| Titel: | Analyse des getrokneten Zukerrohrs und Verfahren um den darin enthaltenen Zukerstoff leicht zu ermitteln; von Hrn. Osmin Hervy, Präparator an der école de Pharmacie in Paris. | 
| Fundstelle: | Band 78, Jahrgang 1840, Nr. LXXXIX., S. 441 | 
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                        LXXXIX.
                        Analyse des getrokneten Zukerrohrs und Verfahren
                           um den darin enthaltenen Zukerstoff leicht zu ermitteln; von Hrn. Osmin Hervy,
                           Praͤparator an der école de Pharmacie in
                           Paris.
                        Auszug aus dem Journal de Pharmacie, Sept. 1840, S.
                              569.
                        Hervy, uͤber das getroknete Zukerrohr.
                        
                     
                        
                           Die Wichtigkeit, an welcher der Zuker heutzutage noch immer in der Industrie zunimmt,
                              haben den Verf. veranlaßt, einige Analysen des Rohrs und des ausgepreßten Rohres,
                              welche er von Creolen aus Guadeloupe erhalten hatte, mitzutheilen. Der Zukergehalt
                              des Rohres ist, wie der Verf. beklagt, noch nicht genügend in Bezug auf die
                              Verschiedenheit der Cultur und des Bodens untersucht worden. Die Bagasse ist in
                              Betreff ihres Zukergehaltes nur sehr unvollkommen bekannt, und man hat diesen
                              Rükstand bisher in den Colonien nur als Brennmaterial benüzt. Die beiden analysirten
                              Muster waren aus Guadeloupe, das erste von der Besizung des Hrn. Longchamp, auf trokenem, kalkigem
                              Boden, hochgelegen; das zweite aus der tief gelegenen, nicht weit von der
                              Schwefelmine entfernten Besizung des Hrn. v. Jabrun. Die vulcanischen Eruptionen haben schon öfters den Boden
                              mit Lava bedekt. Die Bodenunterlage von Granit ist mit Schiefer bedekt. Hr.
                              v. Jabrun läßt jährlich
                              seine von der Sonne der Antillen verbrannte Erde mit Jauffret'schem Düngsalz düngen, welches zerfließliche Salze enthält, und
                              dem, wie es scheint, das bessere Gedeihen seiner Pflanzungen zuzuschreiben ist.
                           Nr. 1. Zukerrohr aus hochgelegenem Boden.
                           Ueber dessen Troknung liegen nur sehr unvollständige Berichte vor. Mit Wasser
                              behandelt gab es eine leicht säuerliche Flüssigkeit, welche, nach vollkommener
                              Erschöpfung des Rohrs 58/100 seines Gewichtes ihm entzogen hatte. Diese 58/100
                              enthielten 56/1000 Extractivstoff und 3/1000 auflösliche Salze, wonach also 55/100
                              an rohem Zuker überblieben. Der wässerige Auszug von 10 Grammen Rohr ergab, mit
                              Bleisubacetat gefällt, nach Abzug des Rükstandes der Einäscherung ein Resultat von
                              26/10000 dem rohen Zuker beiwohnender fremdartiger Substanz. Um die Melasse im Rohr
                              zu bestimmen, wurde dasselbe successive mit kochendem Aether, mit absolutem Alkohol
                              und mit kochendem Alkohol von 20% behandelt, welche Analyse 1/100 Wachs, 16/100
                              unkrystallisirbaren Zuker und 42/100 krystallisirbaren Zuker ergab. Der Rükstand
                              wurde eingeäschert und enthielt schwefelsaures Kali, schwefelsauren Kalk, Eisenoxyd,
                              Thonerde und Kieselerde.
                           Nr. 2. Rohr aus tief gelegenem Boden.
                           Dieses war in schiefen Scheiben geschnitten und so bei 60° C. getroknet. Diese
                              obwohl trokenen und klingenden Scheiben enthielten dennoch 8/100 Wasser. Kaltes
                              Wasser löste 63/100 des angeblich trokenen Rohres auf; die Lösung war sauer. Die
                              Bestandtheile wurden wie bei Nr. 1 bestimmt.
                           Auch die Bagasse unterwarf der Verf. der Analyse. Wir lassen, um öftere
                              Wiederholungen des Verfahrens zu vermeiden, hier sogleich die Resultate der
                              verschiedenen Analysen folgen.
                           
                              
                                        Rohr.
                                    Nr. 1.
                                               
                                    Nr. 2.
                                 
                              
                                 Wasser
                                   10,4
                                             
                                        8,2
                                 
                              
                                 Wachs
                                     1
                                             
                                        1,08
                                 
                              
                                 Unkrystallisirbarer Zuker, gelblich
                                   16,5
                                             
                                      10,2
                                 
                              
                                 Krystallisirbarer Zuker
                                   41,44
                                             
                                      51,3
                                 
                              
                                 Extractive Stoffe
                                     0,26
                                             
                                        0,29
                                 
                              
                                 Loͤsliche Salze
                                     0,3
                                             
                                        1,09
                                 
                              
                                 Asche (schwefelsaures Kali und Kalk,
                                       Eisenoxyd, Thonerde u. Kiesel)
                                     0,9
                                             
                                        1,2
                                 
                              
                                 Holzfaser
                                   29,2
                                             
                                      26,56
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                             
                                    ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                             
                                    100,00
                                 
                              
                                 Ausgepreßtes Rohr
                                               (Bagasse)
                                 Nr. 1.
                                                
                                    Nr. 2.
                                 
                              
                                 
                                 
                                            A.
                                     B.
                                 
                              
                                 
                                 
                                     weiß braun,
                                    verdorben
                                 
                              
                                 Wasser
                                     9,2
                                           7
                                     8
                                 
                              
                                 Wachs
                                     1,6
                                           1,5
                                     1,5
                                 
                              
                                 Unkrystallisirbarer Zuker, weiß
                                     7
                                         14,7
                                   29
                                 
                              
                                 Krystallisirbarer Zuker mit sehr
                                    kleinen    Quantitaͤten extractiver
                                    Stoffe
                                   13,4
                                 
                                            12,5
                                   10
                                 
                              
                                 Asche
                                     1,66
                                           2,2
                                     3
                                 
                              
                                 Holzfaser
                                   67,14
                                         62,1
                                   48,5
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                       –––––
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                       100,0
                                 100,0
                                 
                              
                           Troz ihres reichen Zukergehaltes ist diese Bagasse dennoch das tägliche Brennmaterial
                              der Colonisten; sie kochen ihren Zuker wieder mittelst Zukers, und man möchte
                              wirklich, wenn man sieht, wie ihre Bagasse so wenig ausgepreßt ist, glauben, daß die
                              Arbeiter, vielleicht sogar die Pflanzer selbst, nicht gerne ihre Mühlen stark
                              anstrengen, aus Furcht, sie möchten, um sich ihres Ausdruks zu bedienen, ihrer Bagasse die Brennkraft
                              rauben. Denn diese enthält doch wirklich, wie vorstehendes Resultat der Analysen
                              zeigt, noch so viel Zuker, als die Colonisten nach Frankreich schiken. – Da
                              die jährliche Einfuhr rohen Zukers 80,000,000 Kilogramme beträgt, so kömmt das
                              Brennmaterial der Colonisten 40 Millionen Franks gleich, was ungefähr der Werth der
                              80 Millionen Kilogramme Zukers ist.
                           Da in jüngster Zeit mehrere Mittel vorgeschlagen wurden, um einem so bedeutenden
                              Zukerverlust zu begegnen, der Schlendrian aber sich diesen Verbesserungen widersezt,
                              welche vielleicht auch nur unvollkommen gelingen würden, so
                                 wird man vielleicht in Kurzem das getroknete Rohr und nicht den Zuker in
                                 Frankreich einführen. Die Erschöpfung des getrokneten Rohres ist einfach
                              und leicht und läßt gerne Syrupe von 20 bis 25° Stärke gewinnen. Auf diese
                              Weise wäre der Rohrzuker leicht und wohlfeil gewonnen.
                           Sobald das Zukerrohr in Frankreich ankömmt, müßte man seinen Handelswerth bestimmen
                              können (denn aus den verschiedenen Analysen läßt sich ersehen, daß der Zukergehalt
                              nicht immer gleich ist); der Anblik allein könnte zu seiner Schäzung nicht
                              hinreichen. Schließlich schlagen wir noch eine einfache und leichte Probirmethode
                              vor, durch welche man den Gehalt des Rohres approximativ würdigen kann. In dem
                              eingeführten Rohr soll der Gehalt an Wasser, an Melasse und an krystallisirbarem
                              Zuker bestimmt werden. Den Gehalt an organischen Materien und an Salzen könnte man,
                              wenigstens wo es sich um den Handelswerth handelt, umgehen.
                           
                        
                           Probirmethode.
                           1) Man schneidet das Rohr in sehr dünne Scheiben oder mahlt es zu einem groben
                              Pulver, troknet 10 Gramme davon bei einer Temperatur von 100° C., bis es an
                              Gewicht nicht mehr abnimmt; so hat man in wenigen Stunden das Verhältniß des Wassergehaltes im Rohre.
                           2) Von dem verkleinerten, aber nicht getrokneten Rohre (außer wenn es mehr als 8/100
                              Wasser enthält, in welchem Falle man es vorerst bei 50 bis 60° troknen müßte)
                              bringt man 10 Gramme in einen unten mit Baumwolle verpropften Verdrängungstrichter
                              und bedekt dasselbe mit kaltem absolutem Alkohol. Dieser wird nach mehrstündiger
                              Berührung durch frischen verdrängt. Innerhalb 24 Stunden muß er wenigstens dreimal
                              erneuert werden. Diese alkoholische Flüssigkeit wird in einer tarirten Schale im
                              Wasserbad abgedampft und hinterläßt dann die Melasse als
                              Rükstand, deren Gewicht bestimmt wird. Von diesem Gewichte rechnet man ein Procent
                              des Gewichtes des Rohres
                              für die wachsartigen Bestandtheile ab, die der absolute Alkohol eben so leicht als
                              der Aether auflöst.Der Verf. hat beobachtet, daß Alkohol von 95 Proc., d.h. solcher, der durch
                                    Destillation von 2 Liter Alkohol von 36 Procent über ein Kilogramm Pottasche
                                    leicht erhalten wird, bei Auflösung der Melasse keinen krystallisirbaren
                                    Zuker mitnahm.
                              
                           3) Man bringt auf das mit absolutem Alkohol behandelte Rohr, welches man in dem
                              Verdrängungstrichter läßt, lochenden schwachen Alkohol oder auch siedendes Wasser,
                              läßt die Flüssigkeit abdampfen und das Gewicht des Rükstandes lehrt den Gehalt an
                              krystallisirbarem Zuker kennen, nach Abzug ganz
                              kleiner Proportionen von Salzen und organischen Materien.
                           Zulezt troknet und wägt man das durch diese verschiedenen Behandlungen erschöpfte Rohr.