| Titel: | Aezung durch Galvanismus; von Thomas Spencer in Liverpool. | 
| Fundstelle: | Band 80, Jahrgang 1841, Nr. XXXV., S. 141 | 
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                        XXXV.
                        Aezung durch Galvanismus; von Thomas Spencer in
                           Liverpool.
                        Aus einem Briefe desselben vom 28. März 1841 an
                           Dr. Mohr in Coblenz mit Bewilligung des Verfassers mitgetheilt.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. IV.
                        Spencer, uͤber Aezung durch Galvanismus.
                        
                     
                        
                           ..... Unter andern sagte ich Ihnen damals, mit welchen Gegenständen des Galvanismus
                              ich beschäftigt wäre, und daß ich damit umginge, ein Patent darauf zu nehmen. Dieses
                              ist nun geschehen und ich kann Ihnen eine kurze Notiz darüber mittheilen. Ich
                              brachte das neue Verfahren zum erstenmale im Junius 1840 in Ausführung, suchte das
                              Patent im August nach, was auch bald erlangt wurde, nachdem ich den gesezlichen Autoritäten
                              des Landes dargethan hatte, worin das neue Verfahren bestand.
                           Es ist eigentlich ein Wegfressen oder Aezen in Metalle, statt daß früher ein Aufsezen
                              und Zuwachsen erreicht wurde. Was den Werth des Processes besonders erhöht, ist der
                              Umstand, daß er allgemein in 1 bis 2 Stunden vollendet ist, in manchen Fällen sogar
                              nur einige Minuten erfordert. Er gleicht in jeder Beziehung dem Aezen, mit dem
                              Unterschiede, daß die Glätte und Tiefe der Linien bei weitem jene beim Aezen
                              übertrifft, und daß man die ganze Operation vollkommener in der Gewalt hat.
                           Ich habe die ganze Reihe der gebräuchlichen Metalle durchprobirt und der Erfolg hat
                              meine lebhaftesten Erwartungen überflügelt, vorzüglich in Betreff des Stahles, weil
                              es namentlich ein Bedürfniß des Tages ist, eine unendliche Anzahl von Abdrüken
                              darstellen zu können. Ich habe das Verfahren auf alle Arten von Gravirung angewendet
                              und namentlich Calicowalzen damit dargestellt, so wie Platten, die zum Verzieren von
                              Steingut verwendet werden. Gerade bei dieser lezteren Arbeit konnte man nie die
                              Linien tief genug erhalten, sondern mußte noch immer die Hülfe des Graveurs in
                              Anspruch nehmen.
                           Die einzelnen Metalle erfordern, je nach ihren chemischen Kräften, eine verschiedene
                              Behandlung; so muß man, wenn auf Platin und Gold geäzt werden soll, eine schwache
                              Lösung eines Chlorides, und natürlich keine schwefelsaure oder salpetersaure
                              Verbindung anwenden.
                           Sollen die Striche ausgezeichnet zart seyn, so wendet man eine neutrale Lösung eines
                              Salzes an, dessen Säure nur schwach auf das zu äzende Metall wirkt. So würde man bei
                              Kupfer ein essigsaures oder schwefelsaures Salz einem salpetersauren vorziehen.
                              Stahl erfordert eine besondere Abänderung des Verfahrens, da man sowohl auf das
                              Eisen, als auf die Kohle wirken muß. Auch dieß ist mir ganz gelungen, wie aus dem
                              beiliegenden AbdrukDie mitgesendete Probe einer sehr schönen Guilloche zeigte die
                                    außerordentlichste Zartheit und Gleichmäßigkeit der Striche, die man
                                    wünschen konnte. Dr. M. erhellt, der von gehärtetem Stahle abgezogen ist. Die Aezung war in einer
                              Stunde durch Galvanismus bewirkt worden.
                           Das Verfahren ist nun kurz folgendes:
                           Wenn eine Metallplatte galvanisch geäzt werden soll, so erhält sie zuerst eine sehr
                              dünne Schicht von Aezgrund, dann wird die Zeichnung mit einer Nadel darauf getragen,
                              in der Art, daß die natürliche Fläche des Metalls überall bloßgelegt werde. So weit alles wie bei der
                              älteren Aezmanier. Die Platte muß nun an einen Draht befestigt werden, welcher mit
                              dem negativen Ende der Batterie oder eines einzelnen Paares von Elektromotoren in
                              Verbindung steht. Nun wird das Ganze in der folgenden Art zu einer Kette
                              geschlossen.
                           Es sey A, Fig. 33, das erregende
                              Paar, Z eine Zinkstange, K
                              ein Kupferbecher, der Zwischenraum mit einer verdünnten Säure gefüllt. Das Kästchen
                              B ist in der Mitte durch eine poröse Scheidewand m aus Blase, dikem Papier oder gebranntem Thon getrennt.
                              In der Abtheilung 2 hängt die präparirte Platte P,
                              welche geäzt werden soll, in einer schwachen Salzlösung, in leitender Verbindung mit
                              dem Kupferbecher des erregenden Paars; in der Zelle 1 hängt eine gleichgültige
                              Kupferplatte Q in einer Auflösung von Kupfervitriol, in
                              Verbindung mit dem Zink des Erregers.
                           Sobald die Kette geschlossen ist und der Zink anfängt den Strom zu erregen, wird
                              Sauerstoff auf der Platte P abgesezt, während
                              Wasserstoff sich nach Q begibt, und zwar bekanntlich
                              gerade so viel als Wasserstoff auf K erscheint, und
                              Sauerstoff mit Z sich verbindet. Der Sauerstoff, der
                              sich mit P verbindet, macht dieses löslich in der Säure
                              und es entsteht eine Vertiefung; der Wasserstoff auf Q
                              reducirt eine entsprechende Menge Kupferoxyd in der Zelle 1, sezt gerade so viel
                              Kupfer auf Q ab, als sich von P gelöst hat, unter der Voraussezung, daß P
                              selbst eine Kupferplatte sey, wo nicht, so ist die auf Q
                              abgesezte Menge Kupfer eine äquivalente der durch Aezung von P hinweggenommenen. Dieser Proceß wird so lange fortgesezt, bis die Linien
                              tief genug erscheinen. Durch eine genaue Regulirung der Entfernung und des Winkels,
                              in dem die gegenüberstehende Platte dargeboten wird, kann man die Tiefe der Tinte
                              beliebig treffen, ja sie sogar örtlich verändern, wie z.B. bei einer Landschaft, wo
                              der Vordergrund dunkler erscheinen soll, als der Hintergrund Eben so, wenn die
                              größte Stärke, wie bei einer Rosette, Stern, Etikette, in der Mitte erscheinen und
                              nach den Rändern nachlassen soll, kann man durch örtliche Annäherung und Gestalt der
                              entgegenstehenden Platte die sicherste Wirkung hervorbringen, kurz es gibt gar keine
                              denkbaren Verhältnisse, denen man nicht durch umsichtige Anwendung des Principes und
                              durch sehr einfache Behandlung sich anpassen könnte, ja es dient sogar, die Daguerre'schen Lichtbilder zu graviren.
                           Es ist mir auch gelungen, Holzschnitte nachzuahmen, so daß man von den Copien wie vom
                              Original abdruken kann; es gibt noch eine Menge nüzlicher Anwendungen, auf die ich
                              nicht alle hier eingehen kann.
                           
                           Der Unterschied zwischen dieser Methode und dem Aezen besteht darin, daß die geäzten
                              Linien, wenn man sie unter dem Mikroskop betrachtet, eigentlich eine fortlaufende
                              Reihe unregelmäßiger Vertiefungen und Grübchen (irregular
                                 cups) darstellen, und daß, wenn man Tiefe verlangt, sie zu sehr in der
                              Breite zunehmen, und dadurch die Platten häufig verdorben und die Linien
                              unterfressen werden. Dadurch wird auch die Anwendbarkeit zu Umrissen so sehr
                              beschränkt. Während der Operation müssen die sich entwikelnden Gasblasen häufig
                              entfernt werden.
                           Keiner dieser Einwürfe trifft die galvanische Methode. Die Linien unter dem Mikroskop
                              betrachtet, stellen eine vollkommene Furche (a perfect
                                 canal) dar, gerade rauh genug, um die Schwärze festzuhalten, und können bis
                              zu bedeutender Tiefe dargestellt werden, ohne auszulaufen oder zu unterfressen. Wenn
                              sich zwei Linien schneiden, so sind die Eken des Kreuzungspunkts so scharf, als wenn
                              die Linien gezogen wären.
                           Wie herrlich muß dieses Verfahren Ihrem talentvollen Landsmann Retsch zu Hülfe kommen, um für seine Umrisse Stahlplatten zu erhalten, die
                              30 bis 40,000 Abdrüke vertragen.Die theoretischen Gründe der sehr vortheilhaften Wirkung der galvanischen
                                    Aezung scheinen in folgenden Umständen zu liegen. Erstlich fällt weg alle
                                    Gasbildung. Wenn Kupfer mit Salpetersäure geäzt wird, so entsteht in der
                                    Rinne Salpetergas, welches das Zutreten von neuer Säure verhindert. Die
                                    Blasen sammeln sich in der Rinne, steigen in größeren Massen auf und
                                    entblößen die zu äzenden Stellen ungleich. Wenn auf Zink oder Stahl geäzt
                                    wird, so tritt dasselbe mit dem Wasserstoff ein. Zweitens: die chemische
                                    Action an einer Stelle ist der Grund einer vermehrten chemischen Action an
                                    derselben Stelle. Ein Stük Kupfer oder Silber löst sich anfänglich langsam
                                    in Salpetersäure auf, nach und nach aber immer stürmischer, je heftiger die
                                    chemische Thätigkeit bereits gestiegen ist. So unterstüzen sich Wärme und
                                    Verbrennung wechselseitig, Wärme und Wasserbildung auf dem Platin, kurz eine
                                    Menge von chemischen Vorgängen. Eine Stelle auf dem Kupfer, welche durch
                                    stärkere Thätigkeit sich auszeichnet, ist dadurch die Ursache, daß in ihrer
                                    Nähe alles rasch zerfressen werde, weil sich gerade in ihr der Herd einer
                                    neuen Kraftentwiklung befindet. Bei der galvanischen Aezung ist der Grund
                                    der chemischen Affinität in einem andern Gefäße, im Zink gelegen, und wird
                                    durch Drähte und Flüssigkeit sehr gleichmäßig vertheilt und auf die zu
                                    äzende Platte übergeführt, wodurch dann auf dieser die Wirkung sehr
                                    gleichmäßig ausfallen muß. Endlich kann man die Flüssigkeit, in welcher die
                                    zu äzende Platte sich befindet, ganz neutral oder sehr schwachsauer machen,
                                    weil sie nicht durch ihre inwohnende chemische Kraft, sondern durch eine von
                                    Außen hinzugeleitete Kraft thätig wird. Die Aezgründe haben also gar nicht
                                    von der chemischen Affinität der Säuren zu leiden. Dr. M.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
