| Titel: | Verfahren Bleiweiß zu fabriciren, worauf sich Hugh Lee Pattinson, technischer Chemiker in Bensham Grove, bei Gateshead, Grafschaft Durham, am 10. Sept. 1840 ein Patent ertheilen ließ. | 
| Fundstelle: | Band 80, Jahrgang 1841, Nr. XCVI., S. 387 | 
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                        XCVI.
                        Verfahren Bleiweiß zu fabriciren, worauf sich
                           Hugh Lee Pattinson,
                           technischer Chemiker in Bensham Grove, bei Gateshead, Grafschaft Durham, am 10. Sept. 1840 ein Patent ertheilen
                           ließ.
                        Aus dem Repertory of Patent-Inventions. Mai 1841,
                              S. 292.
                        Pattinson's Verfahren Bleiweiß zu fabriciren.
                        
                     
                        
                           Meine Erfindung besteht in der Anwendung des kohlensauren Kalks, durch welchen ich
                              gewisse Bleisalze zur Gewinnung von Bleiweiß zerseze; hauptsächlich benuze ich hiezu
                              das Chlorblei (salzsaure Blei), bisweilen aber auch salpetersaures Blei.
                           Wenn man gleiche Aequivalente Chlorblei und kohlensauren Kalk (also beiläufig 140
                              Theile von jenem und 50 Theile von diesem) mit Wasser zu einem dünnen Brei
                              zusammenreibt, so zeigt sich bald eine chemische Einwirkung; die Masse wird diker
                              und endlich beinahe fest. Bald darauf fängt die feste Masse an zu zerfließen, so daß
                              man eine starke Auflösung von Chlorcalcium (salzsaurem Kalk) über einer weißen Masse
                              erhält, welche leztere ein Gemenge von kohlensaurem Blei mit unzerseztem Chlorblei
                              und kohlensaurem Kalk ist. Die Chlorcalcium-Auflösung wird entfernt und mit
                              frischem Wasser ersezt; es findet weitere Zersezung statt, und durch Entfernung des
                              Wassers von Tag zu Tag und gehöriges Durcheinandermischen der beiden ursprünglich
                              zur Mischung genommenen Substanzen, wird das Chlorblei und der kohlensaure Kalk
                              beinahe völlig zersezt, so daß die rükständige Masse fast reines kohlensaures Blei
                              ist. Es sind aber 7 bis 14 Tage erforderlich, bis dieß geschehen ist, und auch dann
                              können noch Spuren von Chlorblei sowohl als kohlensaurem Kalk bei der Analyse des
                              neuen Products in demselben entdekt werden. Ich habe mich überzeugt, daß eine
                              beinahe ganz gleiche Reaction, sowohl in ihrer Art als in ihrer Stärke stattfindet,
                              wenn äquivalente Quantitäten salpetersaures Blei und kohlensaurer Kalk (oder
                              beiläufig 166 Theile des erstern und 50 Theile des lezteren) auf die beschriebene
                              Weise miteinander gerieben werden. Ferner habe ich gefunden, daß die Zersezung des
                              salpetersauren Bleies, und sowohl des Chlorids als des kohlensauren Kalks, durch
                              Anwendung einer Auflösung von Kohlensäuregas in Wasser sehr befördert wird, indem
                              der kohlensaure Kalk, welcher mit Kohlensäure imprägnirt wird, in Wasser
                              auflöslicher wird und die Einwirkung dann leichter auf ihn stattfindet; und wenn ein
                              Theil kohlensauren Kalks zersezt ist, so geht die die Auflösung bewirkende
                              Kohlensäure sogleich an einen andern Theil, welcher auf dieselbe Weise sogleich
                              zersezt wird. So schreitet dieser Proceß vorwärts mit einer und derselben Portion
                              Kohlensäure, bis aller kohlensaure Kalk zur Einwirkung auf das Bleisalz geeignet
                              gemacht worden ist, wo dann beide Substanzen, wenn sie im richtigen Verhältniß
                              miteinander gemischt wurden, völlig zersezt werden. Da das kohlengesäuerte Wasser zu
                              einer immer stärkeren Kalksalz-Auflösung wird, je mehr der Proceß vorwärts
                              schreitet, so thut man gegen das Ende besser, es durch mit Kohlensäure imprägnirtes
                              frisches Wasser zu ersezen; und dieses kann, um die Zersezung alles kohlensauren
                              Kalks mit Sicherheit zu bewerkstelligen, wiederholt werden. Das Gefäß, worin der
                              Proceß vor sich geht, muß umgeschüttelt werden.
                           Ich schreite nun zu den bei der Fabrication des Bleiweißes angewandten praktischen
                              Vortheilen. Ich wende, wenn ich das Material nur mit Wasser gerieben haben will,
                              eine sogenannte Quarzmühle an, wie sie in den Töpfereien gebräuchlich ist. Es ist
                              dieß ein starker hölzerner, mit Eisen gebundener Zuber, dessen Boden aus
                              Quarz- oder Hornsteinstüken besteht, welche in Cement fest und so eingelegt
                              sind, daß sie mit ihrer Oberfläche in gleicher Höhe stehen und einen flachen Boden
                              bilden. Auf diesem werden andere größere Blike derselben Steinart durch einen
                              Mechanismus im Kreis herumgetrieben, so daß jeder harte und spröde Körper, der mit
                              Wasser in den Zuber
                              kömmt, zum feinsten Pulver gemahlen wird. Ich wählte diese Art Mühle, weil sie,
                              einmal in Bewegung, die ihrer Wirkung unterworfenen Körper beständig fortmengt und
                              zerreibt; doch brauchen zu meinem Zweke die drehenden Steine nicht so schwer zu seyn
                              wie in den Töpfereien, weil die Masse keiner so starken Reibung bedarf. Der Gebrauch
                              des Eisens muß bei ihrer Construction da vermieden werden, wo dasselbe mit den in
                              der Mühle zu reibenden Substanzen in Berührung kommen kann. Wo innerhalb des Zubers
                              zur Befestigung Metall nothwendig ist, kann Kupfer genommen werden. In eine solche
                              Mühle von 12 Fuß Durchmesser und 3 Fuß Tiefe bringe ich 21 Cntr. Bleichlorid und 7
                              1/2 Cntr. kohlensauren Kalk, der am besten als feingeschlemmte Kreide angewandt
                              wird. Ich fülle dann den Zuber mit Wasser bis auf 15 Zoll unter seinem Rande, seze
                              die Mühle in Bewegung und reibe die Substanzen 4 bis 6 Stunden lang miteinander,
                              worauf ich das Reiben einstelle, und noch so viel Wasser zuseze, bis der Zuber
                              beinahe voll ist. Dann lasse ich das Ganze bis zum nächsten Morgen stehen, wo ich
                              auf dem Boden des Zubers eine weiße Masse habe, welche aus kohlensaurem Blei,
                              vermengt mit unzerseztem Chlorblei und kohlensaurem Kalk, besteht. Ueber derselben
                              befindet sich eine helle Flüssigkeit, welche eine starke Auflösung von beinahe
                              bleifreiem Chlorcalcium ist. Diese lasse ich entweder mittelst eines Hebers oder
                              eines Hahns ab, schütte dann so viel frisches Wasser in den Zuber, als er fassen
                              kann, reibe wieder ein paar Stunden, und lasse es dann bis zum andern Tag sich
                              sezen. Es wird dann wieder das Wasser abgelassen und so Tag für Tag fortgefahren,
                              wobei die überstehende Flüssigkeit jeden Tag zu einer schwächeren, beinahe
                              bleifreien Chlorcalcium-Lösung wird; nach 7 bis 14 Tagen ist sie fast
                              geschmaklos, worauf die Zersezung als vollendet betrachtet werden kann. Die weiße
                              Masse auf dem Boden des Zubers ist nun kohlensaures Blei, das, wenn auch nicht ganz,
                              doch beinahe frei von Chlorblei und kohlensaurem Kalk ist. Es kömmt nun aus dem
                              Zuber, wird getroknet und auf gewöhnliche Weise für den Handel präparirt. –
                              Ich habe diesen Proceß dahin modificirt, daß ich zum erstenmal einen Ueberschuß von
                              Chlorblei, nämlich 24 Cntr. auf 7 1/2 Cntr. kohlensauren Kalk nahm und wie oben
                              behandelte, bis die Flüssigkeit geschmaklos ablief; ich wandelte hierauf den
                              Ueberschuß des Chlorbleies durch Zusaz von ungefähr 4 Cntr. krystallisirter Soda,
                              oder einer entsprechenden Menge Potasche in kohlensaures Blei um, wendete dabei
                              absichtlich das kohlensaure Alkali in Ueberschuß an, sezte das Reiben so lange fort,
                              bis aller Chlorblei-Ueberschuß in kohlensaures Blei verwandelt war, worauf
                              das Chlornatrium- oder -Kalium durch Waschen, wie oben, entfernt
                              wurde. Auf diese Weise
                              wird die Arbeit abgekürzt und ein reineres Bleicarbonat erhalten. Allein außer den
                              höhern Kosten wegen des kohlensauren Alkali's, hat dieses Verfahren noch den
                              Uebelstand, daß, bevor aller Kalk durch Waschen entfernt werden kann, etwas
                              Chlorblei auflöslich gemacht wird. In diesem Falle kann jedoch das Blei durch
                              Aufsammeln der lezten Waschwasser und Präcipitation derselben mit
                              Schwefelkalium- oder -Natrium wieder gewonnen werden.
                           Wenn statt reinen Wassers zu dieser Behandlung kohlengesäuertes Wasser genommen wird,
                              so verfahre ich auf folgende Weise. Ich verschaffe mir ein bleiernes, kupfernes oder
                              hölzernes, ungefähr 4 Fuß hohes Faß von 2 1/2 Fuß Durchmesser, welches, damit es dem
                              Druke gehörig widerstehen kann, namentlich am Rande stark mit Eisen gebunden ist.
                              Dieses Faß muß mittelst einer Maschinerie umgedreht werden können und auch mit einem
                              Hahn versehen seyn, durch welchen man kohlensaures Gas in das Faß pressen kann. Ich
                              verfahre nun wie folgt. Durch eine 3 Zoll weite Oeffnung des Fasses bringe ich 140
                              Pfd. Bleichlorid und 50 Pfd. kohlensauren Kalk in dasselbe, fülle es mit reinem
                              Wasser beinahe voll und verschließe und verschraube die Oeffnung luftdicht. Ich seze
                              dann das Faß mit einer Drukpumpe in Verbindung und presse kohlensaures Gas so lange
                              hinein, bis das Wasser darin unter einem Druk von vier bis fünf Atmosphären
                              gesättigt ist; hierauf seze ich das Faß in Bewegung, so daß es in der Minute gegen
                              30 Umgänge macht. Die Substanzen wirken sogleich auf die erwähnte Weise aufeinander,
                              so daß nach 3 bis 4 Tagen die Flüssigkeit eine starke Chlorcalciumlösung ist. Man
                              läßt nun ruhig absezen und entfernt dann die Flüssigkeit mittelst eines Hebers durch
                              die Seitenöffnung. Hierauf gießt man frisches Wasser auf, imprägnirt dasselbe
                              neuerdings mit kohlensaurem Gas und bewegt das Faß 1 oder 2 Tage, worauf die
                              Zersezung dann vollendet ist, so daß das kohlensaure Blei ausgewaschen und getroknet
                              werden kann. Auch bei dieser Verfahrungsweise wende ich manchmal einen Ueberschuß
                              von Bleichlorid an, um die Zersezung schneller zu bewerkstelligen, und verfahre dann
                              weiter wie oben.
                           Wenn ich salpetersaures Blei benuze, verfahre ich gerade so, gleichviel, ob ich
                              reines Wasser oder kohlengesäuertes anwende, jedoch mit genauer Beachtung der
                              chemischen Aequivalente, nämlich für den Reibzuber 24 9/10 Cntr. salpetersaures Blei
                              mit 7 1/2 Cntr. kohlensaurem Kalt; im Faß 166 Pfd. salpetersaures Blei und 50 Pfd.
                              kohlensauren Kalk. Manchmal mache ich auch eine Auflösung von kohlensaurem Kalt in
                              kohlengesäuertem Wasser, bereite zugleich eine Lösung von Chlorblei oder
                              salpetersaurem Blei, und präcipitire auf einmal das reine kohlensaure Blei. In
                              diesem Falle mache ich die Kalklösung im erwähnten Faß und nehme die Mischung in
                              Cisternen, Wasserreservoirs u. dgl. vor.