| Titel: | Ueber die Conservation des zur Nahrung bestimmten Fleisches; von M. Gannal. | 
| Fundstelle: | Band 80, Jahrgang 1841, Nr. LXXVIII., S. 308 | 
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                        LXXVIII.
                        Ueber die Conservation des zur Nahrung bestimmten
                           Fleisches; von M.
                              Gannal.
                        Aus einem von den HHrn. Thenard, Magendie, Dumas und Séguier der
                           Pariser Akademie erstatteten Bericht, in den Comptes rendus, 1841 No.
                              12.
                        Gannal, uͤber die Conservation des Fleisches.
                        
                     
                        
                           Welche Substanz man auch als Aufbewahrungsmittel des Fleisches anwenden mag, so wird
                              es immer von großem Vortheil seyn, sie durch Injection in
                              dasselbe zu bringen, statt sie durch Einsaugung von Außen nach Innen, wie beim
                              gewöhnlichen Einsalzen, langsam eindringen zu lassen. Man erreicht durch Injection,
                              außer der Zeit- und Geldersparniß, eine gleichmäßige Vertheilung der
                              conservirenden Substanz, während bei der Maceration, namentlich bei großen Stüken,
                              die der Peripherie näheren Theile von dieser Substanz übersättigt werden müssen, ehe
                              die inneren Theile die zur Verhütung ihrer Zersezung nöthige Menge erhalten.
                           Bei Untersuchung der statt des Kochsalzes zu diesem Zwek anzuwendenden Substanzen
                              musterte Hr. Gannal auch die
                              auflöslichen Alaunerdesalze, welche alle die Eigenschaft haben, die faule Gährung in
                              thierischen Substanzen zu verhüten, deren einige aber dem Fleische entweder
                              schädliche Eigenschaften oder einen unangenehmen Geschmak mittheilen würden. Keinen
                              dieser Uebelstände theilt aber, nach Hrn. Gannal, die salzsaure Alaunerde. Er hielt sich theoretisch
                              überzeugt, daß das mit
                              diesem Salze conservirte Fleisch keinen Geschmak davon erhalten könne, weil
                              einestheils die von dem Salz nöthige Quantität verhältnißmäßig sehr unbedeutend ist,
                              und durch die Einwirkung desselben sich nichts bilden kann, als etwas salzsaures
                              Kali, Kochsalz und salzsaurer Kalk, Salze, welche täglich in unseren Haushaltungen,
                              im grauen Salze unserer Küchen, verbraucht werden. Was die hiedurch eingebrachte und
                              der thierischen Materie einverleibte Alaunerde betrifft, so ist deren Menge so
                              unbedeutend, daß sie gar nicht in Betracht kommt. – Der Alaun wird in der
                              Medicin angewandt und wirkt adstringirend; aber in diesem Falle ist die Alaunerde
                              mit einer Säure verbunden, während sie im Fleische nur mehr als erdiges Pulver
                              vorhanden ist, welches keine Wirkung auf die thierische Oekonomie ausübt. Was diese
                              betrifft, so kann man behaupten, daß die Bewohner der Seine-Ufer, welche
                              wenigstens die Hälfte des Jahres das Wasser dieses Flusses trinken, täglich zehnmal
                              mehr Alaunerde verschluken, als es der Fall wäre, wenn sie für gewöhnlich nach Hrn.
                              Gannal's Methode
                              präparirtes Fleisch essen würden.
                           Versuche über den der Flüssigkeit zu gebenden Concentrationsgrad, um der Conservation
                              versichert zu seyn, ohne unnüzerweise eine zu große Menge des Salzes anzuwenden,
                              ergaben, daß die passende Auflösung 10° am Baumé'schen Aräometer
                              zeigen muß. Da nun 1 Kilogr. (2 Pfd.) des von Hrn. G. bereiteten Salzes für 6 Liter
                              Wasser (12 Pfd.) hinreicht, und man 9 bis 12 Liter dieser Flüssigkeit braucht, um
                              das Fleisch eines Ochsen zu conserviren, so bedarf man hiezu 1 1/2 bis 2 Kilogr. des
                              Salzes.
                           Die Operation ist sehr einfach. Wenn das Thier durch einen Schlag auf die Stirne
                              gefallen ist, öffnet man ihm die Carotis (Kopfschlagader) und die Jugularvene auf
                              der einen Seite, indem man vom Luftröhrenkopf (Larynx) bis unterhalb der
                              bezeichneten Gefäße einen Einschnitt macht; dann hebt man durch eine rasche Bewegung
                              das Schneidinstrument, welches hiedurch die Theile auseinander bringt und dem Blut
                              sich vollkommen zu entleeren gestattet. Wenn kein Blut mehr fließt, bringt man von
                              Oben nach Unten einen Heber in die Carotis, unterbindet, um das Ausfließen der
                              Flüssigkeit zu verhüten, den oberen Theil und die beiden Oeffnungen der Jugularvene
                              und injicirt dann die Salzauflösung. – Das hiezu passendste Instrument ist
                              eine 6 Fuß lange, unten 1, oben 2 Zoll im Durchschnitt messende Röhre von
                              wasserdichter Leinwand, welche an dem hölzernen oder hörnernen Heber befestigt wird.
                              Sobald man sieht, daß das Thier wohl injicirt ist, d.h. wenn einerseits keine
                              Flüssigkeit mehr hineingeht, und andererseits die unter der Haut liegenden Venen
                              recht angeschwellt sind, dann drükt man die Röhre zwischen den beiden Fingern und
                              fährt mit leichtem Druk längs derselben herunter, wodurch die Flüssigkeit im Leibe
                              des Thieres noch vermehrt werden kann. Man unterbindet endlich unterhalb des Hebers
                              und zieht diesen heraus. 20 Minuten darauf zieht man dem Thiere die Haut ab, nimmt
                              es aus und zertheilt es wie gewöhnlich; doch ist es nicht nöthig, wie wenn man
                              einsalzt, Knochen und Fett herauszunehmen.
                           Wenn das Thier gut ausgeblutet hat und die Injection richtig geschehen ist, merkt man
                              kaum, daß es einer Operation unterworfen wurde. Die einzige Stelle, wo die Injection
                              Spuren hinterläßt, ist die Lunge, welche welk und entfärbt wird.
                           Das zertheilte und an die Luft gelegte Thier läßt man so lange liegen, daß es gehörig
                              erkalten kann; man hat hiebei auf nichts zu achten, als daß die Fliegen nicht
                              darüber kommen. Das für eine gewisse Zeit aufzubewahrende Fleisch bedarf keiner
                              anderen Zubereitung, sondern braucht nur an einem trokenen und luftigen Orte
                              aufgehangen zu werden; man wäscht es in einem aus einer 10gradigen Lösung von
                              Kochsalz und eben so viel salzsaurer Alaunerde zusammengesezten Bade, worauf es zu
                              seiner Bestimmung verwendet wird. Dasjenige, welches gedörrt werden soll, wird in
                              einer mittelst warmer oder mit Holzrauch beladener Luft geheizten Kammer, oder an
                              freier Luft aufgehangen, wobei es ebenfalls gegen Fliegen geschüzt werden muß.
                              Nachdem es gedörrt ist, braucht man es nur in luftdicht verschlossenen Fässern
                              einzupaken, welche troken gestellt werden. Um es anzuwenden, muß man es 24 Stunden
                              lang maceriren lassen, und da es nicht gesalzen ist, kann das Aufblähen desselben
                              wohl im Meerwasser vorgenommen werden.
                           Will man das Fleisch frisch conserviren, so häuft man es in Tonnen auf, wie dieß in
                              den See-Einsalzungsanstalten geschieht; ist die Tonne voll, so wird sie
                              verschlossen, mit der gesättigten Kochsalzlösung, mit der zum Waschen benuzten
                              Mischung, oder auch bloß mit trokenem Salz (Kochsalz) aufgefüllt. Nach allen drei
                              Methoden war der Erfolg gut.
                           Obiges Bad trägt nur sehr wenig zur Conservation bei, aber es verhindert die
                              Byssusbildung; ohne diese Vorsicht würde das Fleisch schimmeln.
                           Bei Hrn. Gannal's Versuchen
                              wurde ein Faß nach 3 Monaten geöffnet, um eine Hammelskeule herauszunehmen, welche
                              gebraten, verzehrt und von 12 Gästen sehr gut befunden wurde; da aber das Faß dann
                              schlecht zugemacht wurde, ging die Waschflüssigkeit verloren und das troken
                              zurükgebliebene Fleisch bedekte sich mit Schimmel, ohne sich jedoch zu zersezen.