                 Schildes gleichkommt, und läßt sie in einem luftigen Raume troknen. Für einen
                                 Stamm mittlerer Qualität bezahlt er 44 fl. Der Preis steigt übrigens, je nach
                                 der Größe und Dike desselben, bis auf 80 und 100 fl. Aeste und Dolden werden
                                 beigegeben oder nicht, wie nämlich ausbedungen wird. Den getrokneten Kloz
                                 spaltet der Brettermacher in vier gleich große rechtwinklige Scheiter, und jedes
                                 der lezteren nach dem Halbmesser wieder in 9 bis 12 Theile, wie Fig. 1 auf Tab. VI
                                 zeigt. Das Instrument, dessen er sich zu dieser Arbeit bedient, ist in Fig. 2
                                 abgebildet; es besteht in einem ungefähr 1 1/2 Fuß langen geraden Messer oder
                                 Spalteisen a, b mit einem rechtwinklich abstehenden
                                 Griffe b, c. Indem der Arbeiter das Messer in
                                 diametraler Richtung auf die Kreisfläche des Klozes sezt, führt er mit einem
                                 hölzernen Schlegel einen Schlag auf dem Messerrüken, welcher das Spalten zur
                                 Folge hat. Die Bretter werden nun mit einer breiten Axt zugehauen, entrindet
                                 und dann, ehe sie der weiteren Bearbeitung übergeben werden, vollständig
                                 ausgetroknet. Aus einem Kloze von 21' Länge können circa 600 Stük Schilde verschiedener Sorte von 8 bis auf 14 Zoll
                                 Seitenlänge, mithin aus dem ganzen Stamme 1800 Schildbretter gespalten werden.
                                 Ganz kleine Schilde unter 6 Zoll spaltet man nicht vom Kloze, sondern verfertigt
                                 sie von den Abfällen. Da das Holz zu größeren, 10–14zölligen Schilden
                                 sehr oft nicht hinreichend gefunden wird, so hilft sich der Brettermacher
                                 dadurch, daß er je zwei Stüke zusammenleimt; er kann in einem Tage 100 solcher
                                 Schilde leimen. Um einen Stamm zu Schilden auszuspalten und diese mit der Axt
                                 zuzurichten braucht ein Arbeiter 8 bis 10 Tage. Für das Hundert erhält er 24
                                 kr.
                              Ehe der Schild in die Hände des Drehers zur weiteren Bearbeitung gelangt, wird
                                 der bekannte, die eine Seite des quadratischen Schildes begränzende Halbkreis
                                 ausgeschnitten, wozu man sich des Fig. 3 oder auch des
                                 Fig. 4
                                 abgebildeten Einreißcirkels bedient. Das Instrument
                                 Fig. 3
                                 besteht aus einem prismatischen Stab A, B, auf
                                 welchem sich zwei Hülsen C und D verschieben lassen. Die Hülse C trägt eine fürs Centrum des Halbkreises bestimmte
                                 Spize a; an der Hülse D
                                 sizt ein scharfes, spiziges Messer b fest, welches,
                                 unter mäßigem Druke um den Mittelpunkt a bewegt, den
                                 verlangten Halbkreis aus dem dünnen Brette ausschneidet. Einfacher noch ist der
                                 Fig.
                                    4, a in der Seitenansicht, b in der oberen Ansicht abgebildete Einreißcirkel,
                                 indem derselbe nur eine verschiebbare Hülse hat. Um
                                 den erwähnten Aufsaz auszuschneiden, wird er so, wie Fig. 4 zeigt, an dem
                                 Schilde A, A angelegt.
                              Die Vorrichtungen, auf welchen das Abdrehen des Uhrenschildes erfolgt, werden
                                 entweder vom Wasser oder durch die Hand getrieben. Furtwangen besizt zwei
                                 Drehereien mit Wasserkraft, nämlich diejenige des Bartholomäus Dold, vulgo
                                 „Schildbarthle“ und die des sogenannten
                                 „Schildbon“. Von der Dreherei des ersteren, deren
                                 Anlage und Construction sich vor anderen vortheilhaft auszeichnet, enthält Fig. 5 eine
                                 genaue Skizze. A, A ist ein unterschlächtiges
                                 Wasserrad, an dessen Wellbaum die Scheibe a, a sizt.
                                 Die Umdrehungen der lezteren tragen sich mittelst einer Kette ohne Ende auf die
                                 Rolle b über, deren Achse sich in das obere Stokwerk
                                 des Gebäudes erstrekt. Durch die in der Zeichnung deutlich angegebene Verbindung
                                 von Räderwerk und Schnurscheiben mit endlosen Riemen wird die Bewegung vom
                                 Wasserrade aus mit sehr vermehrter Geschwindigkeit auf die überaus einfache
                                 Schilddrehbank B übergepflanzt. Leztere ist in
                                 größerem Maßstabe, Fig. 6 und 7, von der
                                 Seite und von Vorne abgebildet, 
                                 A, A. ist eine dünne eiserne Scheibe, aus deren
                                 Mittelpunkt eine nach Vorne sich verjüngende Schraube a herausragt. Sie dreht sich mit einer Geschwindigkeit von ungefähr
                                 800 Umdrehungen in der Minute frei außerhalb des Gestelles. Die Bewegung wird
                                 ihr von der Rolle b, b mitgetheilt, von welcher aus
                                 ein Riemen ohne Ende aufwärts geht und das große Schnurrad c, c, Fig. 5, umschlingt.
                                 Auf die Leerrolle c, c leitet der vor der Scheibe
                                 A, A sizende Arbeiter den Riemen, wenn er die
                                 Vorrichtung stellen will. Er schraubt das Schildbrett so weit auf die Spize a, bis es mit allen seinen Theilen auf der flachen
                                 Scheibe aufliegt, und bearbeitet es nun der Reihe nach mit sieben verschieden
                                 gestalteten meißel- und hobelartigen Instrumenten. Zum Auflegen der Hände
                                 dient der um d bewegliche, auf den Blok B sich stüzende Steg d,
                                    e, Fig.
                                    7, welchen der Dreher, so oft er ein neues Schildbrett aufgeschraubt
                                 hat, herabläßt. Fig. 8 enthält die Abbildung der bemerkenswerthesten, zum
                                 Schilddrehen erforderlichen Werkzeuge; die übrigen sind ordinäre Meißel. Zuerst
                                 reißt der Arbeiter mit einem spizigen Meißel einen Kreis ein, um die Stelle zu
                                 markiren, wo die Wölbung des Zifferblattes beginnen soll, dann dreht er die Eken
                                 des Schildes mit dem Instrumente A bis zu diesem
                                 Kreise ab, worauf er die Wölbung mit dem Hobel B ins
                                 Rohe bearbeitet. Mehrere gewöhnliche Meißel geben der Oberfläche des Schildes
                                 die erforderliche Glätte, und zulezt wird durch das Instrument C in die Wölbung jene gegen den Mittelpunkt sanft
                                 zulaufende Vertiefung gearbeitet.
                              Alle diese Manipulationen folgen so rasch auf einander, daß ein Schild in 2
                                 Minuten fertig ist. Manchmal splittern einzelne Theile aus dem Schilde heraus,
                                 zu deren Wiederbefestigung man sich eines Kittes aus Käse und Kalk bedient. Der
                                 Schilddreher verfertigt mit Hülfe einer durch Wasserkraft getriebenen
                                 Vorrichtung in einem Tage 250 Stük, von Hand aus dagegen im Durchschnitt nur 75
                                 Stük. Eine vom Wasser getriebene Maschine gewöhnlicher Art kostet sammt Zugehör
                                 circa 300 fl., eine Handmaschine
                                 circa 16 fl. Fig. 13, 14 und
                                 15
                                 zeigen die genaue Abbildung einer gut eingerichteten, mittelst eines
                                 Tretschämels in Bewegung zu sezenden Schilddrehbank, und zwar Fig. 13 in der
                                 Seitenansicht, Fig. 14 in der vorderen Ansicht und Fig. 15 im Grundriß.
                                 Die Bewegung des Apparates geht von dem Tretbrette a,
                                    b aus, welches mit der Stange b, c einen
                                 Winkelhebel bildet; c, d ist eine kleine, nach der
                                 Kurbel d, e hingehende, in den Punkten d und c bewegliche
                                 Lenkstange. An der Achse der Kurbel d, e sizt das 4
                                 Fuß im Durchmesser haltende Schnur- und Schwungrad A, A. Von diesem aus geht eine Schnur ohne Ende nach der mit mehreren
                                 Schnurläufen versehenen Scheibe f, f. Die Achse der leztern
                                 endlich ist es, welche die bereits oben erwähnte eiserne Scheibe g, g trägt, woran der Schild geschraubt wird. Zum
                                 Auflegen der Hände dient dem Arbeiter die auf den Schienen i verschiebbare Stange h,
                                    h, Fig. 15. Die Dimensionen der Maschine sind an dem beigegebenen
                                 Maaßstabe abzunehmen.
                              Der Schilddreher kann seine Arbeitszeit nicht wie die übrigen in der
                                 Uhrenindustrie Beschäftigten auf die Nacht ausdehnen, weil das eigenthümliche
                                 Flimmern des beleuchteten Schildes den Augen sehr nachtheilig ist. Er verkauft
                                 seine Producte an den Schildmaler und erhält für einen 8zölligen Schild 3 kr.
                                 Mit jedem ferneren Zoll steigt der Preis bis auf 14 Zoll, wobei der
                                 halbkreisförmige Aufsaz nicht mit in Berechnung gezogen wird. Wenn der Schild
                                 über 14 Zoll im Gevierte mißt, so ist er ein Spieluhrenschild. Die Größe der Spieluhrenschilde wechselt von 16 bis
                                 30 Zoll, und der Preis derselben beziehungsweise von 18 kr. bis zu 1 fl.
                              Ein Meister kann, wenn er fortwährend Arbeit hat, mit einem Gesellen und einem
                                 Gehülfen jährlich 78,000 Uhrenschilde, wozu er 43 3/10, Tannenstämme braucht,
                                 verfertigen. Nimmt man als den Werth des abgedrehten Schildes das Minimum,
                                 nämlich 3 kr. an, so beläuft sich der Bruttowerth dieser Production auf 3900 fl.
                                 Zieht man, um den jährlichen Reinertrag zu erhalten, von dieser Summe den Werth
                                 des auf die Production verwendeten umlaufenden Capitals, nämlich die Kosten von
                                 43 5/10 Tannenstämmen, Arbeitslöhne, und die Zinsen dieses Capitals, ferner die
                                 Zinsen des in den Maschinen und Werkzeugen stekenden Capitals, so wie die
                                 jährlichen Reparationskosten und den Ersaz für die Abnüzung des stehenden
                                 Capitals ab, so findet man, daß ein Schilddreher, unter der Voraussezung, daß
                                 sein Geschäft das ganze Jahr über keine wesentliche Unterbrechung erleidet, sich
                                 sehr gut steht. Um dieses näher darzuthun, lassen wir die Berechnung der eben
                                 genannten Auslagen hier folgen. Ein Drehergesell erhält wöchentlich 2 fl. oder
                                 auch täglich 18 bis 20 kr. Arbeitslohn nebst Kost, Logis, Wäsche und
                                 „Schuhschmieren.“ Am Fastnacht hat er sogenannte
                                 „Freitage“, an welchen er nicht arbeiten darf. Der
                                 Meister bezahlt für sich jährlich 2 fl. 23 kr. und für den Gesellen 29 kr.
                                 Gewerbssteuer. Die fraglichen Auslagen sezen sich nun aus folgenden Elementen
                                 zusammen.
                              
                                 
                                    Auslagen fuͤr 43 5/10
                                       Tannenstaͤmme
                                    1903 fl. –  kr.
                                    
                                 
                                    Arbeitslohn fuͤr 2
                                       Arbeiter
                                      200
                                       –  –  –
                                    
                                 
                                    Kost, Logis u.s.w. der lezteren
                                      180
                                       –  –  –
                                    
                                 
                                    Zinsen des stehenden Capitals
                                       (Maschinen etc.) zu 5 Proc.
                                        15
                                       –  –  –
                                    
                                 
                                    Zinsen des umlaufenden Capitals (von
                                       2280 fl.) zu 5 Proc.
                                      114
                                       –  –  –
                                    
                                 
                                    
                                    –––––––––––
                                    
                                 
                                    
                                       Latus
                                       
                                    2412 fl. –  kr.
                                    
                                 
                                    Transport
                                    2412 fl  –  kr.
                                    
                                 
                                    Abnuͤzung und Reparaturen des
                                       stehenden Capitals zu 10 Proc.
                                        30
                                       –  –   –
                                    
                                 
                                    Gewerbesteuer
                                          3
                                       –  21 –
                                    
                                 
                                    
                                    –––––––––––
                                    
                                 
                                    Summa
                                    2445 fl. 21 kr.
                                    
                                 
                              Diese Summe von der Brutto-Einnahme von 3900 fl.
                                 abgezogen, gibt als reinen Ertrag des Gewerbes 1454 fl. 39 kr. So einträglich
                                 ist indessen dieses Gewerbe auf dem Schwarzwalde wohl im einzelnen Falle, im
                                 Durchschnitt aber nicht; denn der vorliegenden Berechnung ist der günstigste
                                 Fall zu Grunde gelegt. Im Mittlern Durchschnitt kommt auf einen Drehermeister
                                 eine jährliche Production von nicht mehr als 47,000 bis 48,000 Schilden. Würde
                                 er sich einer Handmaschine bedienen, so beliefe sich dieselbe im günstigsten
                                 Fall auf 23,400 Stük, im Werthe von 1560 fl., wozu er 13 Tannenstämme für 572
                                 fl. brauchte. Es bliebe ihm demnach ein jährlicher Ertrag von nur 988 fl., wovon
                                 er noch die Arbeiter bezahlen, die Kosten der Reparaturen u.s.w. bestreiten und
                                 die Zinsen des stehenden und umlaufenden Capitals deken müßte. Wo es daher dem
                                 Schilddreher möglich ist, legt er ein Wasserwerk an. Die Zahl der Schilddreher
                                 auf dem badischen Schwarzwalde ist 11, wie die im V. Abschnitt folgenden
                                 statistischen Tabellen nachweisen. Diese liefern zusammen 520,000 Uhrenschilde
                                 im Werthe von 34,666 fl., wozu sie 288 8/10 Tannenstämme verarbeiten.
                              
                           
                              II. Der Schildmaler.
                              Die Schildmalerei, seit dem Jahre 1770 eingeführt, bildet einen der bedeutendsten
                                 Erwerbszweige auf dem Gebiete der Uhrenindustrie, und sichert einer Menge von
                                 Familien Beschäftigung und Unterhalt. Die Werkstatt manches Schildmalers gleicht
                                 einer kleinen Fabrik; denn es gibt deren, welche 15 und mehr Arbeiter
                                 beschäftigen. Da die Uhrenschildmalerei ein Gewerbe ist, welches keine
                                 körperliche Anstrengung und einen geringen Capitalaufwand erfordert, so widmen
                                 sich demselben nicht selten ledige Frauenzimmer, bringen es jedoch in der Regel
                                 zu keinem erheblichen Verdienste.
                              Es ist die Aufgabe des Schildmalers, den Uhrenschild, welchen er vom
                                 Brettermacher bezieht, mit einer blendend weißen Grundfarbe zu überziehen, die
                                 Ziffern darauf zu verzeichnen und den übrigen Raum mit Blumen und allerlei
                                 Zierrathen zu bemalen. Da der bei weitem größte Theil der Uhren in die Hände des
                                 Landvolkes übergeht, welches nächst der Wohlfeilheit ein buntes Gemisch von
                                 grellen, in die Augen stechenden Farben liebt, so darf man auch unter den
                                 Producten der Schildmaler, welche die Schilde zu ordinären Uhren liefern, keine
                                 feine geschmakvolle Arbeit, sondern meistens steife, in schreienden Farben
                                 ausgestattete Phantasiegebilde suchen. Nichtsdestoweniger hat sich aus der Sphäre der
                                 handwerksmäßigen Schildmalerei manches Künstlertalent zu höheren Leistungen
                                 aufgeschwungen. Davon zeugen die wirklich werthvollen Oehlgemälde, mit welchen
                                 man nicht selten die Zimmer der Schildmaler ausgestattet findet. Talentvolle
                                 Maler finden an großen Spieluhrenschilden Gelegenheit, ihre Kunst zu erproben.
                                 Solche Schilde, deren Preis bis auf 150 fl. und darüber steigt, enthalten oft
                                 Gemälde von wahrhaft künstlerischem Werthe. Als die vorzüglichsten Schildmaler
                                 der gegenwärtigen Epoche verdienen folgende genannt zu werden: Adolph Brunner, Zeichnungslehrer an der Gewerbsschule in
                                 Neustadt, bildete sich, vom Staate unterstüzt, auf der Münchener Akademie; die
                                 Zeit, welche ihm sein Lehrberuf übrig läßt, widmet er der Schildmalerei. Seine
                                 Oehlgemälde auf Spieluhrenschilde charakterisieren sich durch Eleganz und
                                 Geschmak in der Darstellung, so wie auch durch eine Kraft und Wahrheit im
                                 Colorit, welche um so mehr Bewunderung verdient, als der junge Künstler in
                                 Ermangelung der nöthigen Hülfsmittel seine Gemälde nach Kupferstichen und
                                 Lithographien, die ihm gerade in die Hände fallen, ja sogar nach plastischen
                                 Arbeiten auszuführen sich genöthigt sieht. So sah unter Anderem der Verfasser
                                 von ihm ein vortreffliches Gemälde, einen Christus in Lebensgröße vorstellend,
                                 wozu eine in Holz geschnizte Figur als Original gedient hatte. Durch sein
                                 Bestreben, in die Form und Malerei der gewöhnlichen Uhrenschilde mehr Geschmak
                                 zu legen, erwirbt er sich den besonderen Dank seiner Landsleute. Wenn Brunner in der Darstellung historischer Gemälde
                                 hervorragt, so verdient Rimbrecht, Zeichnungslehrer
                                 an der Gewerbsschule in Tryberg, dessen Laufbahn mit der Schildmalerei begonnen
                                 hatte, als eine bedeutende Erscheinung im Fache der Genremalerei hier genannt zu
                                 werden. Der Staat, auf ihn aufmerksam gemacht, ließ ihn in Wien zu seinem
                                 künstlerischen Berufe sich ausbilden. Mehrere seiner Leistungen haben auf der
                                 Karlsruher Kunstausstellung ehrenvolle Anerkennung gefunden, und eines seiner
                                 Kunstproducte wurde von dem Großherzog selbst angekauft. Der Verfasser sah den
                                 genialen Entwurf und die einzelnen Studien zu einem Genregemälde, eine
                                 Schwarzwälder Hochzeit vorstellend, welches, für die Kunstausstellung bestimmt,
                                 ohne Zweifel Aufsehen erregt hat. Als die ersten Schildmaler von Profession sind
                                 in gegenwärtiger Epoche Placidus Kreuzer mit seinen
                                 Söhnen Apollo und Romulus
                                 in Furtwangen, und Heine in Neustadt weit und breit
                                 bekannt. Apollo Kreuzer steht zugleich durch sein
                                 ungewöhnliches musikalisches Talent unter seinen Landsleuten in besonderer
                                 Achtung. Seine Compositionen sind von den Verfertigern mechanischer Musikwerke
                                 sehr gesucht, und kein Fremder verläßt Furtwangen, ohne eine selbstcomponirte Symphonie
                                 oder Variation auf dem Pianoforte von ihm vorgetragen gehört zu haben.
                              Ich gehe nun zu der Darstellung des technischen
                                 Betriebes der Schildmalerei über, wobei ich mich, nächst den eigenen
                                 Beobachtungen, an die gefälligen Mittheilungen des Hrn. Rimbrecht halte. Die Vorarbeiten sind
                                 folgende. Zuerst wird der Schild in Leimwasser getränkt, und dann wiederholt mit
                                 einem Grund aus gepulverter Kreide, mit Leimwasser
                                 angerührt, überzogen, darauf getroknet. Lezteres geschieht entweder ganz
                                 einfach, indem man die Schilde an die Wände anlehnt, oder besser auf eigenen
                                 Trokenstöken, wovon Fig. 9 eine Abbildung
                                 zeigt. Nachdem der Schild getroknet ist, wird der Kreidengrund mit Bimsstein
                                 geschliffen. Nun kommt auf diesen Kreidengrund ein mehrmaliger Ueberzug von Kremserweiß in Terpenthinfirniß aufgelöst, welcher,
                                 sobald er troken ist, abermals mit Bimsstein abgeschliffen wird. Zum Schleifen
                                 bedient sich der Schildmaler des Fig. 10 in der
                                 perspektivischen Ansicht abgebildeten Apparates. Der Haupttheil desselben ist
                                 eine 2' im Durchmesser haltende steinerne horizontale Schwungscheibe A, welche sich mittelst eines Tretschämels a und eines einfachen Zwischenwerks leicht in
                                 Umdrehung sezen läßt. Das Gehäuse B, B, in welchem
                                 sie läuft, hat den Zwek, den Staub des Bimssteines und des Kremserweißes
                                 aufzunehmen. Aus dem Centrum der Scheibe ragt eine kleine Spize hervor, und
                                 rings um diese ist noch eine Anzahl Spizen gruppirt, auf welche der Arbeiter den
                                 Schild so drükt, daß sein Mittelpunkt mit dem Centrum der Scheibe zusammenfällt,
                                 und die grundirte Seite nach Oben sieht. Während er nun die Scheibe in raschen
                                 Umschwung versezt, bearbeitet er die grundirte Fläche mit gepulvertem
                                 Bimsstein.
                              Jezt erst erfolgt das Bemalen des Schildes. Die vorherrschenden Farben sind:
                                 Chromgelb, Wienerlak, Zinnober, Berggrün oder Grünspan und Kienruß; lezteres für
                                 die Ziffern. Von dem Scharlachroth kostet das Loth 3 fl.; ein Maler braucht
                                 davon jährlich ungefähr 4 Loth. Der Centner Bleiweiß, welches aus Straßburg
                                 bezogen wird, kostet 26 bis 27 fl. Um das Zifferblatt schnell eintheilen zu
                                 können, bedient sich der Schildmaler einer einfachen Pappdekelscheibe, Fig. 11,
                                 mit 12 schmalen, in der Richtung des Halbmessers liegenden, gleichweit von
                                 einander abstehenden Einschnitten. Diese Scheibe legt er so auf den Schild, daß
                                 ihr Mittelpunkt auf denjenigen des Schildes fällt, und markirt sodann, mit einem
                                 Bleistifte durch alle Einschnitte fahrend, die Stellen der Ziffern. Daß sich
                                 eine und dieselbe Scheibe für Uhren jeder beliebigen Größe eignet, versteht sich
                                 von selbst. Das Auftragen der bunten Malerei geschieht mit großer
                                 Geschiklichkeit, frei nach der Phantasie, ohne vorangehenden Entwurf, und mit
                                 fabrikmäßiger Geschwindigkeit in der Art, daß eine und dieselbe Farbe der Reihe
                                 nach auf Hunderte von Schilden angewendet wird, ehe man auf eine zweite Farbe
                                 übergeht. Ist das Zifferblatt vollständig übermalt und getroknet, so wird es mit
                                 einem Firniß, welcher aus Sandrak in Spiritus aufgelöst besteht, überzogen. Um
                                 dem Springen dieses Firnisses vorzubeugen, sezt man dieser Auflösung Balsam
                                 hinzu. Wenn das Zifferblatt wieder troken ist, so wird es auf der oben bereits
                                 beschriebenen Vorrichtung Fig. 10 mit
                                 Kreidestaub oder Trippel fein geschliffen, wobei man
                                 sich eines in Wasser getauchten Filzlappens bedient, und darauf mit einem
                                 Schwamme gereinigt. Nun folgt das „Balliren“ (Poliren) des
                                 Zifferblattes, indem man es mit einem reinen in Leinöhl getauchten
                                 Weißzeuglappen reibt, wodurch jener feine, durch das Schleifen verloren
                                 gegangene Glanz wieder hergestellt wird. Zulezt wird die noch anklebende
                                 Fettigkeit mit feinem, auf das Blatt gestreutem Mehle weggepuzt, womit sich die
                                 Reihe der verschiedenen Bearbeitungsacte, welchen der Uhrenschild in der
                                 Werkstatt des Schildmalers unterliegen muß, schließt. Seit neuerer Zeit werden
                                 statt aller Malerei häufig Kupferstiche und Lithographien auf die weißlakirten
                                 Uhrenschilde übergetragen und nachher angemalt – ein productiveres und
                                 ökonomischeres Verfahren. Ob indessen diese vorteilhafte Veränderung bei dem
                                 Landvolke, welches schreiende und dik aufgetragene Farben liebt, Eingang finden
                                 wird, ist beinahe zu bezweifeln.
                              Die fertigen Uhrenschilde werden zu halben Duzenden oder auch zu Duzend in Papier
                                 gepakt, so daß jedesmal zwei Schilde Zifferblatt gegen Zifferblatt kehren, mit
                                 Schnüren zugebunden und nicht an den Uhrenmacher, sondern an den Spediteur,
                                 welcher sie den Händlern im Ausland zusendet, oder auch unmittelbar an die
                                 leztern auf Bestellung verkauft. Diese befestigen dann den Schild nicht eher an
                                 das Uhrwerk, als kurz vor dem Verkauf der Uhr. Auffallend ist es, wie der
                                 Geschmak hinsichtlich der Malerei an den Schilden in verschiedenen Ländern
                                 differirt; England z.B. zieht, wie mir Händler versicherten, einfach bemalte,
                                 beinahe ganz weiße Zifferblätter vor, während die nach Frankreich gehenden
                                 Schilde über und über mit bunten Farben bedekt seyn müssen, so daß von dem
                                 weißen Grunde beinahe nichts mehr zu sehen ist.
                              Nicht unbedeutend ist die Zahl der jährlich gemalten Blechschilde, welche hauptsächlich für den transatlantischen Verkehr
                                 bestimmt sind, indem die hölzernen Schilde aus dem Ocean dadurch leiden, daß sie
                                 Feuchtigkeit anziehen und sich werfen. Dem Hrn. Brunner in Neustadt ist es in neuerer Zeit
                                 gelungen, sehr gute wasserdichte Uhrenschilde aus Pappdekel zu verfertigen, welche dem Preise nach zwischen die
                                 Holz- und Blechschilde zu stehen kommen. Er preßt den Pappdekel, tränkt
                                 ihn mit Oehl und bakt ihn in einem Bakofen; zulezt hobelt er ihn glatt. Diese
                                 Pappdekelschilde eignen sich, da sie wegen der Fettigkeit, womit sie
                                 durchdrungen sind, keine Feuchtigkeit einschluken, vorzüglich für den
                                 überseeischen Transport, und dürften daher mit der Zeit die theureren
                                 Blechschilde verdrängen. Brunner sucht ihnen überdieß
                                 eine von der bisherigen abweichende geschmakvollere Form zu geben, wovon die
                                 Fig.
                                    12 gegebene Abbildung eines seiner Schilde als Probe dienen mag.
                              Die Preise der gemalten Holzuhrenschilde sind nach sicheren Mittheilungen
                                 folgende:
                              
                                 
                                    ein
                                      8 zölliger
                                    Uhrenschild
                                    kostet
                                    – fl. 18 kr.
                                    
                                 
                                    
                                      9   –
                                        –
                                      –
                                    – –   24
                                       –
                                    
                                 
                                    
                                    10   –
                                        –
                                      –
                                    – –   32
                                       –
                                    
                                 
                                    
                                    11   –
                                        –
                                      –
                                    – –   42
                                       –
                                    
                                 
                                    
                                    12  –
                                        –
                                      –
                                    – –   54
                                       –
                                    
                                 
                                    
                                    13  –
                                        –
                                      –
                                    1 –     8
                                       –
                                    
                                 
                                    
                                    14  –
                                        –
                                      –
                                    1 –   24 –
                                    
                                 
                              Die Preise der gemalten Spieluhrenschilde bestimmen sich nach dem Werthe des
                                 Gemäldes und der äußeren Ausstattung. Ein vierekiger Schild mit vergoldetem
                                 Rahmen und emaillirtem Zifferblatte kann 100 bis 150 fl. kosten. Für 12 bis
                                 14zöllige Blechschilde, wozu der Aufwand für das Blech 48 bis 50 kr. beträgt,
                                 verlangt der Maler 2 fl. bis 2 fl. 24 kr. Der Preis ordinärer gemalter Blech
                                 schilde von 2 bis 4 Fuß Höhe, und aus zwei oder drei Stüken zusammengesezt,
                                 steigt von 10 fl. bis auf 30 fl.
                              Die Zahl sämmtlicher in den Amtsbezirken Neustadt und Tryberg beträgt nach
                                 amtlichen Mittheilungen 139, wovon 75 dem Amte Tryberg und 64 dem Amte Neustadt
                                 angehören. Die größte Anzahl Schildmaler sind in Furtwangen, nämlich 30; dann
                                 folgen Schönwald mit 21, Tryberg mit 17 und Röthenbach mit 9 Meistern. Nach der
                                 Angabe des Hrn. Rimbrecht
                                 malt ein fleißiger Arbeiter durchschnittlich in einem Tage 6 Schilde, oder
                                 jährlich 1872 Schilde, was mit den Angaben des Hrn. Pfarrers Görlacher in Furtwangen
                                 übereinstimmt, nach welchem 1 Mann mit einem Zurichter 1600 bis 2000 Stük
                                 gemalte Uhrenschilde in einem Jahre liefern kann. Man darf also die Mittelzahl
                                 1800 oder 1872 als jährliches Product eines Arbeiters annehmen. Wenn nun auf
                                 jeden Meister im Durchschnitt 1 Gesell gerechnet wird – eine Annahme,
                                 welche der Wirklichkeit ohne Zweifel sehr nahe kommt – so beläuft sich
                                 die jährliche Production an gemalten Uhrenschilden nach Rimbrechts Angabe auf 520,416 Stük. Dieses Resultat stimmt mit der
                                 bereits oben unter
                                 dem Artikel „Schilddreher“ berechneten Production genau
                                 überein. Das jährliche Quantum der verfertigten Uhrenschilde übersteigt, wie
                                 unter dem Artikel „Holzuhrenmacher“ nachgewiesen wird, die
                                 Zahl der jährlich producirten Uhren bedeutend – eine Thatsache, welche
                                 sich daraus erklärt, daß sehr häufig alte Uhren mit neuen Schilden versehen
                                 werden. Da die Größe der gesuchteren Sorten zwischen 9 und 12 Zoll liegt, so muß
                                 der mittlere Werth des gemalten Schildes zu 38 kr. festgesezt werden, um den
                                 Totalwerth der jährlichen Production bestimmen zu können. Dieser beträgt demnach
                                 316,920 fl. Ein Malergesell erhält jährlich 100 bis 112 fl. Arbeitslohn nebst
                                 Kost, Logis, Bett, Wäsche und „Schuhschmieren.“ Ein
                                 Zurichter erhält wöchentlich 36 kr. bis 1 fl. nebst Kost, Logis u.s.w. Ihre
                                 Arbeitszeit geht von 5 Uhr Morgens bis 9 Uhr Abends; was sie über diese Zeit
                                 arbeiten, wird ihnen mit 3 bis 4 kr. per Stunde
                                 besonders bezahlt.
                              Um zu beurtheilen, welches Einkommen dem Schildmaler sein Gewerbe unter sonst
                                 günstigen Verhältnissen sichert, nehme ich an, es beschäftige ein solcher 2
                                 Gesellen fürs Malen und 2 Gehülfen zum Farbenreiben, Grundiren und Schleifen.
                                 Nach den obigen Durchschnittsresultaten liefert er mit seinen 2 Gesellen
                                 jährlich 5400 Schilde im Werth von 3420 fl. Um den reinen Ertrag, welchen er von
                                 dieser Summe bezieht, zu erhalten, müssen die Capitalauslagen für das Material,
                                 Arbeitslöhne, die Zinsen des stehenden und umlaufenden Capitals, und die
                                 Gewerbesteuer abgezogen werden. Die Kosten des Materials zu einem 9 bis
                                 12zölligen Schilde betragen 12 bis 18 kr., oder die Auslagen fürs Stük
                                 durchschnittlich 15 kr., wobei der rohe Schild selbst mit 5 kr. in Anschlag
                                 gebracht ist; mithin die directen Auslagen für 5400 gemalte Schilde 1350 fl. Die
                                 jährliche Summe für Arbeitslöhne beläuft sich auf 295 fl. 12 kr. Für Kost, Logis
                                 und Wäsche darf man täglich 15 kr. auf den Arbeiter rechnen, daher jährlich auf
                                 alle vier 365 fl. An Gewerbesteuer bezahlt der Schildmaler für sich und 2
                                 Gesellen jährlich 3 fl. 21 kr. Das stehende Capital des Schildmalers ist höchst
                                 unbedeutend, es beschränkt sich auf einige einfache Apparate; die Zinsen
                                 desselben sind daher außer Acht zu lassen. Zählt man nun alle hier aufgezählten
                                 Auslagen zusammen, so stellt sich die Sache so:
                              
                                 
                                    Material zu 5400 gemalten
                                       Schilden
                                    1350 fl. –  kr.
                                    
                                 
                                    Arbeitslohn fuͤr 2 Gesellen und
                                       2 Gehuͤlfen
                                      295 –  12
                                       –
                                    
                                 
                                    Kost und Logis fuͤr 4
                                       Arbeiter
                                      365 –  
                                       –  –
                                    
                                 
                                    Gewerbesteuer
                                          3
                                       –  21 –
                                    
                                 
                                    Zinsen des umlaufenden Capit. (2013 fl.
                                       33 kr. zu 5 Proc.)
                                      100 –  40
                                       –
                                    
                                 
                                    
                                    –––––––––––
                                    
                                 
                                    Summa
                                    2114 fl. 13 kr.
                                    
                                 
                              
                              Zieht man diese Summe von dem Werthe der jährlichen Production, nämlich von 3420
                                 fl. ab, so bleibt dem Schildmaler, welcher 2 Gesellen und 2 Gehülfen unausgesezt
                                 beschäftigt, ein reines Einkommen von 1305 fl. 43 kr. Der reine Ertrag eines
                                 Schildmalers steigt mit der Anzahl der Gesellen, welche er beschäftigt. Aus
                                 diesen Untersuchungen, wenn sie auch kein absolut sicheres Resultat liefern,
                                 geht doch so viel hervor, daß ein Schildmaler, welcher fortwährend mehrere
                                 Arbeiter beschäftigen kann, sich sehr gut steht. Mit Recht darf er indessen auf
                                 einen mehr als gewöhnlichen Unternehmergewinn Anspruch machen, da sein Gewerbe
                                 in die Reihe der ungesunden gehört, so wie auch den Gesellen mit vollem Rechte
                                 ein höherer Arbeitslohn zusteht. Der Schildmaler arbeitet Jahr aus Jahr ein in
                                 einer mit Terpenthindünsten und Farbetheilen geschwängerten Atmosphäre. Am
                                 schädlichsten wirkt das Arbeiten mit Bleiweiß auf den
                                 körperlichen Zustand; Bleikolik und Auszehrung findet man häufig im Gefolge
                                 dieser Beschäftigung. Um diesem Uebel wenigstens nach Kräften vorzubeugen,
                                 sollte ernstlich darauf gesehen werden, daß das Anreiben und Auftragen des
                                 Kremserweißes, so wie auch das Schleifen des Farbengrundes in einem
                                 abgesonderten Raume geschieht, und nicht, wie dieses allzuhäufig vorkommt, in
                                 demselben Zimmer, worin die Maler beschäftigt sind, damit nicht auch diese dem
                                 Einflusse des giftigen Stoffes ausgesezt sind. Auf eine zwekmäßige Ventilation
                                 des Locales sollte außerdem besonderes Augenmerk gerichtet werden.
                              
                           
                              III. Der Uhrengloken- und
                                    Uhrenrädergießer.
                              Die ersten Gloken zu den Schlaguhren wurden, wie ich in der geschichtlichen
                                 Einleitung bemerkte, im Jahre 1760 verfertigt; kurz darauf entstand die erste
                                 Gießhütte, und in den 90ger Jahren waren bereits 10 derselben, wenn auch mit
                                 noch unvollkommenen Einrichtungen, im Betriebe. Die später hinzugekommenen
                                 Verbesserungen im Gießen hatten die allgemeinere Einführung metallener
                                 Uhrenräder zur Folge. Man findet jezt nur noch selten hölzerne Räder in den
                                 Uhren.
                              Die Anzahl sämmtlicher in den betreffenden Amtsbezirken im Gange befindlichen
                                 Gießhütten beträgt gegenwärtig im Amte Tryberg 12 und im Amte Neustadt 7,
                                 zusammen 19 in 9 Ortschaften vertheilt.
                              
                              
                                 
                                    Furtwangen
                                    besizt
                                      4 Gießhuͤtten
                                    
                                 
                                    Guͤtenbach
                                      –
                                      2    –
                                    
                                 
                                    Neukirch
                                      –
                                      3    –
                                    
                                 
                                    Neustadt
                                      –
                                      2    –
                                    
                                 
                                    Roͤthenbach
                                      –
                                      1    –
                                    
                                 
                                    Schaͤnwald
                                      –
                                      1    –
                                    
                                 
                                    Tryberg
                                      –
                                      2    –
                                    
                                 
                                    Vierthaͤler
                                      –
                                      3    –
                                    
                                 
                                    Voͤhrenbach
                                      –
                                      1    –
                                    
                                 
                                    
                                    
                                    –––––––––––
                                    
                                 
                                    
                                    
                                    19 Gießhuͤtten.
                                    
                                 
                              Die Composition für Gloken besteht aus 3 Theilen
                                 Kupfer und 1 Theil englisches Zinn, für Räder aus 1
                                 Th. Kupfer und 1 Th. Zink. Einige Gießer erhöhen die Güte des Fabricats durch
                                 einen Zusaz von mehr Kupfer. Da bei starker Hize das Zink sich zum Theil
                                 verflüchtigt, so nimmt der Gießer in Berüksichtigung dieses Umstandes immer
                                 etwas mehr Zink zum Kupfer.
                              
                                 
                                    Der
                                    Centner
                                    Kupfer
                                    kostet
                                    60 fl.
                                    
                                 
                                     –
                                        –
                                    Zink
                                      –
                                    15 –
                                    
                                 
                                     –
                                        –
                                    Zinn
                                      –
                                    60 –
                                    
                                 
                              Das Kupfer wird aus Ungarn, Rußland und Schweden bezogen, das Zink aus Preußen
                                 und das Zinn aus England. Drei Mann verarbeiten nach zuverlässigen Angaben
                                 jährlich 100 Cntr. zu Gloken, Rädern und Zeigern. Rechnet man auf jede Gießhütte
                                 mit dem Meister 3 Mann, was nach meinen Beobachtungen im Durchschnitte wirklich
                                 der Fall ist, so beträgt die jährliche Production an Gloken, Rädern u.s.w. auf
                                 dem ganzen Uhrendistrikt 1900 Cntr.
                              Ich besuchte zwei Gießhütten, die des Joachim Wehrle
                                 in Furtwangen, deren zwekmäßige Einrichtung dem Besizer zur besonderen Ehre
                                 gereicht, und die des Vincenz Siedle in Tryberg. In
                                 der ersteren beobachtete ich den Guß von Gloken und Rädern näher. Je nach
                                 eingelaufenen Bestellungen von Seiten der Uhrenmacher werden Gloken oder Räder
                                 „geschüttet“, und zwar viermal täglich. Die Formen oder
                                 Flaschen, Fig.
                                    16, worin Gloken und Räder gegossen werden, sind oval, 1 1/2 Fuß lang,
                                 und 8 Zoll breit. Für die Gloken werden zwei Formhälften genommen, und je 4 oder
                                 mehrere Formen zwischen einen hölzernen Rahmen geschraubt, wie die obere Ansicht
                                 Fig.
                                    17 zeigt; a, a, a sind die Flaschenhälse,
                                 in welche gegossen wird, sonst bedarf die Figur keiner näheren Erklärung.
                                 Zwischen je zwei Formhälften kommen 7 Gloken, deren Anordnung im Formsande Fig. 18
                                 darstellt. Wehrle gießt die Gloken jedesmal in 24
                                 Formen zwischen 6 Rahmen, mithin liefert er auf jeden Guß 168 Gloken. Die
                                 Flaschen für den Räderguß sind flacher, als die für den Glokenguß, auch braucht
                                 Wehrle für dieselben keine zwei Formhälften. Allemal 10 Formen
                                 werden in der Art, wie Fig. 19 zeigt, auf
                                 einander gelegt; zwischen jede Form kommen 12 Räder. Bei jedem Guß füllt Wehrle 50 solcher Formen, mithin kann er 600 Räder
                                 auf einmal oder 2400 in einem Tage gießen. Räder, Gloken, Zeiger u.s.w. werden
                                 nach dem Pfunde verkauft; der Preis eines Pfundes Räder wechselt zwischen 54 kr.
                                 und 1 fl. 3 kr. Das Formen geschieht auf folgende Art. Der Arbeiter nimmt eine
                                 mit Formsand gefüllte und getroknete Flasche, sezt sie auf den Formtisch und
                                 legt die messingenen Räderformen darauf; nun dekt er eine zweite Flasche
                                 darüber, und füllt sie mit Sand aus; diesen preßt er in die Form, indem er eine
                                 Kanonenkugel darüber hin- und herrollt; das Ganze ebnet er sodann mit
                                 einem Streicheisen. Wird nun der obere Rahmen abgehoben, so haben alle Räder
                                 sich vollkommen vertieft darin abgedrükt. Auf analoge Weise verfährt der
                                 Arbeiter mit der dritten, vierten u.s.w. Flasche. Bevor sie indessen zwischen
                                 jenen hölzernen Rahmen Fig. 17 geschraubt
                                 werden, kommen sie in den Troknenofen. Ein eigenes mit Rädern versehenes Gestell
                                 nimmt sie zu diesem Zwek auf. Fig. 20
                                 A zeigt dieses Gestell mit einer Anzahl zu
                                 troknender Flaschen in der Seitenansicht, und B im
                                 Durchschnitte nach der Linie x, y: a, a sind die in
                                 zwei Reihen zwischen dünnen eisernen Geländern angeordneten und durch eiserne
                                 Querstäbe von einander getrennten Flaschen. Der Troknenraum befindet sich
                                 unmittelbar über dem Schmelzofen und wird von der Flamme des lezteren bespült.
                                 Mit Hülfe eines kleinen Krahns wird der mit Flaschen beladene Wagen
                                 emporgewunden und auf einer Eisenbahn in den Trokenraum geschoben. In 3 Stunden
                                 sind die Formen troken. Das Schmelzen selbst geschieht in Passauer Tiegeln,
                                 wovon das Stük, welches höchstens 12 Güsse aushält, 35 kr. kostet. Man feuert
                                 mit Holzkohlen, untermischt mit Tannenzapfen. Der Gießer benüzt auch den in den
                                 Werkstätten der Uhrmacher abgehenden Messingfeilstaub, aus welchem er mit Hülfe
                                 eines Magnetes vorsichtig alle Eisentheilchen absondert.
                              Nimmt man, wie oben, die Gesammtproduction an Gloken und Rädern zu 1900 Cntr. an,
                                 und den Durchschnittspreis eines Pfundes zu 1 fl., so beläuft sich der jährliche
                                 Werth dieser aus den Gießhütten des betreffenden Industriebezirkes
                                 hervorgehenden Erzeugnisse auf 190,000 fl. Der Preis des Materials zu Rädern
                                 kommt auf 38 fl. per Centner, zu Gloken auf 60 fl.
                                 per Centner. Der mittlere Preis des Materials zu
                                 Gloken und Rädern kann demnach unter der Voraussezung, daß von beiden Waaren dem
                                 Gewichte nach gleich viel gegossen wird, zu 49 fl. per Centner angenommen werden. Diese Berechnung auf die
                                 Gesammtproduction von 1900 Cntr. ausgedehnt, betrügen die Kosten des
                                 Materials 93,100 fl. Zieht man diese Summe von jenem Werthe der ganzen
                                 Fabrication ab, so bleiben noch 96,900 fl. als Ertrag übrig, welcher sich auf 19
                                 Gießereien vertheilt, so daß auf jede derselben jährlich 5100 fl. kommen. Davon
                                 sind aber noch die sehr bedeutenden Erzeugungskosten, nämlich die Auslagen für
                                 Brennmaterial, Tiegel, Arbeitslöhne, Reparaturen u.s.w. zu bestreiten und die
                                 Zinsen des Betriebscapitales abzuziehen, um den reinen Ertrag zu erhalten.
                              
                           
                              IV. Der Tonfedernmacher.
                              Die Fabrication der spiralförmigen stählernen Tonfedern, welche die Stelle der Gloken sehr vortheilhaft vertreten,
                                 ist ein auf dem Schwarzwalde ganz neu etablirter Gewerbszweig. Er wird nur von
                                 wenigen Individuen fabrikmäßig betrieben. Die besten Federn soll Kuenz aus Friesenheim bei Lahr, welcher sein Gewerbe
                                 in Wien erlernte, verfertigen; er hatte im Sinn, auf dem Schwarzwalde sich zu
                                 etabliren. Nach ihm ist Bernh. Schwer in Tryberg zu
                                 nennen. Das Material zu den Federn ist Gußstahl.
                                    Schwer bezieht ihn aus Schaffhausen in kleinen prismatischen Stangen,
                                 das Pfund für 30 kr. Das Pfund englischen Stahldrahtes, welcher keine so gute
                                 Waare liefern soll, kommt auf 1 fl. 48 kr. Die prismatischen Stahlstangen werden
                                 auf der Ziehbank zu Draht gezogen. Diesem wird sofort zuerst durch Wikeln auf
                                 eine Scheibe Rundung gegeben, darauf wird er aus freier Hand mit einer
                                 breitmäuligen Zange ziemlich mühsam in die übliche Spiralform gebogen. Zur
                                 Erleichterung dieser Arbeit besizt das Maul der Zange eine krumme Rinne, in
                                 welcher der Draht in seine eigenthümliche Krümmung gepreßt wird. Schwer verfertigt mit 4 Arbeitern 12,000 bis 14,000
                                 Stük in einem Jahre, das Stük zu 15 bis 18 kr. Vor 10 Jahren wurde die
                                 Stahlfeder noch mit 48 kr. bezahlt.
                              
                           
                              V. Der Kettenmacher.
                              Die Einführung messingener und eiserner Ketten in der einfachen, Fig. 21 dargestellten
                                 Form als Träger der Gewichte anstatt der Schnüre, hat in neuerer Zeit viel
                                 Beifall gefunden. In Folge der starken Nachfrage nach diesem Artikel wird die
                                 Fabrication desselben auf dem Schwarzwalde bereits von 5 Individuen
                                 ausschließlich betrieben, und viele beschäftigen sich mit Kettenmachen als einer
                                 ziemlich einträglichen Nebenerwerbsquelle. Die Verfertigungsart der
                                 Messing- oder Eisenketten ist einfach und leicht. Der Draht wird um ein
                                 ovales, auf einer Drehbank in schnelle Umdrehung geseztes Metallstük so
                                 gewunden, daß die Windungen eng hei einander liegen. Indem der Arbeiter nun die
                                 einzelnen Windungen mittelst einer Schere von einander trennt, erhält er lauter
                                 ovale Glieder. Diese werden in einander gestekt und so zurecht geklopft, daß
                                 ihre Enden sich berühren. Zu demselben Zweke bedienen sich auch einige einer
                                 Zange, in deren Maul die Form der ovalen Glieder vertieft gearbeitet ist. Die
                                 noch nicht gehörig schließende Kette hat Glied vor Glied diese Zange zu
                                 passiren, in welcher sofort die Ovale zugepreßt werden. Der Kettenfabrikant
                                 verfertigt zugleich auch Kettenräder. Diese bestehen
                                 aus einer messingenen oder hölzernen Scheibe, auf deren Umfang eine Anzahl
                                 Stifte in gleichen Abständen befestigt ist, in welche die Kettenglieder, um
                                 nicht auszugleiten, greifen. Der Kettenmacher liefert dem Uhrenmacher die Ketten
                                 und Kettenräder zu nachstehenden Preisen:
                              
                                 
                                    2 Stuͤk eiserne
                                    12 kr.
                                    
                                 
                                    2 Stuͤk messingene
                                    30 –
                                    
                                 
                                    Messingene Kettenraͤder das
                                       Paar
                                    18 –
                                    
                                 
                                    Hoͤlzerne
                                      1 –
                                    
                                 
                              Ein Arbeiter verfertigt täglich 8 bis 10 Paar Ketten, das Paar zu 16',
                                 deßgleichen 15 Paar messingene Räder, oder 100 Stük hölzerne. Für den Centner
                                 Messingdraht bezahlt der Kettenmacher 80 fl.
                              Augustin Kienzler, Werkzeugmacher in Tryberg, ein
                                 junger äußerst talentvoller Mann, erfand und führte im Laufe des verflossenen
                                 Jahres eine Maschine zur Verfertigung der Ketten aus, deren merkwürdiger
                                 Mechanismus von dem ungewöhnlichen Scharfsinne des Erfinders spricht. Ich
                                 überzeugte mich selbst von den in hohem Grade überraschenden Wirkungen dieser
                                 Maschine, welche, den Raum von ungefähr 2 Quadratfuß einnehmend, mittelst eines
                                 Tretschemels mit größter Leichtigkeit in Bewegung gesezt wird. Auf der einen
                                 Seite gelangt der rohe Draht in die Maschine, und auf der andern Seite kommt die
                                 Kette, in ihren Gliedern vollkommen zusammenhängend, also ganz fertig, zum
                                 Vorschein. Das Modell zu dieser Maschine befindet sich in der technologischen
                                 Modellsammlung zu Tübingen. Felix Faller von
                                 Spitzenwald soll eine Maschine zur Verfertigung von Uhrengewichtketten Vaukanson'scher Art erfunden haben.
                              
                           
                              VI. Der
                                    Uhrengestellmacher.
                              Der Gestellmacher liefert dem Uhrenmacher die Gestelle aus Buchenholz. Diese sind
                                 der Größe und dem Preis nach verschieden, je nachdem sie zu 12stündigen oder
                                 24stündigen u.s.w. Uhren gehören. Ein Gestellmacher verarbeitet in einem Jahre
                                 ungefähr 4 Buchen à 20 fl. Ein Stamm wird zu
                                 20 bis 26 Schuh gerechnet, der Schuh zu 1 fl., wenn die Buche über dem Stok 3
                                 Schuh mißt. Die Gestellmacherei bietet nichts technisch Hervorzuhebendes dar; denn die
                                 Arbeiten dieses Fabriczweiges sind von denjenigen eines gewöhnlichen Tischlers
                                 wesentlich nicht verschieden. Die Preise der Gestelle sind:
                              
                                 
                                    Kleine 12stuͤndige
                                       Uhrengestelle
                                      5 kr.
                                    
                                 
                                    Vierundzwanzigstuͤndige
                                       uͤbersezte
                                      7 –
                                    
                                 
                                    24stuͤndige uͤbersezte
                                       mit neben einander liegendenLaͤufen
                                    12 –
                                    
                                 
                                    Ekige uͤbersezte
                                       Viertelgestelle
                                    15 –
                                    
                                 
                                    Breite uͤbersezte
                                       Viertelgestelle
                                    20 –
                                    
                                 
                                    Achttaguhrengestell
                                    17 –
                                    
                                 
                                    Achttaguhren-Viertelgestell
                                    30 –
                                    
                                 
                              Zur Verständigung einiger Ausdrüke bemerke ich, daß unter Mündigem, 24stündigem
                                 Uhrengestell das Gestell zu einer 12 und 24 Stunden lang gehenden Uhr zu
                                 verstehen ist; eben so ist ein überseztes Gestell das Gestell zu einer
                                 übersezten Uhr, d.h. zu einer Uhr, welche wenigstens 24 Stunden lang in einem Aufzuge geht; ein Viertelgestell ist das
                                 Gestell zu einer Uhr, welche Viertelstunden schlägt. Unter Läufen versteht der
                                 Schwarzwälder die beiden im Gestelle befindlichen Abtheilungen fürs Geh-
                                 und Schlagwerk, welche bei einigen Uhren, den „ekigen“
                                 hinter einander, bei anderen, den „breiten“ neben einander
                                 liegen.
                              Die Zahl sämmtlicher in den beiden industriösen Amtsbezirken etablirten
                                 Gestellmacher beträgt im Amte Tryberg 50 und im Amte Neustadt 19, im Ganzen 69,
                                 welche in 17 Ortschaften vertheilt sind und jährlich 550 Buchenstämme im Werthe
                                 von 11,000 fl. zu Uhrengestellen verarbeiten. Ein Gestellmacher verfertigt nach
                                 Hrn. Görlachers gefälligen
                                 Mittheilungen mit 2 Gesellen in einer Woche 19 bis 20 Duzend Gestelle
                                 verschiedener Sorte, also wochentlich wenigstens 228 oder jährlich 11,856 Stük.
                                 Da die jährliche Production an fertigen Uhren, wie im V. Abschnitt nachgewiesen
                                 wird, im mittleren aus mehreren Berechnungen gezogenen Durchschnitte 503,094
                                 Stük beträgt, so ist auch anzunehmen, daß die Production an Gestellen diese Zahl
                                 nicht überschreiten werde, so daß also auf jeden Gestellmacher im Durchschnitt
                                 7291 Gestelle kommen. Sezt man den mittleren Preis des Gestelles zu 9 kr. fest,
                                 so beläuft sich der jährliche Werth der ganzen Fabrication an Uhrengestellen auf
                                 75,464 fl. Indem wir nun das jährliche Einkommen eines Gestellmachers, welcher 2
                                 Gesellen beschäftigt, berechnen, nehmen wir an, sein Geschäft erleide das Jahr
                                 über keine Unterbrechung. Wie oben schon bemerkt wurde, liefert er unter diesen
                                 Umständen jährlich 11,856 Stük im Werth von 1778 fl. Von dieser Summe, welche er
                                 aus den Händen des Uhrmachers erhält, bleibt ihm der unten berechnete Gewinn übrig. Das
                                 erforderliche stehende Capital ist gering; eine Hobelbank, Drehbank sammt
                                 Werkzeugen sind mit 200 fl. angeschafft; der Verbrauch an Buchenholz beträgt,
                                 wenn der Gestellmacher sich 2 Gesellen hält, jährlich 12 Stämme à 20 fl. Ein Gesell erhält 1 fl. 12 kr.
                                 Wochenlohn mit Kost, Logis und Wäsche. Ein Lehrjunge bezahlt für 1 Jahr Lehrzeit
                                 der Meisterin 2 fl. 42 kr. und 1 fl. der Magd, im zweiten Jahr bekommt er 33 bis
                                 40 fl. Lohn nebst Kost, Logis u.s.w.
                              Unter den vorliegenden Verhältnissen läßt sich nun der reine Ertrag, welchen ein
                                 Gestellmacher aus seinem Gewerbe schöpfen kann, folgendermaßen berechnen:
                              
                                 
                                    Werth der Production
                                    1728 fl.
                                    –  kr.
                                    
                                 
                                    
                                    –––––––––––
                                    
                                 
                                    12 Buchenstaͤmme
                                      240 fl.
                                    –  kr.
                                    
                                 
                                    Arbeitslohn fuͤr 2
                                       Gesellen
                                      124 –
                                    48 –
                                    
                                 
                                    Kost, Logis u.s.w. der leztern
                                      182 –
                                    30 –
                                    
                                 
                                    Zinsen des stehenden und
                                       umlaufendenCapitals zu 5 Proc.
                                        37
                                       –
                                    21 –
                                    
                                 
                                    Abnuzung der Instrumente zu 10
                                       Proc.
                                        20 –
                                     –  –
                                    
                                 
                                    Gewerbesteuer
                                          2
                                       –
                                    41 –
                                    
                                 
                                    
                                    –––––––––––
                                    
                                 
                                    Summa der Ausgaben
                                      607 fl.
                                    21 kr.
                                    
                                 
                                          –      
                                       –      
                                       –      von 1728 fl.
                                       abgezogen
                                    1120 –
                                    39 – als Reinertrag.
                                    
                                 
                              
                           
                              VII. Der
                                    Uhrenräderdreher.
                              Einen weiteren Beweis, wie der Schwarzwälder Gewerbtreibende seinen
                                 Speculationsgeist in einer ausgedehnten Arbeitstheilung offenbart, liefert der
                                 Uhrenräderdreher. Dieser arbeitet für den Uhrmacher auf Bestellung; sein
                                 Geschäft ist, die rohen Uhrenräder und Gloken, welche er unmittelbar aus der
                                 Gießhütte bezieht, nach dem vom Uhrenmacher gegebenen Maaße rund und glatt zu
                                 drehen, wozu er sich einer gewöhnlichen Drehbank bedient. Erst der Uhrenmacher
                                 schneidet die Zähne in die Räder ein. Dieser höchst einfache Manufacturzweig
                                 beschäftigt, dem Auszuge aus den Gewerbsteuerkatastern gemäß, 33 Familien, wovon
                                 31 dem Amte Tryberg und 2 dem Amte Neustadt angehören. Da sich über die
                                 Uhrenräderdreher nichts Erhebliches weiter sagen läßt, so gehen wir auf die
                                 Hauptabtheilung der Schwarzwälder Uhrenindustrie über, nämlich auf die
                                 eigentliche Holzuhrenmacherei.
                              
                           
                              VIII. Der
                                    Holzuhrenmacher.
                              Alle jene Producte, welche aus den Händen der im Vorhergehenden genannten
                                 Manufacturisten kommen, sind unter die Classe der Vor- und Nebenarbeiten
                                 zu stellen. Sie gehen in die Hände des Uhrmachers über, welcher ihnen die
                                 Vollendung gibt, sie zusammensezt und ajustirt. Er ist es, durch welchen die Uhr
                                 eigentlich erst ihre Seele erhält.
                              
                              Die Werkstube des Uhrmachers ist durchaus reinlich und hell; eine Reihe ohne
                                 Zwischenräume an einander liegender Fenster mit hellen Scheiben, die sorgfältig
                                 gepuzt werden, verbreitet in dieser Stätte des unermüdlichsten Fleißes jenes
                                 freundliche Tageslicht, welches bei Anwendung feiner Werkzeuge unerläßliche
                                 Bedingung ist. An sauberen, mit erhabenen Randleisten versehenen Tischen
                                 arbeiten die Gesellen mit ihrem Meister, jeder eine weiße Schürze vorgebunden,
                                 und zur Abhaltung fremden Lichtes eine Kappe oder einen grünen Schirm auf dem
                                 Kopf. Reihenweise liegen die Uhrengestelle neben einander geordnet auf den
                                 Werktischen, vor jedem ein Häufchen Räder. Den ganzen Tag über wird zwischen den
                                 Gesellen, so lange sie an ihrer Arbeit sizen, kein Wort gewechselt; streng hält
                                 der Meister darauf, daß jeder mit ganzer Seele bei seiner Arbeit sey.
                              Nur durch seinen und seiner Gesellen unausgesezten Fleiß ist der Uhrenmacher im
                                 Stande, bei der großen Concurrenz und dem geringen Preis des Fabricats sich auf
                                 der Stufe eines mäßigen Wohlstandes zu erhalten. Ich hörte häufig die Bemerkung,
                                 die Uhrenmacher im Amte Tryberg seyen im Allgemeinen fleißiger, als die im Amte
                                 Neustadt; bis der Neustädter an die Arbeit kommt, habe der Tryberger bereits
                                 eine Uhr gemacht; vermuthlich wenden die Neustädter dasselbe Sprüchwort auf die
                                 Tryberger an. Dieses deutet immer auf eine industrielle Rivalität zwischen
                                 beiden Amtsbezirken, welche dem Gewerbe eben nicht nachtheilig seyn kann.
                              Die normale Arbeitszeit des Uhrmachers ist, wie früher bereits erwähnt wurde, von
                                 Morgens 5 Uhr bis Abends 9 Uhr; sie wird übrigens nach Umständen von Morgens 4
                                 Uhr bis Abends 10 Uhr verlängert, wofür dann den Gesellen eine entsprechende
                                 Entschädigung zukommt. Die Essenszeit ist um 11 und 7 Uhr.
                              Was das Alter betrifft, in welchem der Uhrmacher seine Laufbahn beginnt, so
                                 verhält es sich damit im Allgemeinen wie mit jeder andern Profession. Hat der
                                 Knabe, der die Uhrmacherei erlernen will, einen Uhrmacher zum Vater, so lernt er
                                 das Handwerk gleichsam spielend vom 9ten, 10ten oder 11ten Jahre an neben dem
                                 Besuch der Schule. hiebei wird nun zwar die Bildung der betreffenden Kinder
                                 wenig gefördert, allein ein technischer Geist, ein industrielles Streben
                                 bemächtigt sich unwillkürlich des Knaben. Er gelangt autodidaktisch zur Kenntniß
                                 der Geseze der Mechanik und lernt sie anwenden, seine Lust an mechanischen
                                 Constructionen steigert sich mit jedem Rädchen, mit jedem Hebel, den er zu
                                 Stande gebracht hat; das Bild des Fleißes, welches er in der Werkstätte seines
                                 Vaters beständig vor Augen hat, läßt in ihm den Gedanken des Müßigganges nicht
                                 aufkommen; so wird er von zarter Kindheit an auf seine Bestimmung vorbereitet. Hat
                                 der Knabe nach zurükgelegtem 14ten Jahre die Werktagsschule verlassen, so wird
                                 er durch das Gewerbe ganz in Anspruch genommen, und ist oft nach einem Jahre
                                 schon oder gar nach einem halben Jahre Gesell. Der, welcher länger als Lehrjunge
                                 oder als Gesell arbeitet, steht seinen jüngeren Cameraden vor und verrichtet die
                                 schwereren Arbeiten bis zum gänzlichen Einrichten oder Einstellen einer Uhr aus
                                 allen ihren Bestandtheilen.
                              Der Uhrenmacher arbeitet beinahe durchgängig auf Bestellung für den Uhrenhändler
                                 und wird von diesem oder dem Spediteur, welcher die Verbindung zwischen beiden
                                 vermittelt, nach dem Duzend bezahlt. In welchem Verhältniß diese beiden Partien
                                 zu einander stehen, bringt die Natur der Sache mit sich; die Händler suchen die
                                 Preise der Uhren so weit als möglich herabzudrüken, während die Fabricanten sich
                                 bemühen, die Preise auf dem höchst möglichen Niveau zu erhalten. Leider gibt es
                                 manche Uhrmacher, welche zu geringeren Preisen schlechte Waare liefern, an
                                 schlechten Händlern Käufer finden, und so zur Schmälerung des Credits der
                                 Fabrication beitragen. Doch ein guter und verständiger Uhrmacher hält seine
                                 Preise so hoch und so lange als er kann, indem er wohl weiß, daß solide
                                 Speditoren und Händler nach seinen Fabricaten lieber greifen, als nach
                                 wohlfeiler und schlechter Waare. Die Paker oder Speditoren, welche für die
                                 Händler im Ausland die Uhren aufkaufen, sind in der Regel reiche Wirthe, und
                                 treiben noch nebenher einen Handel mit allen möglichen Waaren, Materialien und
                                 Viktualien, die sie den Uhrmachern anstatt der baaren Bezahlung anbieten und
                                 nicht selten aufdringen, und so noch im Bezahlen ihren Profit machen. Der
                                 Uhrenmacher selbst wird äußerst selten reich.
                              Die Gesammtzahl der in beiden Amtsbezirken selbstständig beschäftigten Uhrmacher
                                 beläuft sich auf 694; davon sind 429 im Amte Tryberg in 11 Ortschaften und 265
                                 im Amte Neustadt in 26 Ortschaften etablirt, woraus hervorgeht, daß Tryberg über
                                 die Hälfte mehr an Uhren producirt, als Neustadt. Im Bezirk Tryberg kommt auf 27
                                 6/10, im Bezirk Neustadt auf 57 6/10 Einwohner ein Uhrmachermeister. Die Orte,
                                 in welchen die in Rede stehende gewerbliche Branche am stärksten betrieben wird,
                                 sind in der nach der Zahl der beschäftigten Meister genommenen Reihenfolge:
                              
                                 
                                    Furtwangen
                                    mit
                                    120 Uhrmachermeistern
                                    
                                 
                                    Neukirch
                                      –
                                      73      –
                                    
                                 
                                    Gütenbach
                                      –
                                      77      –
                                    
                                 
                                    Schönwald
                                      –
                                      64      –
                                    
                                 
                                    Neustadt
                                      –
                                      56      –
                                    
                                 
                                    Eisenbach
                                      –
                                      31      –
                                    
                                 
                                    Nusbach
                                      –
                                      28      –
                                    
                                 
                                    Schonach
                                    mit
                                      24 Uhrmachermeistern
                                    
                                 
                                    Tryberg
                                      –
                                      22      –
                                    
                                 
                                    Rohrbach
                                      –
                                      18      –
                                    
                                 
                                        etc.
                                    
                                    etc.     etc.
                                    
                                 
                              Mustert man die Producte der Uhrmacher etwas näher, so wird man durch die
                                 Mannichfaltigkeit und Abwechslung in Größe, Form und Mechanik, wonach dann auch
                                 die Preise sich stufenweise gestalten, überrascht. Einen Ueberblik über die
                                 verschiedenen Uhrengattungen erhält man durch folgende Eintheilung. Alle Uhren
                                 sind entweder
                              A) Gehuhren, d.h. Uhren ohne Schlagwerk, oder
                              B) Schlaguhren, d.h. Uhren mit Schlagwerk. Diese
                                 sind
                              
                                 a) Stundenuhren,
                                 b) Halbstundenuhren,
                                 c) Vierteluhren,
                                 
                              Schlag- und Gehuhren werden eingetheilt, wie
                                 folgt:
                              I) Große mit lakirtem Zifferblatt;
                              
                                 a) 12stündige,
                                 b) 24stündige,
                                 c) 8 Taguhren,
                                 d) Figurenuhren,
                                 e) ordinäre Spieluhren.
                                 
                              II) Kleine mit Emaillezifferblatt;
                              
                                 a) 24stündige,
                                 b) 8 Taguhren.
                                 
                              Die kleinen Uhren wurden vor 30 Jahren zuerst von einem Schwarzwälder Namens
                                 Jakob Jakob gemacht; jedoch erst durch Scherzinger kamen sie immer mehr in Aufnahme. Eine
                                 Menge Meister fingen nun auf einmal an, sich ausschließlich mit Verfertigung
                                 kleiner Uhren zu beschäftigen, und in Folge der dadurch entstandenen Concurrenz
                                 sank der Preis derselben innerhalb der lezten Jahre um 1 fl. 12 kr. Als Denkmal
                                 für den ersten Verfertiger wird diese Uhrengattung noch häufig unter dem Namen
                                 „Zweimal Jokele“ bestellt und versendet.
                              Hinsichtlich des Betriebes der Fabrication ist die irrige Ansicht ziemlich
                                 verbreitet, der Schwarzwälder Uhrenmacher entbehre zum größten Theil jener
                                 technischen Hülfsmittel, welche die Fortschritte anderer mechanischer
                                 Industriezweige bezeichnen und ihre großartigen Resultate hervorrufen; eine
                                 Schwarzwälder Uhr sey das baufällige Surrogat einer guten Uhr und das
                                 unvollkommene Product mühsamer Handarbeit. Nur topographisch von der Welt
                                 abgeschlossen, sezte den Uhrmacher der ausgedehnte Verkehr mit den industriösesten Nationen in den
                                 Stand, alle jene Wohlthaten der im Gebiete des Maschinenwesens hervorgerufenen
                                 Erfindungen und Vervollkommnungen sich zuzueignen und für seine Zweke
                                 anzuwenden. Hat ihn sein praktischer Blik von der vortheilhaften Anwendbarkeit
                                 einer Erfindung überzeugt, so scheut er auch die Kosten nicht, den betreffenden
                                 Apparat in seiner Werkstatt einzuführen. Hiezu kommt noch dasjenige, was sein
                                 eigener in der Ausübung seines mechanischen Gewerbes und durch die Aussicht auf
                                 Verbesserung seiner bürgerlichen Existenz angeregter Erfindungsgeist zu Tage
                                 fördert. Das hauptsächlich gibt einem thätigen Manufacturisten dem Händler
                                 gegenüber, für den er arbeitet, und dessen Bestreben dahin geht, die Preise so
                                 weit als möglich herabzudrüken, einiges Gegengewicht, daß er in der
                                 Vervollkommnung und Erfindung von Maschinen und in der Auffindung technischer
                                 Kunstgriffe ein Mittel besizt, die Arbeit sich zu erleichtern und die Production
                                 zu vermehren, ohne deßhalb die Preise sogleich erniedrigen zu müssen. Die
                                 Aussicht auf eine möglichst unabhängige Existenz ist für ihn ein fortwährender
                                 Sporn, in der Vervollkommnung seines Gewerbes fortzuschreiten. So kommt es, daß
                                 der Schwarzwälder Uhrenmacher nicht nur nicht hülflos und arm, sondern vielmehr
                                 reich an technischen Mitteln aller Art ist. Man trifft in seiner Werkstätte
                                 Instrumente und Maschinen, deren sich der Verfertiger feiner mathematischer
                                 Apparate nicht schämen würde. Wenn nun in neuerer Zeit sogar eigene Werkstätten
                                 zur Verfertigung aller in die Uhrenmanufactur einschlagenden Maschinen und
                                 Werkzeuge, einzig für den Umkreis dieser Industrie bestimmt, in das Leben
                                 getreten sind, wie z.B. die Maschinenfabrik des Joh. Pfaff in Neustadt, so ist dieses als ein weiteres erfreuliches Zeichen
                                 anzusehen, in welchem Grade der technische Betrieb dieses Fabrikzweiges sich
                                 gehoben haben muß.
                              Ich will es nun versuchen, den Leser in folgender Beschreibung mit den
                                 wichtigsten und neuesten in der Schwarzwälder Uhrmachern angewendeten
                                 Instrumenten, Maschinen und Werkzeugen bekannt zu machen. Die betreffenden
                                 Notizen sind alle von mir selbst an Ort und Stelle aufs genaueste erhoben.
                              
                                 1. Das
                                       Räderschneidzeug.
                                 In keiner Uhrmacherwerkstatt fehlt das Räderschneidzeug oder der Zahnstuhl, wie es dort genannt wird.
                                    Dieser Apparat dient dazu, eine beliebige Anzahl von Zähnen mit großer
                                    Geschwindigkeit in vollkommen gleichen Distanzen auf einem Rade
                                    einzuschneiden. 
                                    Fig.
                                       22 zeigt die Abbildung eines gut eingerichteten Schwarzwälder
                                    Räderschneidzeugs in der vorderen Ansicht, Fig. 23 im
                                    Grundrisse. Ich seze die wesentliche Einrichtung und das Princip dieser
                                    Maschine als bekannt voraus; die vorliegende unterscheidet sich von dem
                                    gewöhnlichen Schneidzeug der Uhrmacher und Mechaniker nur durch ihre größere
                                    Einfachheit. Die Theilscheibe a, a, Fig.
                                       22, läuft zwischen einem soliden eisernen Gestelle, welches um die
                                    Spizen b und c
                                    drehbar vor- und zurük bewegt werden kann. Das Brett A, worauf die ganze Vorrichtung ruht, kann
                                    selbst nach Erforderniß höher oder tiefer geschraubt werden. d, e ist eine cylindrische Stange, deren
                                    Achsenverlängerung genau mit der Achse f, g der
                                    Theilscheibe coincidirt, so daß das zwischen die Punkte g und d gespannte
                                    einzuschneidende Rad vollkommen rund laufen muß. Die Stange d, e wird durch Umdrehung der Schraube h, h, welche auf die mit der ersteren in fester
                                    Verbindung stehende Schraubenmutter i wirkt,
                                    senkrecht auf- oder niederbewegt; die Schraube k dient zum Feststellen dieser Vorrichtung. l, l, Fig. 22 und 23,
                                    ist die Stange, woran sich der zur Fixirung der Theilscheibe bestimmte Stift
                                    m befindet; sie läßt sich sowohl vor-
                                    und zurük, als auch auf- und nieder bewegen und in jeder ihrer Lagen
                                    feststellen. Um sie höher richten zu können, ist sie an einer starken Hülse
                                    angebracht, welche sich am Gestelle senkrecht auf- und niederschieben
                                    und durch die Schraube v befestigen läßt. Das
                                    Vor- und Zurükschieben der genannten Stange wird durch die
                                    Stellschraube n bewerkstelligt; die Schraube o dient zum Feststellen. Das auf die Achse der
                                    Theilscheibe gerichtete feilenartig zugehauene stählerne Schneiderad p, p, Fig. 23, ist an
                                    eine Achse befestigt, welche zwischen den Spizen q,
                                       q in einer Drehbank B, B sich in
                                    schnelle Umdrehung versezen läßt. Während sich das Rad p, p nach einerlei Richtung dreht, wird die
                                    Theilscheibe, auf deren Achse das einzuschneidende Rad sizt, von dem
                                    Arbeiter vor- und zurük bewegt und bei jedem Zuge zugleich um einen
                                    verhältnißmäßigen Bogen gedreht, damit das Schneidrad an den entsprechenden
                                    Stellen des zu verzahnenden Rades angreifen könne. Die Tiefe des Schnittes
                                    wird durch die verschiebbare Stange r, r
                                    regulirt, welche, je nachdem man die Schraube s,
                                       s rechts oder links dreht, sich vor- oder rükwärts schiebt.
                                    Dadurch, daß das Gestell bei jedem Druke gegen die Stange r, r stößt, ist der Tiefe des Schnittes eine
                                    Gränze gesezt. Von der Rolle A geht ein endloser
                                    Riemen nach der Schwungscheibe hinab, welche mittelst eines Tretschämels in
                                    Bewegung gesezt wird. Der Durchmesser der Theilscheibe beträgt 1', derjenige
                                    des Schneiderädchens 4''. Ein gutes Räderschneidzeug mit besonderem
                                    Drehstuhl kommt ungefähr auf 100 fl.
                                 
                              
                                 
                                 2. Die
                                       Zahnwälzmaschine.
                                 Die Beschreibung dieser Maschine, welche zum Zufeilen der Räderzähne dient,
                                    ist bereits im polytechn. Journal Bd.
                                       LXXIII. S. 252 mitgetheilt worden.
                                 
                              
                                 3. Der
                                       Spindlenbohrer.
                                 Die Getriebe im Innern einer Schwarzwälder Uhr bestehen aus 2 kleinen
                                    parallelen Holzscheibchen, zwischen welchen runde Triebstöke aus Stahldraht
                                    parallel eingesezt sind. Soll die Uhr gleichförmig und mit geringer Reibung
                                    gehen, so müssen diese Triebstöke parallel zu einander und in vollkommen
                                    gleichen Distanzen eingesezt werden. Aus freier Hand wäre dieser Zwek mit
                                    genügender Genauigkeit nur höchst mühsam zu erreichen. Der Uhrenmacher
                                    bedient sich deßwegen des ihm unentbehrlich gewordenen Spindlenbohrers,
                                    eines feinen Instrumentes, mit welchem die zur Aufnahme der Triebstöke
                                    bestimmten Löcher mit mathematischer Genauigkeit und geringem Zeitverlust an
                                    die bestimmte Stelle gebohrt werden. Fig. 26 zeigt die
                                    Seitenansicht des Spindlenbohrers auf die Hälfte der natürlichen Größe
                                    reducirt. Die Haupttheile desselben sind die 2 Zoll im Durchmesser haltende
                                    verticale Theilscheibe a, a und der horizontale
                                    in eine feine Stahlspize sich endigende Bohrer b,
                                       c. Erstere ist auf ihrer Peripherie mit eben so vielen gleichweit
                                    von einander abstehenden Einschnitten versehen, als die Anzahl der zu
                                    verfertigenden Triebstöke beträgt. In diese Einschnitte greift ein sich
                                    federnder Haken e, e und gewährt dadurch der
                                    Scheibe von Bogen zu Bogen einen festen Haltpunkt. An die Achse der
                                    Theilscheibe wird das Rad d, d befestigt, in
                                    dessen Welle eine Anzahl Triebstöke gearbeitet werden soll. Damit auch die
                                    geringste Verrükung des Bohrers aus der horizontalen Lage unmöglich werde,
                                    läuft die dünne cylindrische Stange, woran er sizt, durch zwei feste Lager
                                    f und g. Die
                                    Theilscheibe mit dem eingespannten Rade ist an einem beweglichen Theil des
                                    Gestelles angebracht, welches sich mit Hülfe der Richtschraube h der Bohrspize nähern und davon entfernen läßt.
                                    Ist nun der Bohrer nach der zu durchbohrenden Scheibe gehörig gerichtet, so
                                    dreht der Arbeiter die Theilscheibe von Einschnitt zu Einschnitt, und läßt,
                                    so oft der Haken e, e in einen Einschnitt fällt,
                                    den Bohrer angreifen. Daß nach einem Umgange der Theilscheibe eine den
                                    Einschnitten entsprechende Anzahl Löcher in ganz gleichen Abständen von
                                    einander gebohrt seyn muß, liegt in der Natur der Sache. Der Bohrer selbst
                                    wird durch einen Bogen, dessen Darmsaite um die Rolle i geschlungen ist, in Bewegung gesezt.
                                 Vorzügliche Spindlenbohrer werden in Eisenbach von Martin 
                                    Murat, der „Spindlenbohrer
                                       Martle“ genannt, für den Preis von 33 fl. gemacht. Er besizt
                                    ein besonderes Geschik in der Härtung des Bohrers.
                                 
                              
                                 4. Der
                                       Einstellcirkel.
                                 Ehe zum Zusammensezen der Uhr geschritten werden kann, müssen an den Wänden
                                    des Gestelles alle die Punkte markirt werden, wo die Löcher für die Lager
                                    der verschiedenen Räder und Getriebe gebohrt werden sollen. Gesezt, der Ort
                                    für das Zapfenlager eines Rades sey bereits gegeben, so handelt es sich
                                    darum, die Stelle, wo die Achse des mit jenem im Eingriff stehenden
                                    Getriebes hinkommen soll, genau zu bezeichnen. Früher wurde dieses aus
                                    freier Hand, aber nicht ohne Mühe und Unsicherheit bewerkstelligt. Mit Hülfe
                                    des Fig.
                                       27 und 28 abgebildeten
                                    messingenen Einstellcirkels dagegen gibt der
                                    Uhrenmacher jezt mit größter Schärfe den richtigen Ort am Gestelle an, wo
                                    die Zapfenlager der Getriebe hinkommen müssen, damit die Räder gut in
                                    einander greifen und vollkommen rund laufen. Der Cirkel besteht aus zwei
                                    Armen a, b und c, d,
                                    welche um das gemeinschaftliche Scharnier e
                                    zangenartig sich bewegen. An dem einen Arme ist noch eine um c bewegliche Schiene c,
                                       f angebracht, welche sich um einen kleinen Bogen verschieben und
                                    durch eine Schraube feststellen läßt. Will man nun den Abstand wissen,
                                    welchen das Achsenlager des Getriebes von dem Lager des Rades haben soll, so
                                    faßt man nur das fragliche Rad zwischen die Schiene c, f und den Arm a, e, da wo sich die
                                    bogenförmigen Einschnitte g und h befinden; die Entfernung der Punkte d und b gibt bann
                                    den Abstand der beiden Lager genau an. Die Längen g,
                                       e und h, e sind nämlich gerade doppelt
                                    so groß, als die Längen e, d und e, b, deßwegen muß auch die Oeffnung g, h des Cirkels auf der einen Seite genau das
                                    Doppelte der Oeffnung d, b auf der andern Seite
                                    betragen, vorausgesezt, daß die geraden von b
                                    und d nach g und h gezogen gedachten Linien durch die Achse des
                                    Cirkels gehen. Wenn also unter dieser Voraussezung g,
                                       h dem Durchmesser des Rades gleich ist, so muß b, d dem Halbmesser desselben aufs genaueste
                                    entsprechen. Nun ist aber die Entfernung beider Zapfenlager gleich dem
                                    Halbmesser des Rades + dem Halbmesser des Getriebes. Mit Hülfe der Schiene
                                    c, f wird auch dieser mit in Rechnung
                                    gebracht. Indem man nämlich die Schiene um den Durchmesser des Getriebes dem
                                    Arme e, a nähert, müssen sich beim Einlegen des
                                    Rades die Endpunkte d und b um den Halbmesser des Getriebes von einander entfernen, so daß
                                    nun d, b die gesuchte Entfernung der Räderachsen
                                    wirklich angibt. Die Scale bei i, auf welcher
                                    ein an der Schiene c, f angebrachter Zeiger
                                    läuft, zeigt die Größe der Verschiebung für Getriebe verschiedenen Durchmessers. Für den
                                    Fall, daß das runde Loch, in welches das Zapfenlager kommen soll, zu groß
                                    ist, um die Cirkelspize einsezen zu können, wird über die leztere ein
                                    kegelförmig abgedrehtes Hütchen k, Fig.
                                       28, geschoben; auf diese Weise bringt man die Spize des Cirkels
                                    ganz genau in die Mitte des Loches.
                                 
                              
                                 5. Verfertigung der
                                       Zapfenlager.
                                 Das Zapfenlager besteht aus einer messingenen cylindrischen Hülse, so lang
                                    als die Wand des Gestelles dik ist, welche an der durch den Einstellcirkel
                                    markirten und nachher ausgebohrten Stelle in das Holz eingelassen wird.
                                    Dieses Lager bildet den Theil einer Messingröhre von 1/2 bis 1 1/2 Linien
                                    Durchmesser, welche auf eine überraschend schnelle Weise mittelst eines
                                    höchst einfachen Verfahrens auf einer gewöhnlichen Drahtziehbank gebildet
                                    wird. Der Arbeiter nimmt einen Messingstreifen, dessen Breite dem Umfang der
                                    zu bildenden Röhre gleichkommt, stekt ihn in das dem verlangten
                                    Röhrendurchmesser entsprechende Ziehloch und pakt ihn auf der andern Seite
                                    mit einer Zange. Während er nun mit einer durch vorgelegtes Räderwerk
                                    verstärkten Kraft den erwähnten Streifen durchzieht, biegt sich dieser in
                                    dem Ziehloche von selbst zu einer ganz genau gerundeten Röhre um, und zwar
                                    so, daß seine Kanten sich aufs innigste berühren.
                                 
                              
                                 6. Instrumente zum Bohren und
                                       Erweitern von Löchern, zur Verfertigung der Windflügel und Anker, und
                                       zum Biegen des Drahtes.
                                 Zur Erweiterung gebohrter Löcher bedient sich der Schwarzwälder der Fig.
                                       29, 30, 31 und
                                    32 abgebildeten Instrumente. Fig. 29
                                    A ist ein kegelförmiger Stahl mit schrägen
                                    Cannelirungen, deren Schärfe in der von der Spize des Kegels aus
                                    aufgenommenen Ansicht B sichtbar ist. Fig.
                                       30 zeigt einen Bohrer derselben Art, welcher jedoch der
                                    Cylindergestalt sich mehr nähert. Das Instrument Fig. 31 dient zum
                                    Ebnen der in Folge der Benüzung der so eben genannten Werkzeuge konisch
                                    gestalteten Löcher. An allen diesen Werkzeugen zur Erweiterung der Löcher
                                    haftet die Unannehmlichkeit, daß ihre Cannelirungen Brüchen ausgesezt sind,
                                    bald stumpf werden, und daß zur Entfernung der Bohrspäne ein wiederholtes
                                    Zurükziehen des Bohrers nothwendig ist. Augustin Kienzler kam auf den glüklichen Gedanken, schraubenförmige Cannelirungen, Fig. 32, anstatt
                                    der geraden anzuwenden – eine Verbesserung, welche außer der größeren
                                    Wirksamkeit und Dauerhaftigkeit des Instrumentes noch die vortheilhafte Eigenthümlichkeit besizt, daß es die Späne von selbst nach Vornen
                                    auswirft. Alle diese Werkzeuge wirken dadurch, daß sie mit Hülfe der
                                    Drehbank in schnelle Umdrehung gesezt werden.
                                 Bis in welches Detail der Schwarzwälder mit der rein mechanischen Darstellung
                                    der Uhrentheile gegangen ist, zeigt unter Anderem auch die Verfertigung der
                                    Windflügel für die Schlagwerke. Zu ihrer schnellen Verfertigung bediente
                                    sich der in Tryberg etablirte Benedict Schwer
                                    zuerst der Stanzen. A, Fig. 33, ist eine
                                    stählerne Unterlage mit drei Vertiefungen a, b
                                    und c: B und C sind
                                    die zu derselben gehörigen Stanzen. Der Blechstreifen, woraus der Windflügel
                                    verfertigt werden soll, wird zuerst über die Vertiefung a gelegt; darauf nimmt der Arbeiter die Stanze
                                    B, deren Erhöhungen a und b genau in die Vertiefungen a und b der
                                    Unterlage passen, stekt ihre Erhöhung b in die
                                    entsprechende Vertiefung b und schlägt mit einem
                                    kräftig geführten Schlage das Stük o aus dem
                                    Blechstreifen. Dieses bringt er nun über die Vertiefung c, in welche die scharfkantige Erhöhung c der Stanze C paßt,
                                    sezt leztere so auf, daß ihre Erhöhung b in das
                                    eben erwähnte Loch b der Unterlage tritt, und
                                    bildet durch einen leichten Schlag in dem Windflügel zwei kleine Einschnitte
                                    p, welche zur Aufnahme der Achse dienen.
                                    Nachdem die Achse durch die Einschnitte p
                                    gestekt worden ist, wird der Windflügel zwischen das zangenartige Instrument
                                    Fig.
                                       34 gelegt und einer kräftigen Pressung ausgesezt. Diese lezte
                                    Manipulation hat den Zwek, den Windflügel inniger an seine Achse zu
                                    befestigen.
                                 Fig.
                                       35 endlich ist die Abbildung einer Zange zur Verfertigung der
                                    Wekerspindeln; durch einen einzigen Druk wird dem Draht jene kurbelartige
                                    Ausbiegung gegeben, welche beim Weker von den Zähnen des Steigrades
                                    hin- und hergeworfen wird. Eines ähnlichen Instrumentes bedient sich
                                    Benedict Schwer zur Verfertigung der sogenannten
                                    Haken oder Anker für die Hemmung. Dieser Haken besteht bei der kleineren
                                    Schwarzwälder Uhrengattung aus einem unter zwei Winkeln gebogenen Streifen
                                    von englischem Stahlblech, der in seiner Mitte an eine Achse befestigt ist.
                                    Da Schwer bemerkte, daß es schwierig und
                                    zeitraubend sey, jene Winkel, deren exacte Construction für den
                                    gleichförmigen und leichten Gang einer Uhr unerläßlich ist, aus freier Hand
                                    auszuarbeiten, so kam er auf den Gedanken, auch in diesem Falle ein Werkzeug
                                    anzuwenden, welches durch einen einzigen Druk dem Haken seine bestimmte Form
                                    gibt. Schwer fand unter Anderem auch eine sehr
                                    vortheilhafte Methode den Haken zu härten. Wird nämlich mit dem ganzen Haken
                                    der Proceß der Härtung vorgenommen, was die Uhrenmacher wegen seiner
                                    Kleinheit nicht zu vermeiden wußten, so tritt der Umstand ein, daß er
                                    nachher nicht mehr gebogen und nach dem Steigrad eingerichtet werden kann. Schwer dagegen versteht es, die wirksamen Theile
                                    des Hakens für sich allein zu Härten, indem er denjenigen Theil, welcher
                                    biegsam bleiben soll, mit Thon umgibt, und so den Haken der Löthrohrflamme
                                    aussezt. So können nur die beiden freien Enden glühend werden und, im Wasser
                                    abgelöscht, sich Härten; die Mitte aber bleibt ungehärtet, so daß der Anker
                                    immer noch den erwünschten Grad der Biegsamkeit besizt.
                                 ––––––––––
                                 Indessen macht sich auf dem Schauplaze der Uhrenmanufactur nicht nur im Sinne
                                    der im Vorhergehenden angeführten technischen, den inneren Bau der Uhr
                                    betreffenden Erweiterungen und Vervollkommnungen, sondern auch in Beziehung
                                    auf die äußere Form ein erfreuliches Fortschreiten bemerkbar. Die
                                    Kleinuhrenmacher namentlich wetteifern untereinander in Auffindung
                                    gefälligerer Formen für ihre kleinen Hänguhren, als die bisherigen, und
                                    bieten ihren ganzen Fond von Schönheitssinn und Geschmak auf, die Producte
                                    ihres Fleißes von der bisherigen geschmaklosen Ausstattung zu emancipiren.
                                    Das schwarze, glänzend polirte Gehäuse, das emaillirte, mit
                                    Bronzeverzierungen eingefaßte Zifferblatt, das einfache gothische Ornament
                                    u.s.w. verleiht jezt der Uhr ein elegantes, architektonisches Aussehen, und
                                    öffnet ihr den Weg in die Zimmer der höheren Stände. Noch fehlt es einem
                                    großen Theile dieser Industriellen an einem gebildeten Geschmak und am Sinne
                                    für richtige Verhältnisse, insbesondere aber, was sie selbst sehr vermissen,
                                    an den Elementen der Zeichnenkunst. Zeichnungen, welche ich ihnen entwarf,
                                    wurden mit lebhaftem Danke ergriffen und benuzt. Wenn indessen der Uhrmacher
                                    erst durch Organisation von Gewerbeschulen Gelegenheit gefunden hat, bei
                                    zwekmäßigem Zeichnungsunterrichte seinen Geschmak auszubilden und die
                                    Begriffe von Symmetrie und Verhältniß in sich aufzunehmen und sie
                                    anzuwenden, so werden sich unfehlbar dem Absaze seiner Producte neue Canäle
                                    eröffnen. Vorauszusehen ist, daß diese Bemühungen um die äußere Ausstattung
                                    der Waaren, wenn sie keine ausfallende Erhöhung der Preise zur Folge haben,
                                    für den Aufschwung der Industrie von Bedeutung seyn werden. Die Fig.
                                       36, 37, 38 und
                                    39 sind Abbildungen dreier Schwarzwälder Uhren der neueren
                                    eleganten Art. Die Muster Fig. 37 und 39
                                    sind von dem Verfasser angegeben, und die danach gefertigten Uhren werden
                                    bereits in großer Anzahl nach allen Richtungen versandt. Eine solche auf
                                    Federn schlagende Uhr, welche in jedes Zimmer als Zierde gehängt werden
                                    kann, liefert Pfaff in Tryberg mit Gewichten für
                                    6 fl. Zum Ueberfluß werden nun auch von vielen Uhrmachern die hölzernen Achsen der
                                    Uhrenräder mit einer eigens dazu bereiteten Bronze- oder Eisenfarbe
                                    überstrichen, um die Täuschung zu veranlassen, als sey inwendig alles von
                                    Eisen und Messing. Diese Farbe wird in Tryberg in Gestalt eines Pulvers
                                    fabricirt, und das Loth zu 9 kr. verkauft.
                                 Der Werth der Instrumente und des Handwerkszeuges eines Uhrmachers liegt nach
                                    sicheren Angaben zwischen 200 bis 500 fl. Für einen Meister, einen Gesellen
                                    und 1 Lehrjungen können 300 fl. hinreichen. Der Centner Eisendraht kostet 26
                                    fl.; nach Pfaff's Angabe darf man beim
                                    Großuhrenmacher auf jeden Arbeiter jährlich 1 Cntr. rechnen. Weit geringer
                                    ist die Consumtion an Draht für den Kleinuhrenmacher. Pfaff selbst mit seinen 6 Arbeitern braucht jährlich nur ungefähr
                                    1 1/2 Cntr. Draht zu kleinen Uhren.
                                 Was die Zahl der in der Uhrenmacherei beschäftigten Gesellen betrifft, so
                                    können nach Pfaff's Aussage auf den Meister im
                                    Durchschnitt 2 Gesellen und 2 Lehrjungen angenommen werden. In der Regel
                                    werden die Gesellen auf ein Jahr gedungen und bekommen, je nachdem sie in
                                    Beziehung auf Geschiklichkeit oder gutes Betragen prädicirt sind, nebst
                                    freier Wohnung, Kost und Wäsche, 4 bis 8 Louis-d'or Lohn; die
                                    Lehrjungen müssen gewöhnlich 3 Jahre lernen und 40 bis 70 fl. Lehrgeld
                                    bezahlen. Die Arbeiten in der Werkstätte sind unter die Gesellen je nach
                                    ihrem Range oder der Dauer ihrer Dienstzeit als Vorarbeiter und Feinarbeiter
                                    vertheilt. Zu den Vorarbeiten, mit welchen der künftige Uhrmacher als
                                    Lehrjunge seine Laufbahn beginnt, gehört das Reinigen, Zurechtklopfen und
                                    Biegen des Drahtes, das Abdrehen des Holzes zu den Räderwellen, das
                                    Einschneiden und Ausfeilen der Räder. Die schwierigeren Arbeiten, nämlich
                                    die Verfertigung des Hakens, das Einsezen der Räderpfannen, die Verfertigung
                                    der Getriebe, dann das Zusammensezen und Adjustiren der Uhr ist den Gesellen
                                    und dem Meister vorbehalten.
                                 Hinsichtlich der Größe der Production theile ich folgende, von verschiedenen
                                    Seiten erhobene Notizen mit. Nach Jos. Pfaff's
                                    Angabe, mit welcher auch alle übrigen übereinstimmen, kann von gewöhnlichen
                                    großen Uhren ein guter Arbeiter täglich ein Stük verfertigen; kleine Uhren
                                    fertigte Pfaff selbst, als er noch allein
                                    arbeitete, in 6 Tagen 3 Stük. Benedikt Schwer
                                    macht mit 3 Gesellen wöchentlich 18 Stük kleine Uhren, wonach auf den Mann 4
                                    1/2 Stük kommen, und zwar die Hälfte Schlaguhren und die Hälfte Wekuhren.
                                    Nach Hrn. Görlacher's
                                    Mittheilungen machen 6 Mann wöchentlich 20 Stük Achttageuhren à 3 fl. 30 kr. bis 4 fl., oder ein
                                    Arbeiter 3 1/2 Stük. Man darf im allgemeinen Durchschnitt 4 1/2 Stük Uhren
                                    wöchentlich auf den Arbeiter rechnen. Kommen nun, wie oben angegeben wurde, auf jeden
                                    Meister 2 Gesellen, so liefert derselbe jährlich 702 Stük Uhren, mithin alle
                                    694 Uhrenmacher zusammen jährlich 487,188 Uhren. An diesem Quantum ist
                                    Tryberg mit 301,158 Stük, und Neustadt mit 186,030 Stük betheiligt; das Amt
                                    Tryberg mit 11,858 Einwohnern producirt also 115,128 Uhren mehr, als das Amt
                                    Neustadt mit 15,281 Einwohnern.
                                 Wie ein Uhrenmacher im Allgemeinen sich steht, mag aus folgender, freilich
                                    nur ein näherungsweises Resultat liefernden Berechnung abgenommen werden.
                                    Ich nehme als Beispiel einen Uhrenmacher, welcher mit 2 Gesellen ordinäre 24
                                    Stundenuhren mit Stundenschlagwerk, das Stük sammt Zifferblatt zu 2 fl. 24
                                    kr. verfertigt. Auf den Arbeiter können wöchentlich 5 solcher Uhren
                                    gerechnet werden, wonach der Meister mit 2 Gesellen jährlich 780 Stük im
                                    Werthe von 1872 fl. fabricirt. Um seinen reinen Gewinn zu finden, müssen von
                                    dieser Brutto-Einnahme abgezogen werden, die Kosten: 1) der Gestelle,
                                    2) der Schilde, 3) der Räder, 4) des Drahtes, 5) der Schnüre und
                                    Perpendikel, 6) die Arbeitslöhne, 7) die Zinsen des Capitals, 8)
                                    Gewerbsteuer, Abnüzung der Instrumente u.s.w. Ein zu dieser Uhrengattung
                                    gehöriges Gestelle erhält der Uhrenmacher vom Gestellmacher für 12 kr.; die
                                    Ausgaben für Räder, Gloken, Perpendikellinsen und Schnüre dürften sich auf
                                    18 kr. per Stük belaufen. Der Centner Draht
                                    kostet 26 fl.; nach Pfaff's Mittheilung
                                    verarbeitet der Arbeiter beim Großuhrenmacher jährlich 1 Cntr. Der gemalte
                                    Schild kostet 18 kr. Unter den vorliegenden Verhältnissen ließe sich der
                                    reine Ertrag eines Uhrenmachers obiger Classe folgendermaßen darstellen.
                                 
                                    
                                       Brutto-Einnahme
                                       1872 fl.  –
                                            kr.
                                       
                                    
                                       
                                       
                                          –––––––––––
                                       
                                    
                                       780 Gestelle à 12
                                         156 –  
                                          –   –
                                       
                                    
                                       Raͤder, Gloken,
                                          Schnuͤre etc. kr.
                                         234 –  
                                          –   –
                                       
                                    
                                       3 Cntr. Draht à 26 fl.
                                           78
                                          –   –   –
                                       
                                    
                                       780 Schilde à 18 kr.
                                         234 –  
                                          –   –
                                       
                                    
                                       Arbeitslohn fuͤr 2 Gesellen
                                          à 66 fl.
                                         132 –  
                                          –   –
                                       
                                    
                                       Kost, Logis u.s.w. fuͤr die
                                          Gesellen und Lehrjungen
                                         365 –  
                                          –   –
                                       
                                    
                                       Zinsen des stehenden Capitals, 400
                                          fl. zu 5 Proc.
                                           20
                                          –   –   –
                                       
                                    
                                       Zinsen des umlaufenden Capitals,
                                          1199 fl. zu 5 Proc.
                                           60
                                          –   –   –
                                       
                                    
                                       Abnuͤzung der Instrumente
                                          etc. zu 10 Proc.
                                           40
                                          –   –   –
                                       
                                    
                                       Gewerbesteuer
                                             3
                                          –  21  –
                                       
                                    
                                       
                                       
                                          –––––––––––
                                       
                                    
                                       Summa der Auslagen
                                       1322 fl. 21 kr.
                                       
                                    
                                       Davon abgezogen das Lehrgeld von 2
                                          Lehrjungen
                                         110 fl.  –
                                            –
                                       
                                    
                                       
                                       
                                          –––––––––––
                                       
                                    
                                       
                                       1212 fl. 21 kr.
                                       
                                    
                                 Diese lezte Summe von der Brutto-Einnahme
                                    abgezogen, bleibt als Reinertrag 659 fl. 39 kr. Hieraus folgt, daß das
                                    materielle Verdienst des Uhrmachers weit geringer ist, wie das Verdienst
                                    eines Schildmalers, selbst eines Gestellmachers.
                                 
                                 Zum Beschluß dieses Abschnittes lasse ich ein Preisverzeichniß über alle
                                    Gattungen von Schwarzwälder Uhren folgen.
                                 12 Stunden gehende Uhren.
                                 
                                    
                                       1 Stuͤk
                                       ganz hoͤlzerne
                                          12stuͤndige Uhr mit Schnuͤren
                                       1 fl.
                                       –  kr.
                                       
                                    
                                       1  –
                                       12stuͤndige halbmessingene
                                          Uhr
                                       1 –
                                       12 –
                                       
                                    
                                       1  –
                                       mit ganz
                                       messingenem
                                       Raͤderwerk
                                       
                                       1 –
                                       18 –
                                       
                                    
                                       1  –
                                           –
                                             –
                                             –
                                       auf Tonfedern schlagend
                                       1 –
                                       54 –
                                       
                                    
                                 24 Stunden gehende Uhren mit hintereinander stehenden
                                       Läufen.
                                 
                                    
                                       1 Stuͤk
                                       24stuͤndige
                                       Uhr mit Schnuͤren,
                                       Gloken schlagend
                                       1 fl.
                                       54 kr.
                                       
                                    
                                       1  –
                                           
                                          –
                                         –  
                                          eisenfarbig
                                       mit eisernen Ketten
                                       2 –
                                       30 –
                                       
                                    
                                       1  –
                                           
                                          –
                                         –      
                                          –
                                       mit messingenen Ketten
                                       2 –
                                       54 –
                                       
                                    
                                       1  –
                                           
                                          –
                                         –      
                                          –
                                       auf Tonfedern schlagend
                                       2 –
                                       30 –
                                       
                                    
                                 24 Stunden gehende Uhren mit nebeneinander stehenden
                                       Läufen.
                                 
                                    
                                       1 Stuͤk
                                       24stuͤndige
                                       Uhr
                                       mit Schnuͤren, auf Gloken
                                          schlagend
                                       2 fl.
                                       24 kr.
                                       
                                    
                                       1  –
                                           
                                          –
                                       –
                                       mit eisernen Ketten
                                       2 –
                                       48 –
                                       
                                    
                                       1  –
                                           
                                          –
                                       –
                                       mit messingenen Ketten
                                       3 –
                                       12 –
                                       
                                    
                                       1  –
                                           
                                          –
                                       –
                                       mit Schnuͤren auf Federn
                                          schlagend
                                       2 –
                                       42 –
                                       
                                    
                                       1  –
                                           
                                          –
                                       –
                                       m. feinen stahl. Getrieben, auf Federn
                                          schlagend
                                       5 –
                                       48 –
                                       
                                    
                                 24 Stunden gehende Vierteluhren.
                                 
                                    
                                       1 Stuͤk
                                       Vierteluhr mit Schnuͤren, Gloken
                                          schlagend
                                       4 fl.
                                       30 kr.
                                       
                                    
                                       1 dergl.
                                       mit eisernen Ketten
                                       5 –
                                       30 –
                                       
                                    
                                       1   –
                                       mit messingenen Ketten
                                       6 –
                                       30 –
                                       
                                    
                                       1   –
                                       Surr-Vierteluhr mit Messingketten,
                                          Gloken schlagend
                                       8 –
                                        –  –
                                       
                                    
                                       1   –
                                       12stuͤndige Vierteluhr, Gloken
                                          schlagend
                                       3 –
                                        –  –
                                       
                                    
                                 24 Stunden gehende Uhren mittlerer Größe.
                                 
                                    
                                       1 Vierteluhr
                                       mit
                                       Messingketten,
                                       Gloken schlagend
                                       7 fl.
                                       30 kr.
                                       
                                    
                                       1 dergl.
                                       –
                                              –
                                       auf Federn schlagend
                                       8 –
                                       30 –
                                       
                                    
                                       1 Stundenuhr
                                       mit
                                       Schnuͤren,
                                       Federn schlagend
                                       3 –
                                       42 –
                                       
                                    
                                       1 –
                                       mit
                                       Weker, ohne
                                       Schlagwerk,
                                       mit Schnuͤren
                                       1 –
                                         6 –
                                       
                                    
                                       1 –
                                       –
                                             –
                                             –
                                       mit Messingkette
                                       1 –
                                       30 –
                                       
                                    
                                 24 Stunden gehende Uehrchen kleinster Sorte mit
                                       Email-Zifferblatt und Bronzeaufsaz.
                                 
                                    
                                       1
                                          Surrvierteluͤhrchen mit Schnuͤren
                                       11 fl.
                                       30 kr.
                                       
                                    
                                       1 dergl.
                                       Stunden
                                       schlagend
                                       mit Weker
                                         6 –
                                        –  –
                                       
                                    
                                       1   –
                                           –
                                           
                                          –
                                       ohne Weker
                                         5 –
                                        –  –
                                       
                                    
                                       1 mit Weker ohne
                                          Schlagwerk
                                         4 –
                                       30 –
                                       
                                    
                                       1 ohne Weker und ohne
                                          Schlagwerk
                                         2 –
                                       12 –
                                       
                                    
                                 
                                 8 Tage gehende Uhren größter Sorte.
                                 
                                    
                                       1 Achttage-Uhr
                                          ins Holz gespindelt, ohne Schlagwerk
                                         2 fl.
                                       42 kr.
                                       
                                    
                                       1 dergl. mit Schlagwerk, auf
                                       Gloken schlagend
                                         4 –
                                       24 –
                                       
                                    
                                       1  –      
                                          –          
                                          –          –
                                       Federn schlagend
                                         4 –
                                       48 –
                                       
                                    
                                       1  – in
                                          Messing gespindelt,
                                       Federn schlagend, Messingkette
                                         6 –
                                       48 –
                                       
                                    
                                       1  –        
                                          –          
                                          –
                                         –          
                                          –          Stunden
                                          repetirend
                                         7 –
                                       54 –
                                       
                                    
                                       1 – mit
                                          staͤhlernen Getrieben, Stunden und
                                          Viertelstundenschlagend, die Stunden repetirend, mit Walzen u.
                                          Schnuͤren,auf Gloken und Federn schlagend
                                       15 –
                                        –
                                           –
                                       
                                    
                                 Figurenuhren.
                                 
                                    
                                       1 Stuͤk 12stuͤndige
                                          Kukukuhr, Messingraͤder, 9zoͤlliger Schild
                                       3 fl.
                                       30 kr.
                                       
                                    
                                       1 dergl. mit Messingketten und
                                          10zoͤlligem Schild
                                       4 –
                                       30 –
                                       
                                    
                                       1
                                          Maͤnnchen-Vierteluhr
                                       7 –
                                       12 –
                                       
                                    
                                       1    
                                          –     12stuͤndige
                                          Schornsteinfegeruhr
                                       4 –
                                        –  –
                                       
                                    
                                       1
                                          Stuͤk          
                                          –        Mezgeruhr
                                       4 –
                                        –  –
                                       
                                    
                                       1  
                                          –  24stuͤndige Kapuzineruhr mit
                                          10zoͤlligem Schild
                                       6 –
                                       30 –
                                       
                                    
                                       1  
                                          –        
                                          –        Soldaten-
                                          oder Reiteruhr
                                       7 –
                                       30 –
                                       
                                    
                                       1  
                                          –        
                                          –        Schiffuhr
                                       5 –
                                       24 –
                                       
                                    
                                       1  
                                          –        
                                          –        bewegliche
                                          Augenuhr
                                       5 –
                                       30 –
                                       
                                    
                                 
                                    
                                       (Der Beschluß folgt im nächsten Hefte.)
                                       
                                    
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
