| Titel: | Die Schwarzwälder Uhrenindustrie nach ihrem Stand im Jahre 1838 technisch und statistisch dargestellt von Dr. Adolph Poppe, Lehrer der Technologie und Mathematik in Frankfurt am Main. | 
| Autor: | Dr. Adolph Poppe [GND] | 
| Fundstelle: | Band 75, Jahrgang 1840, Nr. LXXIV., S. 431 | 
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                        LXXIV.
                        Die Schwarzwaͤlder Uhrenindustrie nach
                           ihrem Stand im Jahre 1838 technisch und statistisch dargestellt von Dr. Adolph Poppe, Lehrer der
                           Technologie und Mathematik in Frankfurt am Main.
                        (Fortsezung und Schluß von Heft 5, S. 380.)
                        Poppe, uͤber die Schwarzwaͤlder
                           Uhrenindustrie.
                        
                     
                        
                           Dritter Abschnitt. Der
                              Schwarzwälder Uhrenhandel.
                              Statistische Uebersichten. Consumtion an Materialien.
                                 Versuche, die Fabrication der Schwarzwälder Uhren anderwärts
                                 einzuführen.
                           Die Hauptländer, mit welchen der Schwarzwald durch den Uhrenhandel gegenwärtig in
                              geregelter Verbindung steht, sind England, Frankreich,
                                 Nordamerika, Rußland, Preußen, Sachsen, Hannover, Belgien und Bayern. Der bei weitem größte Absaz geht nach England,
                              Nordamerika und Frankreich. Die Summe, welche der Schwarzwald jährlich aus diesen
                              Ländern bezieht, soll diejenige, welche ihm aus den deutschen Staaten zufließt,
                              sechsfach übersteigen. Nach China, Ostindien und Afrika erstrekte sich bis zum Jahre
                              1838 noch keine geregelte Handelsverbindung; die Uhren, welche in diese Länder
                              kamen, waren einzeln mit Gelegenheit hingesendet worden, oder gelangten durch
                              Reisende dorthin. Der erste Versuch, um nach Ostindien einen regelmäßigen Handelsweg
                              zu eröffnen, fällt auf das Frühjahr 1838, wo drei Leute wirklich mit einer Ladung
                              Uhren dorthin abreisten. Der Uhrenhandel nach Spanien,
                              welcher früher gut gegangen seyn soll, ist ins Stoken gerathen. Seit der
                              Colonisation in Algier machten Einige den Versuch, auch dort Niederlagen zu gründen,
                              fanden aber ihre Rechnung nicht, und kehrten wieder in die Heimath zurük. Eben so
                              wenig hat sich der Uhrenhandel bis jezt nach Griechenland und in die Türkei
                              erstrekt. In Rußland dagegen sind sogar mehrere Schwarzwälder als Spieluhrenmacher
                              etablirt. Den Handel in die Krim betreiben zwei in Odessa wohnende Schwarzwälder.
                              Nach Belgien geht der Uhrenhandel stark, minder gut nach Oesterreich, was der ungemeinen
                              Wohlfeilheit der dortigen Stokuhren zugeschrieben wird.
                           Das gesammte Handelspersonal der Schwarzwälder Uhrenindustrie theilt sich in zwei
                              Classen, nämlich die im Districte der Uhrenmanufactur ansäßigen Spediteurs oder „Paker“ und die eigentlichen reisenden Händler. Die Zahl der erstern beträgt 61 im Amte Tryberg und 162 im Amte
                              Neustadt, im Ganzen 223. Weit größer ist die Zahl der im Auslande sich
                              herumtreibenden Uhrenhändler; sie konnte nicht ermittelt werden, muß aber bedeutend
                              seyn; denn in London allein befanden sich im Jahre 1838 deren 230, freilich zum
                              Theil in kläglichen Umständen, in Dublin 22.
                           Wir berechneten oben die Production an Uhren nach der Anzahl der Uhrenmacher und der
                              Arbeit des Individuums. Jene Rechnung war richtig, wenn das auf nachstehende Weise
                              ermittelte Quantum der jährlichen Ausfuhr damit übereinstimmt. Tryberg, Furtwangen, Neustadt und Lenzkirch
                              sind die Hauptstapelpläze des Uhrenhandels; von diesen 4 Orten geht die Versendung
                              der ganzen Production aus. Aus jedem derselben fährt wochentlich ein mit
                              Uhrenbefrachteter Güterwagen nach Straßburg ab. Der größere Theil dieser Fracht geht
                              nach Frankreich und durch Frankreich nach England; der übrige Theil wird in Kehl
                              abgeladen und geht auf dem Wege der Spedition nach den verschiedenen Ländern des
                              Continents, mach Preußen, Rußland u.s.w. ab. Für die Spedition in die Staaten des
                              Continents, nach England und Nordamerika sind außerhalb dem Schwarzwalde folgende
                              Hauptagenten aufgestellt: in Straßburg, Johann Witt; in Kehl, Chr. Kißling; in Frankfurt, J. L. Fink; in Ulm, Kindervatter. Nach Görlachers Mittheilung können wochentlich 300 Cntr. Uhren
                              à 100 fl. im Werth, oder für 30,000 fl.
                              Uhren, mithin jährlich 15,600 Cntr. im Werth von 1,560,000 fl. ausgeführt werden.
                              Danach betrüge die jährliche Production auf dem ganzen Schwarzwald 520,000 Stük
                              Uhrem Nach Angabe des seit Kurzem verstorbenen Löwenwirths Faller in Tryberg, welcher die Versendung der Tryberger Manufacturwaaren
                              und das Wechselgeschäft der Umgegend besorgte, werden wochentlich 40 Uhrenkisten im
                              mittleren Werthe von 800 fl., also im Ganzen von 32,000 fl. ausgeführt. Nach Fallers Angabe betrüge also der Werth der jährlichen
                              Ausfuhr an Uhren 1,664,000 fl. und die Production 554,666 Stük. Nehmen wir aus
                              diesen beiden Angaben das arithmetische Mittel, so ergibt sich als Resultat die
                              jährliche Production und Ausfuhr von 537,333 Stük Uhren im Werth von 1,612,000 fl.
                              Nach der im zweiten Abschnitt gegebenen Berechnung liefern die beiden
                              Hauptindustriebezirke Tryberg und Neustadt jährlich 487,188 Uhren. Man kann daher annehmen,
                              daß auf die umliegenden Amtsdistricte, in welchen die Uhrenmacherei zerstreut sich
                              befindet, deren Waare aber mit der Hauptmasse verpakt wird, 50,145 Stük Uhren
                              kommen. Die Uhren werden in große Kisten gepakt, von denen jede im Durchschnitt 300
                              Stük enthält; Gestelle, Zifferblatt, Perpendikel befinden sich in getrennten
                              Abtheilungen.
                           Hinsichtlich des Zolles, welchem die Uhren beim Eingang in Frankreich und England
                              unterliegen, ist zu bemerken, daß an der französischen Gränze für jede Uhr, sie mag
                              groß oder klein seyn, der Eingangszoll von 22 Sous bezahlt wirb; aus diesem Grunde
                              gehen nach Frankreich hauptsächlich die theuren Uhrensorten, z. V. Achttaguhren. Für
                              eine Spieluhr kleinerer Art erhebt Frankreich einen Zoll von 22 Frcs. Der
                              Transitzoll durch Frankreich beträgt wenige Sous auf den Centner. In England muß ein
                              Eingangszoll von 1 Schill. per Stük entrichtet
                              werden.
                           Was den Einfluß des Beitrittes des Großherzogthums Baden zum preußischen Zoll-
                              und Handelsverein auf die Schwarzwälder Uhrenindustrie betrifft, so sind die im Jahr
                              1834 geäußerten Besorgnisse der Betheiligten, daß durch die von Frankreich und
                              England zu ergreifenden Repressalien den beiden Bezirken Tryberg und Neustadt
                              Verarmung und gänzlicher Verfall ihres Nationalgewerbes zu gewärtigen sey, nicht in
                              Erfüllung gegangen. Der Uhrenhandel nach Frankreich und England blüht mehr als je,
                              und in Deutschland selbst hat sich der Absaz vermehrt. Denn, nachdem jener Verein
                              besteht, ist es vielen Burschen eingefallen, in die betreffenden deutschen Staaten
                              auf den Handel zu gehen, eben weil der Eingangszoll, welcher fürs Stük, groß oder
                              klein, theuer oder wohlfeil, circa 45 kr. betrug, nun
                              aufgehoben war. So vermehrte sich die Zahl der Händler, die Concurrenz steigerte
                              sich und die Uhren sanken im Preis.
                           Wir gehen nun zur Erörterung der Frage über, wie wird der Schwarzwälder Uhrenhandel
                              betrieben? Entweder sind es einzelne Individuen, welche ins „Uhrenland“ d.h. ins Ausland sich begeben,
                              und dort ihre Waaren absezen, oder es ist eine ganze Gesellschaft, eine Compagnie
                              von etlichen und zwanzig Mitgliedern, unter einem Obmann oder Director, welche an
                              verschiedenen Orten eines Landes sich etabliren, wie z.B. die Compagnie Risle von Neukirch im Hannöverischen und eine ähnliche im
                              Würtembergischen, und vertragsgemäß den Gewinn unter sich theilen. Zuerst werden von
                              der Gesellschaft Knechte gedungen, denen im ersten Jahre nebst freier Kost 60 bis
                              100 fl., im zweiten Jahre 200 fl., im dritten 300 fl. Lohn gegeben wird. Wenn sich
                              während dieser Zeit der Knecht in jeder Beziehung gut und brauchbar gezeigt hat, so
                              wird er Mitglied der
                              Gesellschaft und tritt in alle Rechte derselben ein. Am Schluß des Jahres wird in
                              einer abgehaltenen Zusammenkunft von jedem Mitgliede Rechnung abgelegt. Die
                              Gesellschaft hat bestimmte und strenge Statuten, nach denen sich jedes Mitglied zu
                              richten hat, und bei deren Uebertretung Strafe oder auch nach Umständen Ausschluß
                              erfolgt. Es wäre wünschenswerth, daß sich überall dergleichen Gesellschaften
                              bildeten, wodurch der Uhrenhandel einen solideren Charakter erhielte. Oft geht Einer
                              mit 2 oder 3 Gesellen, von denen er einen oder den andern nach 3 oder 4 Jahren
                              seines Knechtedienstes als Associé beibehält, auf den Handel, oder die
                              Gesellen fangen nach Verfluß einiger Jahre an, auf ihre eigene Faust in
                              Handelsspeculationen sich einzulassen. Diejenigen, deren Handel sich nicht über
                              Europa hinaus erstrekt, kommen in der Regel alle Paar Jahre einmal auf einige Tage
                              nach Haus. Manche treiben unterwegs neben dem Uhrenhandel noch sonstige
                              Handelsgeschäfte; sie leben ökonomisch und scheuen es nicht, selbst wenn sie bereits
                              tüchtiges Geld sich erworben haben, mit den Uhren auf dem Rüken selbst umherzuziehen
                              und sie in eigener Person feilzubieten. Die Uhrenhändler haben gewöhnlich in einer
                              bedeutenden Stadt einer Provinz ihre Niederlagen, von wo aus sie in einem Umkreis
                              von 10 bis 30 Stunden handeln. Ihre Knechte nehmen dann eine Partie Uhren auf den
                              Rüken und wandern damit in den nahe gelegenen Städten und Dörfern umher, oder sie
                              schiken eine Partie Uhren von der Hauptniederlage weg an einen gewissen Plaz, von wo
                              aus die Waare dann wieder in der Nähe herumgetragen wird.
                           In Erwägung der Frage, wie die Verbindung des Uhrenhandels mit der Fabrication,
                              namentlich in Rüksicht auf pecuniäre Verhältnisse, organisirt sey, können wir die
                              häufigen Klagen der Fabrikanten und Speditoren über die in neuerer Zeit
                              überhandnehmende Demoralisation der Uhrenhändler, wodurch der Credit, das
                              Lebensprincip dieses Handels erschüttert wird, nicht unberührt lassen. Ein großer
                              Theil der Uhrenhändler, welcher unwissend und roh ins Ausland ging, kehrt, nachdem
                              er sich unter den niedrigsten Volksclassen mehrere Jahre herumgetrieben, mit den
                              Sünden und Lastern derselben wohl ausgestattet, in die Heimath zurük, das im
                              Auslande eingesogene Gift der Corruption in den Thälern des Schwarzwaldes
                              verbreitend. Der geringere Theil der Händler bezahlt seine Uhren und Schilde gleich
                              nach dem Empfange baar, und erhält daher die Waare billiger. Die Meisten dagegen
                              nehmen die Uhren auf Credit. Bald entschließt sich ein Uhrmacher, bald ein
                              Schildmaler oder was immer für ein Handwerksmann, einem Bekannten oder Verwandten
                              oder gar einem solchen, der keinen Kreuzer im Vermögen hat, dem vor Allem Kleider
                              anzuschaffen sind
                              und Reisegeld vorgestrekt werden muß, auf gut Glük hin eine Kiste im Werth von 500
                              fl. bis 1000 fl. anzuvertrauen. Wenn nun ein Uhrenhändler nur mit der Bezahlung
                              einer einzigen Kiste im Rükstand ist, so wird dieses immer noch als kein schlimmes
                              Zeichen angesehen; allein oft schreibt er um die dritte, vierte oder wohl gar fünfte
                              Kiste, ohne an der ersten nur einen Heller bezahlt zu haben. Nicht selten erhält er
                              auch auf seine Versprechungen und Entschuldigungen hin das Verlangte; denn das
                              Guthaben des Pakers oder Uhrmachers und Schildmalers an den Händler ist einmal schon
                              bedeutend angewachsen, und sie befürchten nun, der Händler breche, wenn sie ihm
                              nicht wieder willfahren, mit ihnen ganz ab, und zahle dann gar nicht mehr. Das
                              leztere war wirklich schon öfters der Fall. Von Amerika aus insbesondere werden die
                              Paker, Uhrmacher und Maler häufig betrogen, d.h. sie bleiben unbezahlt. Auf solche
                              Weise hatte, kurz vor der Reise des Verfassers in den Schwarzwald, ein einziger
                              Waldbewohner 8000 fl. verloren.
                           Zu bemerken ist, daß der Paker die Uhren und Schilde entweder auf seine eigene
                              Rechnung oder auf Rechnung des Händlers nimmt. Im ersteren Falle ist der Paker
                              verantwortlich und muß bezahlen, wenn der Händler den Schurken macht; im leztern
                              Falle muß der Uhrmacher sich an den Händler halten, und der Paker hat sich weiter um
                              nichts zu bekümmern. Hiebei geschieht oft der Fehler, daß die Sache zwischen dem
                              Spediteur und dem Uhrmacher nicht einmal schriftlich, geschweige denn vor amtlichen
                              Personen abgemacht wird, daher es häufig vorkommt, daß der Spediteur, im Falle eines
                              Bankerottes des Händlers, dem Fabrikanten keine Zahlung leisten will, obgleich er
                              dem mündlichen Vertrage gemäß die Waaren auf seine Rechnung genommen hat. Die Folge
                              davon sind häufige Prozesse. Haben die Paker die Bezahlung auf sich genommen, so
                              machen sie selbst hie und da Inspectionsreisen ins Ausland, um sich von dem Treiben
                              der Händler, denen sie ein bedeutendes Quantum an Waaren anvertraut hatten,
                              Gewißheit zu verschaffen. Es würde im gegenseitigen Interesse sowohl der Paker, als
                              auch der Uhrmacher und Maler liegen, wenn nur der Paker die Waare auf seine Rechnung
                              kaufte, und sie dann dem Händler entweder gegen amtlich hinterlegte Cautionen oder
                              unter sonstigen sichern Bedingungen überließe; andererseits müßte aber auch der
                              Händler durch amtliche Controle der verfertigten Uhren mittelst beeidigter Personen
                              von der Qualität seiner Waare versichert seyn können. Das bisher so unsichere
                              Verhältniß zwischen Handel und Gewerbe würde sich ohne Zweifel in Folge dieser
                              Reform weit günstiger gestalten. Der Handel würde aus den Händen des charakterlosen
                              Gesindels in die Hände solider Männer übergehen, und die Fabrication selbst durch
                              Beseitigung pecuniärer, in Folge verunglükter Handelsunternehmungen oder
                              Leichtsinnes der Händler herbeigeführter Verluste einen wohlthätigen Impuls
                              erhalten. Alles dieses wäre nur durch gemeinsames Zusammenwirken der Betheiligten zu
                              erreichen, wogegen leider der Eigensinn und die Verblendung mancher Paker und
                              Gewerbtreibenden in den Weg tritt.
                           Durch folgende zwei Haupttabellen erhält der Leser eine Uebersicht über die ganze
                              Schwarzwälder Uhrenmanufactur nach dem Stande des Jahres 1838. Sie enthalten die aus
                              den Steuerkatastern erhobene Zusammenstellung aller in den einzelnen Abtheilungen
                              dieser Industrie selbstständig Beschäftigten. Beide Tabellen verdanke ich der
                              Gefälligkeit der HHrn. Steuerperäquatoren Schirrmann und
                              Burga, welche für die Richtigkeit dieser Auszüge sich
                              verbürgen.
                           Amt Tryberg.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 75, S. 436
                              Namen der Orte; Einwohnerzahl;
                                 Holzuhrenmacher; Gloken- und Rädergießer; Gestellmacher;
                                 Schildbrettmacher; Schildmaler; Uhrenräderdreher; Uhrenkettenmacher;
                                 Uhrenziegermacher; Speditoren und Händler. Furtwangen; Gremelsbach; Gütenbach;
                                 Neukirch; Niederwasser; Nusbach; Rohrbach; Rohrhardsberg; Schönwald; Schonach;
                                 Tryberg
                              
                           
                           Amt Neustadt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 75, S. 437
                              
                                 
                                 Diese Zahl schließt auch die Einwohnerzahl der wenigen Ortschaften in sich,
                                    welche in vorliegender Tabelle nicht aufgeführt sind, weil in ihnen die
                                    Holzuhrenfabrication nicht betrieben wird.
                                 
                              Namen der Orte; Einwohnerzahl;
                                 Spieluhrenmacher; Holzuhrenmacher; Gloken- und Rädergießer;
                                 Gestellmacher; Schildbrettmacher; Schildmaler; Uhrenräderdreher;
                                 Uhrenkettenmacher; Speditoren und Händler. Altglashütten; Bärenthal; Berg;
                                 Bregenbach; Dittishausen; Eisenbach; Falkau; Fischbach; Friedenweiler;
                                 Göschweiler; Grunwald; Hinterhäuser; Kappel; Langenbach; Langenordnach; Linach;
                                 Löffingen; Neuglashütten; Neustadt; Oberlenzkirch; Raithenbuch; Röthenbach;
                                 Rudenberg; Saig; Schönenbach; Schollach; Schwärzenbach; Schwende;
                                 Unterlenzkirch; Urach; Vierthäler; Vöhrenbach
                              
                           
                           Nach diesen tabellarischen Zusammenstellungen befinden sich in beiden
                              Amtsbezirken:
                           
                              
                                 Holzuhrenmacher
                                   694
                                 
                              
                                 Gestellmacher
                                     69
                                 
                              
                                 Schildbrettmacher
                                     17
                                 
                              
                                 Schildmaler
                                   139
                                 
                              
                                 Gloken- und Rädergießer
                                     19
                                 
                              
                                 Uhrenräderdreher
                                     33
                                 
                              
                                 Uhrenzeigermacher
                                       2
                                 
                              
                                 Uhrenkettenmacher
                                       5
                                 
                              
                                 Verfertiger musikalischer Spielwerke
                                     12
                                 
                              
                                 Speditoren und Händler
                                   223
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 Summa
                                 1243 Meister.
                                 
                              
                           Die jährliche Consumtion an Hauptmaterialien zur ganzen Uhrenmanufactur läßt sich auf
                              folgende Weise übersichtlich darstellen:
                           
                              
                                 Material.
                                 Quantitaͤt.
                                 Werth.
                                 
                              
                                 
                                 
                                     fl.
                                 
                              
                                 Feinstaͤmmiges Tannenholz zu
                                    Uhrenschilden
                                   289 Staͤmme
                                 12,716
                                 
                              
                                 Buchenholz zu Gestellen
                                   276    –
                                    5520
                                 
                              
                                 Uhrenpakkisten
                                 2000 Stuͤk
                                    2000
                                 
                              
                                 Kupfer fuͤr Gloken und
                                    Raͤder
                                 1178 Centner
                                 70,680
                                 
                              
                                 Zink fuͤr Raͤder
                                   475    –
                                    9125
                                 
                              
                                 Zinn fuͤr Gloken
                                   247    –
                                 14,820
                                 
                              
                                 Holzkohlen zur Gießerei
                                   665 Wagen
                                     –
                                 
                              
                                 Farben fuͤr die Schilde
                                       –
                                 81,198
                                 
                              
                                 Passauer Tiegel
                                 2850 Stuͤk
                                    1662
                                 
                              
                                 Eisendraht
                                 2335 Centner
                                 60,710
                                 
                              
                           Die Zunahme der Uhrenindustrie in den lezten Jahrzehnten und die mit derselben
                              parallelgehende Vermehrung der Bevölkerung läßt sich am besten in folgenden
                              comparativen Zusammenstellungen überbliken. Wir wählen zuerst die Jahre 1808 und
                              1838 und den Amtsbezirk Tryberg.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 75, S. 438
                              Jahr. Bevölkerung. Uhrenmacher.
                                 Vor- u. Nebenarbeiter. Zunahme
                              
                           Verhältnißmäßig stärker zeigt sich das Steigen der Industrie im Amtsbezirk Neustadt
                              von 1835 bis 1838.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 75, S. 438
                              Jahr. Bevölkerung. Uhrmacher.
                                 Vor- u. Nebenarbeiter. Händler. Zunahme
                              
                           
                           Folgende aus den Steuerkatastern gezogene Tabelle enthält die Darstellung des Standes
                              der Uhrenindustrie in der Stadt Neustadt von 1820 bis
                              1838 je von 5 zu 5 Jahren.
                           
                              
                                 Jahr
                                 Seelen-  zahl
                                 Holzuhren-  macher
                                 Schild- maler
                                 Gießer.
                                 Schild-dreher
                                 Gestell-macher
                                 Haͤndler    imAusland
                                 
                              
                                 1820
                                  1280
                                      31
                                     5
                                     2
                                    –
                                     –
                                      8
                                 
                              
                                 1825
                                  1341
                                      39
                                   10
                                     2
                                    –
                                     1
                                      8
                                 
                              
                                 1830
                                  1402
                                      42
                                   10
                                     2
                                    –
                                     –
                                      9
                                 
                              
                                 1835
                                  1694
                                      48
                                   21
                                     2
                                    –
                                     –
                                      7
                                 
                              
                                 1838
                                  1804
                                      56
                                   17
                                     2
                                    –
                                     2
                                      8
                                 
                              
                           Besonders auffallend zeigt sich die Progression der Uhrenindustrie in der Stadt
                              Tryberg. Hier waren im Jahr 1826 nicht mehr als 8 Meister etablirt; im Jahr 1830 war
                              diese Zahl schon auf 18, im Jahr 1835 auf 24 und im Jahr 1838 auf 35 gestiegen. Im
                              Marktsteken Furtwangen hat die Bevölkerung seit 20 Jahren in Folge wachsender
                              Industrie um 500 Seelen zugenommen. Die Bevölkerung des ganzen Tryberger Amtsbezirks
                              hat von 1833 bis 1838, also innerhalb 5 Jahren, einen Zuwachs von 1550 Seelen
                              erhalten.
                           In Bezug auf die Einführung der Fabrication hölzerner Wanduhren in andern Gegenden
                              begegnen wir zunächst der im würtembergischen Marktfleken Schwenningen seit etlichen und 40 Jahren einheimisch gewordenen
                              Uhrenmanufactur. Es ist dieß der einzige uns bekannte Ort außerhalb Baden, wo dieser
                              Gewerbszweig festen Fuß gefaßt hat und auf sicherem Boden steht. Indessen gränzt
                              Schwenningen an den Hauptsiz der badischen Uhrenindustrie; seine Manufactur ist so
                              nahe mit der badischen verwandt, daß der Verfasser dieselbe bei der Darstellung der
                              Uhrenfabrication des badischen Schwarzwaldes zugleich mit angeführt hätte, wenn jene
                              nicht ein für sich abgeschlossenes Ganze bildete, und ihre Fabricate nicht, von
                              denjenigen des Nachbarstaates abgesondert, in den Handel kämen. Die Schwenninger
                              Holzuhrenmacherei beschäftigte im verflossenen Jahre, bei einer Einwohnerzahl von
                              3800 Seelen, 69 Meister, welche, ohne eine Zunft zu bilden, ihr Handwerk theils mit
                              Gesellen, theils allein betreiben. Der Gang dieser Manufactur ist, wie auf der
                              badischen Seite, fabrikmäßig. Die Zahl jener 69 Meister schließt 49 Uhrenmacher und
                              20 Vorarbeiter in sich. Zu den lezteren gehören 2 Schilddreher, 13 Schildmaler, 3
                              Uhrengestellmacher und 2 Gloken- und Rädergießer, welche zu einer
                              gemeinschaftlichen Gießerei sich verbunden haben. Die jährliche Production an
                              Schwarzwälder Uhren in Schwenningen beläuft sich auf 30,576 Stüke, im mittleren
                              Werth von 91,728 fl.
                           
                           Es sind wohl manche Versuche schon gemacht worden, die Wälderuhrenfabrication auf
                              künstlichem Wege anderwärts einzuführen, ohne daß sich jedoch bis jezt irgend ein
                              Resultat gezeigt hätte, welches geeignet gewesen wäre, eine für den Schwarzwald
                              gefährliche Concurrenz hervorzurufen. So wurde ein Schwarzwälder von der preußischen
                              Regierung zum Behuf der Errichtung einer Holzuhrenfabrik unterstüzt, es wurden ihm
                              Maschinen und Werkzeuge angeschafft, allein das Unternehmen wollte keinen Fortgang
                              gewinnen, und der Schwarzwälder kehrte wieder in seine Heimath zurük. Auch in
                              England sollen dergleichen Versuche gemacht worden seyn; da aber eine ächte
                              Schwarzwälderuhr, ungeachtet des Transportes, immer noch wohlfeiler kam, als eine in
                              England nach Schwarzwälder Art verfertigte, so zerschlugen sich alle Unternehmungen
                              dieser Art. Der Hauptgrund, warum die Holzuhrenfabrication eben nur auf dem
                              Schwarzwald gedeihen zu können scheint, liegt offenbar in der nationalen Bedeutung,
                              welche sie dort erlangt hat. Die Fabrication der Holzuhren ist dem Gebirgsvolke des
                              Schwarzwaldes, seiner Lebensart, seinen topographischen und ökonomischen
                              Verhältnissen so sehr eigen, sie ist so tief in das innerste Volksleben
                              eingedrungen, daß alle Versuche, diesen gewerblichen Zweig an andern Orten künstlich
                              einzuführen und zu popularisiren, hinter dem Schwarzwalde zurükbleiben müssen. Der
                              ganze Schwarzwälder Uhrendistrict bildet eine große Fabrik, mit einer Arbeiterzahl
                              von mehr als 3600 Köpfen, worin das Princip der Arbeitstheilung bis ins
                              allerkleinste Detail durchgeführt ist. Mit dieser Fabrik, bei einer solchen von
                              Generationen auf Generationen ererbten Geschiklichkeit und Betriebsamkeit, bei
                              solchem unermüdlichen Fleiße, solcher eiserner Ausdauer der Arbeiter durch
                              Errichtung einer Holzuhrenfabrik in andern Gegenden die Concurrenz bestehen zu
                              wollen, dürste selbst unter sonst günstigen Conjuncturen ein gewagtes Unternehmen
                              seyn.
                           
                        
                           Nachtrag.Die Fabrication größerer mechanischer Musikwerke.
                           An die fabrikmäßige Verfertigung der Schwarzwälber Uhren schließt sich die auf
                              demselben Districte einheimische Fabrication größerer musikalischer Spielwerke, eine
                              besondere technische Abtheilung, welche früher mit der Uhrenmanufactur eng verbunden
                              war, nach und nach aber zu einem selbstständigen mechanischen Kunstzweige sich
                              erhoben hat. In diesem Fache trifft man lauter talentvolle, mit den Gesezen der
                              Mechanik und Akustik vertraute, musikalisch gebildete Männer. Ihre Fabricate, deren
                              Werth sich von 400 fl. oft bis zu 15,000 fl. per Stük
                              beläuft, sind mit jenen ordinären, im Werthe einige Louisd'ors nicht übersteigenden Ländler und Walzer
                              orgelnden Spieluhren nicht zu verwechseln. Zu welchen überraschenden Leistungen sich
                              in diesem industriellen Zweige das Genie des Schwarzwälders emporgeschwungen hat,
                              weiß nur derjenige in vollem Grade zu würdigen, welcher mit eigenen Augen die
                              überaus schöne und elegante Mechanik dieser Kunstwerke gesehen, mit eigenen Ohren
                              von dem vollendeten Vortrage dieser automatischen Orchester sich überzeugt hat. Die
                              Kunst des Wälders hat sich nicht damit begnügt, auf eine täuschende Weise den Effect
                              der verschiedenen Blasinstrumente, wie Flöte, Oboe, Fagot, Horn, Trompete u.s.w. zu
                              erzeugen, sondern es ist ihr auch geglükt, alle jene feinen Abstufungen und Nuancen
                              des Tones, wie crescendo, decrescendo, tremulando, piano,
                                 forte u.s.w. hervorzubringen, wodurch die Musik so sehr an Kraft und Wärme
                              gewinnt. Man findet diese Kunstwerke in der Regel in Gestalt eleganter Armoirs
                              aufgestellt. Die Zahl der mechanischen Werkstätten zur Verfertigung größerer
                              Musikwerke auf dem Schwarzwalde ist 8. Die Besizer derselben sind: Martin Blessing in Furtwangen, Constantin Blessing in Langenbach, Jakob und Johann Blessing in Kirnach, Schöpperle in Lenzkirch,
                              Duffner in Tryberg, Gebrüder Hock in Schonach, Weite in Fehrenbach. Unter
                              diesen ist weit und breit berühmt Martin Blessing,
                              welcher vor etlichen Jahren ein Spielwerk für 15,000 fl. nach England lieferte, wo
                              dasselbe eine Zeit lang für Geld gezeigt wurde. Durch ein mehrere Centner schweres
                              Gewicht in Bewegung gesezt, spielte das Werk große Symphonien und Ouvertüren, auch
                              war dabei die besondere Einrichtung getroffen, daß auf einen Druk eine Claviatur
                              hervorsprang, worauf dann das Instrument wie eine Orgel gehandhabt werden konnte.
                              Ausgezeichnet sind ferner Schöpperle in Lenzkirch und Duffner in Tryberg. Von lezterem sah der Verfasser ein
                              Musikwerk, welches unter dem Namen Panorchestrion im
                              Sommer 1838 während der Saison in Baden-Baden Aufsehen erregte. Es spielt
                              unter Anderm die Ouvertüre zu der Oper „der Barbier von
                                 Sevilla“ und eine Reihe moderner Walzer vortrefflich, namentlich
                              lassen sich Trompete, Horn und Flöte in ihrem Wechselspiele deutlich vernehmen. Das
                              Werk wurde nach Amerika verkauft. Die Gebrüder Blessing in Kirnach waren zur Zeit meines
                              Aufenthaltes auf dem Schwarzwalde eben mit einem prachtvollen, nach Odessa
                              bestellten Spielwerke im Werthe von 12,000 fl. fertig geworden. Beinahe der ganze
                              Absaz dieser kostbaren Waare geht nach England, Nordamerika und Rußland; in
                              Deutschland selbst finden sie wenig Eingang. Auf dem Schwarzwalde dagegen sieht man
                              in einigen größeren Wirthshäusern zur Unterhaltung der Fremden Spielwerke von hohem Kunstwerthe
                              aufgestellt, unter denen besonders das dem Löwenwirthe Faller in Tryberg gehörige, dessen Werth auf 3000 fl. geschäzt wird, die
                              Bewunderung aller Reisenden erregt. Ich habe dieses Musikwerk in der vorderen
                              Ansicht aufgenommen und Fig. 40 auf Tab. VI so
                              dargestellt, daß der innere Mechanismus in seinen Haupttheilen sichtbar ist. Das
                              Instrument hat 88 Tasten und 8 verschiedene Register für Horn, Trompete, crescendo u.s.w., welche sich von selbst schieben. Durch
                              ein schweres Gewicht in Bewegung gesezt, spielt es eine Reihe Walzer von Strauß und Lanner, die
                              Ouvertüren zu den Opern „Wilhelm Tell“ und der
                              „Barbier von Sevilla“ von Rossini und ein Concert von Mozart vollständig.
                              Die 7'' im Durchmesser haltende Walze läßt sich leicht herausnehmen und durch eine
                              neue ersezen. Der Mechanismus bei b dient zur Bewegung
                              der Walze und des Blasbalgs, der bei a steht mit einem
                              Hülfsblasbalg in Verbindung und sezt sich nur von Zeit zu Zeit in Bewegung, in dem
                              Moment nämlich, wo die Natur des Stüks ein forte oder
                              fortissime verlangt, die übrige Zeit steht er still.
                              Bei A, A befindet sich das Pfeifenwerk. Während ihrer
                              Umdrehung macht die Walze zugleich eine fortschreitende Bewegung, d.h. jeder Punkt
                              auf derselben beschreibt eine Schraubenlinie, damit nach jedesmaliger Umdrehung der
                              Walze nicht dieselben Stifte wieder auf die Claviatur wirken, wodurch das Spiel in
                              zu enge Gränzen gewiesen wäre.
                           Für 500 fl. kann man bereits ein Spielwerk erhalten, welches große Ouvertüren und
                              Symphonien ungemein lieblich vorträgt; für 2000 fl. aber liefert der Fabrikant ein
                              Werk, welches durch Kraft und Fülle der Töne, durch die hervorklingenden
                              Eigenthümlichkeiten verschiedener Blasinstrumente und durch einen geschmakvollen
                              Vortrag in dem Zuhörer den Eindruk eines gut besezten Orchesters hinterläßt. Wünscht
                              der Besizer eines solchen mechanischen Spielwerks zur Abwechslung ein neues
                              Musikstük, so darf er nur dem Fabrikanten dasselbe näher bezeichnen und die Nummer
                              der Walzen, in deren Besiz er bereits ist, angeben. Er erhält sofort eine neue
                              Walze, auf welcher das verlangte Stük aufgetragen ist, für 4 bis 6 Louisd'or. Die
                              Schwarzwälder Spieluhrenfabrikanten sind fortwährend im Besiz der Partituren zu den
                              beliebtesten Musikstüken, insbesondere zu den Ouvertüren für alle Opern von Mozart,
                              Rossini, Auber, Herold u.s.w., so wie auch zu Walzern von Strauß und Lanner; sie
                              scheuen selbst bedeutende Opfer nicht, sich solche zu verschaffen und für ihre Zweke
                              arrangiren zu lassen.
                           Schließlich noch das Preisverzeichniß einiger kleinerer Musikuhren-Sorten:
                           
                           
                              
                                 Eine Musik-Flötenuhr mit Register,
                                    einer kleinen Walze, 22 Tönen,8 Musikstüken, und einer
                                    Achttageuhr
                                   42 fl.
                                 
                              
                                 Eine Musik-Flötenuhr mit einem
                                    Register, Nebenstimme, 28 Tönen,Achttageuhr, 8 Stüke spielend, mit
                                    Fogaren-Pfeifen, ohne Schild
                                   50 fl.
                                 
                              
                                 Eine ditto mit
                                    2 Registern, 6zölliger Walze, 42 Tönen
                                   88 fl.
                                 
                              
                                 Eine ditto mit
                                    3 Registern, 2 Walzen und 25 Tönen
                                 112 fl.
                                 
                              
                                 Eine ditto mit
                                    4 Registern, 30 Tönen, 2 hohen Walzen, die Stükeselbst schiebend, einer
                                    in Messing gespindelten Achttageuhr
                                 144 fl.