| Titel: | Ueber die Bestandtheile und die Anfertigung geräuschlos verbrennender Streichzündhölzer; von Dr. Rudolph Böttger. | 
| Fundstelle: | Band 79, Jahrgang 1841, Nr. XLVIII., S. 231 | 
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                        XLVIII.
                        Ueber die Bestandtheile und die Anfertigung
                           geraͤuschlos verbrennender Streichzuͤndhoͤlzer; von Dr. Rudolph
                              Boͤttger.
                        Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, Januar
                           1841, S. 113.
                        Boͤttger, uͤber die Anfertigung geraͤuschlos
                           verbrennender Streichzuͤndhoͤlzchen.
                        
                     
                        
                           Es gibt gegenwärtig eine sehr große Anzahl von Fabriken, die sich mit der Anfertigung
                              von sogenannten Streichzündhölzern ausschließlich beschäftigen, und die im Ganzen
                              genommen auch, namentlich im Vergleich zu frühern Jahren, ein fast untadelhaftes und
                              gefahrloses Fabricat liefern. Keine Fabrik dürfte sich aber wohl eines so enormen
                              Absazes zu erfreuen haben und so vorteilhafte mercantilische Geschäfte machen, als
                              die in Wien bestehende. Die aus dieser Fabrik hervorgehenden Hölzer, Zündschwämme
                              und Zündpapiere sind sehr gesuchte Artikel und übertreffen auch in der That, sowohl
                              hinsichtlich ihrer Güte als ihrer äußern Eleganz, alle übrigen, aus andern Orten
                              Deutschlands hervorgehenden Erzeugnisse der Art.
                           Vor einiger Zeit ward ich veranlaßt, verschiedene Sorten Streichzünder zu
                              untersuchen. Da mir es nun gelungen, die auf analytischem Wege gefundenen Resultate
                              auch durch die Synthese constatirt zu sehen, so nehme ich keinen Anstand, meine
                              hierauf sich beziehenden Erfahrungen und Beobachtungen gegenwärtig der
                              Oeffentlichkeit zu übergeben.
                           Die mit Geräusch nicht selten mit Knall sich entzündenden Streichzündhölzer enthalten
                              ohne Ausnahme chlorsaures Kali; dagegen fehlt denen, die sich ohne Geräusch
                              entzünden, dieser Gemengtheil gänzlich. Da nun die Anfertigung der mit chlorsaurem
                              Kali versezten Zündstoffe, wie die Erfahrung hinlänglich schon gelehrt hat, mit
                              Gefahr für den Arbeiter verknüpft ist, bei der Mischung und Zusammenreibung der
                              Ingredienzien zur Darstellung geräuschlos sich entzündender Hölzer aber niemals eine
                              Explosion zu befürchten steht, so möchte, abgesehen von noch andern Vortheilen,
                              welche geräuschlos sich entzündende Hölzer gewähren, schon jener Umstand allein
                              hinreichen, die Fabrikanten abzuhalten, sich des chlorsauren Kali's zur Anfertigung
                              der Reibzündhölzer zu bedienen. In einigen Zündmassen fand ich Stoffe die ich in der
                              Zündmasse anderer Fabriken nicht auffinden konnte. So enthielten z.B. die Wiener
                              Schmälte, andere zeigten einen großen Gehalt an Bleiüberoxyd, andere an
                              Manganüberoxyd; bei einigen schien das Bindemittel aus Gummi arabicum, bei andern
                              aus Gummi Traganth zu bestehen u.s.w. Unter den Reibzündschwämmen und
                              Reibzündpapieren waren einige mit Salpeter, andere mit saurem chromsaurem Kali und
                              noch andere mit essigsaurem Bleioxyde getränkt. Die mit Salpeter imprägnirten,
                              gewöhnlich aus Papiermache bestehenden Schwämme sind, da sie eine bessere,
                              namentlich eine längere Zeit hindurch glühend bleibende Kohle geben, den übrigen
                              vorzuziehen. Das beste Mischungsverhältniß zu einer vollkommen geräuschlos
                              verbrennenden Zündmasse, mit welcher Hölzer, Schwämme, Papier u.s.w. bestrichen
                              werden können, ist folgendes: 16 Gewichtstheile arabisches Gummi, 9 Theile Phosphor,
                              14 Theile Salpeter und 16 Theile fein geschlämmter Braunstein. Statt des Braunsteins
                              kann man sich auch der Mennige bedienen, besonders um der Masse eine mehr röthliche
                              Farbe zu ertheilen. Statt des arabischen Gummi's wird man sich mit Vortheil des
                              Gummi Traganth bedienen können, indem 1 Theil Traganth mit 100 Theilen Wasser einen
                              eben so diken Schleim bildet, als 1 Theil arabisches Gummi mit 4 Theilen Wasser. Der
                              Salpeter sey möglichst rein, namentlich frei von hygroskopisch wirkenden
                              Chlorverbindungen.
                           Bei Anfertigung der Zündhölzer verfährt man ungefähr folgendermaßen: zuerst bringt
                              man in eine Abrauchschale oder in einen Porzellanmörser oder in irgend ein anderes
                              passendes Gefäß das Gummi, versezt es mit so viel Wasser, als nöthig ist, um einen
                              nicht zu dünnen Schleim beim Erhizen zu erhalten, fügt dazu die abgewogene Menge
                              geschlämmten Braunstein und sezt nun erst den Phosphor hinzu, und zwar in so kleinen
                              Stüken, daß diese sämmtlich vom Gummischleim bedekt werden. Sobald nun durch eine
                              von Außen angebrachte Temperaturerhöhung, die kaum bis auf + 50° R.
                              gesteigert zu werden braucht, die Phosphorpartikeln in Fluß gerathen, rührt man das
                              Ganze mit einer flachen Reibkeule tüchtig durcheinander, so zwar, daß der Phosphor
                              auf das feinste durch die ganze Masse vertheilt wird, sezt dann den Salpeter hinzu
                              und fährt noch so lange unter fortwährendem Erwärmen mit dem Reiben fort, bis das
                              Ganze in allen seinen Theilen in einen nicht zu dünnen ganz gleichförmigen Brei, in
                              welchem sich mit unbewaffnetem Auge durchaus keine Phosphorpartikelchen mehr dürfen
                              nachweisen lassen, verwandelt ist. In diese Masse taucht man nun die mit Schwefel
                              überzogenen Hölzer oder die mit Salpeter getränkte Pappe und läßt dann hie Masse an
                              der Luft troken werden.
                           Da nun bekanntlich Phosphor auf Kosten des Sauerstoffs her atmosphärischen Luft sich
                              langsam oxydirt und in phosphorige Säure übergeführt wird, welche begierig die
                              Feuchtigkeit der Luft anzieht und so mit der Zeit die Entzündung der Hölzer mehr
                              oder weniger beeinträchtigen könnte, so halte ich es für rathsam, die bereits an den
                              Hölzern troken gewordene Zündmasse zulezt noch mittelst eines Pinsels mit einem ganz
                              dünnen Copalfirniß zu überziehen. Nach Befolgung dieses Verfahrens dürfte jedenfalls
                              allen Klagen über das Feuchtwerden und Abbrökeln der Zündmasse vorgebeugt
                              werden.