| Titel: | Bericht des Hrn. Péligot über die Arbeiten der Concurrenten um die Preise, welche die Société d'encouragement auf das Jahr 1839 in Betreff der Runkelrübenzuker-Fabrication ausgeschrieben hatte. | 
| Fundstelle: | Band 76, Jahrgang 1840, Nr. LXVIII., S. 276 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LXVIII.
                        Bericht des Hrn. Péligot uͤber die Arbeiten der
                           Concurrenten um die Preise, welche die Société
                              d'encouragement auf das Jahr 1839 in Betreff der
                           Runkelruͤbenzuker-Fabrication ausgeschrieben hatte.
                        Im Auszuge aus dem Bulletin de la Société
                                 d'encouragement. December 1839, S. 462.
                        Péligot, uͤber Verbesserungen in der
                           Runkelruͤbenzuker-Fabrication.
                        
                     
                        
                           Die Zahl der Concurrenten, welche sich im Jahre 1839 um die Preise bewarben, die die
                              Gesellschaft im Gesammtbetrage von 25,000 Fr. in Betreff verschiedener, auf die
                              Zukerfabrication bezüglicher Fragen ausgeschrieben hatte, belief sich auf 14. Die
                              Resultate ihrer Arbeiten, welche leider in eine Zeit fielen, die der erst im
                              Aufschwunge begriffenen Industrie so höchst ungünstig war, zeugen von der
                              Wichtigkeit der gestellten Fragen, und lassen hoffen, daß die endliche Lösung
                              derselben unter günstigeren Verhältnissen nicht mehr sehr fern seyn dürfte. Wir
                              wollen die einzelnen Preise nach einander durchgehen.
                           I. Der erste, in der Summe von 12,000 Fr. auf Verbesserung der Gewinnung des Zukers
                              aus den Runkelrüben ausgeschriebene Preis ließ den Concurrenten jede Methode, nach
                              der sie 8 Zehntheile von dem in den Runkelrüben enthaltenen Zuker in krystallisirtem
                              Zustande zu erhalten vermöchten, frei gestellt. Der erste der Concurrenten, Hr.
                              Matthieu de Dombasle,
                              sandte zwei Broschüren ein, die er unter folgenden Titeln hatte erscheinen lassen:
                              Fabrication simple et peu dispendieuse du sucre
                                 indigène, und Instruction sur la fabrication du sucre
                                 de betterave par le procédé de macération à l'usage
                                 des fabriques rurales. Ohne den Verdiensten des rühmlich bekannten Hrn.
                              Verfassers auch nur im Geringsten zu nahe treten zu wollen, muß die Commission
                              bemerken, daß der von ihm empfohlene Macerationsproceß beinahe in allen Fabriken, in
                              denen man ihn eingeführt hatte, wieder aufgegeben wurde. Wenn er daher auch in der
                              nunmehr vom Erfinder verbesserten Form vor den anderen Methoden Vortheile gewähren
                              sollte, so hat doch die Erfahrung noch nicht darüber abgesprochen, und dieses
                              Urtheil ist es, welches das Programm des Preises erheischt.
                           Dieselben Bemerkungen gelten von den Arbeiten des zweiten Concurrenten, Hrn.
                              Collier-Blumenthal,
                              welcher Verbesserungen an seiner im J. 1811 patentirten Methode der Ausziehung des
                              Zukers aus den getrokneten Runkelrüben mittelst Weingeist in Vorschlag brachte. Nach
                              dessen Ansicht soll man die Runkelrüben reiben; aus dem geriebenen Marke 30 bis 40
                              Proc. des Saftes auspressen; das ausgepreßte Mark auf Drahtgittern troknen und den
                              Saft in Gährung versezen, um aus ihm den Weingeist zu gewinnen, welcher zur
                              Behandlung des aus dem getrokneten Runkelrübenmarke mit Wasser ausgezogenen
                              Rohzukers erforderlich wäre.
                           Der dritte Concurrent, dem auch die Elemente der Zukerfabrication fremd zu seyn
                              scheinen, schlägt vor, den durch Auspressen gewonnenen Runkelrübensaft in Fässern,
                              welche mit römischem Cemente oder mit hydraulischem Kalk ausgekleidet und vor dem
                              Füllen auch noch geschwefelt werden sollen, aufzubewahren, um ihn zu irgend einer
                              günstigen Zeit weiter behandeln zu können.
                           Die Arbeiten der Concurrenten Nr. 4 und 5 fallen in den Bereich der weiteren Preise,
                              und werden daselbst erwähnt werden.
                           Der Concurrent Nr. 6, Hr. Laroche, Apotheker in Bergerac, beschreibt einen Apparat, der
                              angeblich einen höheren Zukerertrag gewähren soll, als irgend ein anderer. Davon
                              ausgehend, daß der Runkelrübensaft an der Luft sehr schnell eine Zersezung erleidet,
                              schlägt er, um diese zu verhüten, vor, das Mark unmittelbar, nachdem es zerrieben
                              worden, einer Temperatur von 60° bis 80° R. auszusezen. Er bringt zu
                              diesem Zweke die Reibe in einem Kessel an, der mittelst eines Dampfschlangenrohres
                              geheizt wird, und aus dem das Mark, nachdem es der angegebenen Temperatur
                              unterlegen, durch eine Röhre austritt, um dann wie gewöhnlich in einer hydraulischen
                              Presse ausgepreßt zu werden. Ohne uns auf Einwendungen gegen dieses Verfahren
                              einzulassen, bemerken wir nur, daß es schon deßhalb nicht um den Preis concurriren
                              kann, weil es noch nicht fabrikmäßig angewendet wurde.
                           
                           Unter Nr. 7 ist der Levigator des Hrn. Pelletan eingeschrieben, den die Commission in der Zukerfabrik in
                              Château-Frayer arbeiten sah. Die Commission glaubt, daß dieser
                              Apparat, dessen sinnreiche Einrichtungen sie anerkennt, deßwegen den Preis nicht
                              erhalten kann, weil es in dem Programme heißt, daß die 8 Zehntheile des in den
                              Runkelrüben enthaltenen Zukers ohne Uebersteigung der dermaligen Gewinnungskosten
                              erlangt werden müssen. Wäre dieß auch der Fall, was übrigens noch sehr zweifelhaft
                              ist, so ist doch immer nicht erwiesen, daß der neue Apparat dem Fabrikanten einen
                              größeren Ertrag an Zuker sichert, als er nach dem gewöhnlichen Verfahren zu erzielen
                              im Stande ist.
                           Der achte Concurrent, Hr. Dr. Peyron von Marseille, hat sein Filter, welches seit drei Jahren bei Hrn.
                              Vayret in Thätigkeit ist,
                              als Titel seiner Bewerbung um den Preis gewählt. Abgesehen davon, daß dieser Apparat
                              den einzelnen, in dem Programme gestellten Anforderungen nicht genügt, sind die
                              Vortheile, die er gewähren soll, auch noch nicht hinlänglich constatirt.
                           Keiner der Concurrenten hat somit den Preis von 12,000 Fr. ganz oder zum Theil
                              verdient.
                           II. Um den für eine wohlfeile Methode die Runkelrüben zu troknen ausgeschriebenen
                              Preis bewarb sich zuvörderst Hr. de
                                 Lirac, Eigenthümer von Sarrians im Dept. de
                                 Vaucluse. Sein System beruht ganz einfach auf der Anwendung der
                              Sonnenwärme, und ward von ihm zuerst im August 1838 ziemlich im Großen ausgeführt.
                              Die in dünne Schnitten geschnittenen und auf Geflechten ausgebreiteten Runkelrüben
                              verlieren nach seinen Beobachtungen, nachdem sie ungefähr 10 Stunden lang einer
                              Sonnenwärme von 36 bis 40° R. ausgesezt gewesen, 70 Proc. ihres Gewichtes.
                              Sie würden durch die Einwirkung der Luft eine violette Farbe annehmen, wenn man die
                              Schnitten nicht unmittelbar, nachdem sie ausgebreitet worden, mit gelöschtem Kalke
                              bestreute. Dieses Bestreuen mit Kalk sichert die Erhaltung und Aufbewahrung der aus
                              den Schnitten aussikernden Flüssigkeit; es bewirkt so zu sagen eine Art von
                              Läuterung, welche eine weitere Läuterung des durch Ausziehen gewonnenen Saftes
                              beinahe unnöthig macht; es beschleunigt das Troknen der Runkelrübe, und es benimmt
                              ihr endlich, wenn sie troken geworden, ihre hygrometrischen Eigenschaften. Diese
                              Methode eignet sich nur für südliche Gegenden, wo man die Runkelrüben so frisch
                              pflanzen kann, daß man im August die Verarbeitung beginnen kann, und wo von Anfangs
                              August bis zu Mitte September gar häufig kein Tropfen Regen fällt. Ein
                              Schneidapparat, 2 Männer und 6 Weiber können nach Hrn. de Lirac wöchentlich 80- bis 100tausend
                              Kilogr. Runkelrüben schneiden und troknen. Das Ausbreiten geschieht auf denselben Geflechten, deren
                              man sich in den Seidenzüchtereien bedient, oder in Ermangelung von solchen, auf
                              einem frisch gemähten Grasboden. Dieses Verfahren schien der Commission, obschon es
                              sich nur für gewisse, vom Himmel begünstigte Gegenden eignet, aller Beachtung werth,
                              da es besonders für den kleineren Landwirth, der ihrer Ansicht nach allein sich mit
                              dem Troknen der Runkelrübe befassen sollte, von großer Wichtigkeit werden dürfte.
                              Die Commission schlägt daher vor, Hrn. de
                                 Lirac eine Medaille im Werthe von 500 Fr. zu ertheilen.
                           Der unter Nr. 3 und 4 eingeschriebene Concurrent war Hr. Schützenbach, welcher der Gesellschaft die
                              Zeichnungen aller seiner Apparate, so wie auch Angaben über die mit ihnen erzielten
                              Resultate vorlegte. Die Commission erkennt die hohen Verdienste dieses Mannes;
                              allein sie glaubt dessen ungeachtet nicht, daß ihm der Preis werden könne, weil die
                              Aufgabe dahin lautete, daß ein neues Fabricationssystem hervorgerufen werden soll,
                              demgemäß die trokene Runkelrübe eben so gut wie das Getreide, der Wein etc. ein zu
                              Markte schaffbares Product der Landwirthschaft würde, und demgemäß die Verarbeitung
                              dieses Productes oft in einer weit von dem Pflanzungsorte entfernten Fabrik
                              vorgenommen werden könnte. Hrn. Schützenbach's Apparate, die übrigens in der Praxis auch noch nicht
                              die von ihnen erwarteten Vortheile zu gewähren scheinen, sind so eingerichtet, daß
                              das Troknen der Runkelrüben in den Zukerfabriken selbst vorgenommen werden soll; das
                              Programm fordert aber ausdrüklich einen einfachen und wohlfeilen Apparat, womit das
                              Troknen von den Landwirthen selbst vollbracht werden könnte.
                           Hr. Aurran in Hyères und
                              noch ein anderer Concurrent haben Modelle von Troknenapparaten eingesandt, die
                              jedoch noch nicht im Großen ausgeführt wurden, und über die daher nicht abgeurtheilt
                              werden konnte.
                           III. Unter den Concurrenten um den Preis, der auf Umwandlung des Rohzukers in
                              raffinirten Zuker ohne Herausnahme desselben aus den Formen ausgeschrieben wurde,
                              steht obenan Hr. Boucher,
                              dessen in Pantin befindliche Fabrik die Commission mehreremale mit großem Interesse
                              besuchte. Obwohl die Methoden, nach denen dieser Fabrikant arbeitet, im Ganzen wenig
                              von den bekannten abweichen, so überraschen doch in seiner Fabrik der
                              ununterbrochene Zusammenhang sämmtlicher Operationen, die vollendete Vereinfachung
                              derselben, und die Sicherheit, mit der die gewöhnlichen Klippen dieser Industrie
                              vermieden sind. So erhält Hr. B. bei Anwendung einer geringeren Menge Kalkes einen klareren und viel
                                 weniger
                              									
                              									gefärbten Saft als seine Collegen, und zwar indem er dem zu
                                 läuternden Safte vor der Beimengung des Kalkes eine geringe Menge Alaun
                                 zusezt. Die zwischen dem Kalke und dem Alaun vorgehende chemische Reaction
                              erklärt den Vortheil, der aus dem Verfahren des Hrn. B. hervorgeht. Durch Eindiken
                              des auf diese Weise geläuterten Saftes in Kesseln, die mit Dampf geheizt werden,
                              erhält Hr. B. sehr schwach gefärbte Syrupe, welche Brode liefern, die er in 8
                              Stunden abtropfen läßt. Nach 24 Stunden gießt er auf jedes Brod einen Liter schöner
                              Zukerauflösung, und nachdem dieß den nächstfolgenden Tag ein zweites Mal geschehen,
                              werden die Brode den Tag darauf mit Thon gedekt. Nach achttägigem Abtropfen wird der
                              Zuker endlich in die Troknenstube gebracht. Aus dieser kommend sieht er wie
                              gewöhnliche Raffinade aus, als welche er auch seit mehreren Jahren in Paris verkauft
                              wird. In den J. 1838 und 1839 lieferte Hr. B. jährlich 23,000 Kilogr. solchen
                              Zukers; in der lezten Campagne dürfte sich seine Fabrication auf 38,200 Kilogr.
                              steigern. Hr. B. beschäftigt sich bereits seit 30 Jahren mit der Zukerfabrication,
                              und fabricirte schon im J. 1812 in Paris Zuker in Broden. In Erwägung seiner vielen
                              Verdienste schlägt die Commission vor, ihm einen Preis von 2000 Fr.
                              zuzuerkennen.
                           Hr. Marquis de
                                 Forbin-Janson erzeugte in seiner Fabrik in Villelaure, Dept. de Vaucluse, in den Campagnen von 1838 und 1839
                              gegen 21,754 Kilogr. weißen, nicht raffinirten Zuker, der im Handel so gut ging wie
                              die beste Marseiller Raffinade. Die in dieser Fabrik befolgte Methode ist sehr
                              einfach; da sie jedoch erst kürzlich zur Kenntniß der Commission kam, so konnten
                              ihre Resultate nicht genügend verificirt werden. Die Commission schlägt daher vor,
                              die Aburtheilung über dieses Verfahren, welches gleichfalls einem Theile der
                              Bedingungen des Programmes zu entsprechen scheint, bis zum nächsten Julius zu
                              verschieben. Auch Hr. General de
                                 Préval sandte der Gesellschaft ein nicht raffinirtes weißes
                              Zukerbrod ein, welches Hr. Director Lefebvre in der Zukerfabrik in Cellettes bei Blois dargestellt hat.
                              Die Commission kennt jedoch das bei dessen Darstellung eingeschlagene Verfahren
                              nicht, und weiß auch nicht, ob die genannte Fabrik solchen Zuker als couranten
                              Handelsartikel erzeugt.
                           IV. Um den Preis, her für ein Verfahren ausgeschrieben worden, wonach sich schnell
                              die in der Runkelrübe oder irgend einem zukerhaltigen Producte enthaltene Menge
                              krystallisirbaren Zukers bestimmen läßt, bewarben sich drei Concurrenten. Der erste
                              derselben schlägt vor, das specifische Gewicht oder die Dichtheit der zu
                              untersuchenden Flüssigkeit mit einem gewöhnlichen Aräometer zu nehmen, nur mit dem Unterschiede,
                              daß die Scala dieses Aräometers mit Hülfe von bestimmten, im Voraus bekannten
                              Zukerauflösungen angefertigt worden. Der Verfasser geht hiebei von dem Wahne aus,
                              daß die Runkelrübe, das Zukerrohr, der Ahorn ursprünglich nur Zuker enthalten,
                              während der aus diesen Pflanzen und namentlich aus den Runkelrüben ausgepreßte Saft
                              mehrere andere Substanzen enthält, die einen sehr merklichen Einfluß auf den
                              Aräometer üben. Ebenso geht auch der zweite Concurrent von einem Irrthume aus, indem
                              er annimmt, daß sich der Zuker mit Bleioxyd zu einer in Wasser und Essigsäure
                              unauflöslichen Substanz verbindet. Er meint hienach, daß das Volumen des
                              Niederschlages, der entsteht, wenn man in eine zukerhaltige Flüssigkeit eine
                              Auflösung von essigsaurem Blei und Aezkali gießt, zur Bestimmung der in ihr
                              enthaltenen Zukermenge dienen könnte. Um das Irrige hievon zu zeigen, genügt zu
                              bemerken, daß der Zuker mit dem basisch essigsauren Blei keinen Niederschlag bildet;
                              daß dagegen die dem Zuker fremden Stoffe durch die Anwendung dieses Reagens
                              unauflöslich gemacht werden. Es würde demnach dieses Verfahren gerade das
                              Entgegengesezte von dem herausstellen, was der Verf. danach auszumitteln vermeint.
                              – Der dritte Concurrent endlich hat zwei Saccharimeter vorgelegt, welche sich
                              auf die Umwandlung des Zukers in Alkohol und Kohlensäure fußen. Seine Apparate sind
                              jedoch nicht nur sehr complicirt, sondern sie sind auch im Principe falsch, weil
                              sowohl der krystallisirbare als der unkrystallisirbare Zuker unter gleichen
                              Umständen in Gährung übergeht.