| Titel: | Ueber die Anwendung hydriodsaurer Salze um Lichtbilder hervorzubringen. Von Hrn. Robert Hunt. | 
| Fundstelle: | Band 78, Jahrgang 1840, Nr. LXXV., S. 360 | 
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                        LXXV.
                        Ueber die Anwendung hydriodsaurer Salze um
                           Lichtbilder hervorzubringen. Von Hrn. Robert Hunt.
                        Aus dem Philosophical Magazine etc. Sept. 1840, S. 202 u.
                              Okt. S. 260.
                        Hunt, uͤber die Anwendung hydriodsaurer Salze um Lichtbilder
                           hervorzubringen.
                        
                     
                        
                           Mehr als ein ganzes Jahr habe ich damit zugebracht, die Eigenschaften der
                              hydriodsauren Salze bei ihrer Anwendung zur Hervorbringung photographischer Bilder,
                              welche durch eine einzige Operation erzeugt werden, und
                              deren Licht und Schatten der Natur getreu ihre Stelle haben, zu studiren, und die
                              Resultate meiner sehr zahlreichen Versuche sind die Aufstellung bestimmter Geseze,
                              welche jene Ungewißheit bei Anwendung der hydriodsauren Salze uns größtentheils zu
                              beseitigen helfen, ferner eine Erklärung vieler zum Vorschein gekommener Anomalien
                              und endlich die Entdekung einiger merkwürdiger, bisher nicht bekannter
                              Eigenthümlichkeiten.
                           Die Unsicherheit bei Anwendung der Hydriodate hat ihren Gebrauch sehr beschränkt und
                              der Wunsch, die Fortschritte einer schönen Kunst zu begünstigen, veranlaßt mich,
                              nachfolgende Bemerkungen mitzutheilen.
                           Hr. John Herschel macht in
                              seiner trefflichen Abhandlung „über die chemische Wirkung der Strahlen des
                                 Sonnenspectrums“ schon auf die Unbeständigkeit der Wirkung der
                              hydriodsauren Salze besonders aufmerksam. „Nichts, sagt dieser talentvolle
                                 und unermüdete Forscher, kann wandelbarer und launenhafter seyn, als die bei
                                 verschiedener Concentration der Auflösungen, bei verschiedenen Papiersorten, bei dem Grade
                                 der vor der Anwendung der jodirten Flüssigkeit von dem Papiere schon
                                 angenommenen Dunkelheit, bei dem feuchten oder trokenen Zustande des Papiers und
                                 unter andern Umständen erhaltenen Resultate.“ Damit die verschiedenen
                              von mir aufzustellenden Säze vollkommen verstanden werden, und um andern Händen
                              dieselben Resultate zu sichern, wird es nochwendig seyn, in eine etwas ausführliche
                              Betrachtung der verschiedenen in Anwendung gebrachten Papiere einzugehen, und
                              genügende Anweisung zu geben, um mit Erfolg dasselbe Verfahren anzuwenden mit der
                              Camera obscura sowohl als bei Abziehung von Bildern
                              durch unmittelbare Anlegung.
                           1) Die Präparation des Papiers. Die ungleiche Textur
                              selbst der feinsten Papiersorten verursacht Unregelmäßigkeiten in der Einsaugung und
                              ist daher eine beständige Quelle von Beschädigungen, indem die Zeichnungen durch
                              dunkle Fleken, welche sehr schwer zu entfernen sind, entstellt werden, folglich
                              mußte mein erstes Trachten dahin gehen, eine Oberfläche darzustellen, auf welcher
                              sich das photographische Erzeugniß gleichmäßig ausbreitet.
                           2) Allerlei Ueberzüge wurden mit verschiedenem Erfolge versucht. Fast aller
                              animalische Leim scheint die Eigenthümlichkeit zu besizen, färbend einzuwirken, was
                              seine Anwendbarkeit in vielen Fällen des von Hrn. Talbot veröffentlichten Verfahrens nicht zu
                              beeinträchtigen vermag; allein er schüzt immer das geschwärzte Silber vor der
                              Einwirkung der hydriodsauren Salzlösung. Die Gummiarten werden von dem Silbernitrat
                              angegriffen und gebräunt, abgesehen von der Einwirkung des Lichtes, welches
                              bedeutend bräunend der Wirkung des fertigen Bildes schadet. Eine sonderbare
                              Thatsache ist es, daß das Traganth- und Acacien- (arab.) Gummi die
                              Zeichnungen bei weitem weniger dauerhaft machen. Ich fand es daher im Allgemeinen
                              gerathen, die Anwendung eines Ueberzuges aufzugeben, solche Zusäze jedoch
                              beizubehalten, welche bei der Bereitung des Papieres schon in die Masse
                              eingehen.
                           3) Ich machte die Erfahrung, daß das Papier mit einer Metallauflösung gesättigt
                              werden kann, welche für sich allein von dem Lichte gar keinen Einfluß erleidet, auf
                              welcher der Silberüberzug ausgebreitet werden kann, ohne irgend eine merkliche
                              chemische Veränderung zu erleiden. Da diese merkwürdigen Ergebnisse einige
                              Eigenthümlichkeiten erklären, welche wir bei der Untersuchung der Hydriodate (65)
                              besprechen wollen, so werde ich einige derselben anführen.
                           4) Schwefelsaures und salzsaures Eisen. – Diese
                              Salze besiegen, in gewissen Verhältnissen angewandt, viele der ersten Schwierigkeiten, aber alle auf
                              damit zubereitetem Papiere gefertigten Zeichnungen verloren sich im Dunkeln
                              wieder.
                           5) Essigsaures und salpetersaures Blei. – Die
                              Bleisalze wurden, wie ich seitdem erst erfahren habe, von Hrn. John Herschel mit Erfolg in einigen seiner negativen Verfahrungsweisen angewandt. Ich erhielt ein
                              ziemlich gutes Resultat, wenn ich eine gesättigte Lösung
                              der genannten Salze anwendete. Aber damit präparirtes Papier bedurfte, um ein gutes
                              Resultat zu geben, eines stärkeren Lichtes, als andere Arten; wendete ich schwächere
                              Auflösungen an, so war dann die Zeichnung mit schwarzen Fleken bedekt. Hierüber muß
                              noch eine weitere Erklärung gegeben werden. Wurde nämlich die starke Auflösung
                              angewandt, so bildet derjenige Theil des hydriodsauren Salzes, welcher nicht zur
                              Bildung des hydriodsauren Silbers verwendet wurde, das bekanntlich das Hauptmittel
                              des Photographen ist, Bleijodid. Dieses Jodid ist löslich in siedendem Wasser und
                              wird durch dieses leicht vom Papier entfernt. Wurde schwächere Bleisolution
                              angewandt, so übt das hydriodsaure Salz, statt Jodid zu bilden, eine ihm
                              eigenthümliche Wirkung aus, indem es ein Oxyd des Metalls erzeugt
                              (65–67).
                           6) Salzsaures und salpetersaures Kupfer. – Diese
                              Salze führten in jeder Quantität die Wirkung der Hydriodate sehr schnell herbei, und
                              schienen sogar in kleinen Portionen zur Beschleunigung des Processes sehr viel
                              beizutragen; allein die Erfahrung lehrte dennoch ihre Unanwendbarkeit, indem die
                              Ränder der Schattenpartien durch chemische Action zerstört wurden.
                           7) Goldchlorid. – Ich erwartete nicht viel von der
                              Anwendung dieses Salzes. Beim Versuch fand sich, daß dasselbe unthätig blieb bis
                              nachdem sich die Zeichnung gebildet hatte, wobei eine sehr rasche Oxydation des
                              Goldes stattfand und in Folge davon eine Verdunkelung aller Lichtpartien (5)
                              (65–67).
                           8) Platinchlorid wurde in jeder Hinsicht mit dem
                              Goldchlorid von gleicher Wirkung gefunden; die Wiederverdunkelung aller Lichter war
                              noch rascher und intensiver (5, 7, 67).
                           9) Eine sehr große Reihe mannichfaltiger Präparate wurde mit demselben Erfolge diesen
                              Versuchen unterworfen. Ich wurde endlich überzeugt, daß das einzige Verfahren, durch
                              welches eine vollkommen gleichartige Oberfläche erhalten werden kann, ohne die
                              Empfindlichkeit des Papieres zu beeinträchtigen, eine sorgfältige Behandlung mit
                              Salzsäure- und Silberlösungen sey.
                           Wenn man sich an folgende einfache aber erst durch eine lange Reihe von Versuchen
                              ermittelte Anleitung hält, so kann nun ein Jeder photographisches Papier
                              bereiten, auf welches die Lösung der hydriodsauren Salze völlig gleichförmig
                              wirkt.
                           10) Man tauche das Papier wenige Minuten lang in die Auflösung eines salzsauren
                              Salzes unter Entfernung der sich etwa daran anlegenden Luftblasen mittelst eines
                              zarten Pinsels. Das nasse Papier wird hierauf mit sehr zartem Baumwollentuch
                              abgetroknet und dann bei gewöhnlicher Temperatur weiter getroknet. Wenn es troken
                              ist, wird es auf ein Brett angestekt und die Silbersolution kek aber leicht mittelst
                              einer zarten Schwammbürste aufgetragen. Man muß es nun augenbliklich dem
                              Sonnenscheine, und wo möglich an freier Luft, aussezen; je schneller die Verdunstung
                              vor sich geht, um so weniger dringt das Silber in das Papier ein, und desto
                              vortrefflicher ist dieses. Die erste Lage ist sehr unregelmäßig, indem sie aus
                              blauen Streifen besteht, welche aus Theilchen des gebildeten reinen Chlorids
                              zusammengesezt sind, und wieder aus braunen Streifen, welche mit etwas unzerseztem
                              Silbersalze verbundenes Silberchlorid zu seyn scheinen. Sobald die Oberfläche troken
                              erscheint, muß die Silbersolution wiederholt wie vorher aufgetragen werden, und das
                              Aussezen zum Troknen wieder eben so geschehen. Lezteres muß jezt so lange
                              statthaben, bis ein schönes Chocoladebraun gleichmäßig die ganze Fläche überzieht,
                              und dann wird es, bis zum Gebrauche, sorfältig vor der ferneren Einwirkung des
                              Lichtes geschüzt, aufbewahrt.
                           11) Beim Dunkeln des Papiers muß der Menge des Lichtes, dem es ausgesezt wird, die
                              größtmögliche Aufmerksamkeit gewidmet werden, da Alles von der Schnelligkeit dieses
                              Schwärzungsprocesses abhängt. Es sollte hiezu die Morgensonne gewählt werden, indem
                              offenbar ein Theil der violetten Strahlen von der Atmosphäre absorbirt wird, sobald
                              die Sonne den Meridian passirt hat, welcher Theil das Präparat ungehindert
                              durchdringt, bevor die Sonne auf diesen Punkt gelangt ist. Ein vollkommen
                              unbewölkter Himmel ist von großem Vortheil. Die nachtheilige Folge einer die Sonne
                              während des lezten Dunkelungsprocesses verdunkelnden Wolke ist die Bildung einer
                              Oberfläche, die das Aussehen hat, als wäre sie mit einem unreinen Pinsel gewaschen
                              worden. Dieser Uebelstand wird durch die Hydriodate nur schwierig beseitigt, und die
                              erhaltenen Bilder entbehren der Klarheit, welche ihre Schönheit bedingt. Papiere,
                              welche bei dem zerstreuten Lichte eines trüben Tages gedunkelt worden sind, werden
                              von diesen Salzen, wenn auch, doch nur sehr spärlich, angegriffen.
                           12) Die Sorte des Papiers, auf welches das Silber aufgetragen wird, ist von großem
                              Belang. Ein im Handel unter dem Namen: doppelt glacirtes Satinpost bekanntes, mit
                              den Zeichen vom J.
                              Whatman, Turkey Mill, ist
                              entschieden von allen, die ich versucht habe, das beste. – Von den
                              Halbdrukpapieren werden viele mit Chlor gebleicht, nachdem ihnen durch Kalk
                              künstlich Substanz gegeben wurde. Solche Papiere kehren den photographischen Proceß
                              um, und die Theile, auf welche das Licht mit der größten Kraft wirkt, werden die
                              dunkelsten der Zeichnung, während die schattigen Stellen weiß werden. – Die
                              dunkeln Fleken, welche in vielen Papiersorten häufig vorkommen, müssen vermieden
                              werden, so wie das Papier auch vor Beschmuzung von Fliegen sehr sorgfältig geschüzt
                              werden muß. Sie ist zwar während der Dunkelung von geringem Nachtheil und wird kaum
                              bemerkt; allein bei der Behandlung mit hydriodsauren Salzen bilden diese
                              Verunreinigungen Mittelpunkte der chemischen Action, und der Bleichproceß geht,
                              unabhängig vom Lichte, rings um dieselben vor, die Zeichnung wird durch kleine Ringe
                              entstellt, welche ihren Durchmesser beständig erweitern.
                           13) Die salzsauren Auflösungen. – Diese Salzlaugen
                              können sehr verschieden seyn und, was von vorzüglichem Interesse ist, in einer in
                              ihrem Erfolge immer wechselnden, unbestimmten Reihe von Zusammensezungen gebraucht
                              werden. Bei ihrer Anwendung ließ ich mich stets von dem Mischungsverhältniß der
                              Salze leiten; denn nachdem ich Auflösungen in allen Verhältnissen versucht hatte,
                              überzeugte ich mich endlich, daß keine anderen Verhältnisse so sichere Erfolge
                              gewähren, darum habe ich nun bei meinen Arbeiten beständig meine Aequivalententafel
                              zur Hand. Folgendes ist das Verzeichniß der am häufigsten von mir angewandten Salze,
                              ausgewählt aus mehr denn siebenhundert von mir in Versuch genommenen
                              Zusammensezungen. Sie sind nach ihrer unter den möglichst gleichen Umständen
                              behaupteten Empfindlichkeit geordnet.
                           
                              
                                 
                                 Farbe der Zeichnung.
                                 
                              
                                 a) Salzsaures Ammoniak.
                                 Roth, im Sonnenschein schwarz werdend.
                                 
                              
                                 b) Kochsalz.
                                 Ebenso.
                                 
                              
                                 c) Salzsaurer Strontian.
                                 Braun, veraͤndert sich nur unbedeutend.
                                 
                              
                                 d) Salzsaurer Baryt.
                                 Ein schoͤnes, zum Purpurroth neigendes Braun,
                                    dunkelt wenig.
                                 
                              
                                 e) Aufloͤsung von Chlorkalk.
                                 Stark roth.
                                 
                              
                                 f) Aufloͤsung von Chlornatron.
                                 Roth, veraͤndert sich ein wenig.
                                 
                              
                                 g) Jodkalium.
                                 Gelbbraun.
                                 
                              
                                 h) Chlorsaures Kali.
                                 Veraͤnderlich, manchmal gelblich, oft
                                    stahlblau.
                                 
                              
                                 i) Phosphorsaures Natron.
                                 Mausfarben.
                                 
                              
                                 k) Uransaures Natron.
                                 Gelbbraun.
                                 
                              
                                 l) Salzsaures Eisen.
                                 Tief braun, schwaͤrzt sich.
                                 
                              
                                 m) Bromnatrium.
                                 Rothbraun.
                                 
                              
                           
                           Der erwähnte Farbenwechsel in der fertigen Zeichnung entsteht durch das Aussezen
                              derselben den Sonnenstrahlen; wo desselben nicht erwähnt ist, ist er wegen seiner
                              Unbedeutendheit der Erwähnung nicht werth. Jedoch wird diese Erscheinung unser
                              Augenmerk auf sich ziehen (38). Außer den angeführten Salzen brauchte ich manchmal
                              auch
                           
                              
                                 
                                 Farbe der Zeichnung.
                                 
                              
                                 n) Salzsaͤure.
                                 Roth, das sich schwaͤrzt.
                                 
                              
                                 o) Salzaͤther.
                                 Schwarz.
                                 
                              
                                 p) Waͤsseriges Chlor.
                                 Roth, ein wenig dunkelnd.
                                 
                              
                                 q) Phosphorsaͤure.
                                 Sehr veraͤnderlich.
                                 
                              
                           14) Wird mit einem der oben angeführten Körper, mit Ausnahme von i und q, präparirtes Papier
                              kurze Zeit in Wasser getaucht, und im Sonnenschein getroknet, so wird die
                              hervorgebrachte Zeichnung – mag ein Hydriodat angewandt worden seyn, welches
                              wolle – eigenthümlich roth gefärbt, und ändert diese Farbe durch wiederholtes
                              Aussezen nicht. Waschen der Papiere b, c oder d mit schwacher Ammoniaklösung veranlaßt das
                              Hervortreten dieser Eigenthümlichkeit auf eine auffallende Weise.
                           15) Die Silbersolution. – Man nehme 120 Gran
                              krystallisirtes salpetersaures Silber, 12 Drachmen destillirtes Wasser; nach der
                              Lösung des Salzes seze man 4 Drachmen (d. Vol. nach) Alkohol zu, welcher die
                              Flüssigkeit undurchsichtig macht. Nach einigen Stunden fällt eine kleine Quantität
                              eines schwarzen Pulvers – Silberoxyd? – nieder, welches durch das
                              Filter getrennt werden muß.
                           16) Der Zusaz des Alkohols zur Lösung rührt von der Beobachtung her, daß er die im
                              Schatten vor sich gehende chemische Einwirkung der Hydriodsalze auf das Silbersalz
                              hemmt. Sein Zwek ist daher, die Einwirkung mehr von dem Einflusse des Lichtes
                              abhängig zu machen, als es außerdem der Fall seyn würbe.
                           17) Salpeteräther und Essigäther thun nicht nur allein dem Bleichproceß im Schatten
                              Einhalt, sondern wirken auch wirklich mit den Hydriodsalzen erhöhend auf die
                              Oxydation des Silbers. Wenn man Zeichnungen von Spizen oder Federn nimmt, sind sie
                              sehr schäzbare Agentien; für jeden andern Zwek aber sind sie nicht zu gebrauchen,
                              weil alle schwach beleuchteten Partien dieselbe Tinte erhalten.
                           18) Der Salzäther, welchen ich als Lösungsmittel für das Silber brauche und ohne alle
                              Salzlösung anwende, hat eine ähnliche Eigenthümlichkeit wie der Salpeteräther;
                              jedoch ist er, da er von schwachem Licht sogleich afficirt wird, von größerem Werth.
                              Indessen muß mit ihm
                              präparirtes Papier innerhalb 24 Stunden verarbeitet werden, indem es sonst bald
                              seine Empfindlichkeit verliert, und schnell beinahe unbrauchbar wird.
                           19) Die hydriodsauren Lösungen. – Mit einiger
                              Gewißheit die Stärke der Auflösungen der hydriodsauren Salze zu bestimmen, wie sie
                              in allen Fällen den besten Effect machen, scheint mir unmöglich; jede
                              Verschiedenheit des Papieres, sowohl was seine Zusammensezung anbelangt, als die
                              Intensität des Lichtes, dem es zur Dunkelung ausgesezt war, erfordert wieder eine
                              Auflösung von verschiedenem spec. Gewicht.
                           29) Hydriodsaures Kali und Natron. – Das erste
                              derselben ist, da man es sich leichter als alle anderen hydriodsauren Salze
                              verschaffen kann, das einzige allgemein angewandte. Die Stärke, in welcher ich
                              dieses Salz für die meisten Papiersorten anwende, ist 30 Gran auf eine Unze Wasser.
                              Die folgenden Resultate zeigen die von diesen Lösungen bei verschiedener Stärke
                              derselben hervorgebrachte Wirkung, welche Versuche alle mit gleichem Papier bei
                              gleichem Licht angestellt wurden.
                           
                              
                                 120
                                 Gran
                                 Salz
                                 auf 1
                                 Unze
                                 Wasser
                                 brauchten
                                 zum
                                 Bleichen
                                 12
                                 Minuten
                                 
                              
                                 100
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 10
                                     –
                                 
                              
                                   80
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                   9
                                     –
                                 
                              
                                   60
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                   7
                                     –
                                 
                              
                                   40
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                   6
                                     –
                                 
                              
                                   30
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                   4
                                     –
                                 
                              
                                   20
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                   6
                                     –
                                 
                              
                                   10
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 12
                                     –
                                 
                              
                           Die andern hydriodsauren Salze kommen mit diesem in ihrer Wirkung ziemlich überein.
                              Ein gewisser Grad von Verdünnung bei allen nothwendig.
                           21) Hydriodsaures Ammoniak hat auf ungeleimtem Papier
                              einigen Vorzug in Hinsicht der Schnelligkeit über das Kali- und Natronsalz.
                              Dieser Körper zersezt sich jedoch so leicht, daß der Leim des Papiers ein Freiwerden
                              von Jod veranlaßt und in Folge hievon die Bildung gelbbrauner Fleken.
                           22) Hydriodsaures Eisen. – Dieses hydriodsaure
                              Metallsalz wirkt begierig auf das gedunkelte Papier; aber eben im Schatten wirkt es
                              zu stark, indem es die Schärfe der Umrisse vernichtet und die Mitteltinten der
                              Zeichnung verdirbt. Auch macht es das Papier sehr gelb.
                           23) Hydriodsaurer Kalk wirkt ähnlich wie das Eisensalz,
                              doch weniger kräftig, und das Papier wird davon nicht gelb gefärbt.
                           24) Hydriodsaures Mangan entspricht ganz vorzüglich, wenn es ganz vollkommen
                              eisenfrei ist. Enthält aber die Auflösung Eisen, wenn auch in kleinster Quantität,
                              so entstehen helle und dunkle Fleken auf dem Bilde, was ihm ein sonderbar
                              gesprenkeltes Ansehen gibt.
                           25) Hydriodsäure wirkt auf einem Papier, das ihre
                              wässerige Lösung nicht zersezt, schnell auf das gedunkelte Silber. Es ist jedoch
                              schwer, ein Papier zu finden, welches das Jod nicht frei macht. Etwas freie
                              Hydriodsäure in eine der Salzlösungen gebracht, beschleunigt die Einwirkung
                              sehr.
                           26) Hydriodsaurer Baryt besizt Vorzüge vor jeder anderen
                              einfachen hydriodsauren Salzlösung, sowohl was die Schnelligkeit der Einwirkung, als
                              was die Schärfe der Umrisse in dem Lichtbilde betrifft.
                           27) Doch finde ich, kann die Schnelligkeit der Wirkung dieser Lösung sehr vermehrt
                              werden. Man löst 40 Gran hydriodsauren Baryt in einer Unze destillirten Wassers auf,
                              sezt 5 Gran reinen schwefelsauren Eisens hinzu, und läßt es sich langsam auflösen.
                              Es schlägt sich schwefelsaurer Baryt nieder, welcher durch Filtriren getrennt werden
                              muß, während die Auflösung aus hydriodsaurem Baryt und Eisen zusammengesezt ist.
                              Wird nun 1 oder 2 Tropfen sehr verdünnte Schwefelsäure zugesezt, so wird noch mehr
                              Baryt niedergeschlagen, und Hydriodsäure wird frei. Die klare Lösung wird
                              abgegossen, indem beim Filtriren das Papier die Säure zersezen würde. Auf diese
                              Weise erhält man eine photographische Flüssigkeit von großem Werthe. Sie darf nur in
                              kleinen Quantitäten bereitet werden, indem sie unter dem Einflusse der Atmosphäre
                              und des Lichts Zersezung erleidet. Es ist immer ein Leichtes, Hydriodsäure durch
                              Fällung von schwefelsaurem Baryt frei zu machen.
                           28) Anleitung, um photographische
                                 Bilder zu machen. – Zeichnungen durch Auflegung erfordern weniger
                              Sorgfalt als jene mittelst der Camera obscura. Die
                              hydriodsaure Salzauflösung wird mit einer sehr zarten, flachen Bürste auf den beiden
                              Seiten des präparirten Papiers so lange aufgetragen, bis sie gleichmäßig absorbirt
                              zu seyn scheint. Man bringt dann das Papier in unmittelbare Berührung mit dem zu
                              copirenden Bilde, und sezt das Ganze dem Sonnenscheine aus. Diese Aussezung muß so
                              lange dauern, bis die Lichtpartien des Bildes (Silberjodid. 54.) braun gesehen
                              werden. Die Befolgung dieser einfachen Regel wird in der Praxis sehr vortheilhaft
                              befunden werden. Das Eintauchen in weiches Wasser auf kurze Zeit entfernt dann die
                              braune Farbe und macht die Lichtpartien des Bildes klarer, als sie auf sonst eine
                              Weise geworden wären.
                           29) Soll das Papier aber in der Camera obscura behandelt
                              werden, so thut man
                              am besten, es in die hydriodsaure Salzauflösung zu tauchen, bis eine kleine, von der
                              chemischen Einwirkung auf das Silber herrührende Veränderung eintritt. Man spannt es
                              dann auf einen Rahmen, ohne daß es jedoch irgendwo anders als am Rande berührt
                              werden dürfte. Hierauf bringt man es in dem dunkeln Raum der Camera obscura in den gehörigen Brennpunkt und sezt es so der Einwirkung
                              des Lichts aus. – Wenn das befeuchtete Papier auf einem porösen Körper läge,
                              so würde man in Folge der durch die Capillarität an mehreren Punkten statthabenden
                              Verbindung finden, daß die Flüssigkeit von einigen Theilen auf andere übergegangen
                              ist, und daß daher eine Verschiedenheit in der Empfindlichkeit eingetreten sey. Ein
                              anderer Vorzug des Rahmens ist, daß, da das Papier durch die Befeuchtung
                              halbdurchsichtig geworden ist, das Licht besser eindringt und tiefer einwirkt, und
                              hiedurch feine Linien ausgedrükt werden, die außerdem verloren gingen. Doch ist,
                              wenn die Camera groß ist, gegen den Rahmen ein Einwurf
                              zu machen; die Flüssigkeit kann sich nämlich in Tropfen sammeln und wirkt daher, zum
                              Nachtheil des allgemeinen Erfolges, auf einzelne kleine Stellen stärker. Wenn ein
                              großer Bogen in Arbeit genommen wird, so thut man am besten, ihn, wenn er befeuchtet
                              ist, auf ein vollkommen reines, befeuchtetes Glas zu legen, unter der Fürsorge, daß
                              Papier und Glas sich an allen Punkten genau berühren. Das Bild erscheint nicht so
                              schnell, wenn Glas angewandt wird, als wenn man das Papier auf einen Rahmen spannt,
                              indem die Verdunstung durch dasselbe etwas verzögert wird; die mehr erforderliche
                              Zeit, welche etwa ein Sechstheil beträgt, ist in den meisten Fällen von wenig
                              nachtheiligen Folgen. Auffallend ist es, daß, wenn man der Glasplatte zwischen dem
                              Papier und der Linse ihre Stelle gibt, die Wirkung nicht langsamer erfolgt, als wenn
                              sie hinter dem Papier ist. Das Dazwischenbringen einer durchsichtigen Platte ist bei
                              dem Verfahren mit hydriodsauren Salzen von unbedeutendem Einflusse.
                           30) Ueber die Fixirung dieser Photographien. –
                              Nachdem das Bild sich durch die Einwirkung des Lichts erzeugt hat, ist es
                              nothwendig, jeden ferneren Einfluß des Lichts auf dasselbe unwirksam zu machen, und
                              dieß nicht nur, indem man das hydriodsaure Salz vollkommen von dem Papier entfernt,
                              sondern auch durch das Auflösen des gebildeten Silberjodids von der Zeichnung
                              hinweg.
                           31) Durch gutes Auswaschen der Zeichnung in warmem Wasser wird das hydriodsaure Salz
                              entfernt und die so präparirten Bilder können als permanent betrachtet werden; sie
                              sind es auch wirklich, wenn man sie in einem Portefeuille aufhebt und sie nur
                              gelegenheitlich aus Tageslicht bringt; doch ich werde zeigen (54.), daß sie die Eigenschaft haben, im
                              Finstern wieder in den Zustand vor der zersezenden
                                 Einwirkung des Lichts zurükzukehren. Ich habe gegenwärtig die erste von mir
                              dargestellte Zeichnung, mit dem Datum vom 17. Jun. 1839, vor mir liegen. Diese
                              Zeichnung lag frei in meiner Tischschublade und war oft mehrere Tage nacheinander
                              der Wirkung des Sonnenlichts ausgesezt, und doch ist das feinste Geäder der
                              Rosenblätter noch so vollkommen sichtbar wie anfangs. Indessen können solche
                              Photographien ein fortgeseztes Ausgeseztseyn dem Lichte nicht ohne Nachtheil
                              vertragen; drei Monate im Sommer oder sechs Wochen im Winter reichen hin, um sie zu
                              vernichten.
                           32) Lange Zeit war ich der Ueberzeugung, daß zwei Silberjodide existiren, deren eines
                              empfindlich sey für den Einfluß des Sonnenlichts, das andere aber nicht so. Ich habe
                              aber seitdem Ursache genug gefunden, die Richtigkeit meiner Behauptung in Zweifel zu
                              ziehen. Da ich bei meiner vorigen Meinung bei der Entfernung des Jodids vom Papier,
                              ohne zugleich den oxydirten oder dunkeln Stellen Schaden zuzufügen, nicht glüklich
                              war, so versuchte ich, eine chemische Veränderung in dem Silberjodid
                              hervorzubringen. Ich erhielt dabei einige merkwürdige Resultate, welche ich
                              mittheilen will.
                           33) Wenn ich die Photographie mit einer heißen, gesättigten, essigsauren
                              Bleiauflösung wusch, so wurde die gelbe Farbe der Lichter zuerst erhöht, am Ende
                              aber waren sie bedeutend gebleicht und die dunkeln Theile nahmen eine eigenthümlich
                              carmoisinrothe Farbe an. Unter dem Einflusse des Lichts verschwand die Zeichnung
                              innerhalb drei Wochen vollständig.
                           34) Werden diese Zeichnungen in eine Queksilbersublimat-Lösung getaucht, so
                              verschwinden sie gerade auf dieselbe Weise, wie Hr. Herschel die nach Hr. Talbot's Weise bereiteten Photographien
                              verlöscht fand, und ebenso wurden sie auch durch eine unterschweflichsaure
                              Salzlösung wieder hergestellt, indem das Papier statt vollkommen weiß, über und über
                              stark gelb wurde. Wenn diese Photographien durch das unterschweflichsaure Salz
                              wieder hergestellt werden, sind sie unter dem Einflusse des Sonnenlichts weniger
                              dauerhaft als die mit dem Bleisalz gewaschenen.
                           
                              
                                 (Der Beschluß folgt im nächsten Hefte.)