| Titel: | Bericht des Hrn. Herpin, über verschiedene zu Matrazen u. dergl. Unterlagen anwendbare Materialien. | 
| Fundstelle: | Band 78, Jahrgang 1840, Nr. XXXI., S. 151 | 
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                        XXXI.
                        Bericht des Hrn. Herpin, uͤber verschiedene zu Matrazen u.
                           dergl. Unterlagen anwendbare Materialien.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, Jul. 1840, S. 249.
                        Herpin, uͤber Materialien zu Matrazen.
                        
                     
                        
                           Man hat verschiedene Mittel vorgeschlagen, um die Federn, die Wolle und die Haare zu
                              ersezen, welche man bei der Verfertigung von Matrazen und anderen Unterlagen
                              anwendet; mehrere Moose, namentlich das Hypnum crispum
                              sind zu diesem Gebrauche an einigen Orten angewendet worden. Parmentier, welcher eine interessante Abhandlung über Federn und Flaumen
                              schrieb, hatte die Dekblätter oder die Blätter, welche die Blüthe des türkischen
                              Kornes umgeben, empfohlen. General Bory de
                                 Saint-Vincent empfahl in einem Berichte an die Akademie der
                              Wissenschaften sehr die Zostère, eine Seepflanze, welche richtig zubereitet
                              sehr geschmeidig, elastisch, weich, geruchlos und gar nicht hygrometrisch ist, auch
                              vom Schweiß nicht durchdrungen wird. Man hat ferner sehr leicht transportable
                              Matrazen aus undurchdringlichen Stoffen verfertigt, sie mit Luft gefüllt und
                              ausgespannt. Hr. Proeschel
                              (Tapezierer am boulevard de capucines, No. 15) bringt
                              nun das Pflanzenhaar oder die tillandsia usneoides in
                              Vorschlag, welches eine Schmarozerpflanze aus der Familie der Bromeliaceen ist, und
                              im Ueberfluß auf der Rinde alter oder kranker Bäume in Brasilien, Mexico und in
                              Louisiana etc. etc. wächst; diese Pflanze bringt Stengel von 2 bis 3 Meter
                              (6–9 Fuß Länge) hervor, die fadenförmig und abgegliedert sind; durch eine Art
                              Rösten von dem seidenartigen Flaume, welcher sie umgibt, getrennt, nimmt diese
                              Pflanze ein schwarzes, nach Art gewöhnlicher Haare gekraustes Aussehen an, so daß
                              man sie bei nicht genauer Betrachtung damit verwechseln könnte. Das Pflanzenhaar ist
                              weniger elastisch und weicher als gewöhnliche Haare und bricht leicht; da es zu uns
                              roh von Amerika kömmt, so erhöht sich der Preis durch die Bearbeitung und durch das
                              Rosten, dem es unterworfen werden muß, bis zu 2 Franken per
                              Kilogramm, das heißt bis zum Preise gewöhnlicher Haare, und bei gleichen Preisen
                              würden wahrscheinlich leztere den Vorzug haben. Er glaubt, daß wenn die
                              Pflanzenhaare am Orte ihrer Erzeugung selbst die nöthige Bearbeitung erhalten
                              würden, sie dann zu niedrigern Preisen im Handel geliefert werden könnten und ihre
                              Anwendung dann vortheilhaft werden würde.
                           Hr. Proeschel hat auch die
                              grünen Blätter mehrerer Grasarten anzuwenden versucht, nachdem er sie zuvor
                              aufgekocht und wie gewöhnliche Haare gedreht und getroknet hatte; sie erhalten dann
                              eine gewisse Elasticität; dieser Stoff ist aber leicht zerbrechlich und verwandelt
                              sich in Staub wenn er gerieben wird, behält überdieß auch lange Zeit einen
                              Heugeruch; sein niedriger Preis, welcher die öftere Erneuerung desselben gestatten
                              würde, könnte allein Manche bestimmen, Anwendung davon zu machen.
                           Hr. Proeschel hat endlich auch
                              bei der Verfertigung der sogenannten elastischen Matrazen mehrere Verbesserungen
                              eingeführt, welche nicht unwichtig sind. So befestiget er die Federn von Eisendraht
                              auf einen festen Boden von sorgfältig mit Feder und Nuth verbundenen Brettern, die
                              in mehrere Fächer (Füllungen) abgetheilt sind, statt wie es gewöhnlich geschieht,
                              auf einem Nez von Gurten, welche sich dehnen und dem Druke ausweichen. Er bringt die
                              Zahl und die Kraft der Federn ins Verhältniß mit dem Gewichte des Körpertheiles,
                              welchen sie tragen sollen; es sind deßhalb stärkere in der Mitte als an den Enden
                              und schwächere an den Füßen als am Kopf. Er gibt den Matrazen eine schwache Neigung
                              von dem Kopf nach den Füßen und umgibt sie mit einem Ueberzug, den man leicht
                              abnehmen und reinigen kann. Diese Matrazen sind auch so eingerichtet, daß zwei
                              Personen auf einmal darauf schlafen können, ohne ihre Form oder ihre Elasticität zu
                              verlieren. Bei Betten für Kinder oder Kranke bringt er eine Oeffnung oder Rinne an,
                              um den Abfluß und Fortgang des Wassers zu erleichtern, und umgibt sie mit einem
                              undurchdringlichen Zeug.
                           Die verschiedenen elastischen Unterlagen, welche uns von Hrn. Proeschel zur Prüfung übergeben wurden, schienen
                              uns sorgfältig und gut ausgeführt. Die Vortheile der Unterlagen mit Metallfedern
                              fangen an allgemein hinreichend gewürdiget zu werden, allein es wäre zu wünschen,
                              daß sie in Spitälern, Gasthäusern, Casernen und Wohlthätigkeitsanstalten eingeführt
                              werden könnten.
                           Die Betten der Pariser Gasthäuser bestehen in einem Strohsak und zwei Matrazen, deren
                              Preis zusammen 119 Fr. beträgt. Dasselbe Lager, bestehend aus einer gewöhnlichen
                              elastischen Matraze und einer Wollenmatraze, kostet um 19 Fr. weniger, was bei tausend Betten eine
                              Ersparniß von 19,000 Fr. ausmachen würde. Die Vergleichung der Ausgaben der
                              jährlichen Unterhaltung der Unterlagen spricht ebenfalls zu Gunsten derjenigen mit
                              Metallfedern. Man kann den mittleren jährlichen Aufwand zum Unterhalten einer
                              elastischen Unterlage auf 1 Fr. 50 Cent. schäzen. Die Unterhaltung der gewöhnlichen
                              Unterlagen, von welchen die Rede ist, wird ungefähr 4 Fr. betragen; es ergibt sich
                              also jährlich eine Ersparniß von 2 Fr. 50 Cent, zu Gunsten elastischer Unterlagen;
                              dieß beträgt für tausend Betten 2500 Fr. Ein Versuch, der schon mit elastischen
                              Unterlagen in einem Krankenhause gemacht wurde, fiel sehr befriedigend aus. Die
                              Kranken, welchen man eine Zeit lang die Unterlagen genommen hatte, forderten sie mit
                              lebhaftem Bitten zurük, und sie drükten ihre Klagen in Worten aus, welche genug
                              bewiesen, daß diese Betten viel beigetragen hatten ihre Leiden zu mildern.