| Titel: | Ueber die Wirkungen der Dampfröhre auf die Verdampfungskraft der Dampfkessel. Von Hrn. de Pambour. | 
| Fundstelle: | Band 77, Jahrgang 1840, Nr. I., S. 2 | 
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                        I.
                        Ueber die Wirkungen der Dampfroͤhre auf
                           								die Verdampfungskraft der Dampfkessel. Von Hrn. de Pambour.
                        Aus den Comptes rendus 1840, 1er Sem. No. 11.
                        de Pambour, uͤber die Wirkungen der Dampfroͤhre auf
                           								die Verdampfungskraft der Dampfkessel.
                        
                     
                        
                           Man bedient sich an den Locomotiven des austretenden Dampfes zur Bethätigung des
                              									Feuers und zur Steigerung der Verdampfungskraft der Kessel, und zwar, indem man ihn,
                              									nachdem er seine Wirkung im Cylinder vollbracht hat, in den Rauchfang einleitet, in
                              									den er stoßweise durch die sogenannte Dampfröhre (tuyére), d.h. durch eine enge, in der Mitte des Kessels angebrachte
                              									und von Unten nach Oben gerichtete Röhre, eingetrieben wird. Der mit Gewalt aus der
                              									Röhrenmündung ausgestoßene Dampf vertreibt mit Raschheit die Gase, welche den
                              									Rauchfang erfüllten, und erzeugt hinter sich einen luftverdünnten Raum, der
                              									alsogleich wieder von einer durch den Feuerherd nachdringenden Luftmasse erfüllt
                              									wird. Es entsteht somit eine Wirkung, die jener eines Gebläses ähnlich ist, und die
                              									den Nuzeffect dieser Maschinen mächtig zu steigern beiträgt.
                           Die Wirksamkeit der Dampfröhre an den Locomotiven ist bekannt; und eben so bekannt
                              									ist auch, daß wenn dieselbe zu weit ist, das Feuer an Lebendigkeit verliert, während
                              									man ihm durch gehörige Verengerung der Röhre wieder seine ganze Lebhaftigkeit geben
                              									kann. Unbekannt und unerforscht war es aber bisher, 1) wie groß der Theil ist, der
                              									von der Gesammtverdampfung auf Rechnung der Dampfröhre zu sezen ist; und 2) welche
                              									Mündung der Röhre gegeben werden soll, damit sie die größte Wirkung bezweke. Ich
                              									will durch meine gegenwärtige Mittheilung versuchen, diese Lüke wenigstens zum Theil
                              									auszufüllen.
                           Ich ließ bei den Versuchen, welche ich zu dem fraglichen Zweke anstellte, das Ende
                              									der Dampfröhre einer Locomotive durch eine vierseitige Röhre ersezen. Von den vier
                              									Wänden dieser Röhre waren drei beweglich und an ihrer inneren Oberfläche vollkommen
                              									abgeschliffen; die vierte dagegen konnte sich um ein Scharnier bewegen, und
                              									verengerte, wenn man sie gegen das Innere der Röhre, in welches sie genau
                              									hineinpaßte, trieb, deren Weite. Ich konnte somit auf diese Weise die Mündung der
                              									Dampfröhre beliebig verengern, und um diese Veränderung mit Leichtigkeit und ohne
                              									daß es nothwendig gewesen wäre deßhalb den Rauchfang zu öffnen oder die Maschine
                              									anzuhalten, bewerkstelligen zu können, ließ ich von der beweglichen Wand der Dampfröhre aus
                              									eine gegliederte Stange bis an den Siz des Maschinisten führen. Mit Hülfe
                              									verschiedener Vorrichtungen, die ich hier nicht zu beschreiben brauche, konnte diese
                              									Stange genau im bestimmten Maaße bewegt werden, wobei ein in der Nähe des
                              									Beobachters angebrachter Maaßstab mit Bestimmtheit die Weite angab, welche in jedem
                              									Momente die Mündung der Dampfröhre hatte.
                           Mit Hülfe dieses Apparates nun konnte ich die Maschine nach Belieben und ohne alle
                              									Schwierigkeit mit verschiedenen Röhrenmündungen arbeiten lassen, wobei ich zugleich
                              									sowohl die dabei im Kessel stattfindende Verdampfung, als auch den Verbrauch an
                              									Brennmaterial beobachtete. Um aber auch zu erfahren., wie viel von der
                              									Gesammtverdampfung auf Rechnung der Dampfröhre zu sezen ist, sezte ich auch
                              									Maschinen ohne alle Dampfröhre in Bewegung und verglich die hiebei sich ergebenden
                              									Wirkungen mit jenen der Maschinen, an denen sich eine Windröhre befand. Eine
                              									Zusammenstellung der Resultate, zu denen ich auf solche Weise gelangte, ist in
                              									nachstehender Tabelle enthalten, in welcher, um sie so viel als möglich zu
                              									vereinfachen, von den bei den Versuchen obwaltenden Nebenumständen nur die
                              									Dimensionen des Kessels angeführt sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 77, S. 2
                              Nummer des Versuches;
                                 										Heizoberfläche; der Feuerstelle Quadrmt.; der Röhren Quadrmt.; Flächenraum der
                                 										Dampfröhre Quadrcent.; Stündliche Verdampfung auf den Quadr. Meter der gesammten
                                 										Heizoberfläche ausgeschlagen, bei einer Geschwindigkeit von 32 Kilom. in der
                                 										Zeitstunde Kubikdecimetr.; Verbrauch an Kohks p.
                                 										Kubikm. verdampften Wassers Kilogram; Bemerkungen; Das Feuer wurde wie
                                 										gewöhnlich geleitet; Das Feuer wurde möglichst bethätigt
                              
                           
                           Hieraus lassen sich nun folgende Schlußfolgerungen ziehen:
                           1) Untersucht man diese Tabelle, so wird man finden, daß bei einer bestimmten Weite
                              									der Dampfröhre die Verdampfung ihr Maximum erreicht. An der dem Versuche
                              									unterstellten Maschine, die eine Gesammt-Heizoberfläche von 30,555
                              									Quadratmtr. hatte, war eine Mündung von beiläufig 20 Quadratcentimtr. die
                              									vortheilhafteste. Nach dem, was ich in einer früheren Abhandlung über das
                              									vortheilhafteste Verhältniß zwischen der Heizstelle und den Röhren der Kessel gesagt
                              									habe, erklärt sich dieß leicht. Bei einer bestimmten Röhrenoberfläche bedarf es
                              									nämlich eines bestimmten Zuges, d.h. einer bestimmten Dampfröhrenmündung, um die
                              									Flamme bis an das Ende der Röhren zu treiben und um zu bewirken, daß die Röhren in
                              									ihrer ganzen Ausdehnung der directen Einwirkung der Flamme unterliegen, was eine
                              									nothwendige Bedingung ist, wenn die Heizoberfläche ihre volle Wirkung ausüben soll.
                              									Ist dieses Resultat erlangt, so wird eine weitere Verengerung der Dampfröhre, oder
                              									was dasselbe ist, ein stärkerer Zug, keinen anderen Erfolg haben, als den, daß die
                              									Flamme dadurch über das Ende der Röhren hinaus, nämlich in den Schornstein getrieben
                              									wird, wo sie keinen weiteren Einfluß auf die Menge des verdampften Wassers haben
                              									kann. Durch jede Verengerung der Dampfröhren-Mündung über diesen Punkt hinaus
                              									würde also in der Verdampfung des Kessels keine Veränderung vorgehen, wenn eine
                              									übermäßige Verengerung nicht endlich ein so rasches Durchströmen der Luft durch die
                              									Heizstelle erzeugte, daß der größere Theil derselben das Feuer durchstreicht, ohne
                              									zur Verbrennung mitzuwirken. Diese Wirkung machte sich bei einigen unserer Versuche
                              									von selbst offenkundig; denn bei einer Röhrenmündung von 8 Quadratcentimtr. war bei
                              									jedem Kolbenhube in dem Rauchfange ein einem Flintenschusse ähnlicher Knall zu
                              									vernehmen, durch den auch die ganze Maschine eine Erschütterung erlitt.
                           2) Vergleicht man den Verbrauch an Brennmaterial bei verschiedenen
                              									Dampfröhren-Mündungen, so ergibt sich, daß auch in dieser Beziehung eine
                              									Mündungsweite von 20 Quadratcentimtr. die meisten Vortheile gewährte. Eine Röhre von
                              									dieser Dimension brachte mithin den doppelten Vortheil, daß sie eine größere
                              									Verdampfung und mithin einen größeren Nuzeffect der Maschine bewirkte, und daß sie
                              									dabei im Verhältnisse zur vollbrachten Arbeit einen geringeren Verbrauch an
                              									Brennmaterial bedingte.
                           3) Vergleicht man endlich die acht ersten mit der Dampfröhre angestellten Versuche
                              									mit den drei lezteren, bei denen die Dampfröhre nicht in Anwendung kam, so wird man
                              									finden, daß durch die Benüzung dieser die Verdampfung des Kessels um das Fünffache
                              									gesteigert wird. Es ergibt
                              									sich somit zur Genüge, von welcher Wichtigkeit die Anwendung dieser Röhren für die
                              									Locomotiven ist.
                           Nach den Versuchen, die ich angestellt, scheint es mir, daß es von Vortheil seyn
                              									würde, wenn man sich an den Locomotiven statt der gewöhnlichen Dampfröhre, die nicht
                              									selten sehr schlecht für die Maschine paßt, an der sie angebracht ist, der oben
                              									beschriebenen Röhre mit wandelbarer Mündung oder irgend einer anderen demselben
                              									Zweke entsprechenden Vorrichtung bediente. Man könnte dann bei einigen Probefahrten
                              									ermitteln, welche Mündungsweite für die Maschine die vortheilhafteste ist, und diese
                              									so lange beibehalten, bis der schlechte Zustand, in den der Kessel geräth, eine
                              									Verengerung derselben erheischt. Die Röhre mit wandelbarer Mündungsweite, welche ich
                              									hier beschrieben habe, ward im Jahre 1836 zu Liverpool theils zu den hier
                              									beschriebenen, theils zu anderen ähnlichen Versuchen verfertigt, und leistete zwei
                              									Monate hindurch Dienste, ohne daß man irgend eine Beschädigung daran bemerkte.