| Titel: | Beschreibung der atmosphärischen Eisenbahn der HHrn. Clegg und Samuda. | 
| Fundstelle: | Band 77, Jahrgang 1840, Nr. CI., S. 411 | 
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                        CI.
                        Beschreibung der atmosphaͤrischen
                           								Eisenbahn der HHrn. Clegg
                           								und Samuda.
                        Aus dem Civil Engineers and Architects Journal. Aug. 1840,
                              									S. 259.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									VI.
                        Clegg's und Samuda's atmosphaͤrische Eisenbahn.
                        
                     
                        
                           Die bereits (im vorhergehenden Heft des polytechn. Journals S. 264) von uns
                              									mitgetheilten Notizen über die atmosphärische Eisenbahn können wir nun durch eine
                              									Abbildung derselben, welche uns nebst Kostenanschlag von den Erfindern selbst zukam,
                              									vervollständigen.
                           Fig. 1 ist ein
                              									Grundriß der Eisenbahn mit der oberen Fläche der Röhre und einem Durchschnitte der
                              									Stelle, wo das den Eintritt verschließende Ventil (entrance
                                 										separating valve) angebracht ist, um dessen Einrichtung zu zeigen.
                           Fig. 2 ist ein
                              									Längendurchschnitt der Eisenbahn nach der punktirten Linie m,
                                 										m, Fig.
                                 										3; man ersieht daraus die Verbindung zwischen dem Kolben und dem Wagenzug,
                              									nebst der Methode das continuirliche Ventil (continuous
                                 										valve) zu öffnen.
                           Fig. 3 ist ein
                              									Querschnitt derselben.
                           Fig. 4 ein
                              									Querschnitt der Röhre in vergrößertem Maaßstab; das continuirliche Ventil mit seinem
                              									Dekel nebst dem Heizer (heater) N sind darin durch punktirte Linien angedeutet.
                           Die Triebkraft wird dem Wagenzug durch eine fortlaufende Hauptröhre A mitgetheilt, welche zwischen den Schienen liegt und
                              									durch Luftpumpen ausgepumpt wird; leztere werden durch stationäre Dampfmaschinen
                              									getrieben, die neben der Eisenbahn eine bis drei Meilen von einander entfernt (was
                              									von der Frequenz der Bahn abhängt) aufgestellt sind. Ein in diese Röhre eingeführter Kolben
                              										B wird durch einen mit ihm verbundenen Arm an dem
                              									Gestell des Vorderwagens angehängt und durch den vor ihm erzeugten luftverdünnten
                              									Raum vorwärts getrieben. Die continuirliche oder fortlaufende Röhre ist zwischen den
                              									Schienen befestigt und auf die Querschwellen derselben aufgeschraubt; die Röhre ist
                              									innen nicht ausgebohrt, sondern bloß 1/10 Zoll dik mit Talg belegt, um ihre
                              									Oberfläche gleichförmig zu machen und alle unnöthige Reibung beim Durchgehen des
                              									Kolbens zu verhindern. Längs der oberen Fläche der Röhre ist ein fortlaufender
                              									beiläufig zwei Zoll weiter Schliz (Spalt). Dieser Schliz ist durch ein Ventil G bedekt, welches sich über die ganze Länge der
                              									Eisenbahn ausdehnt und aus einem Lederstreifen besteht, der zwischen Eisenplatten
                              									eingezwängt ist, wie man in Fig. 4 sieht; der obere
                              									Theil dieser Platten ist breiter als der Schliz, damit die äußere Luft das Leder
                              									nicht in die Röhre hineintreiben kann, wenn in dieser das Vacuum hergestellt ist,
                              									und da die unteren Platten in den Schliz passen, so sperrt das Ventil, wenn es
                              									geschlossen ist, den ganzen Umfang der Röhre ab, so daß keine Luft in die Röhre
                              									eindringen kann; eine Seite dieses Ventils wird durch Eisenstangen Nr. 2, Fig. 4, welche
                              									durch Schraubenmuttern Nr. 4 an eine auf die Röhre gegossene Längenrippe befestigt
                              									sind, sicher niedergehalten, so daß das Leder zwischen den Platten und der Stange
                              									wie ein Charnier (Gewinde) ähnlich einem gewöhnlichen Klappenventil wirken kann; die
                              									andere Seite des Ventils fallt in eine Kerbe, welche eine Composition aus
                              									Bienenwachs und Talg enthält: diese Composition ist bei gewöhnlicher Temperatur
                              									fest, wird aber flüssig, wenn man sie einige Grade darüber erhizt. Ueber diesem
                              									Ventil ist ein Dekel I angebracht, der es gegen Schnee
                              									und Regen schüzt; derselbe besteht aus beiläufig fünf Fuß langen mit Leder besezten
                              									Eisenplatten und das Ende jeder Platte überdekt das nächste in der Richtung der
                              									Kolbenbewegung, so daß sicher eine Platte nach der anderen gehoben wird. An der
                              									unteren Seite des ersten Wagens bei jedem Zuge ist der Kolben B mit seinem Zugehör angehängt; eine horizontal von dem Kolben ausgehende
                              									Stange ist an einen Verbindungsarm C, beiläufig sechs
                              									Fuß hinter dem Kolben, angehängt. Dieser Verbindungsarm geht durch den fortlaufenden
                              									Schliz in der Röhre, und da er an dem Wagen befestigt ist, so theilt er dem Zug
                              									Bewegung mit, so wie die Röhre ausgepumpt wird; an die Kolbenstange sind auch vier
                              									eiserne Räder H, H (zwei vor und zwei hinter dem
                              									Verbindungsarm) angehängt, welche zum Heben des Ventils dienen und einen Raum zum
                              									Passiren des Verbindungsarms bilden, so wie auch zum Zulassen von Luft hinter den
                              									Kolben; ein anderes eisernes Rad D ist an den Wagen angehängt und wird
                              									durch eine Feder regulirt; es dient dazu, das Ventil vollkommen zum Schließen zu
                              									bringen, indem es sogleich nach dem Passiren des Arms über die Dekelplatten lauft.
                              									Eine beiläufig zehn Fuß lange kupferne Röhre (Heizer), welche durch einen kleinen
                              									Ofen Z, der ebenfalls an der unteren Seite des Wagens
                              									befestigt ist, beständig heiß erhalten wird, streicht über die Oberfläche der
                              									Composition (welche durch das Heben des Ventils durchbrochen wurde) und schmilzt
                              									sie; diese Composition wird beim Abkühlen wieder fest, so daß das Ventil luftdicht
                              									schließt. So hinterläßt jeder Zug beim Passiren die Röhre in einem zum Empfangen des
                              									nächsten Zuges geeigneten Zustande.
                           Die continuirliche Röhre ist (nach der respectiven Entfernung der fixirten
                              									Dampfmaschinen) in Sectionen abgetheilt und zwar durch separirende Ventile F und Q, welche durch den
                              									vorübergehenden Wagenzug geöffnet werden: diese Ventile sind so construirt, daß beim
                              									Passiren von einer Section zur anderen kein Aufenthalt oder keine Verminderung der
                              									Geschwindigkeit nöthig ist. Das den Austritt abschließende Ventil (exit separating valve) Q
                              									oder dasjenige am Ende der Section, wird durch die Compression der Luft vor dem
                              									Kolben geöffnet, welche nothwendig erfolgt, nachdem er den mit der Luftpumpe
                              									communicirenden Röhrentheil passirt hat; das den Eintritt abschließende Ventil (entrance separating valve) f
                              									(nämlich dasjenige am Anfang der nächsten Röhrensection) ist ein sich um einen
                              									festen Mittelpunkt drehendes doppeltes Ventil (balance
                                 										valve) und öffnet sich unmittelbar nach dem Eintritt des Kolbens in die
                              									Röhre. Die Hauptröhren sind durch Muffe zusammengefügt, in deren jedem ein
                              									ringförmiger Raum ungefähr in der Mitte der Pakung gelassen und mit einem
                              									halbflüssigen Körper ausgefüllt wird: dadurch ist das Eindringen von Luft in die
                              									Röhre unmöglich gemacht.
                           
                        
                           Berechnung der Kraft.
                           Eine Röhre von 18 Zoll Durchmesser nimmt einen Kolben von 254 Zoll Fläche auf: der
                              									gewöhnliche Druk auf diesen Kolben, in Folge des Auspumpens der Röhre, sollte 8 Pfd.
                              									auf den Quadratzoll betragen (denn dieß ist für die Praxis die vortheilhafteste
                              									Verdünnung, über welche man dann für ungewöhnlich schwere Züge noch weit genug
                              									hinausgehen kann), wodurch man eine Zugkraft von 2032 Pfd. gewinnt, welche einen 45
                              									Tonnen (900 Cntr.) schweren Zug bei einer Steigung von 1 in 100 stündlich 30 (engl.)
                              									Meilen weit treiben wird. 2 1/2 Meilen dieser Röhre enthalten 23324 Kubikf. Luft,
                              									wovon 16/30 oder 12439 Kubikfuß ausgepumpt werden müssen, um eine Verdünnung = 8 Pfd. per Quadratzoll zu erzielen; der Kolben einer Luftpumpe
                              									hiezu muß 5 Fuß 7 Zoll im Durchmesser, oder 24 7/10 Fuß Fläche haben und sich in der
                              									Minute durch 220 Fuß bewegen, so daß er anfangs 24,7 × 220 = 5434 Kubikfuß in
                              									der Minute auspumpt und 2536 Kubikfuß in der Minute, wenn die Verdünnung auf 16 Zoll
                              									Queksilber oder 8 Pfd. per Quadratzoll vorgeschritten
                              									ist, so daß im Mittel 3985 Fuß in der Minute ausgepumpt werden; es ist daher
                              									12439/3985 = 3,1 Minuten die zum Auspumpen der Röhre erforderliche Zeit; und da die
                              									Fläche des Kolbens der Luftpumpe 14mal so groß wie die des Kolbens in der Röhre ist,
                              									so wird auch die Geschwindigkeit des lezteren 14mal so groß wie von jenem seyn oder
                              									220 Fuß per Minute × 14 = 3080 Fuß per Minute oder 35 Meilen per Stunde; da es aber nicht möglich ist, eine Luftpumpe ganz vollkommen
                              									schließend zu construiren, so vermindert sich diese Geschwindigkeit auf 30 Meilen
                              										per Stunde und die zur Herstellung der
                              									Luftverdünnung erforderliche Zeit erhöht sich auf 4 Minuten: der Zug muß also über
                              									eine 2 1/2 Meilen betragende Bahnabtheilung in 5 Minuten gelangen und in weiteren 4
                              									Minuten lassen sich die Vorbereitungen für den nächsten Zug machen, was im Ganzen 9
                              									Minuten beträgt; 15 Minuten sind also zwischen jedem Zug mehr als hinreichend, und
                              									rechnet man den Arbeitstag zu 14 Stunden, so können 56 Züge in jeder Richtung oder
                              									2520 Tonnen, also im Ganzen 5000 Tonnen täglich transportirt werden. Dazu ist eine
                              									feststehende Dampfmaschine von 110 Pferdekräften erforderlich, was 22 Pferdekräften
                              										per Meile in jeder Richtung entspricht.
                           
                        
                           Vergleichung der Kosten einer
                                 										atmosphärischen Eisenbahn mit einer gewöhnlichen.
                           Die Nothwendigkeit, die Eisenbahnen möglichst eben herzustellen, verursacht bei dem
                              									gewöhnlichen System die ungeheuren Auslagen für Erdarbeiten, Viaducte und Tunnels
                              									und erhöht auch sehr die Kosten für den Ankauf des Bodens; hierin wird
                              									außerordentlich bei der atmosphärischen Bahn erspart.
                           Dampfwagen-System.
                           
                              
                                 
                                    per
                                    											Meile.
                                 
                              
                                     Legt man
                                    											fünf der bedeutendsten (englischen) Eisenbahnen bei derBerechnung zu
                                    											Grunde, so kosteten sie über
                                 36000 Pfd. St.
                                 
                              
                                     Das
                                    											ursprüngliche Capital für Dampfwagen
                                   1600    –
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 37600 Pfd. St.
                                 
                              
                           
                           Atmosphärisches System.
                           
                              
                                 
                                    per
                                    											Meile.
                                 
                              
                                     Die
                                    											Durchschnittskosten fuͤr eine Landstraße in England betragen
                                    											3000 Pfd. Sterl. per Meile; wir wollen aber
                                    											fuͤr die atmosphaͤrischeEisenbahn annehmen
                                   4000 Pfd. St.
                                 
                              
                                     Noch
                                    											besonders fuͤr Bruͤken
                                   2000    –
                                 
                              
                                     Schienen,
                                    											Stuͤhle, Querschwellen und Legen derselben
                                   2500    –
                                 
                              
                                     Hauptroͤhre und
                                    											vollstaͤndiger Apparat (um 360 Tonnen stuͤndlichoder 5000
                                    											Tonnen in einem Tage zu 14 Stunden auf einer Straße mitSteigungen von 1
                                    											in 100 transportiren zu koͤnnen)
                                   5200    –
                                 
                              
                                     Feststehende Dampfmaschinen, Luftpumpen und
                                    											Maschinenhaͤuser
                                   1400    –
                                 
                              
                                     Bahnkolben
                                       20    –
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 15120 Pfd. St.
                                 
                              
                                     Man erspart
                                    											also per Meile bei der Herstellung und
                                    											Ausruͤstung derBahn nach dem atmosphaͤrischen
                                    											System
                                 22480    –
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 37600 Pfd. St.
                                 
                              
                           Wir wollen nun die jährlichen Unkosten beim Bahnbetrieb in der Voraussezung
                              									vergleichen, daß täglich zweitausend Tonnen transportirt
                              									werden müssen.
                           Dampfwagen-System.
                           
                              
                                 
                                    per
                                    											Meile.
                                 
                              
                                     5 Proc.
                                    											Interessen von dem aufgewandten Capital im Betrag von37600 Pfd.
                                    											St.
                                 1880 Pfd. St.
                                 
                              
                                     Unterhaltung der Bahn
                                   450    –
                                 
                              
                                     Kosten
                                    											fuͤr Dampfwagen, Kohks etc.
                                 1800    –
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 4130 Pfd. St.
                                 
                              
                           Atmosphärisches System.
                           
                              
                                 
                                     per Meile.
                                 
                              
                                     5 Procent
                                    											Interessen von dem aufgewandten Capital, naͤmlich15120 Pfd.
                                    											St.
                                   756 Pfd. St.
                                 
                              
                                     Unterhaltung der Bahn und
                                    											Vacuumroͤhren
                                   300    –
                                 
                              
                                     Abnuzung
                                    											der feststehenden Dampfmaschinen, 5 Proc. ihrerKosten
                                     70    –
                                 
                              
                                     75 Pfd.
                                    											Steinkohlen, um eine Tonne per Meile zu
                                    											transportiren,214 Tonnen zu 20 Shill.
                                   214    –
                                 
                              
                                     Lohn
                                    											fuͤr die Maschinenwaͤrter und Heizer
                                     60    –
                                 
                              
                                     Lohn
                                    											fuͤr die Conducteure
                                     26    –
                                 
                              
                                     Erneuerung
                                    											des fortlaufenden Apparates und der Composition,nebst verschiedenen
                                    											anderen Erfordernissen
                                   200    –
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 1626 Pfd. St.
                                 
                              
                                     Man erspart
                                    											also per Meile jaͤhrlich bei dem
                                    											atmosphaͤrischenSystem
                                 2504    –
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 4130 Pfd. St.
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                     Gesammtkosten um eine Tonne eine Meile weit
                                    											zu transportiren,bei dem
                                       												Dampfwagen-System
                                    										
                                       1,54 Pence.
                                 
                              
                                     Deßgleichen
                                    												bei dem atmosphaͤrischen System
                                 
                                    											      0,6    –
                                 
                              
                           
                           Dabei sind die Kosten für Wagen und deren Bedienung abgerechnet, weil sie bei beiden
                              									Systemen als gleich angenommen werden können.
                           Nach dieser Beschreibung der Bahn und den von den sinnreichen Erfindern angestellten
                              									Berechnungen, da ferner im lezten Monate fast täglich Versuche mit bestem Erfolg
                              									angestellt worden sind, läßt sich wohl annehmen, daß das neue System allgemein in
                              									Gebrauch kommen wird, und wir wünschen, daß die Erfinder für ihre großen Unkosten
                              									und Bemühungen reichlich entschädigt werden möchten.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
