| Titel: | Ueber die Destillation thierischer Substanzen zur Gewinnung von Leuchtgas. | 
| Fundstelle: | Band 76, Jahrgang 1840, Nr. LXXII., S. 294 | 
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                        LXXII.
                        Ueber die Destillation thierischer Substanzen zur
                           Gewinnung von Leuchtgas.
                        Aus dem Echo du monde savant, No. 526.
                        Ueber die Destillation thierischer Substanzen zur Gewinnung von
                           Leuchtgas.
                        
                     
                        
                           Hr. Séguin hat die
                              gasförmigen Producte, welche man bei der Destillation thierischer Substanzen erhält,
                              gehörig zu reinigen und dann als Leuchtgas zu benuzen versucht; die Muskeln der
                              Thiere, welche bisher ohne alle Anwendung blieben, suchte er ebenfalls zu diesem
                              Zwek zu verwenden. Er erfand einen Apparat, um diese thierischen Substanzen, welche
                              wenigstens 60 Proc. Wasser enthalten, wohlfeil und ohne Nachtheil für die Gesundheit
                              auszutroknen, so daß sie sich dann leicht aufbewahren lassen; dieß geschieht nämlich
                              durch die verloren gehende Wärme der Destillirapparate, und die Dünste, welche sich
                              dabei entwikeln, werben durch einen Ventilator aufgesaugt und in den Feuerraum des
                              Ofens geleitet. Durch zahlreiche Versuche hat Hr. Séguin die zwekmäßigste Form der Retorten
                              und die vortheilhafteste Temperatur bei der Destillation der thierischen Substanzen behufs
                              der Leuchtgasgewinnung bestimmt; leztere liegt ein wenig unter der
                              Kirschrothglühhize.
                           Die Producte, welche man bei der Destillation der thierischen Substanzen erhält, sind
                              bekanntlich zahlreicher und complicirter als diejenigen, womit man es gewöhnlich in
                              den Leuchtgasfabriken zu thun hat. Die festen Producte, nämlich die Knochen-
                              und Muskelnkohle können sogleich in den Handel gebracht und verwerthet werden;
                              anders verhält es sich mit den flüssigen Producten, den Dämpfen und Gasarten:
                              leztere bestehen aus flüssigen und gasförmigen Kohlenwasserstoffarten in Begleitung
                              von Schwefelkohlenstoff, ferner kohlensaurem, essigsaurem und
                              schwefelwasserstoffsaurem Ammoniak, und ihre Reinigung zu dem angegebenen Zwek war
                              keine leichte Aufgabe. Hr. Séguin treibt sie zuerst durch eine Auflösung von salzsaurem
                              Kalk, welcher alles kohlensaure Ammoniak zurükhält; die Kohlensäure verbindet sich
                              hiebei mit dem Kalk, die Salzsäure aber mit dem Ammoniak und hält dasselbe in der
                              Flüssigkeit zurük. Besonders wichtig war für die Reinigung des Gases zu den Zweken
                              der Gasbeleuchtung die Abscheidung des Schwefelkohlenstoffs, welcher beim Verbrennen
                              Kohlensäure und schweflige Säure liefern würde; diese scheint wirklich vollständig
                              dadurch erzielt zu werden, daß man das aus dem ersten Reinigungsgefäße kommende Gas
                              in der Kälte und langsam durch eine mit Schwefelstüken gefüllte Röhre strömen und
                              erst dann in den Gasometer gelangen läßt, wenn es beim Verbrennen keine schweflige
                              Säure mehr gibt: der Schwefel hält nämlich den Schwefelkohlenstoff, indem er sich
                              darin auflöst, zurük, ohne ihn zu zersezen, und hebt auch dessen Tension auf, so daß
                              das Gas vollständig gereinigt wird. Vielleicht ließe sich diese sinnreiche Methode
                              das Leuchtgas von Schwefelkohlenstoff zu reinigen, auch bei dem Steinkohlengas, wo
                              es nöthig wäre, anwenden. Das auf die beschriebene Art gereinigte Gas enthält nach
                              Hrn. Séguin nur noch
                              beiläufig 10 Gr. empyreumatischer Dämpfe im Kubikmeter, und seine Leuchtkraft ist so
                              groß, daß 22 Liter davon eine Stunde lang eben so viel Licht geben, wie eine
                              Carcel'sche Lampe. Nach Hrn. Séguin erhält man bei der Destillation eines todten Pferdes,
                              welches im Mittel 255 3/4 Kilogr. wiegt, 22,309 Liter eines Gases, womit man einen
                              großen Gasbrenner 359 Stunden lang speisen kann, 11 3/10 Kil. Salmiak und 15 3/4
                              Kilog. Knochenkohle. Die Commission, welche die Akademie der Wissenschaften in Paris
                              zur Prüfung von Séguin's Verfahren ernannte, ist der Ansicht, daß man noch bei
                              weitem mehr Salmiak und besonders Knochenkohle hiebei gewinnen könnte.