| Titel: | Ueber die Benuzung des Alkohols, welchen man bei der Bereitung des Knallqueksilbers als Nebenproduct gewinnt. | 
| Fundstelle: | Band 76, Jahrgang 1840, Nr. LIV., S. 220 | 
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                        LIV.
                        Ueber die Benuzung des Alkohols, welchen man bei
                           der Bereitung des Knallqueksilbers als Nebenproduct gewinnt.
                        Aus dem Echo du monde savant, No. 499.
                        Ueber die Benuzung des Alkohols von der Bereitung des
                           Knallqueksilbers.
                        
                     
                        
                           Seit einigen Jahren wurde für die Jagdflinten mit Percussionsschlössern eine
                              bedeutende Menge Knallqueksilber fabricirt und durch die Concurrenz der Preis
                              desselben so herabgedrükt, daß die Fabrikanten nochwendig darauf denken mußten, die
                              Bereitungsart desselben ökonomischer zu machen. Vor etwa drei Jahren fing man zuerst
                              an, dasselbe in geschlossenen GefäßenEin solcher Apparat, wie er in einer der bedeutendsten Fabriken angewandt
                                    wird, wurde im polyt. Journal Bd. LXI. S.
                                       199 beschrieben; man vergleiche auch Bd. LXIX. S. 45.A. d. R. zu fabriciren, was bisher nur in offenen geschah.
                           Bei der Bereitung des Knallqueksilbers an freier Luft geschah es häufig, daß die
                              Arbeiter eine große Mattigkeit befiel, verbunden mit Kopfschmerzen, welche erst nach
                              24 bis 30 Stunden gänzlicher Ruhe aufhörten. Nimmt man hingegen die Operation in
                              einem geschlossenen Apparate vor, so sind nicht nur die Arbeiter gegen Ausflüsse,
                              welche in vielen Fällen ihrer Gesundheit sehr nachtheilig werden müssen, geschüzt,
                              sondern man kann überdieß aus den verdichteten Flüssigkeiten einen wieder benuzbaren
                              Alkohol gewinnen.
                           Der Gesundheitsrath in Paris beauftragte auf amtliche Veranlassung Hrn. Gaultier de Claubry Versuche
                              anzustellen, ob der von der Bereitung des Knallqueksilbers herrührende Alkohol ohne
                              Gefahr in den Haushaltungen gebraucht werden kann. Aus dem Berichte desselben
                              theilen wir das Nachfolgende mit.
                           Die ätherischen Flüssigkeiten, welche sich während der Bereitung des Knallqueksilbers
                              verdichten, riechen stark nach Salpeteräther und enthalten außer dieser Flüssigkeit
                              Alkohol, Queksilber, Ameisensäure und Essigsäure, so wie deren Aetherarten, ferner
                              Untersalpetersäure, Blausäure und einige andere noch wenig untersuchte Körper.
                              Athmet man einige Zeit den Dampf dieser sehr complicirten Flüssigkeit ein, so spürt
                              man bald Uebelbefinden mit Kopfschmerzen, was ohne Zweifel durch die Verdampfung
                              einer geringen Menge Blausäure verursacht wirb, welche in der ätherischen
                              Flüssigkeit aufgelöst ist.
                           Destillirt man diese ätherische Flüssigkeit und wechselt dabei die Vorlage öfters, so
                              erhält man Producte, welche sehr stark nach Blausäure riechen und gehörig mit
                              destillirtem Wasser verdünnt mit salpetersaurem Silber sogleich einen weißen Niederschlag
                              von Cyansilber geben; derselbe löst sich nämlich in Salpetersäure in der Kälte nicht
                              auf und entbindet, wenn man ihn getroknet in einer Röhre erhizt, Cyangas mit
                              Hinterlassung metallischen Silbers.
                           Verdünnt man hingegen die ätherische Flüssigkeit, ohne sie vorher destillirt zu
                              haben, geradezu mit Wasser, so erhält man einen reichlichen Niederschlag, der auch
                              metallisches Silber enthält, weil einige Bestandtheile der Flüssigkeit Silberoxyd
                              reduciren.
                           Die ätherischen Flüssigkeiten, welche man bei der Bereitung des Knallqueksilbers in
                              geschlossenen Gefäßen erhält, blieben anfangs unbenuzt; später versuchte man sie auf
                              die Art zu verwenden, daß man sie mit dem zur Bereitung einer anderen Quantität
                              Knallqueksilber bestimmten Alkohol vermischte; man fand aber bald, daß dadurch nicht
                              nur die Ausbeute an Product vermindert, sondern auch die Natur desselben verändert
                              wurde, daher man dieses Verfahren wieder aufgab.
                           Endlich nahm Hr. Gaupillat ein
                              Privilegium auf die Abscheidung des Alkohols aus den Destillationsproducten von der
                              Bereitung des Knallqueksilbers und brachte von solchem Alkohol eine sehr bedeutende
                              Menge in den Handel. Sein Verfahren besteht darin, die verdichteten Flüssigkeiten
                              mit Kreide zu sättigen und die vom Bodensaz abgegossene Flüssigkeit zu destilliren.
                              Diese Sättigung, welche in großen Kufen im Freien vorgenommen wurde, lief jedoch
                              nicht immer ohne Nachtheil für die Arbeiter ab, und verursachte endlich solche
                              Klagen von Seiten der Nachbarschaft, daß sich Hr. Gaupillat entschloß, diese Operation nur mehr in
                              einer von Wohnungen sehr entfernten Fabrik vorzunehmen. Die ersten Producte, welche
                              man bei der Destillation der mit Kreide gesättigten Flüssigkeiten erhält, werden
                              beseitigt, weil sie nicht nur stark nach salpetricher Säure riechen, sondern auch
                              etwas Blausäure enthalten können. In dem Alkohol, welcher auf diese Art gewonnen
                              wird, konnte man durch die genaueste Untersuchung keine Spur Blausäure entdeken; da
                              man jedoch nicht sicher seyn kann, daß die Operationen immer mit aller Sorgfalt
                              geleitet werden, so muß die Benuzung solchen Alkohols in den Haushaltungen und als
                              Getränk verboten bleiben; überdieß sind die Fabrikanten anzuhalten, daß sie die
                              Sättigung der bei der Bereitung des Knallqueksilbers verdichteten Flüssigkeiten mit
                              Kreide in Gefäßen vornehmen, welche mit einem Dekel, wovon eine Röhre ausgeht,
                              verschlossen werden, und überdieß nur an gut ventilirten Orten.