| Titel: | Bemerkungen über die Mittel den Luftballon zu dirigiren; von Dr. Giovanni Polli in Mailand. | 
| Fundstelle: | Band 79, Jahrgang 1841, Nr. V., S. 12 | 
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                        V.
                        Bemerkungen uͤber die Mittel den
                           Luftballon zu dirigiren; von Dr. Giovanni Polli in Mailand.
                        Aus der englischen Uebersezung im Mechanics' Magazine
                              1840, No. 883, S. 98.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        Polli, uͤber Mittel den Luftballon zu dirigiren.
                        
                     
                        
                           Die Maschine, mittelst welcher jezt Räume durchfahren werden, die man vor drei
                              Jahrhunderten mit einem unwägbaren Element erfüllt glaubte, und welche das gemeine
                              Volk noch jezt als beinahe leer betrachtet, hat stets Jedermann in Erstaunen gesezt.
                              Die kühnen Flüge, welche mit derselben gemacht wurden, und die Verbesserungen,
                              welche Zufall und Kunst an ihr gemacht haben, haben die aërostatische
                              Wissenschaft schon auf einen beträchtlichen Grad der Vollkommenheit gefördert; doch
                              sind wir unbestritten noch weit von der Kunst entfernt, uns von der Atmosphäre mit
                              jener Sicherheit tragen zu lassen, wie wir uns dem Ocean anvertrauen können –
                              und obwohl viele jener Hindernisse und Gefahren, welche uns auf den Luftreifen
                              entgegentreten, unvermeidlich sind, wie dieß auch bei jenen der Wasserfahrt der Fall
                              ist, so sind wir nichtsdestoweniger zu glauben gedrungen, daß, wenn wir nur im
                              Stande wären, das Luftschiff bei Windstille in horizontale Bewegung zu bringen, hiemit schon ein
                              großer Schritt zu den so sehr erwünschten Luftreisen geschehen wäre. Es ist mir
                              hierüber ein Gedanke aufgestoßen, welchen ich hier, ohne allen Anspruch, an den Tag
                              legen will. Es würde ungeeignet seyn, ein Luftschiff mit einem auf einer Flüssigkeit
                              gleich einem Schiff schwimmenden Körper vergleichen zu wollen, weil dieses leztere
                              bei Eintauchung nur eines Theiles desselben sein ganzes Gewicht verliert, welcher
                              Theil ein gleiches Gewicht Wasser verdrängt, und außerdem überall mit Luft umgeben
                              ist. Das Schiff ist in seinen Bewegungen dem Widerstande zweier Flüssigkeiten von
                              sehr verschiedener Dichtigkeit ausgesezt, von deren einer es die Kraft gewinnt, die
                              Trägheit oder den Widerstand der andern zu überwinden, während der Luftballon ein
                              vollkommen von Luft umgebener und darin schwebender Körper ist, in welcher er daher
                              sein ganzes Gewicht verliert und zugleich die Richtung seiner Bewegungen und die
                              Kraft, den ihn von dieser Luft selbst geleisteten Widerstand zu besiegen, finden
                              muß. Steuer, Segel und Ruder werden daher immer nur mit geringem Vortheile beim
                              Ballon angewandt werden, und von der nautischen Mechanik wird man vergebens große
                              Dienste für die Luftschifffahrt erwarten. Auch mit keinem fliegenden Körper kann der
                              Ballon verglichen werden, da die Vögel sich ausschließlich durch den mittelst der
                              raschen Bewegung ihrer Schwingen erzeugten Widerstand in der Luft erhalten und sie
                              durchschneiden; sie tragen sich durch ihre Muskelkraft und fallen, sobald diese
                              aufhört, wie vortheilhaft auch ihr Körper gebaut seyn mag, bei aller Leichtigkeit
                              ihrer Federn und dem Vermögen, Luft in die Höhlungen ihrer Knochen einzuführen,
                              alsogleich auf die Erde. Einige mit besonderer Muskelkraft versehene, nicht schwer
                              wiegende und nicht hoch gewachsene Personen haben dadurch zu fliegen versucht, daß
                              sie mit ihren Armen flügelförmige, an den Schultern befestigte Instrumente in
                              Bewegung sezten; aber der üble Erfolg dieser Versuche hat bewiesen, daß solche
                              Kunstvorrichtungen zu schwach sind, um den Menschen in den Stand zu sezen,
                              ungestraft die Erde zu verlassen.
                           Wollen wir aber einmal den Fisch betrachten. Sein specifisches Gewicht ist jenem der
                              Flüssigkeit, in welcher er sich befindet, beinahe gleich. Er ist von allen Seiten
                              von derselben Flüssigkeit umgeben, und in dieser findet er eine Stüze für alle seine
                              Bewegungen, und die Kraft, den seinem bewegten Körper durch ein gleiches Volum
                              ruhender Flüssigkeit entgegengesezten Widerstand zu besiegen. Nun ist dieses gerade
                              auch das Verhältniß eines in der Luft befindlichen Körpers; suchen wir daher in dem
                              Bau des Fisches einige Winke für die Lenkung des Ballons.
                           
                           Das beste Mittel, die Natur zu besiegen, ist, sie zu studiren und ihre Erscheinungen
                              nachzubilden. Der im Wasser befindliche Fisch ist nicht in vollkommenem
                              Gleichgewichte mit demselben, sondern im Allgemeinen etwas schwerer; wenn er daher
                              gegen den Grund hinab gehen, oder sich auf die Oberfläche erheben will, so drükt er
                              eine innere Blase, die Schwimmblase, welche in dem Vordertheile der Bauchhöhle sich
                              befindet, entweder zusammen, oder er bläst sie auf, wodurch er die zum Auf-
                              oder Absteigen nöthige Leichtigkeit oder Dichtheit erhält; viele kleine Fische
                              wohnen auch in seichten Wässern, welche sich mittelst der Bauchstoffen erheben und
                              auf diese Weise den geringen Ueberschuß an spec. Gew. besiegen, welcher außerdem
                              hinreichend wäre, sie an dem Boden zu halten. Die flach gestalteten Fische, welche
                              größtentheils beständig auf dem Grunde bleiben, haben beinahe alle keine
                              Schwimmblase, während diese bei solchen, welche sich willkürlich in verschiedene
                              Höhen des Wassers begeben, niemals fehlt, und diesen ist ein zum Steigen bestimmtes
                              Organ so nöthig, daß sie, wenn es ein Loch bekäme, gleich zu Boden fallen würden,
                              und durch alle Anstrengung ihrer Flossen nicht im Stande wären, wieder in die Höhe
                              zu steigen. Der im Wasser im Gleichgewicht befindliche Fisch bewegt sich bloß
                              mittelst seiner Schwanzflosse, mit der die stärksten Fasern seines Körpers in
                              Verbindung sind, in horizontaler Richtung vorwärts oder seitlich. Indem er seinen
                              Schwanz schnell rechts und links bewegt, überwindet er die Stöße, welche ihn durch
                              die von den beiden Seiten her auf ihn gerichteten Kräfte gegen jede Seite hin wenden
                              würden, und kömmt auf diese Weise durch die Kraft dieses einfachen, nach seiner
                              Längenachse gerichteten Stoßes vorwärts. Diesen Mechanismus wird auch derjenige
                              leicht begreifen, der nicht gewohnt ist, die Kräfte in ihre Elemente zu zerlegen;
                              nichtsdestoweniger mag er auch durch das Experiment bewiesen werden, indem sich
                              jemand z.B. in einen Nachen oder eine Gondel ohne Ruder sezt und das Steuer schnell
                              rechts und links bewegt, wodurch das Fahrzeug in gerader Richtung vorwärts gehen
                              würde. Jede dieser beiden schiefen Kräfte, die hiebei direct auf das Hintertheil des
                              Schiffes wirken, kann als eine directe auf jene, welche es von der Seite vorwärts zu
                              treiben sucht, perpendiculär wirkende Kraft betrachtet werden. Es ist klar, daß die
                              beiden einander entgegengesezten und auf dieselbe gerade Linie perpendiculären
                              Seiten ihre Wirkung wechselseitig aufheben, und daß sie auf das Hinterschiff keine
                              Kraft ausüben, außer in der Richtung seiner Achse, wodurch es in gerader Linie
                              vorwärts getrieben wird. Will der Fisch sich gegen die eine oder die andere Seite
                              hin bewegen, so braucht er nur seine Schwanzflosse mit größerer Kraft auf eine Seite
                              hin zu bewegen, und
                              die horizontale gerade Linie wird durch die überwiegende seitliche Kraft eine
                              Aenderung erleiden, indem diese Kraft den hinteren Theil des Körpers auf eine Seite
                              drükt und dadurch den Kopf auf die entgegengesezte Seite wenden macht, während der
                              mittlere oder Bauchtheil erst zulezt sich bewegt, indem die beiden Enden des Körpers
                              sich in ihren Seitenbewegungen um ihn drehen, wie eine Waage um ihren Ruhepunkt.
                              Dieses ist der einfache Mechanismus, der dem Fische die Kraft verleiht, alle
                              Gegenden des Oceans zu durchschwimmen, ohne daß zu diesen Bewegungen die drei am
                              Rüken, unter und an den Seiten befindlichen Flossen, welche viele Fische besizen,
                              nothwendig wären, indem es auch Fische gibt, welche, obwohl sie nur mit
                              Schwanzflossen versehen sind, dennoch der schnellsten Bewegungen fähig sind, wie
                              z.B. alle von der Ordnung Apodes (Kahlbäuche). Bei
                              jenen, welche auch mit den anderen Flossen versehen sind, sind diese mehr wie
                              Gefühls-, wie als Fortbewegungsorgane zu betrachten. Ich habe mehreren
                              Fischen successiv die Bauch- und die Brustflossen abgeschnitten und nicht im
                              mindesten eine Verringerung ihrer Bewegungskraft oder ihres Vermögens, horizontal
                              und diagonal zu schwimmen, wahrgenommen, welche ganz dieselben wie vor der
                              Abschneidung der Flossen geblieben zu seyn schienen. Nur das beobachtete ich, daß,
                              wenn sie auf den Grund kamen, so daß sie ihn berührten, sie gleichsam von einem
                              gewissen Gefühle, vor welchem sie durch die Flossen nicht mehr gewarnt werden
                              konnten, etwas unangenehm überrascht wieder heraufkamen. Bei anderen Fischen
                              beobachtete ich, das das Abnehmen der Brustflosse ihnen die Kraft benahm, sich so
                              weit zu erheben, um auf der Oberfläche des Wassers zu schwimmen und zu spielen,
                              obwohl die Kraft und Willkür in allen übrigen Bewegungen nicht im mindesten darunter
                              litten.
                           Wollen wir nun sehen, wie weit sich dieser ganze Mechanismus des Fisches, welcher
                              sich nach jeder Richtung so frei im Wasser bewegt, in einer aërostatischen
                              Maschine in den Bewegungen nachahmen lasse. Vor Allem wird es vortheilhaft seyn, die
                              sphärische Gestalt des Ballons aufzugeben, und dafür ein stark verlängertes,
                              horizontales Ellipsoid zu wählen, indem obwohl die runde Form sehr geeignet ist, um
                              mit Gas gefüllt zu werden und bloß aufwärts in die Luft zu steigen, sie in Hinsicht
                              des Widerstandes sehr unvortheilhaft ist, den sie bei der Bewegung in demselben
                              Medium zu erfahren hat, von welchem sie auch getragen wird, und es ist um so Vieles
                              schwerer, bei derselben die Mittel der Vorwärtsbewegung anzuwenden, daß es gut ist,
                              die Form in der Art zu verändern, daß man die Bewegung vorwärts eben so gut wie die
                              des Aufsteigens und Fallens in der Gewalt hat. Doch haben nicht alle Fische dieselbe
                              Form; einige sind cylindrisch, andere ekig, einige beinahe kugelförmig, andere sind
                              oben, unten oder an den Seiten abgeplattet, die allgemein verbreitete Gestalt aber
                              ist die ovale, um die Brust herum mehr erweiterte, gegen die Extremitäten hin
                              allmählich abnehmende. Diese leztere Form kann nun für eine aërostatische
                              Maschine leicht gewählt werden, indem man einen langen, elliptischen Sak von Taffet,
                              der mit Gas gefüllt ist, mittelst eines angepaßten Nezes auf ein, längs seines
                              unteren Theiles, angebrachtes Gestell befestigt. Um die Wirkung der Schwimmblase
                              hervorzubringen, welche dem Luftschiffer ein unschäzbares Mittel zum Auf- und
                              Absteigen in gehöriger Geschwindigkeit ohne allen Verlust an Wasserstoffgas abgäbe,
                              sollte an der Maschine eine kleine Montgolfière (Feuerung oder Lampe)
                              angebracht werden, damit die Luft mittelst Hize verdünnt und ausgedehnt werden
                              könne; obwohl aber die Montgolfière ziemlich gut die Wirkung einer
                              Schwimmblase nachahmt, so würde doch, da zu deren Gebrauch es unerläßlich wäre, die
                              Flamme so brennbaren Körpern, als der Taffet und das Gas ist, zu nähern, dieses ein
                              zu gefährliches Mittel seyn. Ein Versuch, diese Idee auszuführen, kostete Pilatre
                              de Rozier das Leben. Es scheint, daß, wenn dieß
                              ausgeführt werden kann, eine abgestufte Ausdehnung des Wasserstoffgases selbst zu
                              substituiren das beste wäre, was mittelst leichter Metallröhren, welche durch den
                              Gassak laufen, bewerkstelligt werden könnte, welche Röhren durch einen erhizten
                              Luftstrom erwärmt würden, der durch eine kleine, an der unteren Mündung dieser
                              Röhren in dem Traggestell des Aëronauten brennenden Weingeistlampe in
                              Bewegung gesezt würde. Doch um Wiederholungen zu vermeiden und um einige
                              Verbesserungen, welche ich zur Lenkung der aërostatischen Maschine für
                              geeignet halte, deutlicher zu erklären, will ich dem Leser eine Abbildung davon
                              geben (Fig.
                                 6), durch welche er das Ganze meiner Idee besser verstehen wird, als ich mich
                              mit Worten ausdrüken kann, und ich werde, um eine unnöthige Ausdehnung ihrer
                              Beschreibung zu umgehen, in dieser nur das hervorheben, was aus der Abbildung nicht
                              ersehen werden kann. Das Material, aus welchem der Sak verfertigt wird, ist der
                              Gummitaffet, welcher gewöhnlich zur Verfertigung der Ballons genommen wird. Die
                              kleinen Strike, welche den mit Gas gefüllten Sak an einen langen Rahmen von feuchtem
                              und elastischem Holze befestigen, müssen gegen die Mitte der Maschine hin diker
                              seyn, wo auch das Holz des Rahmens an Dike zunehmen muß; denn auf den mittleren
                              Theil übt die Leichtigkeit des Gases die größte Gewalt aus, und an demselben hängen
                              auch die schwersten Gegenstände. Der Rahmen A, B,
                              welcher dem fischartigen Apparat entlang läuft und gewissermaßen den Rükgrath desselben vorstellt,
                              dient, um auf alle Punkte des Luftsaks die aufsteigende Kraft und den Widerstand,
                              mit welchem er beladen ist, zu vertheilen. Auf diesen Rükgrathsrahmen ist
                              perpendiculär eine, ebenfalls hölzerne, Säule C, E, D
                              befestigt, an welcher die von den luftausdehnenden Röhren a,
                                 b, c, d, e, f, welche durch das Gas laufen, gebildeten Winkel befestigt
                              sind; und in dem Theile, welcher in das Schiffchen des Aëronauten
                              heruntergeht, hat dieselbe zwei Ringe, welche die respectiven, an das verticale
                              Brett i befestigten Achsen aufnehmen, welche durch die
                              Handhebe h bewegt werden können. Dieses Brett i hat die Bestimmung, mittelst des Steuers m, n, o die Bewegung der anderen perpendiculären Stange
                              p, q, welche den Dienst des Fischschwanzes versieht,
                              zu bewerkstelligen; von ihr hängt gänzlich die Bewegung der Schwanzflosse ab, die
                              ebenfalls von Taffet verfertigt werden kann, der über einen leichten, von Holz oder
                              aus drei Stahldrahtstäben verfertigten Nahmen gespannt wird.
                           Es ist klar, daß der Luftschiffer durch Hin- und Herbewegen der Handhebe h leicht eine jener eines Fischschwanzes ähnliche
                              Bewegung hervorbringt und dieselbe so regieren kann, daß er nach Belieben ein
                              horizontales Fortschreiten vorwärts oder nach der Seite bewirkt.
                           Die luftausdehnenden Röhren a, b, c, d, e, f werden von
                              einem dehnbaren Metall einen Zoll weit im Durchmesser gemacht; man läßt sie im
                              Zikzak laufen, weil ein Strom erhizter Luft sehr gern in dieser Richtung geht. Sie
                              sind an jedem Ende offen, und endigen oben mit einer an der Mittellinie des Körpers
                              bei dem höchsten Punkte der Maschine befindlichen Mündung N und O. Gegen Unten können sie in einen
                              ebenfalls metallenen Kegel l gestekt werden, unter
                              welchen die Flamme einer mit 8 bis 10 Dochten versehenen Spirituslampe gerichtet
                              wird. Die Lampe kann von der Mündung des Kegels durch einen einfachen, seitwärts
                              gegliederten Mechanismus entfernt werden, und jeder Docht soll einen Löscher mit
                              sich führen, so daß der Flammenkörper nach Belieben vergrößert oder verkleinert
                              werden kann. Die heiße Luft, welche durch die Röhren läuft, erhizt sie schnell, und
                              diese, in Berührung mit dem Gase, dehnen es aus. Nun ist es bekannt, daß alle
                              Gasarten sich gleichförmig um 0,00375 für jeden Grad des 100theiligen Thermometers
                              ausdehnen. Gesezt daher, die natürliche Temperatur des Gases sey 10 Grad, und daß
                              die an dem unteren Theile der Röhren angebrachte Flammenhize die Wärme des Metalls
                              auf 80 steigere, was leicht geschieht; gesezt ferner, daß die Temperatur, welche dem
                              den Röhren nahen und fernen Gase mitgetheilt wird, und welches durch die Wirkung der
                              Wärme sich bald mischt, 40 oder gar nur 35 Grad betrage – so würde offenbar die Temperatur
                              des Gases um 25° steigen, was einer Vermehrung des ganzen Volums um ein
                              Zehntheil entspricht. Wenn demnach 900 Kubikfuß Wasserstoffgas eine
                              Aufsteigungskraft von 1000 Kilogr. haben, wie Francoeur's
                              Tabellen angeben, so würde es durch eine von 25° Wärme hervorgebrachte
                              Ausdehnung seine Kraft um 90 Kubikfuß Gas, d.h. um 100 Kilogr. vermehrt haben.
                           Bedenkt nun der Leser, daß Gay-Lussac mit nur 3
                              Kilogr. Aufsteigungskraft sich 7000 Fuß über die Meeresfläche erheben konnte, so
                              wird er leicht einsehen, wie viel Kraft der Luftschiffer durch bloße Ausdehnung der
                              Luft gewinnen kann. Will man aufsteigen, so hat man nur einige der unter dem
                              Metallkegel mit den Röhren communicirenden Dochte anzuzünden, und das Gas wird
                              sogleich die nöthige Leichtigkeit erhalten; will man sich herablassen, so bedekt man
                              die Dochte mit dem Löscher, und bei der allmählichen Abkühlung des Gasts wird die
                              Maschine sinken. Jedermann wird sich überzeugen, daß diese Ausdehnung durch die Zahl
                              der angezündeten Dochte nach dem Bedarf regulirt werden kann, so daß es nicht schwer
                              ist, sich in einer gewissen Höhe zu erhalten, in welcher man sich horizontal
                              fortbewegen möchte, zu welchem Behufe die Ausdehnung so berechnet wird, daß sie sich
                              mit der natürlichen Abkühlung des Gases an von den Röhren entfernteren Punkten ins
                              Gleichgewicht sezt. Zu diesem Zweke können gewisse, mit der von dem Gas erworbenen
                              Aufsteigungskraft correspondirende Temperaturgrade der Röhren festgestellt werden,
                              und wenn man diese mit den Angaben des zur Messung der von der Maschine erreichten
                              Höhe vorhandenen Instrumentes vergleicht, so kann man sich über die Schnelligkeit,
                              mit welcher sie ihre Stellung verändert, vergewissern. Wir hätten hier gerne, wenn
                              es uns nicht zu weit abführen würbe, von den zu diesem Zwek ersonnenen Mitteln
                              gesprochen; werden es aber bei einer anderen Gelegenheit thun, wenn wir uns von
                              ihrem praktischen Werthe überzeugt haben werden. Um sich herabzulassen, wird es in
                              der Regel hinreichen, die Dochte auszulöschen, indem nach einer Reise von einer
                              gewissen Ausdehnung die Maschine immer eine Quantität Gas durch die Poren des Saks
                              verloren hat, welcher Verlust den kleinen Ueberschuß, mit welchem er sich auf den
                              Weg begibt, wohl ausgleicht. Da es aber der Fall seyn kann, daß man das Niedergehen
                              beschleunigen möchte, oder daß das Gasvolum nicht hinlänglich vermindert würde,
                              damit es die Maschine gerne fallen lasse, so ist es gut, wenn man mittelst zweier
                              Schnüre ein an dem oberen Theile der Maschine angebrachtes Ventil zur Disposition
                              hat, durch dessen Oeffnen man einem Antheile Wasserstoffgas Ausgang verschaffen kann. Es sollen dieß nach
                              Biot immer zwei Schnüre seyn, weil, da das Leben des
                              Aëronauten oft von dem zu Gebotestehen dieser Oeffnung abhängt, wenn durch
                              Zufall eine dieser Schnüre reißen sollte, er den Beistand einer zweiten nicht
                              vermissen soll. Der Niedergang würde nun nach den Gesezen der Gravitation mit einer
                              gleichförmig beschleunigten Geschwindigkeit stattfinden. Es würde vielleicht
                              angemessen seyn, ihn durch eine unbedeutende Ausdehnung des Gases oder durch das
                              Auswerfen eines Theiles des Ballastes zu mäßigen.
                           Die Säke mit Sand, welche den Ballast ausmachen, sollen behufs des Aufsteigens
                              niemals ausgeworfen, noch um den Niedergang zurükzuhalten, gänzlich verbraucht,
                              sondern immer ein Theil derselben aufbewahrt werden, bis man wohlbehalten wieder zur
                              Erde zurükgekehrt ist, um ein Mittel in Bereitschaft zu haben, Bäume, die Firste der
                              Gebäude, Dächer, das Wasser u. dergl. zu vermeiden und so den Niedergang auf eine
                              passendere Stelle hin zu lenken im Stande zu seyn.
                           Um den zulezt stattfindenden Drang der Maschine gegen den Erdboden hin zu vermindern,
                              wird die Kugel M von Nuzen seyn. Dieses ist eine schwere
                              Kugel, die mit einem langen Strik an den Mittelpunkt des Schiffchens befestigt ist
                              und, indem sie um 10 bis 15 Fuß früher als die übrige Maschine auf dem Boden
                              ankommt, sie um ihr ganzes Gewicht erleichtern wird. Auch kann diese Kugel mittelst
                              eines in sich fortgesezten Strikes mehr oder weniger dem vorderen Ende der Maschine
                              genähert werden, wodurch der Schwerpunkt auf verschiedene Stellen nach Belieben
                              versezt und die Maschine so in die dem Aufsteigen oder Niederlassen günstigste
                              Neigung gebracht werden kann.
                           Der Luftschiffer hält sich in dem Traggestell r, s (Fig. 7), das in
                              der Mitte von der Säule D, E, C, an den Seiten aber von
                              dem Arme des Rahmens A, B getragen wird, und dirigirt
                              die Schwanzflosse so, daß sie sich, wie es ihm taugt, bewegen muß. Eine
                              fortschreitende Bewegung wird erhalten, wenn man die Flosse schnell von Rechts nach
                              Links bewegt und damit beständig so gleichförmig als möglich fortfährt. Auf einer
                              größeren Reise leistet die elektromagnetische Kraft dem Aëronauten
                              vortheilhafte Dienste durch einen an die Handhebe h
                              befestigten Magnet, welcher auf zwei andere, ihm zur Seite befindlichen und
                              befestigten Hufeisenmagnete wirkt. Die Anziehungskraft kann durch einen von einem
                              kleinen galvanischen Trog ausgehenden elektrischen Strom, welcher mittelst
                              Metalldrähten, die um die Magnetstäbe herum angebracht sind, geleitet wird, sehr
                              gesteigert werden. Wechselt man die Pole, so wird die Handhebe von der einen Seite stark
                              angezogen und zu gleicher Zeit von der anderen abgestoßen werden, und bei
                              wiederholtem Wechsel wird die Anziehung und Abstoßung in der entgegengesezten
                              Richtung stattfinden. Ein Mechanismus, um die Pole nach der ersten Anregung zu
                              wechseln, kann leicht construirt und durch dieselbe Bewegung, welche die Handhebe so
                              eben angenommen, in Thätigkeit gesezt werden, und so hat man mit geringen Kosten und
                              einer leichten Vorrichtung eine Kraft, welche unsern Fisch in horizontaler Richtung
                              bewegt und dabei dem Aëronauten seine volle Freiheit läßt. Man muß auch nicht
                              denken, daß man durch die bloße Bewegung des Schwanzes zu langsam vorwärts komme, da
                              es bekannt ist, daß einige Fische, wie z.B. die Makrele, die Squalusarten
                              (Haifische) und der Salm, ausschließlich mit diesem Mechanismus mit solcher
                              Schnelligkeit schwimmen, daß sie mit einem Schiffe gleichen Schritt halten.
                           Es wird kaum zu erwähnen nothwendig seyn, daß die Maschine beim Abgang nicht
                              vollkommen mit Gas gefüllt seyn, sondern daß ein bedeutender Theil derselben leer
                              bleiben soll, weil in den höheren Regionen der Luft der atmosphärische Druk abnimmt
                              und sich dann das Gas von selbst ausbreitet, wo dann die noch hinzukommende
                              Ausbreitung durch die luftverdünnenden Röhren leicht eine Explosion bewirken könnte.
                              Mit einem so zugerichteten Ballon können alle Luftregionen mit Sicherheit
                              durchfahren werden; das Auf- und Absteigen geschieht ohne Gefahr und die
                              horizontale Richtung in gerader oder schiefer Linie kann nach Belieben genommen
                              werden. Wir wollen nicht läugnen, daß ein starker Wind die Maschine in entfernte
                              Räume verschlagen kann, aber auch die Fische sind diesem Uebelstande unterworfen,
                              wenn eine starke Strömung des Wassers sie aus der Richtung ihres Weges bringt;
                              nichtsdestoweniger schwimmen sie aber immer mit großer Willensfreiheit durch die
                              Wellen. Derselben Unannehmlichkeit sind auch die Schiffe unterworfen, wenn ein
                              periodischer oder temporärer Wind sich ihrem Fortgange widersezt; die Schifffahrt
                              wird aber deßhalb nicht aufgegeben.
                           Wenn man einst die atmosphärischen Regionen besser kennen wird und man mit Ruhe die
                              verschiedenen Luftschichten wird untersuchen können, wird man auch im Stande seyn,
                              anemologische Beobachtungen niederzuschreiben, deren
                              wir jezt noch keine besizen und die uns großen Vortheil bringen werden, und nichts
                              kann zu derartigen Nachforschungen geeigneter seyn, als unsere Maschine, mittelst
                              welcher wir nicht nur allein im Stande seyn werden, die Richtung und die
                              Bewegungsgeseze der verschiedenen atmosphärischen Strömungen zu bestimmen, sondern
                              auch die Ursachen der wichtigsten meteorologischen Erscheinungen zu studiren.
                              Endlich werden wir durch
                              diese Maschine in den Stand gesezt, mit größter Leichtigkeit Stadtplane,
                              geographische Umrisse, Richtungslinien u.s.w. aufzunehmen. Sie wird dann sicherlich
                              noch zu einer großen Menge anderer Anwendungen benuzt werden, an die man, bis das
                              Bereich der Luft vollkommen unter unsere Herrschaft gebracht ist, nicht denkt.
                           Gegenwärtige kurze Skizze, das Product einer mir ganz von Freiem sich darbietenden
                              Idee, kann nicht jene Alles berüksichtigende und jedem Irrthum zuvorkommende
                              Gründlichkeit der praktischen Erfahrung besizen, welche ihr von einem, der sich
                              diesem Zweige der Physik ausschließlich widmet, gegeben worden wäre; durch mein
                              Geschäft aber bin ich verhindert, mich mit solchen Versuchen abzugeben; solche
                              Studien, aus welchen der schwachen Menschheit nuzbare Kenntnisse unmittelbarer
                              hervorgehen können, sind mir zu kostspielig. Jedoch will ich nicht verheimlichen,
                              daß ich mit einigen Freunden, welche ich bei Gelegenheit nennen werde, ein Modell
                              dieser Maschine zu bauen im Begriff bin, welches vielleicht, was jezt nur noch
                              Speculation oder Theorie ist, zu einer Wirklichkeit umwandeln wird.
                           Wird die Ausführung gelingen, so wird es mir Vergnügen machen, dem Publicum die
                              Resultate mit den bei den Experimenten etwa gesammelten Erfahrungen
                              mitzutheilen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
