| Titel: | Ueber ein Verfahren um dem isländischen Moos den bitteren Geschmak und den Moosgeruch zu benehmen; von W. Davidson. | 
| Fundstelle: | Band 77, Jahrgang 1840, Nr. XCIV., S. 370 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XCIV.
                        Ueber ein Verfahren um dem islaͤndischen
                           								Moos den bitteren Geschmak und den Moosgeruch zu benehmen; von W. Davidson.
                        Aus dem Edinburgh new philosophical Journal. Jan. –
                              									April 1840, S. 260.
                        Davidson's Verfahren dem islaͤndischen Moos den bittern
                           								Geschmak zu benehmen.
                        
                     
                        
                           Man benuzt das isländische Moos (Cetratia islandica) in
                              									einigen nördlichen Ländern zum Brodbaken, sein ungemein bitterer Geschmak ließ es
                              									aber nie als Nahrungsmittel in allgemeinen Gebrauch kommen. Westring schlug einfachkohlensaures Kali als ein Mittel vor, um ihm den
                              									bitteren Stoff zu entziehen. Nach ihm sollen 32 Gramme einfachkohlensaures Kali
                              									hinreichen, um auf 500 Gramme Moos, die man 24 Stunden lang in einer hinreichenden
                              									Menge Wasser (worin das Alkali aufgelöst ist) liegen ließ, diese Wirkung zu äußern,
                              									also beiläufig 1 Th. Alkali auf 16 Th. Moos. Die von ihm zum Einweichen
                              									vorgeschriebene Zeit scheint jedoch nicht hinzureichen, um den bitteren Stoff
                              									vollständig auszuziehen, wozu selbst bei dieser Menge Alkali zwei bis drei Tage
                              									erforderlich sind. Nach Berzelius enthält das isländische
                              									Moos in 100 Theilen:
                           
                              
                                 Chlorophyll
                                   1,6
                                 
                              
                                 bitteren Stoff
                                   3,0
                                 
                              
                                 unkrystallisirbaten Zuker
                                   3,6
                                 
                              
                                 Gummi
                                   3,7
                                 
                              
                                 Apothem
                                   7,0
                                 
                              
                                 Stärkmehl
                                 44,6
                                 
                              
                                 doppeltlichensaures Kali und Kalk
                                   1,9
                                 
                              
                                 stärkmehlartige Faser
                                 36,2
                                 
                              
                           Hienach ist es wahrscheinlich, daß die alkalische Auflösung den Zuker, das Gummi und
                              									einen Theil des Extractivstoffes aufnimmt, das Stärkmehl aber und die
                              									stärkmehlartige Faser, die beiläufig 81 Procent betragen, nicht auflöst.
                           Es ist nun klar, daß durch ein längeres Einweichen des Mooses in der Kalilösung nicht
                              									viel mehr von den löslichen Substanzen aufgelöst werden wird, als durch ein
                              									kürzeres; denn wenn der bittere Stoff gänzlich ausgezogen ist, so ist es mehr als
                              									wahrscheinlich, daß der Zuker und das Gummi, da beide in wässerigen Flüssigkeiten
                              									sehr leicht löslich sind, auch aufgenommen werden. In der That schien auch die
                              									alkalische Flüssigkeit, als man sie nach 14 tägigem Einweichen abdampfte, sehr wenig
                              									feste Substanz zu enthalten.
                           Bei einem Versuche fand ich jedoch, daß die durch einfachkohlensaures Kali bewirkte
                              									Auflösung gallertartig wurde, was von einer theilweisen Gährung herzurühren schien,
                              									denn ihre Bitterkeit war gänzlich zerstört.
                           Aezkali scheint den bittern Stoff noch besser auszuziehen, als einfachkohlensaures
                              									Kali, indem von ihm weniger dazu erforderlich ist. Ich verfuhr daher
                              									folgendermaßen:
                           Ich nahm 4 Pfund einfachkohlensaures Kali (Pottasche) und 4 Pfd. frisch gebrannten
                              									Kalk, löschte den Kalk mit beiläufig einem Drittel seines Gewichts Wasser ab und
                              									brachte ihn mit dem kohlensauren Kali in eine große Flasche, nebst 4 oder 5 Gallons
                              									(40 bis 50 Pfd.) Wasser. Die Flasche wurde fest verkorkt und innerhalb 24 Stunden
                              									mehrmals geschüttelt, worauf man die klare Flüssigkeit abgoß und sie auf 112 Pfd.
                              									isländisches Moos, brachte. Hierauf goß man wieder Wasser in die Flasche und
                              									schüttelte sie, um alles zurükgebliebene Aezkali zu benuzen, und brachte auch dieses Wasser auf das
                              									isländische Moos und noch so viel Wasser dazu, daß das Moos ganz davon bedekt wurde.
                              									Das Moos muß ungefähr 14 Tage eingeweicht bleiben, indessen kann es nach Umständen
                              									etwas länger oder kürzer vorgenommen werden, und um sich von der Beschaffenheit des
                              									Mooses zu überzeugen, nimmt man ein kleines Stük davon aus dem Gefäße, wäscht es ab
                              									und kaut es eine Minute oder noch länger. Das Moos durch Pressen von seiner
                              									Flüssigkeit zu befreien, ist nachtheilig, da ein Theil der stärkehaltigen Substanz
                              									dabei ebenfalls ausgepreßt wird. Man darf daher das Wasser bloß davon ablaufen
                              									lassen, ehe man es troknet. Ferner muß man zum Auflösen des Kali's möglichst wenig
                              									Wasser anwenden, weil eine starke Auflösung den bitteren Stoff besser auszieht, als
                              									eine schwache. Es ist daher auch vortheilhaft das Moos in kleine Stufe zu
                              									zertheilen, damit es weniger Raum einnimmt. Das geeignetste Verhältniß von
                              									kohlensaurem Kali ist 1 Theil desselben auf 28 Theile isländisches Moos; wünscht man
                              									aber eine schnellere Wirkung, so muß man noch mehr von dem Alkali nehmen.
                           Auch Kalk läßt sich zum Ausziehen des bitteren Stoffes anwenden. Weicht man
                              									isländisches Moos mit ungefähr dem fünften oder sechsten Theile seines Gewichts
                              									gebranntem Kalk und der erforderlichen Menge Wasser ein, so daß es von der
                              									Flüssigkeit bedekt ist, und rührt das Ganze häufig um, so wird ihm der bittere Stoff
                              									in einer Woche entzogen. Die wässerige Flüssigkeit hat dann eine dunkelbraune Farbe,
                              									schmekt aber nach beendigtem Einweichen kaum mehr bitter. Der Kalk scheint eine
                              									theilweise Zersezung des bitteren Stoffes zu bewirken. Von den anderen löslichen
                              									Stoffen des Mooses scheint sich nur wenig aufzulösen, denn beim Abdampfen eines
                              									Theiles der Flüssigkeit erhielt ich nur wenig Rükstand.
                           Das isländische Moos selbst erhält durch die Einwirkung des Kalkes ein härteres
                              									Gewebe und nimmt eine röthliche Farbe an. Jene Eigenschaft, die Härte, kann man ihm
                              									durch Einweichen in Wasser, welches mit Schwefelsäure angesäuert ist, wieder
                              									benehmen und auch die rothe Farbe wird dadurch vermindert, jedoch nicht ganz
                              									entfernt. Man kann folgendes Verfahren einschlagen, wenn man den wohlfeileren Kalt
                              									statt des Kali's anwenden will.
                           Man nimmt 112 Pfd. isländisches Moos, 6 Pfd. frisch gebrannten Kalk und so viel
                              									Wasser, daß das Ganze bedekt wird, und läßt das Moos ungefähr eine Woche unter
                              									häufigem Umrühren darin weichen. Nach beendigtem Einweichen bringt man das Moos auf
                              									ein Sieb oder ein Tropfbrett, dessen Löcher so groß sind, daß der Kalk durchgehen
                              									kann, während das Moos zurükbleibt. Darauf übergießt man es mit kaltem Wasser, bis es
                              									völlig ausgewaschen ist. Das Moos muß nachher in mit Schwefelsäure angesäuertem
                              									Wasser eingeweicht, wieder ausgewaschen und zulezt, ohne es zu pressen, getroknet
                              									werden. Der gebrannte Kalt hat auch die Eigenschaft, den Moosgeruch viel mehr zu
                              									entfernen als Kali.
                           Ich versuchte isländisches Moos, dem sein bitterer Stoff durch Aezkali entzogen war,
                              									zum Brodbaken anzuwenden, indem ich ein Decoct davon (welches nach dem Erkalten eine
                              									feste Gallerte bildete) mit Weizenmehl mengte. Es gab ein ganz süßes Brod, welches
                              									noch wann einen Moosgeruch hatte, der aber beim Erkalten sehr abnahm. Das am
                              									wenigsten kostspielige Verfahren isländisches Moos zum Brodbaken zu gebrauchen,
                              									würde darin bestehen, es zu mahlen und dann mit irgend einer Getreideart zu
                              									vermengen; dabei würde nämlich die stärkmehlartige Faser, welche in Wasser zwar
                              									unlöslich ist, aber doch viel Nahrungsstoff enthält, ganz zurükgehalten werden.
                           Der Chlorkalk äußert auf isländisches Moos ebenfalls eine beträchtliche Wirkung. Er
                              									entzieht ihm den Moosgeruch und macht es nach der von ihm und dem Wasser, worin er
                              									aufgelöst wurde, angewandten Menge, mehr oder weniger weiß. Dieselbe Quantität
                              									Chlorkalk wirkt nämlich stärker, wenn sie in einer kleinen, als wenn sie in einer
                              									großen Menge Wasser aufgelöst ist. Ich habe bei der Behandlung mit Chlorkalk
                              									folgendes Verfahren angewendet:
                           Auf 100 Theile in kleine Stüke zertheilten isländischen Mooses, dem zuvor sein
                              									bitterer Stoff entzogen wurde, nahm ich 12 Theile Chlorkalk und so viel Wasser, als
                              									nöthig war, um das Moos zu bedeken. Der Chlorkalk wurde in einem Mörser mit Wasser
                              									zur Consistenz eines Rahmes zerrieben und dann dem Moose zugesezt. Ich ließ es einen
                              									oder zwei Tage darin weichen und rührte das Ganze häufig um. Darauf wurde es mit
                              									kaltem Wasser ausgewaschen und endlich in mit Schwefelsäure angesäuertem Wasser
                              									eingeweicht. (Wenn dabei ein Säureüberschuß angewandt worden ist, muß dieser durch
                              									nochmaliges Waschen entfernt werden.) Das mit einer solchen Menge Chlorkalk
                              									behandelte isländische Moos wird ziemlich weiß und bildet eine farblose und fast
                              									geruchlose Gallerte, wenn es mit Wasser gelocht wird. Im Allgemeinen wird jedoch
                              									eine geringere Menge Chlorkalk dem Zweke entsprechen, etwa 4 Theile desselben auf
                              									100 Theile Moos. Auf ähnliche Weise wirkt der Chlorkalk auch auf Caragheen oder
                              									irländisches Moos (Fucus crispus), bewirkt aber mehr die
                              									Zerstörung seines Geruches als das Bleichen desselben.Die Society of arts for Scotland ließ obige
                                    											Versuche Davidson's wiederholen und sie
                                    											bestätigten sich vollkommen.